04.09.2023 Aufrufe

Ausgabe 09/2023

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

UNSERE GEMEINDE<br />

Zu Diensten<br />

Das unsichtbare Netz unter unseren Füssen<br />

Den meisten rückt die Kanalisation nur dann ins Bewusstsein,<br />

wenn sie repariert werden muss. Dabei leistet das weitverzweigte<br />

Rohrgeflecht einen unschätzbaren Dienst – und misst<br />

mehr Kilometer als das Gemeindestrassennetz.<br />

Der Blick auf die Karte zeigt ein feines Netz von roten, violetten<br />

und blauen Linien, das das Herisauer Gemeindegebiet durchwebt.<br />

Beim Hereinzoomen werden im online abrufbaren Abwasserkataster<br />

unzählige Verästelungen sichtbar. Von diesen Linien<br />

ist im Alltag wenig zu sehen: Sie zeigen das unterirdische Kanalisationsnetz<br />

der Gemeinde Herisau. Neben den privaten Leitungen<br />

umfasst der gemeindeeigene Anteil rund 68 Kilometer und<br />

ist damit 19 Kilometer länger als das Gemeindestrassennetz. Den<br />

Überblick darüber hat Roger Schläpfer, Fachbereichsleiter Siedlungsentwässerung<br />

bei der Gemeinde Herisau: «Die Abwasserrohre<br />

unter unseren Füssen haben Durchmesser zwischen zehn<br />

Zentimetern und zwei Metern.»<br />

Mit Retentionsstaukanälen, hier in der Nordhalde, kann Regenwasser verzögert<br />

abgeleitet werden.<br />

Kleine Anlagen stillgelegt<br />

Die Rohre leiten die Abwässer von fast allen Herisauer Liegenschaften<br />

in die gemeindeeigene Abwasserreinigungsanlage<br />

(ARA) Herisau. «Sie ist topografisch günstig in der Örtlichkeit<br />

Tüfi/Bachwis gelegen», sagt Roger Schläpfer. Trotzdem braucht<br />

es zehn Pumpstationen, um Niveauunterschiede auszugleichen,<br />

beispielsweise vom Saum und vom Schwänberg, wo bis vor wenigen<br />

Jahren noch kleinere ARAs betrieben wurden.<br />

Alle vier Jahre eine Kanalbegehung<br />

Beim Einbau neuer Leitungen rechnet man laut Roger Schläpfer<br />

mit einer Lebensdauer von 80 Jahren. Damit diese erreicht wird,<br />

müssen die Rohre unterhalten werden. Alle fünf Jahre werden<br />

die Leitungen mit Hochdruck durchgespült. Auf Schäden geprüft<br />

werden sie alle zehn Jahre unter Zuhilfenahme von Kameras. Die<br />

grossen Kanäle, die gut 1,8 Kilometer ausmachen, werden sogar<br />

alle vier Jahre begangen – wobei «gehen» bei Kanaldurchmessern<br />

ab 1,20 Metern ein grosses Wort ist. Werden Schäden entdeckt,<br />

gibt es zunächst verschiedene Möglichkeiten, ein Rohr zu<br />

reparieren, ohne es auszugraben.<br />

Kleinere Reparaturen können heute beispielsweise Roboter ausführen.<br />

Eine andere Möglichkeit ist das Einziehen und Aushärten<br />

eines harzgetränkten Kunststoffschlauches, wobei ein Rohr im<br />

Rohr entsteht, ein sogenannter Inliner. Der Ersatz von Leitungen<br />

ist das letzte Mittel, da das Ausgraben nicht nur Kosten, sondern<br />

auch Verkehrsbehinderungen verursacht – es sei denn, dass angesichts<br />

eines Strassenbauprojekts ein Leitungsersatz vorzuziehen<br />

ist.<br />

Regenwasser soll nicht mehr in die ARA<br />

Eine Daueraufgabe des Fachbereichs Siedlungsentwässerung<br />

ist die stetig fortschreitende Umstellung der Mischwasserkanalisation<br />

auf ein Trennsystem. Das bedeutet, dass zwei Kanalisationen<br />

parallel gebaut werden, damit Regenwasser nicht mit dem<br />

Schmutzwasser vermischt in die ARA gelangt. Die Abwasserreinigung<br />

wird durch die Verdünnung nämlich aufwendiger und bei<br />

stärkeren Regenfällen entlasten die Mischwasserkanäle öfter in<br />

angrenzende Gewässer. Dieses eingeleitete verdünnte Abwasser<br />

soll künftig massgeblich reduziert werden. «Auch wenn zwei<br />

parallele Kanalisationen im Bau kurzfristig teurer sind, lohnt<br />

sich die weitgehende Umstellung gewässerschutztechnisch wie<br />

auch wirtschaftlich», hält Roger Schläpfer fest.<br />

Der Richtplan für die Kanalisation<br />

Während die Umstellung auf das Trennsystem bereits eine<br />

Daueraufgabe für Jahrzehnte ist, soll der aktualisierte Generelle<br />

Entwässerungsplan (GEP) nächstens genehmigt werden.<br />

Dabei handelt es sich gewissermassen um den Richtplan für<br />

das Kanalisationsnetz. Neben der Erschliessung der Haushalte<br />

und Betriebe werden darin eine Reihe weiterer Fragen beantwortet.<br />

So lautet eines der Hauptziele des GEP, den Anteil von<br />

Fremdwasser, das in die ARA geleitet wird, zu reduzieren. «Das<br />

ist unverschmutztes Wasser, welches stetig fliesst, etwa aus Sickerleitungen,<br />

Quellen und Brunnen, und von Gesetzes wegen eigentlich<br />

gar nicht in die ARA geleitet werden dürfte», sagt Roger<br />

Schläpfer. Sein Anteil an der Gesamtabwassermenge konnte in<br />

den vergangenen 30 Jahren mit der bisherigen GEP-Umsetzung<br />

von 46 Prozent auf 30 Prozent gesenkt werden. Ein anderes Thema,<br />

welches auch medial unter dem Namen «Schwammstadt»<br />

an Bedeutung gewinnt, ist die Frage, wie Regenwasser gleich vor<br />

Ort versickern kann, um damit das Grundwasser anzureichern.<br />

Mit einer zusätzlichen verzögerten Ableitung durch entsiegelte<br />

Flächen, Einstauflächen oder -mulden, begrünten Dächern und<br />

Retentionsanlagen kann so bei Regen die Kanalisation entlastet<br />

und während Hitzewellen etwas für das lokale Klima gemacht<br />

werden. «Hierzu kann jeder Grundeigentümer bereits heute einen<br />

wertvollen Beitrag leisten.»<br />

Zum Abwasserkataster:<br />

Eine Publikation der Gemeinde Herisau

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!