immobilia 2023/07 - SVIT
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IMMOBILIENRECHT<br />
BAUREKURSENTSCHEID<br />
ABRISS PER<br />
VOLKSENTSCHEID?<br />
3<br />
Da der Abriss des «Landi-Hauses» in<br />
Illnau-Effretikon gerichtlich gestoppt<br />
worden war, hat nun das Stimm -<br />
volk entschieden. Welches Gewicht<br />
haben Volkentscheide, und können<br />
sie Gerichtsurteile tatsächlich kippen?<br />
TEXT— SIMON SCHÄDLER*<br />
BILD: HOTZEHUUS-VEREIN<br />
In Illnau-Effretikon<br />
wurde über die Neugestaltung<br />
des Dorfplatzes<br />
abgestimmt.<br />
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AUS DEM INVENTAR<br />
ENTLASSEN<br />
Seit Jahren sorgte die Neugestaltung<br />
des Dorfplatzes in Illnau-Effretikon für<br />
juristischen Streit. Das Wohn- und Geschäftsgebäude<br />
«Landi-Haus» von 1928<br />
war den Stadtentwicklern ein Dorn im<br />
Auge. 2009 ins Inventar der kunst- und<br />
kulturhistorischen Schutzobjekte aufgenommen,<br />
sollte der alte Konsum bereits<br />
2014 einem lang ersehnten repräsentativen<br />
Dorfplatz weichen. Der Stadtrat entschied,<br />
die historischen Gemäuer aus<br />
dem Inventar zu entlassen. Das Projekt<br />
gelangte vor das Zürcher Baurekurs- und<br />
Verwaltungsgericht. Beide Instanzen jedoch<br />
bremsten den Stadtrat: Eine Neugestaltung<br />
des Dorfplatzes sei auch ohne<br />
Abbruch des Denkmals möglich. Das Gebäude<br />
auf Vorrat aus dem Inventar zu entlassen,<br />
um freie Hand für innovative Baupläne<br />
zu haben, sei unzulässig, lautete<br />
das Verdikt damals. Einen neuen Versuch<br />
wagte Illnau im Sommer 2022. Der Stadtrat<br />
brachte das heikle Baudossier kurzerhand<br />
zur Abstimmung. Nun entschied<br />
das Stimmvolk: Spatenstich für den neuen<br />
Dorfplatz. Dafür sei das «Landi-Haus»<br />
aus dem Inventar zu entlassen und abzureissen.<br />
Wiederum brachte der Zürcher<br />
Heimatschutz (ZVH) den «Landi»-Fall vor<br />
Baurekursgericht.<br />
www.visualisierung.ch<br />
DES STADTRATS NEUE<br />
ARGUMENTE<br />
Tatsächlich habe das Verwaltungsgericht<br />
2016 den Abbruch des «Landi-Hauses»<br />
gestoppt, so der Illnauer Stadtrat.<br />
Das damalige Urteil sei aber nicht endgültig.<br />
Schliesslich habe Illnau-Effretikon<br />
zwischenzeitlich Abklärungen getätigt<br />
und Varianten geprüft, wie es die Gerichte<br />
2016 auch verlangt hatten. Zudem liege<br />
nun ein demokratischer Entscheid der<br />
Ortsbevölkerung vor. Vor der Abstimmung<br />
habe der Illnauer Stadtrat durchaus<br />
Varianten geprüft, etwa den Bau mehrerer<br />
kleiner Dorfplätze. Alle mit deutlichen<br />
Resultaten, denn durch den Abbruch des<br />
Konsums gewinnen die Illnauer 456 m 2<br />
Freifläche für einen neuen Dorfplatz. Ein<br />
Umbau schaffe hingegen bloss zwei kleine<br />
Plätze mit total 257 m 2 . Ohne «Landi»<br />
dürfe sich die Gemeinde somit über eine<br />
zusammenhängende quadratische Fläche<br />
freuen – optimal nutzbar, mit hoher Aufenthaltsqualität<br />
für farbenfrohe Anlässe.<br />
Übrigens habe der Stadtrat selbst nie<br />
den Abbruch der Denkmäler erzwingen<br />
wollen. Selbst in der Abstimmungszeitung<br />
habe man für einen Umbau plädiert, so der<br />
Stadtrat. Der Abbruch sei nun aber vom<br />
Volk mit 10% mehr Stimmen beschlossen<br />
worden. Selbst wenn beide Varianten gutgeheissen<br />
worden wären, habe die Bevölkerungsmehrheit<br />
den Neubau bevorzugt.<br />
Mit 48% Stimmbeteiligung liege ein klares<br />
Abstimmungsergebnis vor, so die Rekursgegner,<br />
und wie vom Volk demokratisch<br />
bestimmt, müsse das Dorfzentrum nun realisiert<br />
werden und die «Landi» weichen.<br />
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IMMOBILIA / Juli <strong>2023</strong>