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SWISSMECHANIC JOURNAL 2023-05

Leseprobe Inhalte. Dieses Journal wird nach dem erscheinen der nächsten Ausgabe am 12.08.23 komplett Online gestellt.

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Fachkräftemangel<br />

8<br />

«Fehlorientierung bei Ausbildung<br />

und Wertesystemen»<br />

Praktisch-technische Berufe würden gesellschaftlich zu wenig anerkannt. Das Schweizer<br />

Bildungssystem orientiere junge Menschen zu sehr auf Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

sowie akademische Ausbildungsgänge, meint Walter Maurer.<br />

U<br />

Von Klaus Vollrath<br />

« nsere Gesellschaft hat sich<br />

seit Jahrzehnten an ständig steigenden<br />

Wohlstand gewöhnt. Den jungen Leuten<br />

werden in diesem Zusammenhang heute<br />

oft falsche Vorstellungen vom Arbeitsund<br />

Berufsleben vermittelt», bedauert<br />

Walter Maurer, Präsident des Verwaltungsrats<br />

der Waterjet AG in Aarwangen<br />

und Mitglied der Politischen Kommission<br />

von Swissmechanic.<br />

Die Herstellung nützlicher Dinge und das<br />

handfeste Arbeiten würden nicht mehr<br />

so wertgeschätzt, wie es noch vor einigen<br />

Jahrzehnten der Fall war. Auch sei<br />

vielen jungen Menschen zu wenig bewusst,<br />

dass ein gutes Auskommen davon<br />

abhänge, dass sich sowohl der Einzelne<br />

als auch Betriebe sowie die ganze<br />

Nation einem ständigen internationalen<br />

Wettbewerb stellen müssten.<br />

Schieflage in der Wertschätzung<br />

«Ein guter Handwerker darf mit Recht<br />

stolz darauf sein, dass er Werte erschaffen<br />

kann, die für die Gesellschaft wichtig<br />

und nützlich sind», ergänzt Maurer. In<br />

den Medien aber bevorzuge man häufig<br />

ruhige Bürojobs in krisenfesten Bereichen<br />

wie der öffentlichen Verwaltung.<br />

Körperliche Arbeit, praktische Fähigkeiten<br />

und die Übernahme von Verantwortung<br />

und entsprechenden Risiken würden<br />

deshalb bei vielen Jugendlichen als<br />

wenig attraktiv empfunden. Negative<br />

Einflüsse gingen auch von der einseitigen<br />

Positivdarstellung von Menschen<br />

aus, die scheinbar leistungslos und<br />

schnell zu Reichtum kommen: Influencer,<br />

Fernsehsternchen, Blogger oder Digitalnomaden.<br />

Dabei gehe schlicht unter, dass Facharbeitende<br />

insbesondere in den Metallund<br />

Elektrobranchen heute oft hochinteressante<br />

und herausfordernde Berufe<br />

haben. Sie können Dinge, die ihnen kein<br />

anderer so ohne Weiteres nachmachen<br />

kann. Dazu gehört neben dem rein handwerklichen<br />

Können oft auch die Bedienung<br />

hochkomplexer und Millionen teurer<br />

Produktionssysteme mit Verantwortung<br />

für ihren reibungslosen Betrieb<br />

oder die anspruchsvolle Instandhaltung<br />

und Reparatur von Robotern oder Automationssystemen.<br />

Auswirkungen auf das Ausbildungssystem<br />

«Die medial propagierte geringe Achtung<br />

für Facharbeiterberufe hat auch Auswirkungen<br />

auf die nachfolgenden Stufen<br />

wie die Meisterausbildung», sagt Walter<br />

Maurer. Auch diese Gruppe werde in ihrer<br />

Bedeutung zurückgesetzt, obwohl industrielle<br />

wie auch handwerkliche Betriebe<br />

dringend auf sie angewiesen sind.<br />

Früher habe man den Begriff des Meisters<br />

wortwörtlich aufgefasst: Meister<br />

war jemand, der seinen Beruf so souverän<br />

beherrschte, dass ihm Verantwortung<br />

nicht nur für die erfolgreiche Führung<br />

ganzer Mannschaften und Betriebsbereiche<br />

in Unternehmen, sondern auch<br />

für die Ausbildung des Nachwuchses<br />

übertragen wurde.<br />

Doch der heute immer spürbarer werdende<br />

Fachkräftemangel wachse über<br />

die Jahre zwangsläufig von unten nach<br />

oben weiter: von zu wenig Auszubildenden<br />

über zu wenig Fachkräfte bis hin zu<br />

einer Knappheit an Meistern. Das beeinträchtige<br />

nicht nur die ausführende Ebene,<br />

sondern auch den Mittelbau der wertschöpfenden<br />

Branchen der Schweiz.<br />

Überbetonung akademischer Ausbildungsgänge<br />

«Ein weiterer Grund für den Mangel an<br />

Fachkräften ist die Überbetonung des<br />

Wertes einer akademischen Ausbildung»,<br />

erläutert Maurer.<br />

Aussen vor bleibe dabei die Frage, wieweit<br />

diese Ausbildungen die Absolventen<br />

wirklich für den Einsatz in der Realität<br />

eines wertschöpfenden Unternehmens<br />

in der Metall- oder Elektrobranche<br />

qualifizieren. Unternehmen seien mit<br />

Absolventen, die eine rein akademische<br />

Ausbildung ohne betriebspraktische Erfahrungen<br />

mitbringen, oft nicht optimal<br />

bedient. Diese täten sich mit der schnellen<br />

und effizienten Lösung betrieblicher<br />

Aufgabenstellungen häufig schwerer als<br />

Mitarbeitende, die bereits über Berufserfahrung<br />

in einem produzierenden Unternehmen<br />

verfügen.<br />

Überfürsorglicher Staat<br />

«Unsere Politik zeigt leider eine gewisse<br />

Tendenz, den Zusammenhang zwischen

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