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PT-Magazin - Ausgabe 3•4 2023

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft Die Top-Themen: • Welt im Wandel Trends in Technologie und Wissenschaft • Lieferkettengesetz Möglichkeiten und Lösungen für den Mittelstand • Unternehmensführung Corporate Design, Prozesse und Humor • Jurylisten 2023 Über welche Unternehmen die Juroren beraten

PT-Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft

Die Top-Themen:
• Welt im Wandel Trends in Technologie und Wissenschaft
• Lieferkettengesetz Möglichkeiten und Lösungen für den Mittelstand
• Unternehmensführung Corporate Design, Prozesse und Humor
• Jurylisten 2023 Über welche Unternehmen die Juroren beraten

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64 Wirtschaft<br />

65<br />

Visual Branding Gap:<br />

Wenn der Anzug<br />

nicht mehr richtig sitzt<br />

© FREEPIK.COM | BIZKETTE<br />

Corporate Design als Prozess begreifen<br />

Ein Corporate Design (CD), das als Projekt<br />

und nicht als Prozess gedacht ist,<br />

wird mit der Zeit zwangsläufig scheitern.<br />

Das hört sich schlimmer an, als es<br />

eigentlich ist. Stellen Sie sich Ihr neues<br />

Erscheinungsbild – das CD - vor wie einen<br />

Maßanzug: Er passt wie angegossen<br />

– solange Sie nicht zunehmen oder<br />

abnehmen, sich also verändern.<br />

Nun ist Veränderung und Wachstum<br />

aber in der DNA der meisten Unternehmen<br />

fest verankert. Ständiges Wachstum<br />

an sich muss dabei nicht zwingend<br />

ein Indikator für den Erfolg einer<br />

Unternehmung sein, aber wer sich<br />

nicht an neue mediale Gegebenheiten<br />

oder Marktveränderungen anpasst,<br />

wird das recht bald merken.<br />

Und da sind wir beim Kern des Problems:<br />

Ein Corporate Design wird meist<br />

nur im Ist-Zustand gedacht; Prognosen<br />

für neu entstehende Anwendungen<br />

und Medientypen werden nicht erstellt<br />

oder sind unzuverlässig. Aber das ist<br />

systemimmanent und lässt sich nicht<br />

vermeiden.<br />

Wartung und Pflege<br />

für die Marke zu Beginn<br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN <strong>3•4</strong> <strong>2023</strong><br />

