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ne Pyramide, die den KI-Einsatz verbildlicht.<br />
Die Basis ist, eine in der Firma vorhandene<br />
Software mit KI-Funktionen anzureichern, z. B.<br />
Microsoft Copilot in der Office Software. Die<br />
zweite Ebene sind KI-Systeme wie ChatGPT,<br />
Produkte, die aufgrund neuer KI-Methoden<br />
entstehen. Die dritte Ebene umfasst maßgeschneiderte,<br />
womöglich selbst entwickelte<br />
KI-Implementierungen im Unternehmen. Die<br />
Pyramidenspitze bilden Firmen, die selbst KI-<br />
Produkte anbieten. Klar ist: Jetzt ist der beste<br />
Zeitpunkt, um sich mit KI zu befassen!<br />
<strong>ECHO</strong>: Welche Gefahren gibt es bei der Implementierung<br />
von KI?<br />
Millinger: Viele Befürchtungen über KI resultieren<br />
nicht aus der Realität, sondern aus<br />
Science Fiction. Manchmal werden Gewaltund<br />
Zerstörungsfantasien auf Maschinen<br />
übertragen. Maschinen haben keinen Willen<br />
zu Gewalt (außer jemand baut es ein). Diese<br />
Fantasien erschweren eine sachliche Diskussion<br />
über die tatsächlichen Probleme – Jobs, Sicherheit<br />
und Energieverbrauch. Nicht unbedingt<br />
der Betrieb, doch das Training der Modelle ist<br />
sehr energieintensiv. Das wird Bedenken gegenüber<br />
großen Sprachmodellen erzeugen. Es gibt<br />
die Idee der Foundational Models. Bestimmte<br />
Unternehmen trainieren die teuren Modelle<br />
und stellen sie dann anderen zur Verfügung.<br />
Die nutzende Firma muss nur noch Feintuning<br />
übernehmen, was energetisch effizienter ist. Es<br />
bleibt jedoch die Notwendigkeit, das Thema KI<br />
zu regulieren und Schäden für die Gesellschaft<br />
zu vermeiden. Der EU AI Act versucht, genau<br />
das zu erreichen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Ist die Debatte um Arbeitskräftemangel<br />
und Arbeitszeitverkürzung obsolet?<br />
Millinger: Wir werden zunächst profitieren,<br />
da Fachkräfte von bestimmten Tätigkeiten<br />
freigespielt werden. Mittelfristig wird die Automatisierung<br />
jedoch so weit fortgeschritten<br />
sein, dass auch zahlreiche Menschen, die arbeiten<br />
möchten, keine Arbeit mehr finden.<br />
Das ist gegenwärtig unvorstellbar, was nicht<br />
heißt, dass es nicht so kommen wird. Die Entwicklung<br />
am Arbeitsmarkt wird auch davon<br />
abhängen, wie rasch die Unternehmen ihre<br />
Softwarelandschaft adaptieren werden. Spätestens<br />
2026 wird es jedenfalls KI-Software<br />
geben, die einem Menschen an produktiver<br />
Intelligenz in nichts mehr nachstehen wird.<br />
Es wäre dumm, Maschinen zu bauen, die eigene<br />
Emotionen haben, und diese Aspekte<br />
menschlicher Intelligenz nachzuformen. Aber<br />
diese Maschinen werden<br />
rationale, technische<br />
Aufgaben<br />
ebenso gut lösen<br />
können wie wir. Google<br />
forscht aktuell an<br />
einem Roboter, der<br />
selbst Aufgaben bewältigen<br />
kann, von<br />
denen er zuvor noch<br />
nie gehört hat. In wenigen<br />
Jahren könnten<br />
Firmen darum nur<br />
noch aus Inhaber, Firmenbucheintrag und<br />
Software bestehen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie steht es um die Sicherheit?<br />
Millinger: Unsere Gesellschaften sowie die<br />
EU müssen definieren, was eine Software darf<br />
und wie sicher die technische Funktion dieser<br />
Software sein muss. Die Zivilgesellschaft muss<br />
aktiv werden, denn aus rein wirtschaftlicher<br />
Sicht liegen die Grenzen woanders als im Sinne<br />
„Ich nenne Sprachmodelle<br />
wie ChatGPT gerne Orakel.<br />
Sie sind nicht immer leicht<br />
zu verstehen und nicht immer<br />
korrekt, aber trotzdem<br />
bereits extrem hilfreich.“<br />
Dietmar Millinger, KI-Experte<br />
und Leiter KI-Akademie WIFI <strong>Niederösterreich</strong><br />
einer Privatperson oder einer Gesellschaft. Ich<br />
fürchte weiterhin, wir werden uns mit schwierigen<br />
Fragen zum militärischen Einsatz solcher<br />
Technologien befassen müssen. Die EU zögert,<br />
diese Themen zu regulieren, da unklar ist, wie<br />
andere Staaten damit umgehen werden. In<br />
den USA tobt ein epischer Kampf, ob Open<br />
Source verboten werden soll, weil damit auch<br />
Schaden angerichtet werden kann. Ich halte<br />
eine zu starke Beschränkung für falsch. Dies<br />
hemmt Innovation und erzeugt Monopole.<br />
Die EU überlegt, Modelle mit simplen Fähigkeiten<br />
nicht und hochpotente Technologien<br />
streng zu regulieren.<br />
Die Technologie<br />
muss uns zu Diensten<br />
sein, das ist das Wesentliche.<br />
Unsere Gesellschaft<br />
wird Zonen<br />
definieren, in denen<br />
KI nichts verloren hat.<br />
Ethische Fallen sind<br />
persönliche Daten<br />
und Überwachung.<br />
Menschen wollen<br />
nicht überwacht werden,<br />
aber ein Großteil unserer Gesellschaft<br />
strebt nach mehr Sicherheit. Das sind Fragen,<br />
mit denen wir uns befassen müssen: Wie viel<br />
Sicherheit gewinnen wir, wie viel Freiheit verlieren<br />
wir? Wer hat Zugriff auf welche Daten<br />
und wofür werden sie genutzt? Klar ist aber<br />
auch: Angst vor KI ist oft eine Folge von Uninformiertheit.<br />
Und Uninformiertheit kann man<br />
einfach beheben. <br />
<br />
Interview: Amata Steinlechner<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2023</strong><br />
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