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BTGA Almanach 2024

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Technische Trends und Normung<br />

Abbildung 2:<br />

Zellulares<br />

Energiesystem<br />

es, das Gesamtproblem der zeitdiskreten Bedarfsdeckung<br />

in kleinere Teilprobleme aufzuteilen,<br />

indem das Energiesystem von unten<br />

nach oben geregelt wird. Die hohe Autonomie<br />

und Autarkie jeder Energiezelle reduzieren<br />

den zentralen Steuerungs- und Kommunikationsaufwand<br />

erheblich.<br />

Nach dieser anfänglichen Optimierung<br />

kann der Zell-Manager (ZM) unter der Voraus<br />

set zung eines restriktionsfreien Betriebs<br />

direkt mit dem Strommarkt interagieren. Dabei<br />

hat er die Flexibilität, Energie zu kaufen,<br />

wenn die Nachfrage hoch ist und die Preise<br />

niedrig sind. Oder er verkauft überschüssige<br />

Energie, wenn die Nachfrage gering ist und<br />

die Preise attraktiv sind. Dieser direkte Zugang<br />

zum Strommarkt ermöglicht es der Zelle,<br />

dynamisch auf Marktschwankungen zu<br />

reagieren und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen<br />

zu treffen, um die Ener gie versor<br />

gung zu optimieren und gleichzeitig die<br />

Kosten zu minimieren. Somit spielt der ZM<br />

eine entscheidende Rolle bei der effizienten<br />

Nutzung der dezentralen Energieanlagen<br />

und trägt dazu bei, eine nachhaltige und kosten<br />

günstige Energieversorgung zu gewährleisten.<br />

Die Festlegung von Restriktionen obliegt<br />

dem lokalen Clustermanager (LCM), der<br />

mehrere Level-0-Zellen in regionaler Nähe<br />

koordiniert. Dabei erhält der LCM lediglich<br />

notwendige und aggregierte Informationen<br />

von den untergeordneten Zellmanagern –<br />

und zwar basierend auf dem Subsidiaritätsprinzip<br />

und unter Berücksichtigung des Datenschutzes.<br />

Nach dieser Informationsaggregation<br />

überwacht der LCM nicht nur das Nieder-<br />

und Mittelspannungsnetz, sondern gleichermaßen<br />

auch Fernwärme- und Gasnetze<br />

auf mögliche zukünftige Grenzwertverletzungen<br />

sowie Unter- und Überversorgungen.<br />

Gegebenenfalls werden Beschränkungen für<br />

die untergeordneten Zellen festgelegt.<br />

Die höchste Instanz in diesem Energiesystem<br />

ist der zentrale Clustermanager (ZCM).<br />

Er koordiniert die Level-1-Zellen, die Strommärkte<br />

und das Hochspannungsnetz auf<br />

Grundlage der zellularen Charakteris tiken.<br />

Um zu überprüfen, ob die Implementierung<br />

des zellularen Ansatzes zu einem koordinierten,<br />

aber auch versorgungssicheren<br />

Energiesystem führt, wird im Rahmen des<br />

Forschungsvorhabens ein Beispielquartier<br />

untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei<br />

auf ländlichen Gebieten, in denen die Wärmenachfragedichte<br />

oft nicht ausreicht, um<br />

Nahwärmenetze zu etablieren. Als Alternative<br />

stehen dezentrale Energieanlagen zur<br />

Verfügung, die bei einer direkten Kopplung<br />

mit dem Stromsektor die Komplexität weiter<br />

erhöhen können, beispielsweise bei Wärmepumpen<br />

oder Blockheizkraftwerken. Bei<br />

der zukünftigen Ausgestaltung des Anlagenparks<br />

für ländliche Energiezellen wird ein<br />

besonderes Augenmerk auf festbiomassebasierte<br />

Hybridsysteme (FBHS) gelegt.<br />

Festbiomassebasierte Hybridsysteme<br />

FBHS sind eine Kombination aus mehreren<br />

erneuerbaren Energieerzeugern mit einem<br />

biogenen Energieerzeuger, wie exemplarisch<br />

Abbildung 3: Biomassebasiertes Hybridsystem<br />

in Abbildung 3 dargestellt ist. Dabei wird<br />

die dezentrale Nutzung von Biomasse in diesen<br />

Systemen von verschiedenen Faktoren<br />

wie Netzstabilität und wirtschaftlichen Indikatoren<br />

beeinflusst. Biomassekessel, Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) oder Kamine werden<br />

deshalb nur dann eingesetzt, wenn die<br />

Leistung der Hauptwärmequelle, beispielsweise<br />

eine Wärmepumpe, nicht aus reicht<br />

oder die Nutzung mit erheblichen wirtschaftlichen<br />

Nachteilen verbunden ist. Diese<br />

Nachteile können exemplarisch auftreten,<br />

wenn hohe Strompreise den Einsatz einer<br />

Wärmepumpe unwirtschaftlich machen.<br />

Die Biomasseanlage wird nach dem Prinzip<br />

betrieben, dass nur so viel Wärme erzeugt<br />

wird, wie tatsächlich benötigt wird oder gespeichert<br />

werden kann. Dieser Steuerungsmechanismus<br />

ermöglicht eine bedarfsorientierte<br />

Strom- und Wärmeerzeugung und<br />

kann Schwankungen in der Strom- und Wärmeerzeugung<br />

durch Wind- und Sonnenenergie<br />

zum Teil ausgleichen. Das trägt dazu bei,<br />

den Autarkiegrad der Zellen zu erhöhen und<br />

lokale Spitzenbedarfe zu glätten [5].<br />

Es ist wichtig zu betonen, dass Biomasse<br />

nur dann eingesetzt wird, wenn es keine andere<br />

ökologische und wirtschaftliche Alternative<br />

gibt, beispielsweise für Prozesswärme<br />

oder die Wärmeversorgung in ländlichen<br />

Gebieten. Das gewährleistet eine effiziente<br />

Nutzung des begrenzten Potenzials der Biomasse<br />

[5–8].<br />

Der kostenoptimale Anlagenpark<br />

ländlicher Quartiere<br />

Um den zellularen Ansatz mit einer kosteneffizienten<br />

Gestaltung eines Anlagenparks in<br />

einem ländlichen Quartier zu vereinen, wird<br />

auf die Methode der Energiesystemmodellierung<br />

zurückgegriffen. Im ersten Schritt<br />

wird der optimale Anlagenpark des ländlichen<br />

Quartiers berechnet. Dabei wird das<br />

Gebiet durch eine Zellenstruktur abgedeckt,<br />

bestehend aus mehreren Level-0-Zellen innerhalb<br />

einer Level-1-Zelle, um den zellularen<br />

Ansatz zu berücksichtigen. Interaktionen<br />

über diese Grenzen hinweg werden als<br />

Stromimport oder -export mit einem Verteilungsnetz<br />

zu dynamischen Preisen betrachtet.<br />

Die Optimierung erfolgt nach dem Prinzip<br />

des Bluefield-Ansatzes, der die Struktur<br />

des Ortes (Straßen, Häuser und Energiebedarfe)<br />

im Gegensatz zu vorhandenen Energieanlagen<br />

berücksichtigt.<br />

Zur Ermittlung der kosteneffizienten Anlagenkonfiguration<br />

wird dem Optimierer eine<br />

Auswahl an Energieanlagen mit den entsprechenden<br />

wirtschaftlichen und technischen<br />

Parametern vorgegeben. Auf Grundlage dieser<br />

Vorgaben entscheidet der Optimierer,<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 25

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