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<strong>09</strong>/<strong>2023</strong> Interview · 11<br />
Von der Arbeit zum Hobby: Ruedi Roth hat sich auf den zweiten Platz der Europameisterschaft gemäht.<br />
(Bild: hst)<br />
Was wird beim Handmähen bewertet?<br />
Nachdem die Fläche gemäht ist, wird das Gras<br />
rausgetragen. Jedes Land stellt zwei Kampfrichter,<br />
welche die Sauberkeit des Feldes bewerten.<br />
Stufen im Schnitt oder ausgelassene<br />
Grashalme sind suboptimal. Es ist egal, wie<br />
scharf oder hoch gemäht wird. Es muss einfach<br />
gleichmässig sein – als hätte man einen<br />
Rasenmäher benutzt. Unebenheiten geben<br />
Strafpunkte. Entscheidend ist natürlich auch<br />
die Geschwindigkeit und dass das Feld vollständig<br />
gemäht wird. Es darf am Rand nichts<br />
stehen bleiben.<br />
Wie schnell waren Sie?<br />
Ich brauchte zwei Minuten und 57 Sekunden.<br />
Eine gute Zeit.<br />
Ja, das ist schnell. Nachträglich muss ich jedoch<br />
sagen, ich hätte noch schneller sein können.<br />
Dennoch bin ich mit meiner Leistung zufrieden.<br />
Gab es bezüglich der Sense auch technische<br />
Voraussetzungen, welche erfüllt sein mussten?<br />
Es spielt keine Rolle, welche Sense man nutzt.<br />
Am Ende des Tages muss das Feld gemäht sein,<br />
ohne dass es Verletzte gibt.<br />
Wo liegen Ihre Stärken?<br />
Ohne angeben zu wollen, meine Ausdauer war<br />
schon immer gut. Würde ich etwas mehr trainieren,<br />
wäre diese bestimmt noch besser. Zudem<br />
arbeite ich sehr konzentriert. Beim Mähen<br />
blende ich alles andere aus.<br />
Was sind die grössten Herausforderungen?<br />
Wichtig ist, dass man sich seine Kondition und<br />
Kraft gut einteilt. Wenn möglich, sollte man<br />
von Anfang an sauber mähen. Verbesserungen<br />
fressen nicht nur Zeit, sondern sind sehr kräftezehrend.<br />
Nicht selten beginnt man sich dann<br />
aufzurichten und das «Födle» vom Blatt anzuheben,<br />
sodass beim Schnitt weitere Unebenheiten<br />
entstehen und erneut nachgebessert<br />
werden muss. Auch schon mussten sich Teilnehmende<br />
nach ihrem Durchgang aus Erschöpfung<br />
übergeben.<br />
Was haben Sie nebst dem ehrwürdigen Titel<br />
gewonnen?<br />
Es ist nicht wie beim Tennis oder im Fussball,<br />
wo man Unsummen von Geld gewinnt. Nebst<br />
dem Pokal gibt es einen Gabentempel mit verschiedenen<br />
Preisen. Wenn man aber reich werden<br />
will, ist man bei Handmäh-Wettkämpfen<br />
– national und international – am falschen Ort.<br />
Man geht aus Freude und für das eigene Land<br />
an diese Wettkämpfe.<br />
Welches war der beste Preis, den Sie vom Gabentisch<br />
nehmen konnten?<br />
Das waren diverse Holzmöbel. Darunter mein<br />
Kranzkasten, der in meinem Wohnzimmer<br />
steht.<br />
Wie viele Auszeichnungen stehen dort?<br />
Schätzungsweise sind es 60 bis 70 Kränze und<br />
einige Pokale. Kränze habe ich soviele, dass<br />
ich aus Platzgründen nur noch die Schleifen<br />
behalte.<br />
Wie haben Sie Ihren Erfolg gefeiert?<br />
Es gab ein Bier und etwas Kuchen, und dann<br />
ging ich relativ früh ins Bett. Nach diesen intensiven<br />
Tagen war ich wirklich sehr müde.<br />
Ist Handmähen Hobby oder Arbeit?<br />
Mittlerweile ist es eher ein Hobby. Ein Hobby,<br />
dass ich mit meinen Kindern teilen darf. Am 20.<br />
August etwa fand die bernisch kantonale Handmähmeisterschaft<br />
statt, bei der ich den ersten<br />
Platz belegen konnte. Bereits zum dritten Mal<br />
dabei war mein ältester Sohn Janick. Auch meine<br />
beiden Töchter mähen unterdessen bei nationalen<br />
Wettkämpfen mit. Es ist eine Freude zu<br />
sehen, wie sich die Leistungen meiner Kinder<br />
jährlich steigern.<br />
Dann besteht bei Ihnen die Hoffnung, dass<br />
alle fünf Kinder dem Handmähen früher<br />
oder später nachgehen werden?<br />
Auf jeden Fall. Da bin ich guter Dinge. Aktuell<br />
nehmen nebst meiner Frau auch meine ältesten<br />
drei Kinder an Schweizer Handmäh-Meisterschaften<br />
teil. Für die mittlere Tochter, welche<br />
fünf Jahre alt ist, war dies die erste Saison.<br />
Der Name «Roth» wird also bei den kommenden<br />
Meisterschaften nicht fehlen.<br />
Bestimmt nicht. Ich werde noch an einigen<br />
Wettkämpfen teilnehmen. Mit dem zweiten<br />
Platz bei der Europameisterschaft habe ich<br />
Blut geleckt. Ich möchte es ganz zuoberst aufs<br />
Podest schaffen.<br />
Helena Städler