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immobilia 2023/07 - SVIT

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VOM STARREN FENSTERRASTER ZUM<br />

MODULAREN THINKTANK<br />

Im Rahmen der Curem-Abschlussarbeit wurden<br />

diverse Experten befragt, wie Immobilien flexibel geplant<br />

und gebaut werden können, um sich den stetig ändernden<br />

Gegebenheiten anpassen zu können, um längerfristig<br />

nutzbar zu bleiben.<br />

Vorweg: Es gibt keinen einheitlichen Konsens darüber,<br />

wie die Zukunft des Büros genau aussehen wird.<br />

Weitgehend einig war man sich jedoch, dass auch in<br />

Zukunft physische Büros benötigt werden. Diese müssen<br />

Qualitäten aufweisen, um das Wohlbefinden der<br />

Mitarbeitenden zu sichern und zu fördern. Insbesondere<br />

müssen sie auch im War-for-Talents überzeugen<br />

und dies nicht nur durch eine bevorzugte Lage. Zur<br />

Qualität gehört nicht nur der Ausbaustandard, sondern<br />

auch Design und Layout. Klassische Einzelbüros<br />

sind genauso unbeliebt wie kaninchenstallartig strukturierte<br />

Grossraumbüros. Dies erfordert entsprechend<br />

flexible Gebäudestrukturen. Früher war ein klar definiertes<br />

Fensterraster von 135 Zentimetern oder eine<br />

Gebäudetiefe von 14 Metern fast zwingend. Heute erlauben<br />

die neuen Büroformen mehr Variabilität. Zudem<br />

wird heute der Mieterausbau sehr viel schneller<br />

den neuen Anforderungen angepasst. Daher müssen<br />

auch die entsprechenden technischen Installationen<br />

vorbereitet sein. Lüftung, Kühlung oder Heizung müssen<br />

einfach konfigurierbar sein, egal ob die Flächen<br />

als Meetingräume, Einzelbüros oder Open-Plan-mässig<br />

genutzt werden. Und die Ansprüche der Nutzer sind<br />

gewachsen. Eine Raumhöhe von 2,60 Metern lehnen<br />

Interessenten heute ab, es müssen schon drei Meter<br />

im Licht sein. Diese Höhe ist nötig, um neue, modulare<br />

Elemente wie Raum-in-Raum-Lösungen umzusetzen,<br />

welche ohne signifikante Bautätigkeit implementiert<br />

werden können. Flexibilitätschecks werden hier<br />

dringend empfohlen.<br />

VOM MIETVERTRAG ZUM<br />

SERVICEVERTRAG<br />

Nutzer verlangen heute immer grössere vertragliche<br />

Flexibilität. Ein zehnjähriger Mietvertrag ist unterdessen<br />

eine Ausnahme, und selbst bei fünf Jahren werden<br />

mehrheitlich Ausstiegsoptionen verlangt, sogenannte<br />

Early-Breaks. Es mag ein Zeichen unserer Zeit<br />

sein, dass wir immer fordernder werden, aber in Bezug<br />

auf Investitionen, welche jahrzehntelang Rendite<br />

erwirtschaften sollen, ist es sicher sinnvoll und nachhaltig.<br />

Nur wer über den Tellerrand hinaus plant, kann<br />

wesentliche zukünftige Entwicklungen antizipieren.<br />

Es zeigt sich, dass insbesondere Elemente, welche<br />

man der Shared Economy zuordnen kann, immer<br />

relevanter werden: Es handelt sich nicht nur um ein<br />

Schlagwort unserer Zeit. Unternehmen möchten Flexibilität;<br />

die Kantine für die Mitarbeiter braucht es,<br />

aber man möchte die Verantwortung und die Kosten<br />

dafür auslagern. Langfristige Mietverträge engen Unternehmen<br />

in ihrer Flexibilität ein. Man könnte zwar<br />

mehr Fläche anmieten, als aktuell benötigt, aber das<br />

kostet. Also wird lieber innerhalb der Fläche optimiert:<br />

Am besten wäre es, wenn der Vermieter Swing Spaces<br />

anbieten könnte, zum Beispiel durch ein «Inhouse Serviced<br />

Office». Insofern werden solche zusätzlichen Annehmlichkeiten<br />

immer wichtiger.<br />

VOM UNFLEXIBLEN BAU ZUM<br />

«GREEN LEASE»<br />

Heute werden auch Objekte ersetzt oder saniert,<br />

welche ihr technisches Lebensende noch nicht erreicht<br />

haben. Der Bestand an unflexiblen Immobilien<br />

wird somit über die Zeit abnehmen. Die nächste Welle<br />

der Erneuerungen wird aber vermutlich aus einem anderen<br />

Grund erfolgen: Nachhaltigkeit, respektive Ökologie.<br />

Insbesondere bei internationalen Unternehmen<br />

kann ein klarer Trend zu sogenannten «Green Leases»<br />

festgestellt werden. Vermehrt werden Anforderungen<br />

an die Ökologie im Mietvertrag abgebildet. Dies kann<br />

von beiden Parteien eingebracht werden. Schon länger<br />

gibt es gewisse Anforderungen an den Mieterausbau,<br />

wenn eine Liegenschaft zertifiziert ist. Heute gibt<br />

es aber auch Anforderungen an die Berichterstattung<br />

von börsenkotierten Unternehmen. Insofern ist anzunehmen,<br />

dass sich dieser Trend fortsetzen und verstärken<br />

wird. <br />

ABSCHLUSSARBEIT MAS REAL ESTATE UZH<br />

Eine detaillierte Liste, worauf bei der Entwicklung von Projekten<br />

geachtet werden muss, kann in der Abschlussarbeit des<br />

Autors, auf der dieser Artikel beruht, unter dem nachfolgenden<br />

Link abgerufen werden: https://www.curem.uzh.ch/de/<br />

forschung_und_publikationen/abschlussarbeiten.html<br />

FLEXIBILITÄT BEI<br />

IMMOBILIEN IST<br />

HEUTE ZWINGEND,<br />

UM DIESE LANG­<br />

FRISTIG NUTZBAR<br />

ZU HALTEN.<br />

*RETO GURTNER<br />

Der Autor ist Deputy<br />

Head Tenant Representation<br />

bei SPGI<br />

Zurich AG.<br />

IMMOBILIA / Juli <strong>2023</strong> 23

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