smartLiving Magazin Stuttgart | Ausgabe 06/2023
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Architektur<br />
<strong>smartLiving</strong>.<br />
ARCHITEKTUR. IMMOBILIEN. WOHNEN. LIFESTYLE.<br />
begrenzt durch schleppende Bürokratie in den Genehmigungsverfahren<br />
und unzureichenden Datenbestand.“<br />
Das sehen der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />
(GdW) und der Bundesverband Freier<br />
Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) ähnlich:<br />
KI-Modelle könnten die Mitarbeitenden der Bauämter bei Routineprüfprozessen<br />
spürbar entlasten und zu schnelleren Baugenehmigungen<br />
führen. „Aktuell steckt die Digitalisierung der<br />
Bauämter jedoch noch in den Kinderschuhen, und der Einsatz<br />
echter KI ist in weiter Ferne“, sagt Fabian Viehrig, GdW-Leiter<br />
Bauen und Technik.<br />
Ein Beispiel für den Einsatz von KI erzählt Daniel Hannemann,<br />
CEO der Strenger-Gruppe: Gemeinsam mit der Metabuild<br />
GmbH setzt er in ausgewählten Pilotprojekten mit über 200 Einheiten<br />
einen KI-gestützten Prozess zur „Variantenuntersuchung“<br />
ein. Damit ließen sich detaillierte Analysen zu verschiedenen<br />
Faktoren wie Energieeffizienz, CO 2<br />
-Emissionen, Baukosten, Betriebskosten<br />
und Komfortparametern wie beispielsweise Tageslichtqualität<br />
erstellen. „Ohne den Einsatz von KI könnte hierbei<br />
nur ein Bruchteil der untersuchten Varianten betrachtet werden“,<br />
erklärt Hannemann. Die Ergebnisse würden außerdem deutlich<br />
schneller aus einer viel größeren Anzahl von Varianten erzielt. In<br />
der Branche wird außerdem auf Modoplus verwiesen: Die Suchmaschine<br />
für Potenzialflächen soll durch künstliche Intelligenz<br />
den idealen Standort für Bauprojekte aufzeigen.<br />
WOHIN FÜHRT DIE KÜNSTLICHE INTELLIGENZ<br />
IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT?<br />
Eine einheitliche Definition für Künstliche Intelligenz (KI) gibt<br />
es nicht. Grund ist, dass der Begriff der KI kontextbezogen ist.<br />
Im Wesentlichen beschreibt künstliche Intelligenz die Fähigkeit<br />
von Maschinen, Aufgaben autonom auszuführen. Basis sind Algorithmen,<br />
wobei ein Algorithmus eine eindeutige Handlungsanweisung<br />
ist, um ein Problem oder eine Klasse von Problemen<br />
zu lösen. Algorithmen bestehen aus endlich vielen, definierten<br />
Einzelschritten, die in menschlicher Sprache formuliert oder zur<br />
Ausführung in ein Computerprogramm implementiert werden.<br />
Dabei werden die Aufgaben nicht nur autonom ausgeführt. Die<br />
KI ist auch anpassungsfähig, sodass sie auf unbekannte Situationen<br />
reagieren kann. Das bedeutet, dass sie aus Erfolgen und<br />
Misserfolgen lernt und ihr Verhalten entsprechend anpasst. Insoweit<br />
ähnelt sie dem menschlichen Verhalten. In der Zukunft<br />
sollen Künstliche-Intelligenz-Maschinen (KIM) in die Lage versetzt<br />
werden, wie Menschen zu kommunizieren und zu denken.<br />
IMMOBILIENBRANCHE: WO WIRD<br />
DIE KÜNSTLICHE INTELLIGENZ EINGESETZT?<br />
Die künstliche Intelligenz ist bereits in der Immobilienwirtschaft<br />
angekommen, und wird in der Immobilienbranche in Zukunft<br />
eine immer größere Rolle spielen. Beispiele für Anwendungen<br />
sind Chatbots, die potenziellen Käufern von Immobilien schnell<br />
und einfach automatisiert Auskunft zu verfügbaren Immobilien<br />
geben. Gleiches gilt für die automatisierte Verarbeitung von Dokumenten.<br />
So verwenden manche Immobilienunternehmen die<br />
künstliche Intelligenz dazu, um die Abwicklung von Miet- und<br />
Kaufverträgen zu beschleunigen und um Fehler zu reduzieren.<br />
Das beginnt beim Angebot von zum Verkauf oder zur Miete<br />
