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Aus dem Archiv: Mittels Aushang in Lokalen und auf Unis<br />
wurde 2006 die erste biber-Generation gefunden<br />
nettes Tierchen ist. Wir haben dann noch den Begriff<br />
„Multi-Kulti“ eliminiert und fertig war „biber. Stadtmagazin<br />
für Wien, Viyana und Beć“.<br />
Völlig enthusiastisch ließen wir von der ersten Ausgabe<br />
„Balkan, aber richtig!“ gleich 20.000 Stück drucken<br />
und (ohne zu fragen) bei U-Bahnstationen verteilen. In<br />
der „Community“ war die Resonanz enorm und unsere<br />
abendlichen Redaktionssitzungen wurden immer größer.<br />
Die hielten wir im damaligen Jugendverein Echo von Co-<br />
Gründer Bülent Öztoplu ab. Damals schon dabei: Amar<br />
Rajković, bis 2022 stellvertretender Chefredakteur und<br />
Eser Akbaba, später erste Marketingleiterin<br />
von biber. Nach jeder neuen Ausgabe<br />
verpackten wir gemeinsam die Magazine<br />
in Kuverts und sendeten Hunderte davon<br />
an Entscheidungsträger und Institutionen.<br />
Dabei ließen wir Pizza kommen und<br />
besprachen die nächsten Storys.<br />
Nach den ersten Ausgaben professionalisierten<br />
wir unsere Strukturen,<br />
indem wir etwa Vertriebskooperationen<br />
mit McDonalds, Anker, Spar, Billa<br />
und anderen eingingen. Die Redaktion<br />
zog von einem kleinen Gassenlokal ins<br />
„<br />
Bei uns wurde<br />
niemand<br />
integriert: Wir<br />
haben das Beste<br />
aus vielen Welten<br />
angenommen.<br />
“<br />
14 / MIT SCHARF /<br />
angesagte Museumsquartier. Aber vor allem führten wir<br />
die biber-Akademie ein. Das Ziel: Mit Hilfe von Förderern<br />
und Sponsoren journalistische Talente auszubilden.<br />
Wie ein Fußballclub scouteten wir systematisch Talente,<br />
bildeten sie aus und kamen unserem Ziel näher,<br />
die heimische Medienlandschaft zu bereichern: mit<br />
guten Journalist:innen, die die anderen Welten in Wien<br />
kennen, weil sie aus Arbeiter:innenfamilien stammen,<br />
Ramadan feiern oder aus Damaskus nach Wien geflüchtet<br />
sind und sich hier ein neues Leben aufbauen.<br />
War immer alles super? Natürlich nicht. Vor allem<br />
in den Anfangsjahren spalteten nationale Konflikte zwischen<br />
Kurd:innen und Türk:innen sowie Serb:innen und<br />
Bosnier:innen immer wieder das Team. Es brauchte Zeit,<br />
bis die Redaktion wichtiger als die Herkunftsländer wurde.<br />
Später wurde dann das Kopftuch heftig debattiert<br />
und die zunehmende Religiosität junger Muslim:innen<br />
wurde zum großen Thema. Früher als andere spürten<br />
wir auch die Radikalisierung einer kleinen Szene. Die<br />
Story „Sure der Leidenschaft – Sex im Islam“ brachte<br />
uns Drohungen von Salafisten ein. Auf Anraten des<br />
Verfassungsschutzes bauten wir eine Sicherheitstür ein.<br />
Gegen rechtsradikale polnische Trolle im Internet, die die<br />
jetzige Chefredakteurin Aleksandra Tulej im Netz verfolgten,<br />
hat die Stahltür leider nicht geholfen. Migrantische<br />
Vereine sahen in biber zudem oft eine Konkurrenz. Wir<br />
würden ihnen „ihre“ Jugendlichen wegnehmen, hieß es.<br />
In all den Jahren war „Integration“ ein Fremdwort für<br />
uns. Bei uns wurde niemand integriert: Wir haben das<br />
Beste aus vielen Welten angenommen und zu möglichst<br />
gutem Journalismus gemacht. Was zählte, waren vor<br />
allem Ideen für gute Geschichten und Leistung. Wir<br />
zogen damit Jungjournalist:innen an, die biber immer<br />
wieder Relevanz gaben wie Aleksandra Tulej, Delna<br />
Antia-Tatić, Nada Chekh, Melisa Erkurt, Alexandra Stanić,<br />
Marina Delcheva und viele mehr.<br />
In all den 16 Jahren hatten wir finanziell immer<br />
wieder zu kämpfen. Gleichzeitig gab es auch viel<br />
Unterstützung: von Menschen, Firmen und Institutionen.<br />
Dafür möchte ich mich bedanken! Vor allem bei Andreas<br />
Wiesmüller, der mit seinem Investment die Gründung<br />
der biber-GmbH im Jahr 2007 ermöglichte, sowie bei<br />
Miteigentümer Rudi Kobza. Sehr beindruckt haben<br />
mich in all den Jahren biber-Geschäftsführer Wilfried<br />
Wiesinger, der mit Nerven aus Stahl den<br />
vielen Krisen trotzte, Art Director Dieter<br />
Auracher, der nächtens mit viel Liebe das<br />
Magazin finalisierte sowie Verlagsleiterin<br />
Aida Durić, die für biber mehr als nur eine<br />
zentrale Rolle einnahm.<br />
Ist jetzt alles vorbei? Nein, denn<br />
biber hat mehr als 150 junge Menschen<br />
geprägt, die auf ihrem Weg durch die<br />
Institutionen sind oder selbst Neues – in<br />
Print, auf Instagram oder TikTok – aufbauen.<br />
Absolvent:innen unserer Akademie<br />
arbeiten in etablierten Medien. Und