Kulturfenster Nr. 06|2023 - Dezember 2023
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esümiert<br />
Dirigent*in einer Blasmusikkapelle<br />
Eine herausfordernde, aber auch erfüllende Aufgabe<br />
In der Weiterentwicklung eines Musikvereines<br />
nimmt die musikalische Leitung<br />
eine zentrale Stellung ein. In den Händen<br />
der Kapellmeister*innen liegt eine große<br />
Chance im Hinblick auf die musikalische<br />
Entwicklung der einzelnen Musiker*innen<br />
und in Folge davon auf eine stetige Verbesserung<br />
des Niveaus des gesamten Orchesters.<br />
Selbstverständlich tragen alle Funktionäre<br />
und die Musiker*innen selbst auch<br />
Verantwortung dafür, ob es attraktiv für Menschen<br />
aller Altersstufen ist, im Musikverein<br />
aktiv tätig zu sein.<br />
Die lodernde Flamme<br />
der Begeisterung<br />
Die Rolle der Dirigent*innen hat über die<br />
Möglichkeiten der anderen Vereinsfunktionäre<br />
hinaus jedoch noch die Faszination<br />
der Musik an sich als großen Motivationsfaktor<br />
zur Verfügung.<br />
Fundierte musikalische Ausbildung, Organisationstalent,<br />
Empathie, Resilienz …<br />
und vor allem eine „lodernde Flamme“<br />
der eigenen Begeisterung sind die Basis<br />
für eine erfolgreiche und erfüllende Tätigkeit<br />
als Orchesterleiter*in.<br />
All diese Eigenschaften brachten die<br />
Teilnehmer*innen an der heurigen Südtiroler<br />
Dirigentenwerkstatt mit, die ich Anfang<br />
November in Auer gestalten durfte.<br />
Ich freue mich für den Verband Südtiroler<br />
Musikkapellen, dass es derart motivierte<br />
Kapellmeister*innen gibt, die sich<br />
laufend und gerne weiterbilden. Diese interessierte<br />
Grundhaltung ist der Humus<br />
für eine fruchtbare Weiterentwicklung des<br />
ohnehin schon auf hohem Niveau stehenden<br />
und sehr dynamischen Südtiroler Blasmusikwesens.<br />
Die bestmögliche Vorbereitung<br />
der Dirigent*innen ist der entscheidende<br />
Faktor für die Motivation<br />
der Musiker*innen und<br />
für den Erfolg auf der Bühne.<br />
Karl Geroldinger<br />
Anfang November war Karl Geroldinger als<br />
Referent zu Gast bei der diesjährigen Dirigentenwerkstatt.<br />
Bestmögliche Vorbereitung<br />
als entscheidender Faktor<br />
Inhaltlich haben wir uns intensiv mit der<br />
Vorbereitung der Proben beschäftigt, denn<br />
mir wurde im Laufe meiner mehr als 45-jährigen<br />
Tätigkeit als Orchesterleiter immer<br />
mehr bewusst, dass meine bestmögliche<br />
Vorbereitung der entscheidende Faktor für<br />
die Motivation der Musiker*innen und für<br />
den Erfolg auf der Bühne ist.<br />
1) Das Einrichten der Partitur<br />
Der erste wichtige Schritt ist das Einrichten<br />
und die eingehende Analyse der Partitur<br />
eines neuen Werkes. Beim genauen<br />
horizontalen und vertikalen Lesen der Partitur<br />
entdecke ich jene Stellen, die eigene<br />
Einzeichnungen für ein einfaches Navigieren<br />
durch das Musikstück beim Dirigieren<br />
erforderlich machen. Tempoänderungen,<br />
Taktwechsel, Auftakte, Fermaten,<br />
Einsätze, Dynamikentwicklungen, … mache<br />
ich für mich deutlich sichtbar – so ist<br />
mir, vergleichbar einem Skifahrer auf dem<br />
Slalomkurs, ein vorausschauendes Dirigieren<br />
möglich.<br />
Großes Augenmerk lege ich beim Partiturstudium<br />
auf die Harmonik, insbesondere<br />
bei Passagen, die exponiert in der Dynamik<br />
und in der Besetzung sind. Dabei werden<br />
auch eventuelle Druckfehler entdeckt, in<br />
Zweifelsfällen nehme ich Kontakt mit dem<br />
Komponisten auf. Die Struktur des Werkes<br />
gibt mir schon einen Hinweis auf geeignete<br />
Probenabschnitte.<br />
2) Analyse des Musikstückes<br />
Als nächster Schritt folgt für mich der<br />
Screen der einzelnen Teile des Musikstückes,<br />
wo mögliche Schwierigkeiten für<br />
die Musiker*innen sichtbar und Überlegungen<br />
zur Unterstützung an diesen Stellen<br />
angestellt werden. An dieser Stelle konzipiere<br />
ich beispielsweise vorbereitende<br />
rhythmische Übungen oder passendes<br />
Intonationstraining.<br />
Wir Dirigent*innen sollten<br />
mit der kostbaren Zeit der<br />
Musiker*innen ja sehr wertschätzend<br />
umgehen und Leerläufe<br />
vermeiden!<br />
Karl Geroldinger<br />
Ein gut durchdachter Ablauf der nächsten<br />
Probe sorgt für die Chance, dass die Aufmerksamkeit<br />
der Musiker*innen durchwegs<br />
gegeben ist, ein Fortschritt hörbar<br />
wird, Abwechslung in der Methodik möglich<br />
ist, … also insgesamt eine kurzweilige<br />
und ertragreiche Probe stattfi nden kann.<br />
Wir Dirigent*innen sollten mit der kostbaren<br />
Zeit der Musiker*innen ja sehr wertschätzend<br />
umgehen und Leerläufe vermeiden!<br />
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist auch ein<br />
klarer Auftrag zum Üben und konkrete Unterstützung<br />
für das Üben zu Hause bis zur<br />
nächsten Probe, damit das Erarbeitete gespeichert<br />
und verbessert werden kann.<br />
Taugliche Hilfen können hier Click-Tracks,<br />
Vorgaben für das Übetempo und im speziellen<br />
ein klarer Hinweis auf jene Passagen,<br />
die in der nächsten Probe bearbeitet<br />
werden, sein.<br />
3) Schriftliche Vorbereitung der Probe<br />
Für mich ist eine schriftliche Vorbereitung<br />
jeder Probe zum Selbstverständnis ge-<br />
KulturFenster<br />
39 06/<strong>Dezember</strong> <strong>2023</strong>