stehenden Immobilien bis zur Unterzeichnung des Miet- oder<br />
Kaufvertrags.<br />
Die KI für Immobilien kommt auch im Gebäudemanagement<br />
und im Facility Management zur Anwendung. Im Zusammenhang<br />
mit dem Gebäudemanagement lassen sich Probleme frühzeitig<br />
erkennen, sodass diese rechtzeitig gelöst werden können,<br />
bevor es zu größeren Schäden kommt. Auch das Facility Management<br />
lässt sich mithilfe der künstlichen Intelligenz besser<br />
managen. Die Verwaltung und Betreuung von Immobilienobjekten<br />
wird automatisiert werden. Insgesamt wird die KI bei Immobilien<br />
helfen, große Datenmengen nicht nur zu ordnen, sondern<br />
auch auszuwerten.<br />
Für die Akteure auf dem Immobilienmarkt bedeutet das, dass<br />
sich mithilfe von künstlicher Intelligenz Prozesse verbessern und<br />
beschleunigen lassen. Die Bedeutung der menschlichen Arbeitskraft<br />
wird dadurch nicht weniger, sondern sie wird sich verändern.<br />
Denn mit dem Einzug der KI in die Immobilienwirtschaft<br />
werden technische Lösungen und Auswertungen von Daten zunehmend<br />
wichtiger werden.<br />
WO WIRD KI EINGESETZT IN DER IMMOBILIENBRANCHE –<br />
HIER EINIGE BEISPIELE:<br />
• Umfassende Daten- und Informationsverwaltung<br />
• Erstellen von Exposés<br />
• Präzisere Immobilienbewertung aufgrund der<br />
gesammelten Daten<br />
• Verbesserte Prognose von Immobilienpreisen durch<br />
den umfangreichen Datenbestand<br />
• Verringerung des Such- und Sortieraufwands<br />
• Vertragsmanagement, zum Beispiel Prüfen von Vertragsunterlagen<br />
auf Vollständigkeit<br />
• Vorbereitung von Transaktionen mit weniger manuellem<br />
Aufwand<br />
• Rasche Erledigung von Due-Diligence-Prüfungen<br />
• Schnellere Abwicklung des gesamten Vermietungs- und<br />
Verkaufsprozesses, angefangen beim Marketing über die<br />
Mieter- oder Käufersuche bis zum eigentlichen Verkauf<br />
oder der Vermietung<br />
• Schnellere und fehlerfreie Prüfung von Dokumenten<br />
• Sammeln und Sichten großer Datenmengen, um Chancen<br />
und Risiken von Transaktionen abzuwägen<br />
• Verbesserung von Facility Management und Property<br />
Management.<br />
Die Unterstützung durch die künstliche Intelligenz in der Immobilienwirtschaft<br />
ermöglicht es Immobilienmaklern, sich auf<br />
ihre eigentlichen Kernaufgaben zu konzentrieren und mehr Zeit<br />
in die Kundenberatung zu investieren. Das wiederum wirkt sich<br />
positiv auf die Kundenzufriedenheit aus.<br />
WIE KANN DER EINSATZ VON KÜNSTLICHER INTELLI-<br />
GENZ DIE IMMOBILIENWIRTSCHAFT UNTERSTÜTZEN?<br />
Für die Immobilienwirtschaft bedeutet KI eine Transformation<br />
der Dienstleistungen. Die KI-Tools sammeln insbesondere<br />
Daten, analysieren Dokumente und prüfen Rahmenbedingungen.<br />
Außerdem unterziehen sie Energie-, Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen<br />
einer sorgfältigen Analyse mit dem Ziel,<br />
beispielsweise Steuerungs- und Überwachungssysteme zu automatisieren.<br />
Andere KI-Tools zeigen Energiesparpotenziale von<br />
Gebäuden auf, indem sie die Verbrauchsdaten speichern und<br />
Prognosewerte sowie Markttrends liefern. Insoweit lassen sich<br />
mithilfe der künstlichen Intelligenz sämtliche Daten auswerten,<br />
die mit Immobilien in Zusammenhang stehen. Das betrifft nicht<br />
nur Energie, Brandschutz und Sicherheit, sondern auch den Bau,<br />
den Betrieb sowie die Preiskalkulation beim Kauf, Verkauf oder<br />
der Vermietung von Immobilien.<br />
WELCHE ROLLE SPIELEN DATEN<br />
IN DER IMMOBILIENBRANCHE?<br />
Die Immobilienbranche lebt von Daten und Analysen. Das Sammeln<br />
von Daten und die sich anschließenden Analysen machen<br />
es Immobilienmaklern, Wohnungsbaugesellschaftern, Projektentwicklern<br />
