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Fotos: Anja Grundböck<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Konjunktur trübt sich zunehmend<br />
ein. Wie sehen Sie die Entwicklung für<br />
heuer und für 2024 und wann, glauben Sie,<br />
wird sich die Wirtschaftslage wieder verbessern?<br />
Wolfgang Ecker: Nach einem erfolgversprechenden<br />
Jahresauftakt hat sich auch in<br />
<strong>Niederösterreich</strong> die Konjunktur eingetrübt.<br />
Unser aktuelles Wirtschaftsbarometer zeigt:<br />
Fast zwei Drittel der UnternehmerInnen<br />
rechnen mit einer Verschlechterung der Auftragslage<br />
in den nächsten zwölf Monaten, fast<br />
60 Prozent rechnen mit einer weiteren Eintrübung<br />
des Wirtschaftsklimas. Die Inflation<br />
geht zwar seit geraumer Zeit langsam zurück,<br />
liegt aber immer noch über dem Euroraum.<br />
Führende Wirtschaftsforscher erwarten für<br />
<strong>Niederösterreich</strong> einen BIP-Rückgang von 0,5<br />
und für 2024 ein Plus von 1,3 Prozent. Das ist<br />
bei beiden Werten leicht besser als der Österreichdurchschnitt.<br />
Die Annahme, dass sich die<br />
Konjunktur gegen Ende 2024 wieder erholen<br />
wird, gilt allerdings nur dann, wenn aus dem<br />
aktuellen Nahostkonflikt nicht neue Herausforderungen<br />
entstehen. Das können wir jetzt<br />
noch nicht einschätzen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie sehen Sie die Exportentwicklung<br />
im Speziellen?<br />
Ecker: Auch in dieser Hinsicht bin ich prinzipiell<br />
optimistisch eingestellt und glaube,<br />
dass sich der Export recht schnell erholen<br />
kann. Aber auch hier ist die Entwicklung in<br />
Nahost relevant. Der Export nach Israel ist<br />
im Jahr 2022 um 21 Prozent gestiegen, der<br />
Handelsbilanzüberschuss für Österreich lag<br />
bei 277 Millionen Euro. Das sind durchaus<br />
respektable Zahlen, von denen wir nicht<br />
wissen, wie sie sich nun entwickeln werden.<br />
Die Zeiten sind für Exporteure nicht gerade<br />
einfach, aber es gibt noch immer gute Chancen<br />
für die Exportwirtschaft. Nordamerika,<br />
Südkorea, die EU-Staaten und Lateinamerika<br />
sind derzeit lukrative Märkte, weshalb das<br />
Mercosur-Abkommen so wichtig wäre.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Zinsen sind erheblich gestiegen.<br />
Wie schätzen Sie die Auswirkungen auf die<br />
Unternehmen ein?<br />
Ecker: Die Entwicklung der Zinsen und<br />
die hohe Inflation zeigen bereits starke Auswirkungen.<br />
Die größten Herausforderungen<br />
sind die hohen Preise für Energie, Rohstoffe<br />
und Vorleistungen sowie die Arbeitskosten.<br />
Jedes zehnte Unternehmen kann unter diesen<br />
Bedingungen nicht mehr arbeiten und sieht<br />
seinen Forbestand gefährdet.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was erwarten Sie von den anstehenden<br />
Lohnverhandlungen? Welche Lösungen<br />
sehen Sie, um die Ansprüche der ArbeitnehmerInnen<br />
und die Möglichkeiten der ArbeitgeberInnen<br />
erfüllen zu können?<br />
Ecker: Mir ist klar, dass die rollierende Inflation<br />
bei 9,56 Prozent liegt. Mir sind auch<br />
die Argumente der Gewerkschaft, was Einmalzahlungen<br />
anlangt, bekannt. Wichtig ist<br />
in dieser Situation, die Kaufkraft der Menschen<br />
zu erhalten und gleichzeitig dabei die<br />
Unternehmen nicht zu überfordern. Denn<br />
die aktuellen Herausforderungen treffen uns<br />
alle. Wir, die Unternehmerinnen und Unternehmer,<br />
sowie unsere Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter sitzen alle in einem Boot. Es geht<br />
nur miteinander. Die Kombination einer<br />
moderaten KV-Erhöhung und steuerfreien<br />
Einmalzahlungen ist da sicher eine gute Ausgangsbasis.<br />
Natürlich wäre auch eine Senkung<br />
der Lohnnebenkosten hilfreich, damit den<br />
Menschen netto mehr Geld bleibt.<br />
<strong>ECHO</strong>: Welche Erwartungen an die Politik<br />
zur Belebung der Konjunktur haben Sie?<br />
Ecker: Dank unserer permanenten Forderung<br />
an die Regierung wurde Anfang August<br />
endlich die Energiekostenpauschale für Ein-<br />
Personen- und Kleinstunternehmen umgesetzt.<br />
Auch die geschaffenen Überbrückungsgarantien<br />
und der Energiekostenzuschuss<br />
2 sind eine wichtige Unterstützung für die<br />
Betriebe. Von der aktuellen Konjunkturentwicklung<br />
sind vor allem die Bauwirtschaft und<br />
die Industrie betroffen. Die Industrie ist von<br />
der europäischen und weltweiten Konjunktur<br />
abhängig, da helfen rein österreichische<br />
Interventionen wenig. Außerdem bin ich der<br />
Meinung, dass wir sehr vorsichtig mit Eingriffen<br />
sein müssen, um die Inflation nicht weiter<br />
zu befeuern. Die Bauwirtschaft wird allerdings<br />
Unterstützung benötigen. Das im Oktober<br />
präsentierte Konjunkturpaket ist sicherlich<br />
ein wichtiger und richtiger Schritt. Die Abschaffung<br />
der Umsatzsteuer auf PV-Anlagen<br />
für zwei Jahre, der Ausbau der Förderung von<br />
Sanierungsmaßnahmen und die Ankündigung,<br />
geplante öffentliche Bauprojekte und<br />
Investitionen vorzuziehen, werden mit Sicherheit<br />
hilfreiche und sinnvolle Maßnahmen<br />
sein. Auch die in <strong>Niederösterreich</strong> beschlossene<br />
Kindergartenoffensive wird in den nächsten<br />
Jahren Aufträge für die Bauwirtschaft<br />
generieren. Problematisch bleibt der Wohnbau,<br />
der aufgrund der Zinsentwicklung und<br />
der KIM-Verordnung nahezu zum Stillstand<br />
gekommen ist. Hier braucht es nicht nur die<br />
angekündigte Anpassung der Wohnbauförderung,<br />
sondern weitere Maßnahmen, um<br />
die Schaffung von Eigentum zu ermöglichen<br />
und das Wohnen leistbar zu gestalten. Da wird<br />
man sich auch mit der KIM-Verordnung etwas<br />
einfallen lassen müssen, damit Menschen<br />
wieder leichter zu Krediten kommen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Es gibt in der Wirtschaft immer<br />
wieder die Forderung einer Gleichstellung mit<br />
der Landwirtschaft, wenn es z. B. um Energie<br />
geht. Wie sehen Sie das?<br />
Ecker: Ja, das ist natürlich für uns ein Thema.<br />
Beginnend mit der Pauschalierung bis zum<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2023</strong><br />
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