26 Zoom diese Frau mit ihm nach Italien zu einem Fußballspiel des AC Milan fliegen würde, dann bekämen wir unser Startkapital. Wir sind hingegangen und haben ihr einen Geldbetrag angeboten, sie ist mitgeflogen, er war der totale Gentleman und die beiden hatten einen tollen Tag. Zwei Wochen später waren wir beim Notar und hatten unser Startkapital. Was ist dann passiert? Wir hatten die nötige Finanzspritze zur Verfügung, ein tolles Büro, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung. Wir haben damals wirklich alle Fehler gemacht, die man überhaupt machen konnte. Das krasseste Learning, das man erleben kann, also mein Real-Life-Studium, war sicher genauso teuer wie Harvard. Es kam, wie es kommen musste, irgendwann ging uns das Geld aus und wir konnten nicht einmal unsere Krankenversicherung oder den Strom bezahlen und standen kurz davor, unsere Wohnung zu verlieren. Nur eines hatten wir nicht verloren, nämlich den Glauben daran, dass wir es am Ende doch schaffen würden. Wir konnten doch unseren Eltern nicht sagen, dass wir pleite sind und aufhören müssen, weil alles so schwierig ist. Schließlich haben sie bei der Flucht aus Laos ihr Leben dafür riskiert, uns Kindern ein besseres Dasein in Freiheit zu ermöglichen, Es zeigt sich oft in der schwärzesten Stunde, aus welchem Holz man geschnitzt ist. Absolut. Also haben wir alles an Geld für unsere „letzte Kollektion“ zusammengebettelt, als uns der Zufall zur Hilfe kam. Auf einer Hochzeit haben wir Bastian Schweinsteiger kennengelernt. Er war Trauzeuge des Bräutigams und hatte auf einem Video-Einspieler in vier <strong>Szene</strong>n unsere Sachen an. Ich bin zu ihm hingegangen und habe ihn gefragt, was das für ein Label ist. Dann hat er mir von unserem Store im Glockenbachviertel erzählt und wie super die Qualität von DP ist. Da wusste er vermutlich nicht, dass er gerade mit dem Labelchef spricht? Er hatte keine Ahnung. Als ich ihm gesagt habe, dass es unser Label ist, kam er mit einem Vorschlag um die Ecke: „Nachdem ihr mich wahrscheinlich sowieso nicht bezahlen könnt, mache ich die Promo umsonst für euch.” Er hatte danach immer wieder unsere Sachen an und auch seine damalige Freundin Sarah Brandner hat sich darum gekümmert, dass er unsere Klamotten trägt, wenn die Presse in der Nähe war. Basti hat sich auch dafrum gekümmert, dass auf einmal Thomas Müller in einem oversized DP-Tanktop in der Öffentlichkeit auftauchte. Die Krönung war aber, als auf einmal unsere Tüte wie von Geisterhand neben der Meisterschale stand und die Fotos davon in Umlauf kamen (lacht). So habt ihr 2013 den Sprung von einer Insidermarke zur breiteren Bekanntheit geschafft. Genau, denn auch die Banken haben von da an uns geglaubt. Es kamen neue Investoren, trotzdem gab es aber noch einen weiteren Tiefpunkt. Mein Bruder Dung und ich hatten als zweites Standbein ein Restaurant gegründet und waren oft dort, um uns darum zu kümmern. Unser Label haben wir mit einem Freund aus Inninger Zeiten gegründet und genau der hat in diesem einen Jahr, in dem wir wegen des Restaurants nur selten da waren, DP beinahe in die Insolvenz geführt. Wir haben uns sofort von ihm getrennt und konnten die Gläubiger davon überzeugen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Hier kam uns entgegen, dass mein Bruder und ich immer ehrlich zu allen waren und man uns deshalb vertraut hat. Wir haben die Firma komplett umstrukturiert und schauen seitdem sehr genau darauf, dass die Menschen um uns herum ehrlich und mit ganzem Herzen dabei sind. Wie wichtig ist eure persönliche Geschichte für das Image des Labels? Unser Vater hat uns immer