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Christkatholisch_2023-16

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6 Hintergrund<br />

<strong>Christkatholisch</strong> <strong>16</strong>/<strong>2023</strong><br />

Wir alle stellen<br />

uns im Laufe des<br />

Lebens die Frage<br />

nach dem Tod<br />

und dem Sinn des<br />

Lebens, nach seiner<br />

Nützlichkeit und<br />

dem Sinn des Weitermachens.<br />

Foto: Shutterstock<br />

Gott als «Ort», der sowohl «Inhalt als auch Behälter» ist.<br />

Gottesbilder und ihre Prägung<br />

Paolo Rossi, engagiert im Tessin und Mitglied im Synodalrat,<br />

denkt über Gottesbilder nach und wie diese existentielle Fragen<br />

beeinflussen.<br />

Der anthropomorphe Gott<br />

Meine katholische Erziehung hat mein<br />

Gottesbild geprägt: Ich habe die Erfahrung<br />

eines anthropomorphen Gottes<br />

gemacht, der anders ist als ich, nämlich<br />

allmächtig, allwissend. So ein Gott urteilt<br />

über uns und greift nach eigenem<br />

Ermessen in die irdischen Angelegenheiten<br />

ein. Es ist ein Wesen, das von<br />

unserer Welt losgelöst ist, mit dem wir<br />

in einem dualen Verhältnis stehen und<br />

auf persönlicher Weise in Beziehung<br />

treten. Dieser Gott diktiert uns, in der<br />

Erwartung eines ersehnten Lebens<br />

nach dem Tod, eine Reihe von Vorschriften<br />

zu befolgen, die unsere individuelle<br />

Freiheit einschränken. Das<br />

Konzept von Freiheit kann in Folge<br />

dessen als ein negativer Wert empfunden<br />

werden: Es besteht die Möglichkeit,<br />

die Regeln zu missachten und sich<br />

somit für ein Leben in Sünde zu entscheiden,<br />

mit den vorstellbaren posthumen<br />

Konsequenzen.<br />

Existentielle Fragen<br />

Wir alle stellen uns im Laufe des Lebens<br />

die Frage nach dem Tod und dem<br />

Sinn des Lebens, nach seiner Nützlichkeit<br />

und dem Sinn des Weitermachens.<br />

Die Entwicklung von Gesellschaft und<br />

Technik nimmt uns diese Angst nicht<br />

weg. Nach soziologischen und statistischen<br />

Verhaltensanalysen in Bezug auf<br />

die traditionellen Kirchen, verschafft<br />

uns auch die religiöse Botschaft keine<br />

Erleichterung mehr: Sie besteht aus<br />

nicht mehr verständlichen Symbolen<br />

– das Lamm, das Reich, der brennende<br />

Dornbusch – und aus Inhalten von<br />

Macht und Kontrolle.<br />

Um die Grundzüge dieser existenziellen<br />

Fragen zu erkennen, müssen wir<br />

den Rahmen sprengen und unseren<br />

Blickwinkel ändern. Meine Erfahrungen<br />

in der <strong>Christkatholisch</strong>en Kirche<br />

haben mir in diesem Sinne sehr geholfen.<br />

Diese Kirche hat mir vor allem<br />

bewusst gemacht, dass, wenn der<br />

Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen<br />

ist, alle mit ihm in Berührung<br />

kommenden Erfahrungen, per definitionem<br />

gesegnet sind. Daher gibt es<br />

keine gerechten Religionen (nicht einmal<br />

«gerechtere»), genauso wenig wie<br />

es ein «auserwähltes Volk» gibt.

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