2023-09_RegioBusiness
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20 Metallverarbeitung<br />
September <strong>2023</strong> I Jahrgang 22 I Nr. 250<br />
Den „kranken Mann“ wieder fit machen<br />
Vom Brückenstrompreis bis zur Diskussion über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme reichen die Ideen bei der gemeinsamen<br />
Pressekonferenz von IHK Heilbronn-Franken und Südwestmetall zur wirtschaftlichen Situation in der Region. VON FRANK LUTZ<br />
Zu hohe Energiepreise, zu viel<br />
Bürokratie, eine abnehmende<br />
Wettbewerbsfähigkeit des<br />
Wirtschaftsstandorts Deutschland<br />
– eigentlich sind die Befunde<br />
nicht neu. Doch unterstreicht<br />
es den Ernst der Lage, dass IHK<br />
Heilbronn-Franken und Südwestmetall-Bezirksgruppe<br />
Heilbronn/<br />
Region Franken Anfang September<br />
schon zum zweiten Mal innerhalb<br />
eines Jahres zu einer Pressekonferenz<br />
einluden, um auf die<br />
aus ihrer Sicht prekäre Lage der<br />
Unternehmen in der Region aufmerksam<br />
zu machen. Dass diesmal<br />
im Gegensatz zur Pressekonferenz<br />
im Herbst 2022 die Handwerkskammer<br />
im Heilbronner<br />
Haus der Wirtschaft fehlte, wurde<br />
mit der kurzfristigen Planung begründet.<br />
Hoffnungsschimmer: Kann der von Bundeskanzler Scholz vorgeschlagene Deutschland-Pakt den angeschlagenen Wirtschaftsstandort retten?<br />
Die regionalen Spitzen von IHK und Südwestmetall hoffen das, sind aber skeptisch.<br />
Fotomontage: Ohde, Christian<br />
FRUST „Wir befinden uns in einer<br />
durchaus ernsten Situation.<br />
Die Sorge um den Standort<br />
Deutschland nimmt stetig zu –<br />
auch international“, leitete IHK-<br />
Hauptgeschäftsführerin Elke Döring<br />
die Veranstaltung ein, um<br />
gleich darauf kein Blatt mehr vor<br />
den Mund zu nehmen: „So viel<br />
Frust habe ich noch nie erlebt in<br />
13 Jahren bei der IHK.“ Es herrsche<br />
eine sehr schlechte Stimmung<br />
bei vielen Unternehmen in<br />
der Region, die aus der trüben<br />
Konjunktur und der lauen Auftragslage<br />
resultiere.<br />
Doch was noch viel bedenklicher<br />
sei: Viele Entscheidungen<br />
der Bundesregierung hätten zu einem<br />
Vertrauensverlust vor allem<br />
bei den kleinen und mittleren Unternehmen<br />
geführt, die nun fürchten<br />
würden, keine Lobby mehr zu<br />
haben. „Die Zeit drängt. Wir stehen<br />
am Scheideweg. Wir brauchen<br />
den großen Wurf“, mahnte<br />
Döring. Andernfalls drohe ein<br />
Teufelskreis aus Produktionsverlagerungen,<br />
Jobabbau und ausbleibenden<br />
Investitionen.<br />
„Wir haben eine Gemengelage,<br />
die wirklich nicht gut ist“, meinte<br />
auch Hans-Jörg Vollert, der als<br />
Geschäftsführer des Heilbronner<br />
Unternehmens Vollert Anlagenbau,<br />
IHK-Vizepräsident und Vorsitzender<br />
der Südwestmetall-Bezirksgruppe<br />
gleich dreifach von<br />
den aktuellen Krisen betroffen ist.<br />
Sein Appell: „Wir brauchen eine<br />
große Strukturreform.“ Vor allem<br />
zwei Themen brannten Vollert<br />
unter den Nägeln: Zum einen<br />
mache er sich Sorgen um die Zukunft<br />
der sozialen Sicherungssysteme,<br />
wenn mehr als die Hälfte<br />
der Deutschen der Meinung sei,<br />
Arbeit lohne sich nicht mehr, und<br />
gleichzeitig die Lohnnebenkosten<br />
weiter anstiegen. Zum anderen<br />