gesagt, dass man ein Stäbchen leicht zerbrechen kann, fünf Stäbchen sind aber stabil. Also haben wir als Familie immer zusammengehalten und so leben wir das auch in der Firma. Wir treten nicht als Bosse, sondern als Leader auf und versuchen alle Leute unserer Firma besser zu machen. Das eigene Ego muss im Hintergrund stehen, es geht um das Team, das gemeinsam für den Erfolg von Distorted People arbeitet. Und unsere Familiengeschichte mit der Flucht aus Laos, auf die deine Frage vielleicht abzielt, ist mit Sicherheit sehr interessant und wird deswegen ja auch gerne von der Presse aufgegriffen. Wir sind als Kinder in einem Reifen auf dem Mekong nach Thailand und dann nach Deutschland geflüchtet. Das ist ein Grund, warum wir trotz aller Widrigkeiten niemals aufgegeben haben. Über welche Kanäle verkauft ihr die meiste Ware, ihr habt mittlerweile immerhin neun Shops in Deutschland und Österreich? Das Hauptgeschäft, also 90 Prozent des Umsatzes, generieren wir über den Onlineshop. Unser Flagship Store hier in München ist der einzige Laden, den wir selber führen. Er liegt in der Auenstraße in 1A-Lage, es gibt eine Menge Laufkundschaft und er ist perfekt für das Prestige unserer Marke. Alle anderen Filialen werden nach dem Franchise-Modell betrieben, es kommen bald noch Läden in Los Angeles und New York dazu. Wie würdet ihr das typische Distorted People- Klientel beschreiben? Wir haben immer gedacht, die Jungen Wilden zwischen 20 und 35 sind unsere Hauptzielgruppe. Anfangs hatten wir nur Mode für Männer, seit Ende 2<strong>02</strong>0 haben wir aber auch Linien für Frauen. Wir wollen die Menschen nicht uniformieren, sondern eine Marke für alle diejenigen sein, die sich mit dem Lifestyle identifizieren können. Deswegen haben wir breitgefächerte Kollektionen für Kids, für Young Guns, für Männer und Frauen mit einem schlichteren Geschmack, aber auch auffällige und bunte Sachen. Der älteste Kunde, von dem ich weiß, ist übrigens 75 Jahre alt und kauft fast alle seine Klamotten hier im DP Flagship Store. Ihr habt eine Kollektion zum 60 Jahre Bundesliga-Jubiläum herausgebracht. Wie kam es denn zu dieser Kollaboration? Wahrscheinlich hat man festgestellt, dass nicht nur Basti und Thomas Müller unser Label tragen, sondern auch Lewandowski, Marco Richter und viele andere mehr, sogar Spieler der englischen Premiere League. Eine Kollabo muss zu uns passen, wir haben viele Anfragen, können aber beispielsweise nicht mit einem Rapper zusammenarbeiten, der ständig davon spricht, die Mutter zu ficken. Die Anfrage der DFL kam übrigens über LinkedIn und ich habe erst mal drei Monate nicht darauf geantwortet, weil ich da fast nie drauf bin. Als wir dann doch ins Gespräch kamen, ging es ziemlich schnell. Wir haben das Video zur Bonded Generation-Kampagne mit Claudio Pizarro als Testimonial federführend gestaltet und hatten operativ den Hut auf. Nur weil das für uns möglich war, kam es am Ende zu der Zusammenarbeit. Letzte Frage: Huy, was geht in dir vor, wenn du auf der Straße Menschen mit DP-Logo siehst? Ich habe natürlich gleich beim Hereinkommen gesehen, dass du eine DP-Jacke trägst (lacht). Am Anfang war es noch krass, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, Leute mit unserem Label auf der Straße zu sehen. Das ist wahrscheinlich wie bei einem Musiker, der seinen Song zum ersten Mal im Radio hört ... Aber ich erinnere mich daran, einmal im hintersten Winkel von Mexiko eine komplette Familie in DP-Klamotten gesehen zu haben und das war tatsächlich ein Moment, der große Freude in mir ausgelöst hat. (max)
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