Christkatholisch_2024-1
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Bibelwort<br />
Wasser zu Wein<br />
«Zur rechten Zeit und massvoll getrunken, gibt der Wein eine heitere<br />
Stimmung und ein fröhliches Herz.» (Jesus Sirach 31,28)<br />
Die mittlerweile 102-jährige amerikanische Ärztin Gladys McGarey<br />
sagte einmal in einem Interview auf die Frage, wie sie mit den Schicksalsschlägen<br />
in ihrem Leben zurechtgekommen sei, dass es bei der<br />
Verarbeitung nicht helfe, immer nur zurückzublicken, denn: «Wenn man<br />
immer zurückschaut, bekommt man einen steifen Nacken.» Letztlich<br />
komme es darauf an, einen Sinn zu sehen und einen Zweck zu erfüllen,<br />
erst das gebe dem Leben seinen Saft.<br />
Es gibt Menschen, die meinen, das Leben bestehe darin, in unendlicher<br />
Folge Erlebnisse aneinanderzureihen. Sie hoffen dabei natürlich, dass<br />
die Anzahl erlebter Vergnügungen und Lustbarkeiten die schmerz vollen<br />
Episoden möglichst überwiegen und sich so am Ende eine positive<br />
Bilanz ergibt. Fragt man sie nach ihrer Lebensgeschichte, dann verlieren<br />
sie sich in immer neuen Details und finden im Dickicht der gelebten<br />
Tage und Jahre fast kein Ende.<br />
Es hilft aber nichts: Das Leben ist nicht für Buchhalter gemacht.<br />
Es verhält sich wie beim Wein: Immer nur neuen «Stoff» nachschütten<br />
und so die Quantität erhöhen, macht niemanden zum Weinliebhaber<br />
und -geniesser. «Verkosten» und «Nachspüren» sind vielmehr auch<br />
geistig-seelische Vollzüge, die mit dem körperlichen Masshalten einhergehen.<br />
So auch bei der Lebensgeschichte: Erlebnisse, ob nun erhebend<br />
oder betrübend, wollen in ihrer Essenz erkannt werden, erst dann sind<br />
sie ganz zu eigen gemacht. Die Essenz kann aber nichts anderes sein<br />
als Licht und Liebe, wie Gladys McGarey meint: Neben einem Sinn<br />
«brauchen wir auch Licht und Liebe, zusammen mit dem Sinn sind sie<br />
die grösste Heilkraft.»<br />
Simon Huber