Christkatholisch_2024-1
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Hintergrund<br />
ge Perspektive einen Blick über die damals in einem<br />
ersten Wachstumsschub befindliche Neustadt.<br />
Der 1898 entstandene «Rundblick vom Kirchturme<br />
der Erlöserkirche» ist eines der wichtigsten fotografischen<br />
Werke des 1866 in Borna (Sachsen) geborenen<br />
Bruno Hentschel. Seine beiden Panoramen waren<br />
jahrzehntelang vergessen und werden nun nach<br />
125 Jahren mit jenem der Dormitio wieder öffentlich<br />
gemacht. Vom Kirchturm der Auguste Victoria aus,<br />
die wie die Dormitio 1910 eingeweiht wurde, gibt es<br />
keine Panoramaaufnahmen aus jener Zeit.<br />
Entstehung eines Buches<br />
Seit vielen Jahren trage ich das Buchprojekt über die<br />
«kaiserlichen Kirchtürme» in Jerusalem mit mir herum.<br />
Das Buch mit dem auf über 3 Meter ausfaltbaren<br />
«Rundblick vom Turm der Erlöserkirche» von Bruno<br />
Hentschel, Leipzig 1898, hat mich fasziniert seit ich<br />
es im Bücherregal meines Grossvaters Anfang der<br />
1970er Jahren entdeckt hatte. Nach seinem Tod kam<br />
es zu mir. 1979/80 war ich DAAD-Stipendiat im Studienjahr<br />
an der Dormitio. Erstmals konnte ich selber<br />
vom Kirchturm über die Stadt fotografieren. Während<br />
meiner Berner Studienzeit habe ich Prof. Alex Carmel<br />
kennengelernt. Alex wollte mir das ihm bis dahin unbekannte<br />
Hentschel-Buch unbedingt «abläschele».<br />
Als ich es behalten wollte, einigten wir uns auf ein<br />
gemeinsames Projekt: 1998, also 100 Jahre nach ihrer<br />
Entstehung, sollten die alten Bilder im Gegenüber zu<br />
neuen Fotos wieder zugänglich werden. Das liess sich<br />
nicht umsetzen. Durch meine Freundschaft mit Dr.<br />
Jakob Eisler, dem letzten Assistenten und Doktoranden<br />
von Alex Carmel, wurde das Buchprojekt um zwei<br />
weitere Panoramaaufnahmen ergänzt und dank seiner<br />
Archivrecherchen wesentlich umfangreicher.<br />
Während meines Sabbaticals 2012/13 fand ich «Unterschlupf»<br />
in der Vikarswohnung neben dem Kreuzgang<br />
der Erlöserkirche und konnte so rasch bei passendem<br />
Wetter auf den Turm und neue Rundum-Bilder<br />
fotografieren. Immer noch nicht kam es zum Buch.<br />
«Dank» Corona konnte Jakob Eisler weitere Archivforschungen<br />
durchführen – mit spektakulären Ergebnissen.<br />
Bei meiner letzten Jerusalemreise 2022 entstanden<br />
wieder neue Fotos. Für mich ist dieses Buch<br />
mit den Grussworten von Propst Joachim Lenz, Erlöserkirche,<br />
und Abt Nikodemus Schnabel, Dormitio-<br />
Abtei, zu einem ökumenischen Projekt geworden.<br />
Jerusalem gestern und heute<br />
Der Blick über die Stadt fasziniert Fotografen<br />
aller Zeiten. Bruno Hentschel und ein anonymer<br />
Fotograf erstellten 1898 und 1907 einzigartige<br />
Panoramen Jerusalems. Hentschel fotografierte<br />
während der Bauzeit der Erlöserkirche vom<br />
Turmgerüst aus. Der unbekannte Fotograf stand<br />
auch auf einem Turmgerüst, demjenigen der<br />
Dormitio-Abtei. Die beiden Kirchen sind Wahrzeichen<br />
evangelisch-lutherischer und römisch-katholischer<br />
Präsenz im Heiligen Land.<br />
Das Panorama vom Turm der Erlöserkirche wurde<br />
anlässlich der Palästinareise von Kaiser Wilhelm<br />
II. 1898 publiziert, jenes der Dormitio-Abtei<br />
erschien 1910 als Dankesgabe für den Freundeskreis<br />
des Klosters. Erstmals sind nun die wertvollen<br />
Panoramen in einem Buch zugänglich.<br />
Christoph Knoch, Pfarrer i.R. und Fotograf,<br />
ergänzt die historischen Bilder mit Fotografien<br />
von 2012 und 2022. Er machte die Aufnahmen<br />
ebenfalls von den beiden Kirchtürmen aus.<br />
Dr. Jakob Eisler, wissenschaftlicher Archivar und<br />
Spezialist für die Geschichte Israels und<br />
Palästinas im 19. und 20. Jahrhundert, erforscht<br />
erstmals die Biografie des deutschen Fotografen<br />
Bruno Hentschel.<br />
Das Buch der Jerusalemer Panoramen erscheint<br />
125 Jahre nach den ersten Aufnahmen. Es<br />
ermöglicht einen Blick in Vergangenheit und<br />
Gegenwart von Jerusalem, einer Stadt, die drei<br />
Religionen heilig ist.<br />
www.jerusalempanorama.ch<br />
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<strong>Christkatholisch</strong> Nr. 1, <strong>2024</strong>