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Ratgeber •Tipps<br />
Die Ausschlagung von Erbschaften<br />
Eine Erbschaft erwirbt man<br />
bereits in dem Moment, in<br />
dem der Erblasser verstirbt.<br />
Man wird also grundsätzlich<br />
Erbe, ohne dass eine<br />
bestimmte Handlung oder<br />
Erklärung dafür erforderlich<br />
wäre. Dies gilt sogar dann,<br />
wenn man von der Erbschaft<br />
gar nichts weiß, oder überhaupt<br />
nicht Erbe werden will.<br />
Es mag aber unter Umständen<br />
gute Gründe geben, nicht<br />
Erbe werden zu wollen. So<br />
muss man sich vergegenwärtigen,<br />
dass man als Erbe nicht<br />
nur das vorhandene Vermögen<br />
des Erblassers erwirbt,<br />
sondern auch dessen etwaige<br />
Schulden. Ein aktuelles und<br />
immer häufiger auftretendes<br />
Beispiel für eine solche Überschuldung<br />
des Nachlasses ist<br />
der Fall, wenn der Erblasser<br />
vor seinem Tod in einem Pflegeheim<br />
gelebt hat. Dadurch<br />
entstehen hohe Kosten, die<br />
nicht selten in Summe höher<br />
sind als das Vermögen des<br />
Erblassers. Hat der Erblasser<br />
Dr. Christian Behrendt<br />
Rechtsanwalt und Notar<br />
Fachanwalt für Steuerrecht<br />
christian.behrendt@brandi.net<br />
Dr. Jens Hoffmann<br />
Rechtsanwalt und Notar<br />
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
Fachanwalt für Steuerrecht<br />
jens.hoffmann@brandi.net<br />
BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />
Lindenweg 2 • 32756 <strong>Detmold</strong><br />
T +49 5231 9857 - 0 • F +49 5231 9857 - 50<br />
diese Kosten zu Lebzeiten dann nicht (vollständig) bezahlt,<br />
fallen diese dann den Erben zur Last. Wenn der<br />
Nachlass überschuldet ist, gewinnt ein Erbe durch die<br />
Erbschaft also nichts.<br />
Aus diesem Grund muss aber auch niemand Erbe werden.<br />
Das Gesetz sieht für diese Fälle vielmehr Möglichkeiten<br />
vor, zu vermeiden, dass ein Erbe aufgrund eines<br />
verschuldeten Nachlasses im Ergebnis schlechter<br />
gestellt wird, als wenn er kein Erbe geworden wäre.<br />
Eine dieser Möglichkeiten ist die Ausschlagung der<br />
Erbschaft.<br />
Die Ausschlagung bewirkt, dass der Erbanfall als „nicht<br />
erfolgt“ gilt. Das bedeutet, dass die nächste Person in<br />
der Erbfolge Erbe wird. Dies gilt rückwirkend für den Moment<br />
des Ablebens des Erblassers - wird die Erbschaft<br />
ausgeschlagen, ist der Ausschlagende also nie Erbe gewesen.<br />
Übrigens: gibt es keine weiteren Personen in der<br />
Erbfolge oder wird die Erbschaft von allen Erbberechtigten<br />
ausgeschlagen, erbt schließlich der Staat. Dieser<br />
kann die Erbschaft dann nicht mehr ausschlagen.<br />
BIELEFELD DETMOLD GÜTERSLOH PADERBORN MINDEN HANNOVER PARIS PEKING<br />
Die Erklärung, dass die Erbschaft<br />
ausgeschlagen wird,<br />
ist gegenüber dem Nachlassgericht<br />
abzugeben.<br />
Dies kann entweder zur<br />
Niederschrift beim Nachlassgericht<br />
selbst erfolgen.<br />
Dann nimmt der zuständige<br />
Rechtspfleger die Erklärung,<br />
dass eine Erbschaft ausgeschlagen<br />
wird zu Protokoll.<br />
Eine weitere Möglichkeit der<br />
Erbausschlagung ist die entsprechend<br />
von einem Notar<br />
beglaubigte schriftliche Erklärung,<br />
welche an das Nachlassgericht<br />
versandt wird.<br />
Oft müssen sich Erben allerdings<br />
überhaupt erst einmal<br />
einen Überblick verschaffen,<br />
was denn nun überhaupt alles<br />
zum Nachlass gehört.<br />
Das Gesetz räumt daher für<br />
die Entscheidung, ob eine<br />
Erbschaft ausgeschlagen<br />
werden soll, eine Frist von<br />
sechs Wochen ein. Diese Frist<br />
beginnt zu laufen, sobald<br />
der Erbe von seiner Erbenstellung<br />
Kenntnis erlangt. Bei gesetzlichen Erben wie<br />
Kindern oder Ehegatten ist das beispielsweise schon<br />
dann der Fall, wenn Sie vom Ableben des Erblassers<br />
erfahren und wissen, dass sie nicht von der Erbfolge<br />
ausgeschlossen sind.<br />
Unter Umständen ist die Ausschlagung des Erbes allerdings<br />
auch anfechtbar. Dies gilt insbesondere dann,<br />
wenn sich der Erbe über den Wert des Nachlasses geirrt<br />
hat – so zum Beispiel, wenn der Ausschlagende<br />
nach der Ausschlagung herausfindet, dass eben doch<br />
noch erhebliches Vermögen des Erblassers vorhanden<br />
ist. Die Frage, eine Ausschlagung allerdings tatsächlich<br />
angefochten werden kann, kann fast nie pauschal<br />
beantwortet werden und bedarf stets der sorgfältigen<br />
Prüfung im Einzelfall.<br />
Grundsätzlich gilt auch: Die Ausschlagung einer Erbschaft<br />
ist allerdings nicht immer die optimale Lösung.<br />
Fachkundige Beratung ist daher vor der Entscheidung,<br />
eine Erbschaft auszuschlagen, unumgänglich.<br />
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<strong>Unser</strong> <strong>Hiddesen</strong>/ Oktober - November ‘23