<strong>PT</strong>-MAGAZIN <strong>3•4</strong> <strong>2023</strong><br />

Corporate Designs werden aus unterschiedlichen<br />

Töpfen finanziert, Kommunen<br />

zum Beispiel nutzen auch Fördergelder.<br />

Das Budget für die Erstellung<br />

eines Erscheinungsbildes wird dabei<br />

innerhalb einer definierten Projektphase<br />

aufgebraucht, das Erscheinungsbild,<br />

Anwendungsbeispiele, Daten und das<br />

Manual an die Kommune übergeben.<br />

„Geh mit Gott!“ denkt sich der Designer,<br />

und der Auftraggeber geht mit großen<br />

Schritten voran. Das Marketing einer<br />

Kommune wird aber eher selten zentral<br />

koordiniert. Es könnte eine Pressestelle<br />

geben, einen Tierpark, mehrere<br />

Museen, eine Stabstelle Wirtschaftsförderung,<br />

eine für Tourismus etc... An<br />

diese wird das Corporate Design jetzt<br />

in Form eines Manuals (meist ein umfangreiches<br />

PDF) verteilt. Alle diese<br />

Einheiten werden mehr oder minder<br />

autark agieren und Maßnahmen teilweise<br />

selbst umsetzen. Nur einige davon<br />

werden naturgemäß Erfahrung in<br />

der Benutzung solcher Manuals haben<br />

und die Designs gut in neue Maßnahmen<br />

adaptieren können oder auch nur<br />

wollen.<br />

Viele Köche verderben den Brei<br />

oder tun gar nichts<br />

Was dann damit passiert? Dazu ein<br />

kleines Gedankenexperiment: Stellen<br />

Sie sich einfach vor, Sie müssten Ihre<br />

Morgenhygiene aus einer diffusen Erinnerung<br />

heraus vollbringen (Rasieren,<br />

Kämmen, Schminken, je nach persönlicher<br />

Vorliebe, Geschlecht oder auch<br />

nur unglücklich starken Bartwuchs).<br />

Stellen Sie sich vor, Sie müssten das<br />

ohne Zugang zu Spiegeln machen. Und<br />

jetzt stellen Sie sich weiterhin vor, Sie<br />

wüssten nicht genau, welche Ihrer fünf<br />

multiplen Persönlichkeiten jeweils dabei<br />

am Drücker wäre… Haben Sie nun<br />

ein Bild vor Augen? Richtig: Genau so<br />

sehen Sie dann nach einem Jahr aus!<br />

Eine wirkliche Motivation der verschiedenen<br />

Stellen und Teams, sich in<br />

Bezug auf die Einhaltung des Corporate<br />

Designs oder dessen Erweiterung<br />

abzustimmen, gibt es kaum. Das wäre,<br />

als müsste man die Zimmer seiner<br />

Geschwister aufräumen, egal, ob man<br />

einen solchen Prozess als Bring- oder<br />

Holschuld definiert. Wenn das nicht<br />

expliziter Teil der Aufgabenstellung ist,<br />

wird das niemanden kümmern. Und<br />

ein Budget für ein (meiner Erfahrung<br />

immer wieder nötiges) externes Monitoring<br />

oder für zeitnahe und bedarfsgerechte<br />

Überarbeitung wird es in<br />

vielleicht fünf oder zehn Jahren wieder<br />

geben.<br />

Übertragen auf das Corporate Design<br />

nenne ich das die Visual Branding Gap.<br />

Reibungsverluste<br />

kosten Geld und Nerven<br />

Diese traditionelle Vorgehensweise<br />

wird also oft mit einer über den<br />

Zeitraum zwischen zwei externen<br />

Corporate-Design-Überarbeitungen<br />

verschlechternden Gesamtqualität<br />

des Erscheinungsbildes bezahlt, selbst<br />

wenn sich Kernwerte und Aussage des<br />

Senders über den gesamten Zeitraum<br />

nicht ändern (was aber in den meisten<br />

Fällen nur Annahme oder Wunschdenken<br />

ist). Die entstehenden Reibungsverluste<br />

zwischen interner Öffentlichkeitsarbeit/Marketing<br />

und den<br />

externen Dienstleistern, die im Rahmen<br />

eines starr definierten Corporate<br />

Designs neue Anwendungen umsetzen,<br />

kosten ebenfalls Zeit, Geld und Nerven.<br />

Social Media bringt neue Anforderungen<br />

ins Spiel: Reels bei Tiktok oder Instagram<br />

wurden beispielsweise innerhalb<br />

der letzten drei Jahre ein wichtiges<br />

Kommunikations- oder Kampagnentool.<br />

Logofly - eine animierte Umsetzung<br />

Ihres Logos- und eine Sound-<br />

© FREEPIK.COM | MASTER1305<br />

Signatur sind nun notwendig. Lassen<br />

sich definierte Bilderwelten auch auf<br />

bewegte Bilder umsetzen? Es gibt also<br />

gute Gründe, auch im vermeintlich<br />

kleineren Maßstab ein „Brand Management”<br />

zu betreiben und Corporate Design<br />

als Prozess zu begreifen.<br />

Bedarfsanalyse: Was funktioniert?<br />

Was wird gebraucht?<br />

Zu Beginn des Prozesses steht natürlich<br />

eine Bedarfsanalyse. In einer idealen<br />

Welt werden hier alle benötigten und<br />

auch benutzten Kommunikationsmittel-<br />

und Tools gesammelt und gesichtet<br />

– was hat gut funktioniert, was nicht?<br />

Wo lagen dort die Schwierigkeiten in<br />

der Anpassung, wie gut ließen sich<br />

einzelne Werbeträger und Kommunikationsmittel<br />

modifizieren? Wo sind<br />

Brüche zu erkennen? Wo sind zwischen<br />

Marken und eventuellen Submarken<br />

Differenzierungen erforderlich? Allein<br />

die Analyse kann je nach Größe Ihres<br />

Unternehmens, der Unternehmensgeschichte<br />

und dem Umfang ihrer Kommunikation<br />

sehr aufwendig sein. Und<br />

nicht immer macht es Sinn, jedes Kommunikationsmittel<br />

neu und rigide zu<br />

definieren. Einerseits ist es schlichtweg<br />

eine Kosten-/Nutzenfrage, andererseits<br />

beschneidet die schiere Anzahl an<br />

rigiden Definitionen die Flexibilität bei<br />

der Erstellung neuer und angepasster<br />

Kommunikationsmittel. Die umfangreiche<br />

Analyse bietet jedoch die Basis<br />

für die Entscheidung, welche Elemente<br />

neben den Basis-Elementen definiert<br />

werden sollten und welche sich aus der<br />

Arbeit mit dem Corporate Design sozusagen<br />

on the fly ergeben. Ein geringer<br />

Umfang an definierten Elementen mag<br />

aus Kostengründen erst einmal attraktiv<br />

erscheinen: Logo, Farben, Typografie,<br />

ein paar wenige Anwendungen, eine<br />

kleine Bilderwelt. Aber das ist ein Trugschluss:<br />

Jede definierte Anwendung,<br />

ob Instagram-Post, Datenblatt, Fahrzeugbeschriftung,<br />

was auch immer, ist<br />

auch ein Proof-of-Concept. Fehlen diese,<br />

kann das Corporate Design zwar u

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