smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 04/2023
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Immobilien<br />
<strong>smartLiving</strong>.<br />
ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />
noch sehr hoch, im Lauf der Zeit dreht sich dieses Verhältnis um<br />
weil Sie den gleichen Sollzinssatz auf eine immer geringere<br />
Restschuld zahlen. Ein Immobilienkredit hat folgende Parameter:<br />
• Darlehenssumme<br />
• Sollzinssatz (Nominalzins)<br />
• Effektivzinssatz: Sollzins plus anfallende Kosten<br />
• Zinsbindungszeit (Laufzeit)<br />
• monatliche Rate (Annuität)<br />
Bei einem sogenannten Volltilgerdarlehen wird der Kredit innerhalb<br />
der festgelegten Laufzeit abbezahlt. Eine Anschlussfinanzierung<br />
mit einem neuen Kredit wird also nicht notwendig. Vorteile:<br />
kein Zinserhöhungsrisiko, feste Monatsrate, tendenziell etwas<br />
bessere Zinsen bei vielen Anbietern. Nachteile: wenig Flexibilität<br />
bei der Tilgung, vor allem müssen Kreditnehmer schon früh<br />
hohe Summen tilgen können. Ist nach Ablauf der Zinsbindung<br />
noch eine Restschuld offen, wird wiederum eine Anschlussfinanzierung<br />
nötig. Das ist häufig der Fall.<br />
Mit einem Forward-Darlehen sichert man sich für den Anschlusskredit<br />
bereits ganz am Anfang der ersten Finanzierung<br />
einen bestimmten Zins. Ob das sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal<br />
sagen – es hängt von der Zinsentwicklung ab. Steigen die<br />
Zinsen, hat man einen Vorteil. Sinken die Zinsen, zahlt man<br />
trotzdem mehr.<br />
Wichtig: Verbraucherschützer empfehlen auf jeden Fall, jährliche<br />
Sondertilgungen zu vereinbaren. So können unter anderem<br />
Erbschaften und Tantiemen zur Tilgung genutzt werden. Laut<br />
der Zeitschrift „Finanztest“ gibt es derzeit 5 Prozent Sondertilgung<br />
pro Jahr ohne Aufschlag. Auch 10 Prozent sind bei einigen<br />
Anbietern kostenlos drin. Wer noch mehr Spielraum möchte,<br />
kann statt einem fixen Annuitätendarlehen auch einen flexiblen<br />
Kredit wählen. Hier lässt sich zum Beispiel zusätzlich die Ratenhöhe<br />
ändern.<br />
Vorteile: Die Schuldentilgung lässt sich an die Lebenssituation<br />
anpassen, zum Beispiel an ein wechselndes Einkommen. Nachteil:<br />
Für die Flexibilität wird meist ein Aufschlag fällig. Vorsicht<br />
hohe Gebühren: Verbraucherschützer raten von Kombinationen<br />
aus Bausparverträgen, Lebensversicherungen oder Investmentfonds<br />
mit Darlehen in fast allen Fällen ab. Zu teuer, zu unflexibel.<br />
WELCHE KOSTEN FALLEN BEIM IMMOBILIENKAUF AN?<br />
Interessenten dürfen nicht allein mit dem angebotenen Preis für<br />
ein Objekt rechnen. Die Gesamtkosten setzen sich so zusammen:<br />
Kaufpreis<br />
• Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren und<br />
Maklercourtage (insgesamt etwa 10 bis 12 Prozent des Kaufpreises)<br />
• eventuelle Sanierungskosten bei gebrauchten Häusern<br />
• Kosten für den Umzug, neue Möbel und den Garten<br />
• Eigenkapital beim Immobilienkauf: Wie viel brauche ich?<br />
Je mehr Eigenkapital, umso besser. Denn damit verringert sich<br />
die Summe, die man als Kredit aufnehmen muss. Wer kein oder<br />
wenig Eigenkapital aufbringt, hat folgende Nachteile:<br />
• Man bezahlt höhere Zinsen.<br />
• Die Entschuldung dauert länger.<br />
Bei einem vorzeitigen Verkauf – aus welchen Gründen auch<br />
immer – steigt das Risiko, unterm Strich auf Schulden sitzen zu<br />
bleiben. Aus diesen Gründen raten Verbraucherschützer, Sparverträge<br />
lieber zu kündigen, um damit den Eigenkapitalanteil zu<br />
erhöhen.<br />
Faustregel: Das Ersparte sollte mindestens für die Nebenkosten<br />
reichen. Das wäre dann eine 100-Prozent-Finanzierung. Entscheidend<br />
sei, ob der Kreditnehmer die Raten dauerhaft bezahlen<br />
kann, erklärt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale<br />
Baden-Württemberg. Wer kein absolut sicheres und hohes Einkommen<br />
hat, sollte mindestens 10 und am besten 20 Prozent des<br />
