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immobilia 2023/07 - SVIT

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FOKUS INTERVIEW<br />

SYSTEMBAU<br />

Können Sie die Anfänge des Systembaus<br />

zeitlich einordnen?<br />

Man könnte bereits die traditionellen Strickbauten<br />

(Blockbauweise aus Holz), wie sie beispielsweise<br />

im Appenzell seit Jahrhunderten gebaut<br />

werden, zu Vorläufern zählen. Ebenso frühe Eisenund<br />

Stahlkonstruktionen, die infolge der industriellen<br />

Revolution vermehrt entstanden. Die eigentliche<br />

Hochphase des Systembaus fällt aber sicher in<br />

die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, als zahllose<br />

Objekte auf Grundlage zuvor entwickelter Bausysteme<br />

errichtet wurden. Diese Systeme limitieren<br />

die Anzahl unterschiedlicher Bauelemente, um<br />

deren serielle Vorfertigung – in den 1960er- und<br />

1970er-Jahren vorzugsweise aus Stahlbeton – zu<br />

be günstigen.<br />

Können Sie die wichtigsten Varianten bzw.<br />

Konstruktionsprinzipien des Systembaus<br />

beschreiben?<br />

Bei Bausystemen unterscheiden wir zwischen Skelett-,<br />

Platten- und Modulsystemen. Bei Letzteren<br />

wird mit Raumzellen gearbeitet. Diese finden sich<br />

aktuell häufig bei provisorischen oder temporären<br />

Objekten wie Baustelleneinrichtungen, Schulhauserweiterungen<br />

oder Notunterkünften, weil sich die<br />

grösseren Einheiten sehr schnell aufstellen und abbauen<br />

lassen. Wenn ein Gebäude flexibel sein soll,<br />

kommen eher Skelettsysteme zum Einsatz, die<br />

durch die Trennung von Rohbau und Ausbau spätere<br />

Anpassungen oder Umbauten erleichtern. Plattensysteme<br />

finden sich vor allem im Wohnungsbau.<br />

Wichtig scheint mir noch, neben den «grossen<br />

Systemen» auch das Bauen mit Subsystemen zu erwähnen.<br />

Diese sind beispielsweise im Bereich von<br />

BIOGRAPHIE<br />

SILKE<br />

LANGENBERG<br />

(*1974), ist seit August<br />

2020 ordentliche Professorin<br />

für Konstruktionserbe<br />

und Denkmalpflege,<br />

Institut für Denkmalpflege<br />

und Bauforschung<br />

(IDB) und Institut für<br />

Technologie in der<br />

Architektur (ITA), am<br />

Departement Architektur<br />

der ETH Zürich.<br />

Fassaden, inneren Trennwänden, abgehängten Decken,<br />

der Hautechnik usw. auch bei vergleichsweise<br />

konventionellen Gebäuden zu finden.<br />

Wo kommen Systembauten neben dem<br />

Wohnungs- und Schulhausbau heute zum<br />

Einsatz?<br />

Derzeit finden sie sich häufig im Büro-, Gewerbeund<br />

Industriebau, teilweise aber auch immer noch<br />

im Labor- und Hochschulbau. Darüber hinaus ganz<br />

sicher im Infrastruktur- und Verkehrsbau.<br />

Wie gross ist der Anteil von Systembauten<br />

im Vergleich zu konventionellen Bauweisen?<br />

Das ist schwer zu beziffern, wenn man die vielen<br />

heute auf dem Markt verfügbaren Subsysteme berücksichtigt.<br />

In den Boomjahren des 20. Jahrhunderts<br />

spielte der Systembau eine entscheidende<br />

Rolle, um möglichst schnell möglichst viel bauen<br />

zu können. Damit sich die serielle Vorfertigung der<br />

Elemente rechnete, waren grosse Stückzahlen notwendig.<br />

Heute brauchen wir nicht mehr unbedingt<br />

tausend gleiche Bauteile, um sie wirtschaftlich zu<br />

produzieren.<br />

Unter dem wirtschaftlichen Aspekt betrachtet,<br />

wie gross sind die Zeit- und Kosteneinsparungen<br />

gegenüber konventionellen<br />

Bauweisen?<br />

Pauschal würde ich sagen: je höher der Grad an<br />

Vorfertigung und Automatisierung, desto kürzer<br />

der Montageprozess auf der Baustelle. Inwieweit<br />

sich das auch auf die Kosten auswirkt, hängt von<br />

der Grösse der vorgefertigten Elemente und der<br />

Komplexität ihrer Fügung ab. Zudem fallen gegebenenfalls<br />

Investitionskosten für automatisierte<br />

Fertigungsstrassen an. Zu berücksichtigen sind<br />

6<br />

IMMOBILIA / Juli <strong>2023</strong>

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