stellte er die derzeitige Energiepolitik<br />
infrage und bezweifelte<br />
die Grundlastfähigkeit des Stromnetzes.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
forderte er einen Brückenstrompreis<br />
und prophezeite: „Wir werden<br />
bis 2030 noch Steinkohle als<br />
Brückentechnologie brauchen,<br />
auch wenn ich’s nicht gut finde.“<br />
Die Energiewende in ihrer derzeitigen<br />
Form kritisierte Vollert als<br />
„einfach schöngeredet“.<br />
Auch Jörg Ernstberger sprach<br />
von einer „gefährlichen Melange“.<br />
Der Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe<br />
forderte<br />
vor allem ein Umdenken auf gesellschaftlicher<br />
Ebene. So müsse<br />
eine neue Fehlerkultur her<br />
– nicht umsonst zeigten Studien,<br />
dass Genehmigungsverfahren oft<br />
so lange dauerten, weil die beteiligten<br />
Juristen Angst vor Fehlern<br />
hätten.<br />
FÜHRUNGSFIGUR Ein weiteres<br />
Problem: Politischen Entscheidungsträgern<br />
werde nichts mehr<br />
zugetraut. Doch zeigte sich Ernstberger<br />
hier zuversichtlich, dass<br />
durch ein verändertes „Mindset“<br />
der „Hebel auch wieder umgelegt“<br />
werden könne. Gleichwohl<br />
vermisse er eine starke Führungsfigur,<br />
welche die Menschen<br />
aus ihrer Lethargie angesichts der<br />
multiplen Krisen reißen könnte.<br />
Trotz weiter bestehendem Arbeitskräftemangel<br />
sei Umqualifizierung<br />
wichtig – nicht zuletzt da<br />
angesichts der Auftragsflaute in<br />
der Automotive- und Elektronikbranche<br />
schon wieder mit Kurzarbeit<br />
geplant werde. Die Diskussion<br />
über eine Viertagewoche bei<br />
vollem Lohnausgleich bezeichnete<br />
Ernstberger daher als „sinnfrei“.<br />
Eine Chance sei der von<br />
Bundeskanzler Olaf Scholz angeregte<br />
„Deutschland-Pakt“ zur Modernisierung<br />
des Landes. Und so<br />
fiel Ernstbergers Fazit nicht gänzlich<br />
hoffnungslos aus: „Mit einer<br />
starken Wirtschaft, einem starken<br />
Staat und einer starken Demokratie<br />
wird es kein Abdriften in irgendwelche<br />
Themen geben.“<br />
FACHKRÄFTE Das Schlusswort<br />
gebührte wiederum Elke Döring:<br />
„Wir wollen Alarm schlagen und<br />
zeigen, dass die Wirtschaft und<br />
die Unternehmen in Heilbronn-<br />
Franken an einem kritischen<br />
Punkt sind“, sagte die IHK-Hauptgeschäftsführerin<br />
und fügte hinzu:<br />
„Dennoch wollen wir unseren<br />
Blick gemeinsam nach vorne richten.<br />
Es ist nicht die richtige Zeit,<br />
um sich auszuruhen.“ Die Ergebnisse<br />
der Kabinettsklausur in Meseberg<br />
müssten schnell umgesetzt<br />
und dürften nicht verschleppt<br />
oder aufgeweicht werden. Noch<br />
spräche vieles für Deutschland<br />
und Europa als Wirtschaftsstandort:<br />
politische Stabilität, die EU als<br />
einer der größten Wirtschaftsräume<br />
der Welt, gut ausbildete Fachkräfte,<br />
hohe Investitionen in Bildung<br />
und Technologie – wie in<br />
der Region in den Innovationspark<br />
Künstliche Intelligenz (IPAI)<br />
und den Bildungscampus. Doch<br />
das alles sei wertlos ohne die passenden<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Abschließend erinnerte Döring an<br />
die Bedingungen, unter denen der<br />
damalige Bundespräsident Roman<br />
Herzog 1997 seine berühmte<br />
„Ruck-Rede“ gehalten hatte:<br />
Auch damals galt Deutschland<br />