Kaufpreises mitbringen. Dazu raten unter anderem die Experten<br />
der Zeitschrift „Finanztest“.<br />
IMMOBILIENKREDIT: WELCHE MONATLICHE RATE<br />
KANN ICH MIR LEISTEN?<br />
Diese Rechnung ist Voraussetzung dafür, um die maximale<br />
Höhe des Darlehens zu ermitteln. Es kommt also darauf an, alle<br />
monatlichen Einnahmen und <strong>Ausgabe</strong>n gegenüberzustellen.<br />
Alternativ lässt sich addieren, was man binnen eines Jahres an<br />
Kaltmiete gezahlt und zusätzlich gespart hat. Nur dieses Geld<br />
steht zur Verfügung, wenn Sie Eigentümer sind und den Kredit<br />
abbezahlen müssen. Wichtig ist aber auch der Blick in die Zukunft:<br />
Wie ändern sich Einnahmen und <strong>Ausgabe</strong>n, wenn man in<br />
Eigentum lebt? Danach kann man den derzeitigen monatlichen<br />
Überschuss anpassen.<br />
Richtwert: Die Kreditrate sollte nicht mehr als 40 Prozent des<br />
Haushaltsnettoeinkommens ausmachen. Schließlich kostet die<br />
Lebenshaltung auch Geld. Außerdem möchte man sich durchaus<br />
noch die eine oder andere nette Anschaffung leisten können.<br />
Wichtig: Man sollte die Kreditrate dauerhaft tragen können. Dabei<br />
sind eine Reihe von kritischen Punkten zu berücksichtigen:<br />
• Wie sicher sind der eigene Job und das Einkommen?<br />
• Sind Kinder und damit ein Verdienstausfall durch Teilzeitarbeit<br />
eingeplant? Welche zusätzlichen <strong>Ausgabe</strong>n entstehen hier?<br />
• Gibt es für den Ernstfall Rücklagen?<br />
• Wann möchten Sie Ihr Darlehen getilgt haben?<br />
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät, möglichst<br />
schon einige Jahre vor Rentenbeginn schuldenfrei zu sein. Denn<br />
auch ohne Schulden kostet die Immobilie weiter Geld, etwa für<br />
Instandhaltungen. Faustregel: Für den Werterhalt der Immobilie<br />
sollte man jährlich rund 2 Prozent des Wertes der Bausubstanz<br />
einkalkulieren. Die Bausubstanz ist der Immobilienwert minus<br />
den Grundstückswert. Grundsätzlich empfiehlt es sich schon<br />
von Anfang an möglichst viel zu tilgen. Faustregel der Stiftung<br />
Warentest: Mindestens 2 Prozent besser 3 Prozent Tilgung sollte<br />
man sich im Jahr leisten können.<br />
WELCHE LAUFZEIT IST BEIM IMMOBILIENKREDIT<br />
DIE BESTE OPTION?<br />
Das lässt sich nicht pauschal beantworten, weil niemand der<br />
Entwicklung der Zinsen seriös voraussehen kann. Die Stiftung<br />
Warentest rät zu einer möglichst langen Zinsbindung, weil die<br />
Zinsen im langjährigen Vergleich immer noch niedrig seien.<br />
Der Kredit sei dann zwar teurer, biete aber mehr Sicherheit. Hier<br />
kommt es allerdings auch darauf an, wie schnell man von den<br />
Schulden herunterkommt. Wer rasch tilgt, braucht in der Regel<br />
keine überlange Zinsbindung, so die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.<br />
Finanzierungsprofi Niels Nauhauser erklärt: „Wer viel tilgt, für<br />
den sind 10 Jahre völlig ausreichend. Wer dagegen wenig tilgen<br />
kann, den kann ein Zinsanstieg härter treffen. Das Risiko<br />
kann man dann mit einer längeren Laufzeit reduzieren.“ Der<br />
Verbraucherschützer rät auf jeden Fall dazu, nur Angebote mit<br />
einer festen Laufzeit anzufragen. „Die Banken tun alles, um<br />
sich dem Zinswettbewerb zu entziehen.“ Sie bieten oft nicht<br />
ein Darlehen an, sondern mehrere kombinierte Kredite – zum<br />
Beispiel einmal mit 15 Jahren Laufzeit und einmal mit 5 Jahren<br />
Laufzeit. Finger weg.<br />
Zehn Jahre nach Auszahlung des Kredits besteht ohnehin ein<br />
Kündigungsrecht, unabhängig von der Laufzeit. Die Frist beträgt<br />
dafür sechs Monate. Auch Sondertilgungen sind dann möglich.<br />
Die beste Zeit für die Finanzierung von Immobilien ist jetzt. Die<br />
Zinsen sind zwar gestiegen, aber immer noch historisch niedrig.<br />
WIE LÄSST SICH DIE MAXIMALE<br />
KREDITSUMME BERECHNEN?<br />
Wer seinen voraussichtlichen monatlichen Überschuss ermittelt<br />
hat, kann daraus die maximale Monatsrate für den Kredit<br />
ableiten. Daraus wiederum lässt sich die Höhe des Darlehens<br />
bestimmen. Die maximale Summe lässt sich mit Rechnern im<br />
