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ECHO Top1000 Niederösterreich 2023

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ne Pyramide, die den KI-Einsatz verbildlicht.<br />

Die Basis ist, eine in der Firma vorhandene<br />

Software mit KI-Funktionen anzureichern, z. B.<br />

Microsoft Copilot in der Office Software. Die<br />

zweite Ebene sind KI-Systeme wie ChatGPT,<br />

Produkte, die aufgrund neuer KI-Methoden<br />

entstehen. Die dritte Ebene umfasst maßgeschneiderte,<br />

womöglich selbst entwickelte<br />

KI-Implementierungen im Unternehmen. Die<br />

Pyramidenspitze bilden Firmen, die selbst KI-<br />

Produkte anbieten. Klar ist: Jetzt ist der beste<br />

Zeitpunkt, um sich mit KI zu befassen!<br />

<strong>ECHO</strong>: Welche Gefahren gibt es bei der Implementierung<br />

von KI?<br />

Millinger: Viele Befürchtungen über KI resultieren<br />

nicht aus der Realität, sondern aus<br />

Science Fiction. Manchmal werden Gewaltund<br />

Zerstörungsfantasien auf Maschinen<br />

übertragen. Maschinen haben keinen Willen<br />

zu Gewalt (außer jemand baut es ein). Diese<br />

Fantasien erschweren eine sachliche Diskussion<br />

über die tatsächlichen Probleme – Jobs, Sicherheit<br />

und Energieverbrauch. Nicht unbedingt<br />

der Betrieb, doch das Training der Modelle ist<br />

sehr energieintensiv. Das wird Bedenken gegenüber<br />

großen Sprachmodellen erzeugen. Es gibt<br />

die Idee der Foundational Models. Bestimmte<br />

Unternehmen trainieren die teuren Modelle<br />

und stellen sie dann anderen zur Verfügung.<br />

Die nutzende Firma muss nur noch Feintuning<br />

übernehmen, was energetisch effizienter ist. Es<br />

bleibt jedoch die Notwendigkeit, das Thema KI<br />

zu regulieren und Schäden für die Gesellschaft<br />

zu vermeiden. Der EU AI Act versucht, genau<br />

das zu erreichen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Ist die Debatte um Arbeitskräftemangel<br />

und Arbeitszeitverkürzung obsolet?<br />

Millinger: Wir werden zunächst profitieren,<br />

da Fachkräfte von bestimmten Tätigkeiten<br />

freigespielt werden. Mittelfristig wird die Automatisierung<br />

jedoch so weit fortgeschritten<br />

sein, dass auch zahlreiche Menschen, die arbeiten<br />

möchten, keine Arbeit mehr finden.<br />

Das ist gegenwärtig unvorstellbar, was nicht<br />

heißt, dass es nicht so kommen wird. Die Entwicklung<br />

am Arbeitsmarkt wird auch davon<br />

abhängen, wie rasch die Unternehmen ihre<br />

Softwarelandschaft adaptieren werden. Spätestens<br />

2026 wird es jedenfalls KI-Software<br />

geben, die einem Menschen an produktiver<br />

Intelligenz in nichts mehr nachstehen wird.<br />

Es wäre dumm, Maschinen zu bauen, die eigene<br />

Emotionen haben, und diese Aspekte<br />

menschlicher Intelligenz nachzuformen. Aber<br />

diese Maschinen werden<br />

rationale, technische<br />

Aufgaben<br />

ebenso gut lösen<br />

können wie wir. Google<br />

forscht aktuell an<br />

einem Roboter, der<br />

selbst Aufgaben bewältigen<br />

kann, von<br />

denen er zuvor noch<br />

nie gehört hat. In wenigen<br />

Jahren könnten<br />

Firmen darum nur<br />

noch aus Inhaber, Firmenbucheintrag und<br />

Software bestehen.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wie steht es um die Sicherheit?<br />

Millinger: Unsere Gesellschaften sowie die<br />

EU müssen definieren, was eine Software darf<br />

und wie sicher die technische Funktion dieser<br />

Software sein muss. Die Zivilgesellschaft muss<br />

aktiv werden, denn aus rein wirtschaftlicher<br />

Sicht liegen die Grenzen woanders als im Sinne<br />

„Ich nenne Sprachmodelle<br />

wie ChatGPT gerne Orakel.<br />

Sie sind nicht immer leicht<br />

zu verstehen und nicht immer<br />

korrekt, aber trotzdem<br />

bereits extrem hilfreich.“<br />

Dietmar Millinger, KI-Experte<br />

und Leiter KI-Akademie WIFI <strong>Niederösterreich</strong><br />

einer Privatperson oder einer Gesellschaft. Ich<br />

fürchte weiterhin, wir werden uns mit schwierigen<br />

Fragen zum militärischen Einsatz solcher<br />

Technologien befassen müssen. Die EU zögert,<br />

diese Themen zu regulieren, da unklar ist, wie<br />

andere Staaten damit umgehen werden. In<br />

den USA tobt ein epischer Kampf, ob Open<br />

Source verboten werden soll, weil damit auch<br />

Schaden angerichtet werden kann. Ich halte<br />

eine zu starke Beschränkung für falsch. Dies<br />

hemmt Innovation und erzeugt Monopole.<br />

Die EU überlegt, Modelle mit simplen Fähigkeiten<br />

nicht und hochpotente Technologien<br />

streng zu regulieren.<br />

Die Technologie<br />

muss uns zu Diensten<br />

sein, das ist das Wesentliche.<br />

Unsere Gesellschaft<br />

wird Zonen<br />

definieren, in denen<br />

KI nichts verloren hat.<br />

Ethische Fallen sind<br />

persönliche Daten<br />

und Überwachung.<br />

Menschen wollen<br />

nicht überwacht werden,<br />

aber ein Großteil unserer Gesellschaft<br />

strebt nach mehr Sicherheit. Das sind Fragen,<br />

mit denen wir uns befassen müssen: Wie viel<br />

Sicherheit gewinnen wir, wie viel Freiheit verlieren<br />

wir? Wer hat Zugriff auf welche Daten<br />

und wofür werden sie genutzt? Klar ist aber<br />

auch: Angst vor KI ist oft eine Folge von Uninformiertheit.<br />

Und Uninformiertheit kann man<br />

einfach beheben. <br />

<br />

Interview: Amata Steinlechner<br />

<strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2023</strong><br />

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