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Demenz und der Spitzenwert des Vergessens – Alzheimer –<br />

gelten als Höchstpreis einer immer weiter ansteigenden Lebenserwartung.<br />

Ein kollektiver Albtraum. Entsprechend groß sind<br />

die Hoffnungen, die auf der Forschung, also auch auf Dr. Arthur<br />

Schall ruhen. Der Diplom-Psychologe ist Mitarbeiter am Arbeitsbereich<br />

Altersmedizin mit Schwerpunkt Psychogeriatrie und<br />

klinische Gerontologie am Institut für Allgemeinmedizin an<br />

der Goethe-Universität Frankfurt. Dort beschäftigt er sich mit<br />

„kreativtherapeutischen Interventionen im Kontext gerontopsychiatrischer<br />

Erkrankungen“ – also mit dem Einsatz von Musik<br />

oder Kunst als therapeutisches Instrument.<br />

Dr. Arthur Schall<br />

ERST KÜRZLICH BE-<br />

HAUPTETE EINE SCHLAG-<br />

ZEILE, ES GÄBE DA BALD EIN<br />

VIELVERSPRECHENDES MITTEL GEGEN ALZ-<br />

HEIMER. DÜRFEN WIR ALSO HOFFEN? Nicht auf<br />

die eine Pille, die die Demenz in all ihren Erscheinungsformen<br />

sofort heilt. Die wird es schon deshalb nicht geben,<br />

weil es eben diese vielen Erscheinungsformen gibt.<br />

Die Medikamente, die im Moment im Einsatz sind, gibt<br />

es schon seit über zwanzig Jahren. Was nicht heißt, dass<br />

es nicht vielleicht irgendwann eine verbesserte Medikation<br />

geben wird. Aber das wird dauern. Allerdings<br />

hat gerade die Stagnation in der pharmakologischen<br />

Entwicklung zu einer neuen Hoffnung geführt: Dass bestimmte<br />

nichtpharmakologische Therapieformen,<br />

die früher eher belächelt wurden, nun deutlich ernster<br />

genommen werden. Einfach, weil man sieht, wie gut<br />

sie wirken.<br />

WELCHE SIND DAS? Im Grunde geht es um dieselben<br />

Faktoren, die auch in der Prävention von Demenz<br />

nachweislich eine Schlüsselposition innehaben: geistige<br />

und körperliche Aktivitäten. Etwa etwas für die Ausdauer<br />

und Muskelstärkung tun, Musik machen, singen.<br />

Sich mit Kunst beschäftigen. Soziale Eingebundenheit.<br />

Man weiß aus Studien, dass auch Isolation mit Folge<br />

einer depressiven Symptomatik Demenz befördern<br />

kann. Ein Kriterium, das ja auch auf viele pflegende<br />

Angehörige zutrifft.<br />

LÄSST SICH DER BENEFIT FÜR DIE ERKRANK-<br />

TEN UND AUCH FÜR DIE ANGEHÖRIGEN NACH-<br />

WEISEN? Wir haben in letzter Zeit einige Studien<br />

durchgeführt. Darunter etwa das gemeinsame Chorsingen.<br />

Zwei Monate lang trafen sich 19 Teilnehmende<br />

mit Demenz zu wöchentlichen Chorproben. Es zeigten<br />

sich sehr positive Effekte auf das Stressniveau, die<br />

Lebensqualität und auch auf die Kommunikation.<br />

Sowohl bei den Erkrankten wie auch bei ihren Angehörigen.<br />

Wir stellten fest, dass auch die familiären<br />

Beziehungen zu den Erkrankten von dem Projekt sehr<br />

profitiert haben. Das Erstaunliche war außerdem: Auch<br />

wenn sich die Dementen nicht mehr erinnern konnten,<br />

dass sie am Singen teilgenommen hatten, freuten sie<br />

sich doch, wenn es zum nächsten Termin ging.<br />

ALSO IST ES NICHT DIE HOFFNUNG AUF HEI-<br />

LUNG, DIE HOFFNUNG MACHT – SONDERN DIE<br />

AUF MEHR LEBENSQUALITÄT? Es gibt durchaus<br />

berechtigte Hoffnungen darauf, gar nicht erst zu erkranken,<br />

wenn man die genannten Faktoren berücksichtigt:<br />

sich gut ernährt, viel bewegt, geistig rege bleibt. Aber<br />

auch, wenn man die Diagnose bekommt, hat man noch<br />

einige gute Jahre vor sich. Wenn man – neben der Medikation,<br />

die auch sehr wichtig ist – Dinge tut, die einem<br />

Spaß machen. Die die motorischen, alltagspraktischen,<br />

kommunikativen und kognitiven Fertigkeiten aktivieren.<br />

Selbst mit einer Demenzerkrankung – das ist nachgewiesen<br />

– bilden sich immer noch neue Synapsen, neue<br />

Verbindungen von Gehirnzellen.

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