und Investoren möglich, wertvolle Informationen<br />
über Bestandsbauten oder geplante Projekte zu erhalten. Das gilt<br />
nicht nur für die Immobilien selbst, sondern auch für deren Lage<br />
beziehungsweise Standorte.<br />
WELCHE DATEN IN DER IMMOBILIENBRANCHE<br />
WICHTIG SIND:<br />
• Kaufpreise und Mietpreise: Angebotsdaten und Echtdaten<br />
• Kaufpreis- und Mietpreisvergleiche<br />
• Standortfaktoren: Infrastruktur, Verkehrsanbindung, Lage<br />
innerhalb einer Stadt oder Gemeinde, Wohnqualität<br />
• Soziodemografische Daten: Einwohnerdichte, Kaufkraft,<br />
Erwerbstätigen- und Arbeitslosenquote<br />
• Qualität von Immobilien in Bezug auf Energieverbrauch,<br />
Ausstattung, Bauart, Baujahr, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen.<br />
Mit Hilfe der gesammelten Daten verbessert sich die Markttransparenz.<br />
Genauere Prognosen und Trends erlauben Aussagen<br />
über die Zukunft der Immobilienbranche. Schnellere und<br />
komplexere Analysen beschleunigen den Verkaufs- und Vermietungsprozess.<br />
Das wiederum erlaubt schnellere und bessere Entscheidungen,<br />
wovon insbesondere der Kundenservice profitiert.<br />
Durch die künstliche Intelligenz werden die alltäglichen Aufgaben<br />
in der Immobilienverwaltung automatisiert. Die Datensammlung<br />
wird um ein Vielfaches ergänzt. Das gilt vor allem für<br />
die Immobilie selbst, die zum transparenten Datenlieferanten<br />
wird, zum Beispiel in Bezug auf die Flächennutzung und den<br />
Energieverbrauch. Die Daten müssen jedoch datenschutzrechtlich<br />
sicher und sorgfältig abgelegt und analysiert werden, um<br />
letztendlich eine Komfortsteigerung für Beschäftigte in der Immobilienwirtschaft<br />
und für Kunden zu erzielen.<br />
WIE BEEINFLUSST DER EINSATZ VON KÜNSTLICHER<br />
INTELLIGENZ DIE ZUKUNFT DER IMMOBILIENBRANCHE?<br />
KI wird die Immobilienbranche nachhaltig beeinflussen. Bereits<br />
jetzt werden vermehrt KI-Systeme verwendet. Es wird auch von<br />
den Unternehmen abhängig sein, ob und in welchem Umfang<br />
künstliche Intelligenz in den Arbeitsalltag integriert wird. Immer<br />
neue KI-Tools werden auf den Markt kommen, und auch<br />
die künstliche Intelligenz wird sich, einmal installiert, weiterentwickeln.<br />
Die mit dem Kauf, dem Verkauf, der Vermietung, dem<br />
Bau und der Verwaltung von Immobilien zusammenhängenden<br />
Prozesse werden automatisiert ablaufen.<br />
Der Schwerpunkt wird jedoch auf dem Sammeln von Daten<br />
nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen liegen. Deren<br />
Analyse lässt wichtige Aussagen über mögliche Trends auf<br />
dem Wohnungs- und Immobilienmarkt, die Vorhersage von<br />
Preisentwicklungen und bessere Entscheidungen in Bezug auf<br />
Immobilieninvestments zu. Gleiches gilt für die Vermarktung<br />
von Immobilien. Durch die verbesserte Datenlage können<br />
mithilfe der KI potenzielle Käufer und Zielgruppen identifiziert<br />
werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die künstliche<br />
Intelligenz die Arbeit von Menschen in der Immobilienbranche<br />
ersetzen wird. Denn sie kann Aufgaben und Prozesse vereinfachen<br />
und beschleunigen, doch den Menschen vollständig<br />
ersetzen kann die KI nicht.<br />
<br />
Quellen: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH),<br />
Münchener Ifo-Institut, Hauptverband der Deutschen<br />
Bauindustrie (HDB), Zentraler Immobilien-Ausschuss (ZIA)<br />
©Autor: Dietmar Kern<br />
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KI wird vielfältige Prozessbereiche am Bau beschleunigen.<br />
Foto: Carmen Steiner – www.stock.adobe.com<br />
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