smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 04/2023
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<strong>smartLiving</strong>.<br />
ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />
Das Gaskraftwerk der EnBW in <strong>Stuttgart</strong>-Gaisburg/Innenansicht.<br />
Herzstück des Neubaus ist eine Anlage zur Erzeugung von Strom<br />
und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung, KWK).<br />
Sie verfügt über eine Leistung von insgesamt 30 Megawatt<br />
Wärme und 30 Megawatt Strom.<br />
PLANUNG ALLEIN LIEFERT NOCH KEINE WÄRME<br />
Alleine die Planung liefert jedoch noch keine Wärme. Daher<br />
fordert Jäger: „Wenn die Netze realisiert werden sollen, dann<br />
braucht es dafür eine kraftvolle staatliche Investitionsunterstützung,<br />
mit der auch den Anforderungen unterschiedlicher<br />
Gebietskulissen entsprochen werden kann. Eine kommunale<br />
Nahwärmeversorgung wird nur realisiert werden können, wenn<br />
sie sich auch wirtschaftlich trägt. Hierfür gilt es sämtliche Potenziale<br />
in der Erzeugung auszuschöpfen und zu fördern, insbesondere<br />
die Geothermie ist im Südwesten eine aussichtsreiche<br />
Technologie.<br />
Für Steffen Jäger müsse bei alledem aber auch klar sein, dass<br />
nicht überall wo Wärmeplanungen vorliegen, auch Wärmenetze<br />
entstehen. „In welchem Maße sich die Wärmewende durch öffentliche<br />
Infrastruktur oder eigenverantwortliche, private Maßnahmen<br />
vollzieht, wird von den insgesamt gegebenen Rahmenbedingungen<br />
sowie den Strukturen vor Ort abhängen.“<br />
Prof. Dr. Alexis v. Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags<br />
Baden-Württemberg, betont, dass auch die Landkreise<br />
das Ziel der Wärmewende aktiv vorantreiben: „Gerade den<br />
regionalen Energieagenturen auf Kreisebene kommt dabei eine<br />
bedeutende Rolle zu. Sie können insbesondere kleineren Gemeinden<br />
professionelle Unterstützung auf dem Weg zur klimaneutralen<br />
Wärmeversorgung bieten. Um die regionalen Energieagenturen<br />
nachhaltig zu stärken, sollte sich das Land dazu<br />
durchringen, in eine institutionelle Basisfinanzierung einzusteigen.<br />
Wichtig ist den Landkreisen auch, dass wir bei der Wärmewende<br />
auf alle klimaneutralen Wärmequellen setzen und dabei<br />
insbesondere auch die (Tiefen-)Geothermie sowie die Solarthermie<br />
als Teil der Lösung sehen.“<br />
IM SÜDWESTEN BESTWERT BEI WÄRMENETZEN<br />
Dass Baden-Württemberg ein Vorreiter ist, zeigt sich daran, dass<br />
bereits im Herbst 2020 Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohner<br />
verpflichtet wurden, bis Ende <strong>2023</strong> einen Wärmeplan aufzustellen,<br />
damit die Bürger vor Ort wissen, mit welchen Möglichkeiten<br />
sie rechnen können. Kleinere Städte und Gemeinden<br />
tun das auf freiwilliger Basis und erhalten dafür einen Zuschuss.<br />
Mehr als 60 Wärmenetze wurden über das Förderprogramm<br />
unterstützt. Vorreiter ist Baden-Württemberg auch im vorhandenen<br />
Fernwärmenetz. Stand Ende 2020 bestehen laut der Arbeitsgemeinschaft<br />
Fernwärme (AGFW) im Südwesten 828 Netze<br />
mit einer Trassenlänge von 4.193 Kilometern. Das ist Bestwert.<br />
Bayern als Zweitplatzierter kommt auf 375 Wärmenetze mit<br />
einer Trassenlänge von 3.800 Kilometern.<br />
DIE SITUATION IN STUTTGART<br />
In <strong>Stuttgart</strong> macht die Fernwärme 18 Prozent der Wärmeversorgung<br />
in der gesamten Stadt aus, auf der Neckarschiene und in<br />
der Innenstadt sind es sogar 65 Prozent. Insgesamt sind in der<br />
Stadt rund 3.000 Gebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen.<br />
Mit Fernwärme versorgt werden rund 25.000 Haushalte, 1.300<br />
Unternehmen sowie 300 öffentliche Gebäude. Erzeugt wird die<br />
Wärme vor allem in Kraft‐Wärme‐Kopplung in den Heizkraftwerken<br />
Münster, Gaisburg sowie Altbach/Deizisau. Die dazu<br />
gehörigen Trassen haben eine Länge von 218 Kilometern auf<br />
<strong>Stuttgart</strong>er Gemarkung.<br />
