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BIBER 12_23 Ansicht

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„Wir regeln das unter uns“ – 2021 beleuchteten wir<br />

den „Straßenkonflikt“ zwischen afghanischen und<br />

tschetschenischen Jugendlichen von innen. Dafür gab es den<br />

Östereichischen Jugendpreis 2022 des BKA.<br />

In „Das Leben mit den Sittenwächtern“ lieferten<br />

tschetschenische Frauen 2020 Einblicke in ihre<br />

streng verschlossene Community.<br />

Familien nicht erfahren dürfen, wer da mit biber gesprochen<br />

hat? Das Credo: Indem man mit ihnen auf Augenhöhe<br />

spricht. Was auch oft bedeutet hat, mit Leib und Seele über<br />

Wochen in Milieus einzutauchen, mit denen man sonst nicht<br />

in Berührung kommen würde.<br />

„DAS KANNST DU NICHT SCHREIBEN.”<br />

„Das kannst du nicht schreiben. Alles, nur nicht das. Misch<br />

dich da nicht ein“, wurde mir im Sommer 2020 von allen Seiten<br />

geraten. Damals war das Thema der tschetschenischen<br />

Sittenwächter, die ihre Landsfrauen verfolgt und bedroht<br />

hatten, wieder einmal in aller Munde. Die Politik hat sich<br />

darüber aufgeregt, die üblichen Twitter-Experten haben ihre<br />

Elfenbeinturm-Meinungen dazu abgegeben, die Schlagzeilen<br />

haben sich gehäuft. „Warum, zur Hölle, spricht aber niemand<br />

mit den Frauen selbst? Mit denen, um die es bei dieser<br />

ganzen Debatte eigentlich geht?”, die Frage ging mir damals<br />

nicht aus dem Kopf. Also hat biber es getan. Weil biber, wie<br />

so oft, den Zugang hatte. Mit den Frauen aus der Reportage<br />

habe ich bis heute Kontakt und sie liefern mir immer wieder<br />

Einblicke in eine Community, die sehr verschlossen lebt.<br />

Dabei sind es ja oft Themen, die von Politik und Boulevard<br />

nur so zerrissen werden – immer wieder sprach man in<br />

Österreich von untergetauchten Asylwerbern, die hier ohne<br />

Aufenthalt leben. Aber: Wer sind diese „U-Boote”, von denen<br />

die Politik so gerne redet? Was sind ihre Beweggründe und<br />

wie kann man in Österreich untergetaucht leben? Ich wollte<br />

es aus erster Hand erfahren. Etliche Streifzüge durch Wien<br />

bleiben ohne Erfolg. Ich telefonierte damals innerhalb von<br />

zwei Tagen über 200 Kontakte durch, bis ich endlich eine<br />

Spur hatte. Es ist Juni 20<strong>23</strong>, kurz vor Redaktionsschluss:<br />

„Du bist doch fix eine Zivilpolizistin!”, begrüßt mich mein<br />

neuer afghanischer Kontakt, der illegal in Österreich lebt, bei<br />

unserem Treffen am Praterstern. Als ich ihm meinen Presseausweis<br />

zeige, vertraut er mir immer noch nicht. „Nein, zeig<br />

dein Insta, erst dann glaub ich dir.” Gesagt, getan, Vertrauen<br />

gewonnen, weitere Kontakte bekommen, Reportage<br />

geschrieben. Und dann die nächste Frage.<br />

„WO KRIEGEN WIR HEUTE NOCH EINEN<br />

AFGHANISCHEN PASS HER?”<br />

Wie bebildert man Reportagen, auf denen die<br />

Protagonist:innen nicht erkennbar sein dürfen? Biber-<br />

Geschichten waren immer bildstark. Fade Stockfotos und<br />

Symbolbilder waren nie unser Ding. Unsere Fotochefin Zoe<br />

Opratko grübelte immer von Sekunde eins mit uns, wie wir<br />

die Bildebene am besten gestalten. Bei dieser Reportage war<br />

sofort klar: Ein afghanischer, syrischer und irakischer Pass<br />

müssen her. Aber wo treibt man so etwas auf, ohne offizielle<br />

Kontakte? Wir hielten die Requisiten innerhalb weniger<br />

© Calimaat, © Zoe Opratko<br />

18 / POLITIKA /

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