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Waffenmarkt-Intern 0124

Waffenmarkt-Intern – Das B2B-Insider-Magazin für Jagd, Messer, Schießsport und Security – die Januar-Ausgabe mit dem Schwerpunkt Handwerk.

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12 _ FIRMEN+PERSONEN<br />

INTERN _ 1 / 2024<br />

Waffenverwirrung! Warum haben so viele Menschen<br />

Probleme mit präziser Wortwahl?<br />

WER KENNT ES NICHT: Die Medien berichten<br />

über eine Straftat, in der eine Schusswaffe<br />

eine Rolle spielte. Man muss meist nicht<br />

lange warten, bis dann im Artikel ein Satz<br />

wie „Der Täter besaß keinen Waffenschein<br />

für seine Pistole“ auftaucht. Spätestens jetzt<br />

ahnt man: Diesen Artikel schrieb jemand, der<br />

keine Ahnung hatte – oder keine haben wollte.<br />

Doch warum ist das so? Warum fällt Journalisten<br />

die Unterscheidung zwischen Waffenbesitzkarte<br />

und Waffenschein so schwer?<br />

Warum ist die polizeiliche MP5 in den Medien<br />

so oft ein Maschinengewehr? Und wo<br />

kommt eigentlich die „Schusspatrone“ her?<br />

Ich denke, man sollte einen Erklärungsansatz<br />

auf zwei Ebenen verfolgen. Auf der ersten<br />

Ebene geht es um das allgemeine Fachwissen.<br />

Ja, Journalisten müssen viel und<br />

tiefgehend recherchieren, aber seien wir ehrlich:<br />

Das Waffenrecht ist außergewöhnlich<br />

komplex und alles hat nun mal seine Grenzen,<br />

auch jede Recherche. Es gibt ja nicht nur<br />

eine Waffenbesitzerlaubnis in Form der einen<br />

Waffenbesitzkarte, sondern es gibt rote,<br />

gelbe, grüne Waffenbesitzkarten, für Jäger,<br />

Sammler, Sportler, Sachverständige, Waffenscheininhaber<br />

… Apropos: Es gibt den kleinen<br />

und den „großen“ Waffenschein. Es gibt<br />

gefährdete Personen, diplomatisches Personal,<br />

Sicherheitsunternehmen, Ersatzbescheinigungen<br />

zum Führen von Schusswaffen …<br />

Wer kennt sich hier aus, wenn er nicht tief,<br />

wirklich tief in der Materie steckt? In vielen<br />

anderen Lebensbereichen kann man Wissen<br />

quasi im Vorbeigehen erlangen – bei Schusswaffen<br />

sieht das ganz anders aus, die Materie<br />

lässt das schlicht nicht zu. Klar, man kann<br />

den berühmt-berüchtigten Unterschied zwischen<br />

Waffenbesitzkarte und Waffenschein<br />

schnell nachschlagen, doch die Unsicherheit<br />

bleibt, da auch hier früher oder später die<br />

Verhedderung droht, wenn man einmal feststellt,<br />

wie komplex das Ganze tatsächlich ist.<br />

Denn, und da waren wir vorhin schon: Welche<br />

Waffenbesitzkarte wäre es denn nun für<br />

den bei der Tat verwendeten Revolver, Doppelbock,<br />

Unterhebelrepetierer mit glattem<br />

(oder doch gezogenem?) Lauf …?<br />

Und, hier kommt die zweite Ebene ins<br />

Spiel, Waffen sind kein Small-Talk-Thema,<br />

damit kann man wenig gewinnen, ja sogar<br />

viel verlieren. Denn ich würde behaupten:<br />

Waffen sind für viele<br />

Menschen ein Thema,<br />

bei dem man<br />

mit Unwissen eher<br />

glänzen als sich blamieren<br />

kann. Ausführliches<br />

Nichtwissen<br />

zeigt hier eine<br />

bestimmte Haltung,<br />

die vielleicht nicht<br />

viel mit der Realität,<br />

aber mit der<br />

Idee einer bestimmten<br />

Realität zu tun<br />

haben dürfte, und<br />

das ist letztlich eine<br />

Idee der Masse. Das<br />

Waffenbesitzkarten: Es könnte so einfach sein - ist es aber nicht.<br />

