Neue Szene Epaper2024-02

ZOOM
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Seit letztem Sommer hat ein junges Augsburger Kollektiv mit dem Treibhaus eine neue Anlaufstelle für
Kreativköpfe und Kulturbegeisterte aller Art geschaffen. Im Gewerbegebiet Riedinger Park entstand auf 500
Quadratmetern eine Mischung aus Atelier, Musikstudio, Wohnzimmer, Bühne, Werkstatt und Begegnungsort,
die sich laufend weiterentwickelt. Wir haben die Vereinsvorstandsmitglieder Domi und Piet dort zum Interview
getroffen. Von Lina Frijus-Plessen
Vor einem halben Jahr seid ihr mit dem Treibhaus
an den Start gegangen. Wie kam denn
dieses Projekt überhaupt ins Rollen?
Piet: Angestoßen hat das Ganze unser Freund
Pat, der ursprünglich ein Studio für sich gesucht
hat, in dem er Musik aufnehmen und abmischen
kann. Ein Bekannter hat ihm diese leerstehende
Halle angeboten, die für Pat allein natürlich viel
zu groß war. Also hat er beschlossen, ein Gemeinschaftsprojekt
daraus zu machen und nach und
nach immer mehr Leute ins Boot geholt, die
auch Bock hatten, sich einen Raum für kreative
Projekte zu schaffen.
Domi: So wurde aus der Idee eines Einzelnen
schließlich ein Kollektiv. Mit jeder neuen Person
sind auch immer mehr Ideen dazugekommen,
was man im Treibhaus alles anstellen kann.
Mittlerweile sind wir ein bunt gemischter Haufen
an Menschen mit verschiedensten Interessen und
Talenten.
Aus welchen unterschiedlichen Ecken kommen
denn die Mitglieder?
Piet: Wir haben Musiker:innen, DJs, Rapper:innen
und Sänger:innen an Bord, dazu bildende
Künstler:innen, Fotograf:innen, Leute, die außergewöhnlichen
Schmuck oder Upcycling-Taschen
designen, aber auch Poetry Slammer:innen
und Improkünstler:innen. Ich persönlich bin
eigentlich nur mit dem Plan eingestiegen, hier die
Wände anzumalen, daraus ist dann aber doch ein
bisschen mehr geworden (lacht).
Domi: Ich hatte ursprünglich vor allem einen
Platz gesucht, wo man im Winter indoor skaten
kann, weil das in Augsburg sonst echt schwierig
ist. Mittlerweile sind im Treibhaus aber schon so
viele andere Sachen entstanden, dass der Platz
zum Skaten ziemlich minimiert ist. Aber das ist
vollkommen ok, mir gefällt es total, wie sich der
Ort durch diesen wilden Mix aus Ideen ständig
weiterentwickelt und wir sind immer offen für
neue Leute, Einfälle und Projekte.
Wofür steht das Treibhaus, welches Konzept
verfolgt ihr damit?
Piet: Wir wollen einen Ort zu schaffen, an dem
jeder sein kann, wie er ist und sich selbst, seine
Ideen und Interessen verwirklichen kann. Das
Treibhaus ist ein Treffpunkt für alle möglichen
kreativen und kulturbegeisterten Menschen, wo
wir uns austauschen und zusammen eine gute
Zeit haben können.
Domi: Unser Ziel ist es, mit dem Treibhaus
einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem
jeder Mensch willkommen ist, sich mit eigenen
Gedanken einzubringen und den Ort mitzugestalten.
Denn solche Räume, an denen man selbst
aktiv teilhaben kann, gibt es generell einfach viel
zu selten.
Wie viele Mitglieder zählt euer Treibhaus e.V.
mittlerweile?
Piet: Im Vorstand sind wir zu siebt und dazu gibt
es um die 15 sehr engagierte aktive Mitglieder, die
uns immer wieder bei allen möglichen Aufgaben
unter die Arme greifen und ohne die hier
wahrscheinlich gar nichts laufen würde. Großer
Shoutout an dieser Stelle! Insgesamt sind wir
aktuell circa 70 Vereinsmitglieder, aber wir haben
auf jeden Fall noch genügend Platz, um weiter zu
wachsen.
Wie finanziert ihr euch, läuft das komplett
über die Mitgliederbeiträge?
