42 HEIMATKLÄNGE CARPET VERÖFFENTLICHEN NACH SECHS JAHREN MIT „COLLISION“ EIN NEUES ALBUM DER FLIEGENDE SOUND TEPPICH Gleich sechs Jahre haben sich Carpet für ihr neues Album Zeit gelassen. Mit „Collision“präsentieren die Psychedelic-Rocker jetzt ein imposantes Werk, das vor Direktheit, Kraft und Energie nur so strotzt. Walter Sianos hat Jakob Mader und Maximilian Stephan zum Interview getroffen.
HEIMATKLÄNGE 43 Ich habe mal nachgeschaut, unser letztes Interview war 2018. Ganz schön lange her? Jakob: So ist es, das war noch in euren ehemaligen Redaktionsräumen in der Stadtjägerstraße. Es hat also sechs Jahre vom letzten Album „About Rooms and Elephants“ bis zu „Collision“ gedauert. Das ist mehr als eine gefühlte Ewigkeit, warum habt ihr so viel Zeit ins Land ziehen lassen? Jakob: 2019 haben wir mit den ersten Ideen begonnen und anfangs lief auch alles ziemlich zügig, aber dann sind wir an einen Punkt gekommen, wo es an ein paar Stellen gehakt hat und es folgte eine Phase, in der immer irgendetwas anderes dazwischenkam. Max: Als das Songwriting abgeschlossen war, hat uns dann Corona ausgebremst, parallel dazu hatten wir auch einige andere Projekte am Laufen. Aber bei Carpet gönnten wir uns schon immer den Luxus, keinen Druck aufkommen zu lassen. Wenn man so lange rummacht, kann man sich zwischendrin aber leicht auch mal verlaufen. Jakob: Absolut, aber man muss auch mal ein, zwei Schritte zurückgehen, um wieder in die Spur zu kommen. Max: Manchmal funktioniert ein Song auch erst einmal nicht, dann muss man ihn eben eine Weile liegen lassen. In den meisten Fällen kommt der Flow dann aber wie von selbst zurück. Ist das Album im Teamwork entstanden? Jakob: Es gab schon den einen oder anderen Track, den wir zu zweit angeschoben und dann in großer Runde fertiggestellt haben. Aber generell ist dieses Album kollaborativ entstanden, wir haben vieles gemeinsam ausgelotet und in Sessions ausprobiert. Der Titel „Collision“ klingt bedeutungsschwanger. Max: Wir hatten bei diesem Album einen regelrechten Energieausbruch, den wir in dieser Intensität so noch nicht erlebt hatten. Darüber hinaus sind die Lyrics weniger persönlich und dafür politischer ausgefallen, denn unsere Welt scheint gerade in zwei Hälften auseinanderzufallen, es gibt nur noch schwarz oder weiß und kaum noch Grauzonen. Ihr habt ein eigenes Studio, mit Max und Maxi stehen gleich zwei Musikproduzenten in eurer Band. Da kann man sich vor lauter Perfektion auch schnell mal im Soundlabyrinth verirren, oder? Jakob: Verlaufen tun wir uns nicht, aber vielleicht ist es tatsächlich so, dass wir bei gewissen Dingen nicht mit der nötigen Leichtigkeit herangehen. Wir sind alle Perfektionisten und wissen sehr genau, wie etwas klingen muss, damit es „Carpet“ ist. Experten, die den Weg zum Ziel kennen, können da nur helfen. Ihr seid in vielen Projekten aktiv, Jakob ist ein Teil von KaraUke, Max und Maxi spielen bei Das Format, sind Produzenten und vor einigen Tagen erschien die neue Live-EP von Max‘ Half Pair, wo ihr aber auch fast alle mitmischt. Welchen Stellenwert spielt da Carpet? Max: Carpet ist unser Mutterschiff. Bisher gab es nie irgendwelche Interessenkonflikte, wir haben immer alle Projekte gut unter einen Hut bekommen. Hattet ihr schon mal die Befürchtung, dass andere Projekte wie KaraUke erfolgreicher werden könnten? Max: Ich kann mich gar nicht erinnern, wann wir im Bandkontext zum letzten Mal an Erfolg gedacht hätten. Erstmal müsste man den Begriff definieren und es fällt mir schwer, hier in Kategorien zu denken. Jakob: Ich behaupte mal, dass wir recht gut organisiert sind. Die Planungen laufen recht langfristig und so schaffen wir es eigentlich immer, dass es nicht zu Überschneidungen kommt. Woher rührt eigentlich euer Faible für Bombast und Dramatik? Jakob: Wir haben uns in dieser Ecke schon immer wohlgefühlt und hier auch so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Ich selber sehe es gar nicht als Bombast, es ist eher die Art Freiheit, das zu tun, was man will, ohne sich in ein bestimmtes Songkorsett zu zwängen. Es darf bei uns eigentlich alles passieren. Wir denken einfach gerne schrankenlos und groß, Musik ist für uns das Gegenteil von Zurückhaltung und Langeweile. Seid ihr eher Team Mars Volta oder Team King Crimson? Jakob: Beides fantastisch! Somit ist es eher phasenabhängig, was gerade den Vorzug bekommt. Bedeutsame Einflüsse sind das aber in jedem Fall und ich möchte weder die eine noch die andere Band missen. Wieviel Improvisation steckt in euren Stücken? Max: In erster Linie versuchen wir schon, die Albumtracks auch live so umzusetzen. Aber es gibt immer Stellen im Set, die Raum für freies Improvisieren lassen. Wie beispielsweise beim Stück „Cosmic Shape Shifter“. Der Mittelpart bietet sich super für ausufernde Passagen an. Max: Absolut! Ihr seid 2022 in der Brechtbühne mit Mitgliedern der Augsburger Philharmoniker aufgetreten. Wie war diese Erfahrung? Jakob: Das hat total Spaß gemacht, auch wenn wir etwas zu wenig Vorbereitungszeit hatten. Wenn wir diese Musiker langfristig bezahlen könnten, dann wären sie ab sofort immer dabei. Ihr habt eure Plattenfirma gewechselt. Die letzten drei Alben sind alle beim Münchner Label Elektrohasch erschienen, „Collision“ veröffentlicht ihr jetzt auf Kapitän Platte. Jakob: Die Labelinhaber sind totale Vinylliebhaber und unglaublich nette Menschen, die auch schon Konzerte von uns veranstaltet haben. Sie haben bereits beim letzten Album angefragt, ob wir was zusammen machen könnten und so hat sich das entwickelt. Ich glaube, ich habe euch diese Frage schon einmal gestellt. Ist Carpet eine Band für die Ewigkeit? Jakob: Wir kennen und verstehen uns alle sehr gut und sind so egobefreit, dass es auch kein Problem wäre, wenn wir mal eine Pause einlegen würden, um dann zu einem späteren Zeitpunkt einfach wieder weiter zu machen. Aber grundsätzlich ist bei Carpet derzeit kein Ende abzusehen. Keine Platte ohne Release-Konzert. Wann kann man euch wieder in Augsburg auf der Bühne begrüßen? Max: Es wird im April einige Konzerte geben, am 27.<strong>04</strong>. spielen wir dann im City Club zusammen mit der neuen tollen Münchner Formation Su Yono Station. (ws) BESETZUNG: Maximilian Stephan: Gitarre, Gesang Jakob Mader: Schlagzeug, Percussion Sigmund Perner: Rhodes, Synthesizer Hubert Steiner: Bass Martin Lehmann: Trompete Maximilian Wörle: Percussion, Gesang www.carpetband.com