Unterdessen nimmt die Wärmeplanung der Stadt <strong>Stuttgart</strong> immer<br />
konkretere Form an. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses<br />
für Klima und Umwelt wurde der Entwurf für die Einstufung<br />
des Stadtgebiets in Eignungsgebiete für Wärmenetze vorgestellt<br />
und die weiteren Schritte skizziert, die nötig sind, damit der Gemeinderat<br />
die Wärmeplanung noch in diesem Jahr beschließen<br />
kann. Eine Bürgerbeteiligung ist für den Herbst geplant.<br />
Dafür, dass <strong>Stuttgart</strong> ab 2035 klimaneutral sein kann, ist eine<br />
nachhaltige Wärmeversorgung von zentraler Bedeutung. Die<br />
Voraussetzungen dafür sind in den 23 Stadtbezirken jedoch sehr<br />
unterschiedlich. Über deren Bewertung und den Stand der gemeinsam<br />
erarbeiteten Planung haben das Amt für Umweltschutz<br />
(AfU) und die Stadtwerke <strong>Stuttgart</strong> dem Gremium berichtet.<br />
Dieses Leitbild soll den Transformationsprozess in den nächsten<br />
Jahren begleiten und bei allen städtebaulichen Entwicklungen<br />
Berücksichtigung finden.<br />
„Das Potenzial lokaler erneuerbarer Energie ist auf dem Stadtgebiet<br />
begrenzt“, sagt Dr. Jürgen Görres, Leiter der Abteilung<br />
Energie beim AfU, „daher ist es wichtig, jedes Potenzial – ob Abwasserwärme,<br />
Abwärme, Geothermie, Solarenergie und anderes<br />
mehr – zu nutzen. Dabei ist es unbedingt notwendig, auch einen<br />
Großteil der Gebäude energetisch zu sanieren und damit den<br />
Wärmebedarf zu minimieren.“<br />
Die klimaneutrale Wärmeversorgung ist sowohl über eine Einzelversorgung<br />
als auch über einen Wärmeverbund zu realisieren.<br />
Dabei spielt die bestehende Fernwärmeversorgung auch eine<br />
wichtige Rolle. Für den Ausbau des Verbunds gilt es, Zonen zu<br />
identifizieren, in denen ein Wärmenetz praktikabel wäre.<br />
Der im Ausschuss für Klima und Umwelt vorgestellte Entwurf<br />
für Eignungsgebiete zeigt, dass sich die in <strong>Stuttgart</strong> bestehenden<br />
Wärmenetze verdichten und zum Teil erweitern lassen. Hinzu<br />
sollen Gebiete kommen, die sich aufgrund ihrer Struktur und<br />
möglicher Wärmequellen für ein neues klimaneutrales Wärmenetz<br />
eignen. Sie sind nach ihrem zeitlichen und planerischen Status<br />
in zwei Prioritäten eingeteilt. Daneben gibt es auch Gebiete,<br />
die aufgrund ihrer sehr hohen Bebauungsdichte und des geringen<br />
Gebäudeabstands wenig Möglichkeiten für eine klimaneutrale<br />
Einzelversorgung haben, sodass auch hier Wärmenetze als<br />
Option zu prüfen sind.<br />
SCHRITTE BIS ZUR FERTIGEN WÄRMEPLANUNG<br />
Die Landeshauptstadt will die vorläufigen Ergebnisse der kommunalen<br />
Wärmeplanung am 29. September wiederum im Ausschuss<br />
für Klima und Umwelt vorstellen. Unmittelbar danach<br />
sollen die Bürgerinnen und Bürger in die Wärmeplanung eingebunden<br />
werden. Eine Informationsveranstaltung am 5. Oktober<br />
präsentiert dafür den Planungsstand der breiten Öffentlichkeit<br />
und erläutert die Methodik.<br />
Die vorläufigen Ergebnisse werden dann auf der Internetseite<br />
www.stuttgart.de veröffentlicht und auch im Amt für Umweltschutz<br />
einsehbar sein. Im Oktober besteht die Möglichkeit, Anregungen,<br />
Rückmeldungen und Stellungnahmen an das Amt für<br />
Umweltschutz zu schicken, die in die Beratung der Endfassung<br />
des kommunalen Wärmeplans einfließen. Vorgesehen ist, dass<br />
der Gemeinderat die Wärmeplanung für das Stadtgebiet <strong>Stuttgart</strong><br />
im Dezember beschließt.<br />
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© Autor: Karl Gutbrod<br />
Die Grafik aus dem Entwurf der kommunalen Wärmeplanung<br />
markiert im <strong>Stuttgart</strong>er Stadtgebiet die Zonen mit bestehenden<br />
Wärmenetzen, Eignungs- und Versorgungsgebiete,<br />
Erweiterungsbereiche und Einzelversorgungsgebiete.<br />
Abbildung/Rechte: Amt für Umweltschutz, LHS<br />
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Foto: Uli Deck/EnBW<br />
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