Piet: Unsere Mietkosten decken wir einerseits
durch die Mitgliederbeiträge, andererseits durch
Spenden, die bei GoFundMe und unseren Events
zusammenkommen. Fast unsere gesamte Einrichtung
besteht zudem aus Sachspenden, die uns ein
paar nette Leute überlassen haben, darüber freuen
wir uns auch immer sehr.
Kann man denn einfach spontan bei euren
Veranstaltungen aufkreuzen oder muss man
dafür dem Verein beitreten?
Domi: Die meisten unserer Events sind aus
rechtlichen Gründen nur für Vereinsmitglieder
zugänglich. Wenn man mal zu einer bestimmten
Veranstaltung kommen möchte, kann man aber
ganz einfach einmalig einen Monats-Mitgliedsbeitrag
zahlen, dadurch kann man dann auch alle
weiteren Events des Monats besuchen.
Dazu muss man das Treibhaus aber erstmal
finden, was bei der versteckten Lage gar nicht
so einfach ist.
Domi: Ja, die Lage hat Vor- und Nachteile. Wir
hören öfter, dass die Leute ein bisschen Schwierigkeiten
haben, hierherzukommen oder den Weg
auf Anhieb zu finden. Aber irgendwie finde ich
es auch ganz cool, dass es einen gewissen Effort
braucht, um ins Treibhaus zu kommen. Dadurch
haben wir keine Laufkundschaft, die mal auf
gut Glück reinschneit, sondern eigentlich nur
Leute, die wirklich Bock haben, hierherzukommen.
Das gibt dem Ganzen so einen gewissen
Underground-Charme. Auch über das Gelände
können wir nicht klagen, wir haben viel Platz und
aufgeschlossene, hilfsbereite Nachbarn.
Welche eurer bisherigen Veranstaltungen oder
Projekte sind euch besonders gut in Erinnerung
geblieben?
Piet: Für mich sind die Open-Mic-Abende immer
ein großes Highlight. Da herrscht einfach eine
fantastische Stimmung und es treten so viele
talentierte Leute auf, die richtig was draufhaben
und einen immer wieder von den Socken hauen.
Außerdem gefällt mir das Format Drink & Draw
extrem gut, weil ich es liebe, mit anderen künstlerisch
aktiven Leuten ins Gespräch zu kommen.
Die meisten Künstler:innen bleiben oft eher für
sich, deshalb finde ich es umso schöner, wenn
man mal für einen Abend beisammensitzen und
sich austauschen kann.
Domi: Die beiden Formate finde ich auch immer
super. Was mich bei unseren Events aber eigentlich
am meisten freut, ist Menschen zu treffen, die
ich gar nicht unbedingt hier erwartet hätte, die
auch mal aus einer ganz anderen Ecke kommen
als die Leute der eigenen Bubble. Zu sehen, wie so
viele unterschiedliche Leute hier zusammenkommen
und eine gute Zeit haben, macht mich total
glücklich.
Welche zukünftigen Pläne oder Wünsche habt
ihr noch für das Treibhaus?
Domi: Auf jeden Fall erstmal eine Heizung
(lacht)! Das ist definitiv ein Muss für den nächsten
Winter, denn momentan kann es hier schon ganz
schön frisch werden. Abgesehen davon würde ich
mir generell wünschen, dass vonseiten der Stadt
Augsburg mehr Anerkennung und Unterstützung
für solche alternativen, gemeinschaftlichen
Räume und Projekte wie das Treibhaus kommt.
Piet: Ein langfristiges Ziel ist natürlich, dass das
Treibhaus irgendwann so ein stabiler Selbstläufer
wird, dass wir uns wieder etwas mehr entspannen
können und uns weniger Sorgen um die
Finanzierung, Programmplanung, Organisation
usw. machen müssen. Aber ich bin sehr zuversichtlich,
dass wir da auf dem richtigen Weg
sind. Im Februar planen wir außerdem, unser
Veranstaltungsprogramm etwas umstrukturieren
und Themenwochen einführen, sodass z.B. Kunstoder
Musik-Events jeweils gebündelt stattfinden.
(lina)
Instagram: @treibhaus.augsburg
gofundme.com/f/allgemeine-treibhaus-spendenaktion