Internet ermitteln, zum Beispiel von der Stiftung Warentest, der<br />
FMH-Finanzberatung oder mit dem Hypothekenrechner von<br />
Zinsen-berechnen.de.<br />
Hierzu gibt man noch verschiedene andere Werte an, etwa den<br />
Sollzinssatz. Wer mit den Rechnern herumspielt, stellt fest: Die<br />
Werte hängen miteinander zusammen. Verändert man Zinssatz,<br />
Tilgungsrate und monatliche Rate, ändert sich auch die Darlehenssumme.<br />
Dazu schauen wir uns ein paar Beispiele an:<br />
• Bei einer monatlichen Rate von 1.000 Euro, einer Tilgung von<br />
2 Prozent und einem Sollzinssatz von 2 Prozent (Annuität also<br />
insgesamt bei 4 Prozent) liegt die Darlehenssumme bei 300.000<br />
Euro.<br />
• Will man nun 3 Prozent statt 2 Prozent tilgen (Annuität von<br />
fünf Prozent) und ändert nichts an den anderen Werten, liegt<br />
die Summe nur noch bei 240.000 Euro. Das gilt genauso bei 3<br />
Prozent Zins und 2 Prozent Tilgung, also der gleichen Annuität.<br />
• Wer sich bei 2 Prozent Tilgung und 2 Prozent Zins eine monatliche<br />
Rate von 1.500 Euro leisten kann, bekommt 450.000 Euro<br />
Darlehen.<br />
• Erhöht man bei der Monatsrate von 1.500 Euro die Tilgung<br />
auf 3 Prozent, reduziert sich die Summe wieder – auf 360.000<br />
Euro. Ebenso, wenn man einen Zins von 3 Prozent bei 2 Prozent<br />
Tilgung anlegt.<br />
Die Beispiele zeigen: Der Anstieg der Zinsen hat große Auswirkungen<br />
auf die Immobilie, die Sie sich am Ende leisten können –<br />
oder eben nicht mehr. Kompensieren lässt sich der Anstieg durch<br />
eine höhere Monatsrate. Aber gerade die lässt sich nicht beliebig<br />
erhöhen. Für viele Interessenten bedeutet das derzeit: Durch den<br />
jüngsten Zinsanstieg platzt der Traum vom Eigenheim. Erinnerung:<br />
Je mehr Eigenkapital, umso geringer der Zinssatz.<br />
Fazit: Wenn Sie die maximale Darlehenssumme ermittelt haben,<br />
wissen Sie, was Sie sich leisten können. Addieren Sie nun das Eigenkapital<br />
hinzu, ergibt sich die Summe, die Sie maximal für die<br />
Immobilie inklusive Nebenkosten und Sanierungsmaßnahmen<br />
ausgeben können.<br />
WIE FINDE ICH DIE BESTEN IMMOBILIENKREDITE?<br />
Gleich vorweg: Die Unterschiede bei den Zinsen können gewaltig<br />
sein. Wer nicht vergleicht, hat am Ende womöglich mehrere<br />
Zehntausend Euro mehr bezahlt als nötig, zeigt der diesjährige<br />
Zinsvergleich der Zeitschrift „Finanztest“ (<strong>Ausgabe</strong> 4/2022).<br />
Die Experten verglichen im Februar 2022 die Angebote von 89<br />
Banken, Kreditvermittlern, Bausparkassen und Versicherungen<br />
– und zwar für vier verschiedene Finanzierungstypen. Die<br />
Unterschiede waren zum Teil gewaltig. Hier einige Beispiele<br />
aus der Praxis:<br />
Bei einem Volltilgerdarlehen mit 30 Jahren Laufzeit und einer<br />
Darlehenssumme von 320.000 Euro lag das günstigste Angebot<br />
bei 1,43 Prozent und das teuerste bei 3,38 Prozent. Der Unterschied<br />
am Ende der Laufzeit: insgesamt 112.540 Euro. Bei einem<br />
flexiblen Darlehen über eine Summe von 450.000 Euro lag der<br />
niedrigste Zins bei 1,29 Prozent, der höchste bei 2,21 Prozent.<br />
Bei 15 Jahren Zinsbindung ein Unterschied von 53.430 Euro.<br />
Bei einer 100-Prozent-Finanzierung mit 20 Jahren Laufzeit und<br />
350.000 Darlehenssumme lag die Zinsspanne zwischen 1,48<br />
und 2,76 Prozent. Der Unterschied bei gleicher Monatsrate:<br />
67.360 Euro. Hinweis: Diese Daten sind mittlerweile überholt,<br />
weil die Zinsen stark gestiegen sind – man muss sich immer<br />
aktuell informieren. Sie zeigen aber gut, dass ein Zinsvergleich<br />
sich immer lohnt.<br />
Die „Finanztest“-Experten raten, sich mehrere Angebote einzuholen,<br />
etwa von einem Kreditvermittler, der regionalen Bank<br />
und der eigenen Hausbank. Bei Vermittlern sollte man nachfragen,<br />
ob auch die Angebote regionaler Anbieter gelistet sind. Kreditsumme,<br />
Ratenhöhe, Zinsbindung und Rückzahlungsmodalitäten<br />
sollten immer gleich sein.<br />
<br />
©Autor: Dietmar Kern<br />
14<br />
15