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<strong>09</strong>/<strong>2023</strong> Unsere Gärten · 29<br />
es macht Spass herauszufinden, was einem<br />
schmeckt.» Der Erhalt des magischen Kreislaufs<br />
der Natur liegt ihr am Herzen. «In meinem<br />
wilden Garten blüht’s und summt’s, alles<br />
regeneriert sich mehrfach selbst und kommuniziert<br />
untereinander. Ich brauche keine<br />
Insektizide. Diesen Sommer habe ich erstmals<br />
wieder riesige Heuschrecken entdeckt<br />
und mich sehr darüber gefreut, dass alles<br />
zurückkommt, wenn man es nur zulässt.» Der<br />
wilde Fenchel für die Ansiedlung des Schwalbenschwanz-Schmetterlings<br />
zeigt Wirkung,<br />
die prächtigen Raupen brachte sie aber in<br />
die Sicherheit eines kleinen Terrariums, weil<br />
gierige Amseln lauerten. «Die haben genug<br />
Futter in meinem Garten, da musste ich einschreiten!».<br />
Für die Familie erntet sie Früchte<br />
und Gemüse für den täglichen Gebrauch. Im<br />
Garten bestaunt man Baumspinat, Topinambur,<br />
wilde Möhren, exotische Tomatensorten<br />
oder Eibisch. Für den Hofladen fabriziert sie<br />
Chilipulver und getrocknete Kräuter. Je nach<br />
Saison stellt sie auch Honigessig her, dabei<br />
respektiert sie die natürlichen Zyklen: «Es<br />
hat nicht immer von allem, die Natur ist keine<br />
Dauerproduzentin.»<br />
Die Pilzkontrolleurin Kathrin Klüssmann in ihrem wilden Naturgarten.<br />
bei jedem frischen Lebensmittel: Genau ansehen,<br />
daran riechen und auf den Instinkt<br />
vertrauen!»<br />
Pilze im eigenen Garten<br />
Insgesamt wachse die Sammlergemeinschaft:<br />
«Teilweise sind meine Plätzchen im Wald<br />
schon abgeräumt, wenn ich komme.» Das ist<br />
Pech für die Sammlerin, aber viel wichtiger<br />
ist ihr die Rücksichtnahme im Wald. Sinnlose<br />
Zerstörung ist ihr ein Dorn im Auge, dafür<br />
gelte es, Kinder wie Erwachsene zu sensibilisieren.<br />
Biker sollten bitte auf ihren Wegen<br />
bleiben und Pilze sinnlos zu zertrampeln, sei<br />
ein Zeichen von mangelndem Respekt gegenüber<br />
der Natur. Inzwischen züchtet sie in ihrem<br />
Garten selbst Pilze. Dazu verwendet sie<br />
sogenannte Impfdübel, das sind Holzdübel,<br />
die mit Pilzmyzel (Pilzsporen) geimpft sind.<br />
Eingeschlagen in Holzstämme, durchdringt<br />
das Myzel während Monaten das Holz. Wenn<br />
es gelingt, wachsen schliesslich aussen am<br />
Stamm die Pilze. Die Gruppe dieser züchtbaren<br />
Pilze werden Saprobionten genannt.<br />
(Bilder: nr/zVg.)<br />
Edelpilze wie der Steinpilze hingegen sind<br />
Symbiosepilze, sie brauchen einen spezifischen<br />
Baumpartner oder eine bestimmte<br />
Pflanze und können nicht gezüchtet werden.<br />
«Gerade heute Morgen habe ich die ersten<br />
Stockschwämmli in meinem Garten entdeckt»,<br />
freut sich die Züchterin. Das sei ein<br />
Ereignis und ein Geschenk der Natur. «Das<br />
Spriessen der Pilze ist von vielen Faktoren<br />
abhängig. Die Trockenheit ist ihr Feind, sie<br />
bevorzugen Feuchtigkeit und Wärme und sie<br />
reifen in Schüben.»<br />
Aktuell hat die Saison bereits gestartet,<br />
aber in den letzten paar Tagen vor unserem<br />
Besuch war es zu trocken. Das sieht man<br />
auch an den Spalten in den Pilzhüten. Wenn<br />
die Sammlerin genug Pilze findet, werden sie<br />
auch im eigenen Hoflädeli angeboten. Pilze<br />
kann man einlegen, trocknen, gefrieren oder<br />
zu Pulver verarbeiten für Saucen, Suppen<br />
oder Pilzbutter. Für Interessierte gibt sie aktuell<br />
ein Gratiskochbuch ab. «Der Pilz ist weder<br />
Tier noch Pflanze, sondern eine dritte eigene<br />
Spezies. Es gibt viele essbare Sorten und<br />
Heilsames aus dem Hofladen<br />
Heilpflanzen sind eine Passion der Gärtnerin.<br />
Das reiche Pflanzenangebot verarbeitet<br />
sie zu Salben und Tinkturen. Um die Honigbienen<br />
sorgt sich ihr Mann Hüseyin, sie<br />
achtet darauf, dass über die ganze Saison<br />
etwas blüht. Das wertvolle Wachs und das<br />
Kittharz Propolis aus dem Bienenstock entfaltet<br />
seine Wirkung in Heilmitteln. Schon<br />
die Ägypter nutzten das Harz für die Mumifizierung.<br />
Seine antibakterielle Wirkung ist<br />
ein wertvoller Helfer für das menschliche<br />
Immunsystem.<br />
Die Verarbeitung ist aufwendig und erfolgt<br />
in mehreren Schritten, aber die Hofladenbetreiber<br />
legen hohen Wert auf Authentizität<br />
ihrer Produkte. Auch giftige Pflanzen<br />
halten sie in ihrem Garten, worauf sie als<br />
Mutter angesprochen wurde: «Kinder sollte<br />
man befähigen und aufklären, anstatt Angst<br />
zu schüren. Unsere Söhne haben von klein<br />
auf gelernt, was rund ums Haus wächst und<br />
sie durften früh einen respektvollen Umgang<br />
mit Gefahren lernen.» Die beiden erleben<br />
eine Mutter, die ihre Do-It-Yourself-Philosophie<br />
mit Fachliteratur ergänzt und mit<br />
stets neuen Erfahrungen bereichert. Ihren<br />
Hofladen haben die Klüssmanns selbst ausgebaut,<br />
ihre Produkte verkaufen sie unter<br />
dem Namen Stockwerk am Christkindlimarkt<br />
in Herisau. Der Name stammt von<br />
den Honigbienen und alle Produkte werden<br />
auch online vertrieben.<br />
<br />
Nadja Rechsteiner