MAINfeeling Winter 2023
Das Lifestyle-Magazin für Rhein-Main
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PORTRÄT 38 | 39<br />
sind auf den Campingplatz gefahren und haben drei Tage<br />
lang acht bis zehn Stunden improvisiert und gedreht.“ Einmal<br />
in den Klamotten von Ilse und Schorschi, seien sie im Flow<br />
gewesen. Dabei nehmen sie nicht nur den Alltag auf heimischen<br />
Campingplätzen und die unterschiedlichen Camper-<br />
Videos, die es auf YouTube heute zuhauf und mit erstaunlich<br />
hohen Klickzahlen gibt, aufs Korn. Es gibt auch Einspieler<br />
mit absurden Kochshow-Episoden, kurze Musikvideos oder<br />
kleine witzige Dokus.<br />
Am Ende wurden aus der mehrtägigen Improvisation<br />
13 Folgen à 15 Minuten, die allerdings nicht im Fernsehen,<br />
sondern auf ihrem eigenen Badesalz-TV-Kanal auf YouTube<br />
zu sehen sind, bei dem man auf ihrer Internetseite für einen<br />
monatlichen Obolus Mitglied werden kann. Gut 20.000 Abonnenten<br />
hatten sie dort bereits und erhoffen sich durch die<br />
Serie noch ein paar mehr – wenn schon ganz normale Camper<br />
auf YouTube locker von 100.000 Menschen verfolgt werden.<br />
Natürlich wären sie gerne mal wieder im linearen Fernsehen<br />
präsent gewesen. „Als die Serie fertig war, haben wir<br />
sie bei ein paar infrage kommenden TV-Sendern angeboten.“<br />
Doch da müsse man den richtigen Moment erwischen, räumen<br />
beide ein, und das habe nicht geklappt. Ewig in der<br />
Warteschleife hängen, wollten sie nicht. Am liebsten arbeiten<br />
sie ohnehin unabhängig und veröffentlichen auf ihrem eigenen<br />
Label „Frau Batz Records“.<br />
Der Fernsehauftritt hätte vermutlich dabei geholfen, dass<br />
nicht mehr so viele Leute denken, es gäbe Badesalz nicht<br />
mehr. „Egal, wo ich bin, jede Woche werde ich gefragt, macht<br />
ihr noch was?“, berichtet Gerd Knebel. „Wenn wir nicht<br />
abends bei denen ins Wohnzimmer spazieren, denken sie, es<br />
gibt uns nicht mehr“, ergänzt Nachtsheim. Dabei hat Badesalz<br />
offenbar eine gute Fan-Basis, denn ihre Live-Auftritte, auch<br />
weit über Hessen hinaus, sind in der Regel ausverkauft.<br />
Und dank YouTube & Co. wird das Publikum sogar jünger.<br />
„In Kaiserslautern hatten wir kürzlich drei Reihen mit Zwanzigjährigen“,<br />
sagt Knebel. „Dadurch, dass das, was wir machen,<br />
so zeitlos ist, ist der Altersdurchschnitt unseres Publikums<br />
noch wie vor 20 Jahren, während wir immer älter werden“,<br />
führt Nachtsheim den Gedanken seines Duopartners zu Ende.<br />
gerade sein zweites fremdsprachiges Album mit dem Titel<br />
„Planks“ fertig, das am 3. November veröffentlicht wurde.<br />
Als Gerdo Sintrenza, was so viel heißt wie „ohne Zopf“, singt<br />
er darauf erneut Songs mit spanischen Texten – übersetzt<br />
mithilfe eines Computerprogramms und einer spanischsprachigen<br />
Freundin. So komisch es klingen mag, das Projekt<br />
ist durchaus ernst gemeint. Er habe angefangen, Spanisch<br />
zu lernen und sich in die Worte verliebt. „Die schreien nach<br />
Liedern“, fand er und schrieb diese, mit gewohnt ironischen<br />
Texten. „Die Stücke des ersten Albums sind sogar bei zwei<br />
oder drei Radiosendern in Spanien gelaufen und es gab in<br />
Asturien eine Sendung über mich“, erzählt er stolz und will<br />
offenbar mehr: Denn diesmal hat er sich gemeinsam mit der<br />
Jazzsängerin Nashi Cho Young sogar an einen koreanischspanischen<br />
Song gewagt.<br />
Mit ihren Sketchen und Liedern bieten die beiden Komiker,<br />
die so gerne Alltagssituationen karikieren, ihren Fans mehr als<br />
reine Unterhaltung. Humor verbindet und kann ja durchaus<br />
Hoffnung machen, besonders in diesen eher bedrückenden<br />
Zeiten, finden sie. „Wenn Leute im Kollektiv lachen, erleben<br />
sie ein Gemeinschaftsgefühl. Wir erzeugen im Publikum eine<br />
gewisse Einheit“, stellt Nachtsheim fest. Und nach den letzten<br />
Shows seien die Besucher im Foyer besonders euphorisch<br />
gewesen. In einem Interview hat sich kürzlich sogar die<br />
Sängerin Helene Fischer als Badesalz-Fan geoutet. „Wir<br />
sind auch Fans von ihr. Sie singt gut“, betont Gerd Knebel.<br />
Was sie leiste, sei beeindruckend, fügt er an und will noch<br />
mehr sagen. Aber diesmal hat Henni Nachtsheim das<br />
letzte Wort: „Sie hat offensichtlich Geschmack.“<br />
Ließen einst<br />
den hessischen<br />
Humor aus<br />
der Flasche:<br />
Gerd Knebel<br />
und Henni<br />
Nachtsheim<br />
von Badesalz.<br />
SOLOPROGRAMME UND EIN ALBUM<br />
MIT SPANISCHEN TEXTEN<br />
An Scheidung haben sie noch nie gedacht, wie beide betonen.<br />
Dafür lassen sie sich, wie in einer guten Ehe, viele Freiheiten.<br />
„Ich denke, wir werden auch künftig immer etwas<br />
gemeinsam machen, selbst wenn wir viele Soloprojekte<br />
haben“, sagt Knebel. Ideen haben sie genug, von ihrem Podcast<br />
„Radio Badesalz“, der in Coronazeiten entstand, über<br />
eine eigene App bis hin zu Büchern und Synchronsprecher-<br />
Auftritten. Mit ihrem immerhin zwölften Bühnenprogramm<br />
„Kaksi Dudes“ sind sie weiterhin unterwegs. Früher hätten sie<br />
ein Programm, verteilt auf zwei Jahre, rund 150 Mal gespielt<br />
und zwischen den Auftritten frei gehabt, erinnern sie sich.<br />
Heute verwirklichen sie so viele Projekte nebenher, dass es<br />
keine Pausen mehr gibt.<br />
Henni Nachtsheim geht weiterhin mit seinem Soloprogramm<br />
sowie gemeinsam mit Rick Kavanian als „Dollbohrer“<br />
auf Tour. Gerd Knebel plant ein Soloprogramm und stellt