als „kranker Mann Europas“.<br />
„Auch heute muss wieder ein<br />
Ruck durch Deutschland gehen“,<br />
schloss Döring daraus. „Das kann<br />
gelingen: Das Eisen glüht noch. Es<br />
gibt aus unserer Sicht keinen anderen<br />
Weg.“<br />
www.suedwestmetall.de<br />
Absaugen und lüften<br />
Durch eine zentrale Absauganlage können Fertigungsbetriebe Geld und Energie sparen.<br />
Das Übrigshausener Unternehmen AFS Airfilter Systeme hat sich darauf spezialisiert.<br />
Komplettlösung: Eine zentrale Absauganlage mit Lüftungsanlage<br />
saugt die Werkzeugmaschinenluft ab und reinigt sie, kann aber<br />
gleichzeitig auch die Luft in der Halle austauschen. Foto: Ulrich Philipp<br />
Überall, wo Metalle beund<br />
verarbeitet werden<br />
und Kühlschmierstoffe<br />
zum Einsatz kommen, entstehen<br />
Aerosole. Die Abluft muss also<br />
abgesaugt und gereinigt werden.<br />
Die Maschinenabluft enthält<br />
aber auch Abwärme und hat oftmals<br />
eine hohe Luftfeuchtigkeit.<br />
„Im Winter bleibt es warm, aber<br />
schon ab dem Frühjahr wird es<br />
in den Hallen manchmal unerträglich<br />
heiß“, weiß Kai Kuppinger,<br />
Geschäftsführer von AFS Airfilter<br />
Systeme. Das Übrigshausener<br />
Unternehmen hat sich unter<br />
anderem auf Luftreinigungs- und<br />
Absauganlagen für metallverarbeitende<br />
Fertigungsbetriebe spezialisiert.<br />
Zur Luftreinigung setzen viele<br />
Betriebe dezentrale Einzelgeräte<br />
ein, welche die Luft reinigen<br />
und dann als Umluft zurück in<br />
die Halle leiten. Die Luft ist dann<br />
tatsächlich zu mehr als 99 Prozent<br />
sauber. Das Problem: In der<br />
Halle bleibt es warm und feucht.<br />
Es ist also eine zusätzliche Belüftung<br />
erforderlich.<br />
„Viele unserer Kunden denken,<br />
Absaugung und Lüftung seien<br />
zwei Paar Schuhe. Dadurch haben<br />
sie doppelte Kosten und einen<br />
hohen Energieverbrauch“,<br />
erklärt Kuppinger. Die Lösung,<br />
die auch AFS anbietet, ist eine<br />
zentrale Absauganlage mit Luftwechsel.<br />
Diese wird über ein<br />
Rohrleitungssystem mit jeder<br />
Werkzeugmaschine in der Halle<br />
verbunden, saugt die Werkzeugmaschinenluft<br />
ab und reinigt sie,<br />
kann aber gleichzeitig auch die<br />
Luft in der Halle austauschen.<br />
Für die nun saubere Luft gibt es<br />
zwei Möglichkeiten: Mit Fortluft/Umluft<br />
wird die Luft aus der<br />
Halle geführt und – abgesehen<br />
von den kalten Wintermonaten<br />
– über Türe, Tore und Fenster<br />
mit frischer Luft ersetzt. Ähnlich<br />
funktioniert eine zentrale Absauganlage<br />
mit Wärmerückgewinnung<br />
– mit dem Unterschied,<br />
dass sie ganzjährig einen vollständigen<br />
Luftwechsel ermöglicht<br />
und im Winter die von außen<br />
nachströmende Luft durch<br />
Abluft erwärmt.<br />
FÖRDERFÄHIG „Wenn man<br />
Absaugung, Lüftung, Heizen,<br />
Kühlen und Luftreinigung als<br />
ein Gesamtkonzept betrachtet,<br />
kann man viel Geld einsparen“,<br />
sagt Kuppinger. Übrigens<br />
sind alle Absauganlagen sowie<br />
Öl- und Emulsionsnebelabscheider<br />
über das Bundesamt für<br />
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle<br />
(BAFA) förderfähig. Es müssen<br />
dazu die Energieeffizienzkriterien<br />
eingehalten werden, was bei<br />
allen AFS-Anlagen natürlich der<br />
Fall ist.<br />
flu<br />
www.afs-airfilter.de