Aus sehr unterschiedlichen Gründen.<br />

Nicht-Können wird<br />

somit durch ein Nicht-Wollen begleitet,<br />

schon bei vermeintlich einfachen Fragen wie<br />

der nach Waffenschein oder Waffenbesitzkarte.<br />

Man muss gar nicht unterstellen, dass<br />

viele Journalisten „grün“ und damit gegen<br />

Waffen sind, wir es deshalb mit einer Art<br />

„Branchenkrankheit“ oder ähnlichem zu tun<br />

haben. Waffen sind in Deutschland schlicht<br />

völlig optional, niemand „braucht“ hierzulande<br />

eine Waffe, die meisten Menschen haben<br />

eine (un)gewollte Distanz zu Waffen und<br />

insbesondere Schusswaffen bieten medial<br />

wie real sehr viel Konfliktpotenzial. (Dies im<br />

Übrigen auch aufgrund der allgemeinen Unkenntnis,<br />

siehe erste Ebene.) Damit kommen<br />

auf dieser zweiten Ebene zwei Punkte zu einer<br />

schwierigen Kombination zusammen:<br />

Gefahr und freie Wahl.<br />

Sie können diesbezüglich gern einen kleinen<br />

Test machen, ein kleines Social Engineering<br />

im Alltag: Sprechen Sie mit Menschen,<br />

die Sie neu kennenlernen, doch mal<br />

über Schusswaffen und dass Sie mit selbigen<br />

zu tun haben. Der entscheidende Punkt,<br />

so meine Vermutung, wird nun die Antwort<br />

auf die wahrscheinliche Anschlussfrage Ihres<br />

Gegenübers sein: privat oder beruflich? Lautet<br />

die von Ihnen bevorzugte Antwort „privat“,<br />

so ist die Chance hoch, dass weitere<br />

Anschlussfragen samt Begründungssuchen<br />

(„Waren schon dein Vater oder dein Opa Jäger?“)<br />

und Stirnrunzeln auftauchen. Lautet<br />

Ihre Antwort „beruflich“, so wird man aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach auf Polizei oder<br />

Bundeswehr tippen, vielleicht noch auf etwas<br />

Unbekannteres wie Geldtransportfahrer<br />

oder „Bodyguard“. Und die Stirn dürfte sich<br />

nicht gleichermaßen in Falten legen. Das<br />

eine ist allgemein anerkannt, ja sogar lobenswert,<br />

zumindest ist es halt „der Dienst“ und<br />

gehört dazu, das andere wirft Fragen auf: Tötet<br />

sie/er gern Tiere? Ballert er/sie gern rum?<br />

Warum? Stimmt etwas nicht mit diesem<br />

Menschen? Ist er vielleicht …?<br />

Interessanterweise dürfte wohl so ziemlich<br />

jeder private Waffenbesitzer auch schon<br />

mal gänzlich andere Erfahrungen gesammelt<br />

haben, und zwar dann, wenn man mit waffenlosen<br />

Mitmenschen, die keinerlei Bezug<br />

zu Sport, Jagd oder Dienstwaffen haben, auf<br />

einen Schießstand geht und sie selbst schießen<br />

lässt. Insbesondere bei den üppigen Kalibern,<br />

Schrotflinten oder Selbstladebüchsen<br />

fängt allzu oft direkt nach der Schussabgabe<br />

das Grinsen an, und jemand freut sich über<br />

diese neue, vielleicht völlig unerwartete Erfahrung.<br />

Ein einziger Schuss und schon verfliegen<br />

die Vorurteile. Aber so ist das halt<br />

mit Vorurteilen: Sie halten der Realität sehr<br />

oft nicht stand. Deshalb kann ich nur empfehlen:<br />

Am besten dürfte es sein, kontinuierlich<br />

und unermüdlich gegen das Unwissen<br />

und die Vorurteile anzuarbeiten. Ob es durch<br />

freundliche Hinweise auf inhaltliche Fehler<br />

geschieht oder durch einen Nachmittag auf<br />

dem Schießstand, das kann und muss freilich<br />

jedermann selbst entscheiden.sh<br />

Fotos. Marius Steinke / Shutterstock

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