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2013-04

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Tuchhallen auf dem Hauptmarkt in Krakau<br />

Zurück geht es zum Hauptmarkt, zur imposanten Marienkirche<br />

mit ihren zwei ungleichen Türmen. Dort haben<br />

wir eine Führung. Berühmt ist der fünfflügeligen Hochaltar<br />

des spätgotischen Bildhauers Veit Stoss mit seinen lebensgroßen<br />

geschnitzten Figuren. Ich bin tief beeindruckt! Freie<br />

Zeit: In einem „wienerischen Café“ direkt am Marktplatz<br />

genießen wir eine echte heiße Schokolade! Wir bewundern<br />

das Treiben auf dem Platz und die vielen wunderschönen<br />

Pferdegespanne mit ihren weißen Kutschen, direkt vor unserer<br />

Nase. Die weltberühmten<br />

Tuchhallen,<br />

die den Hauptmarkt<br />

praktisch teilen, locken<br />

uns, und nach unserer<br />

Stärkung gehen wir dort<br />

auf Entdeckungstour:<br />

Schier endlose Stände<br />

mit Schmuck, Kunstgewebe,<br />

Lederwaren,<br />

etc. Unter den Arkaden<br />

draußen Cafés, Restaurants,<br />

Geschäfte. Wir<br />

erobern auf eigene Faust<br />

die Altstadt mit dem<br />

Fotoapparat. Und natürlich<br />

nutzen wir auch<br />

die Gelegenheit, zum<br />

„Schopp-ing“, natürlich<br />

völlig überflüssige Sachen.<br />

Urlaub!<br />

Brunnen an der Marienkirche<br />

In den Kirchen, die wir auch aufsuchen, wird mir meine<br />

calvinistische Religionssozialisierung bewusst: Die ganze<br />

Pracht erschlägt mich allmählich, und der auffällige Personenkult<br />

in Polen irritiert. Das Bedürfnis dahinter erklärt<br />

sich wohl aus der Geschichte des Landes. Und unsere Irritation<br />

darüber, die hat wohl auch einen noch jungen, geschichtlichen<br />

Hintergrund. Vereinbarter Treffpunkt für die<br />

Gruppe ist der Brunnen an der Marienkirche. Rechtzeitig<br />

treffen wir dort ein, um das Schließen des Hochaltars mitzu<br />

erleben: Täglich um Punkt 18.00 Uhr erscheint eine Nonne<br />

und schließt die beiden beweglichen Flügel des Hochaltars.<br />

Erst dann werden die wunderschönen, feststehenden Flügel<br />

Autorenfoto<br />

dahinter und die Rückseiten der jetzt geschlossenen Flügel<br />

sichtbar. Sehr beeindruckend! Ein kurzer Augenblick<br />

der Betrachtung, dann löscht sie das Licht, ...und morgen<br />

Auschwitz!<br />

Ich habe jüdische Freunde, die Auschwitz überlebt haben.<br />

Sie reden nicht über ihre Erlebnisse. Ich selbst war<br />

noch nicht dort, kenne aber andere Orte des Grauens. Ich<br />

wollte es kennen lernen. Ich habe mir keine Notizen gemacht.<br />

Die Dimension des Grauens, die dort sichtbar wird,<br />

ist nicht wirklich vorstellbar und macht mich stumm. Dabei<br />

möchte ich es auch belassen.<br />

Beim anschließenden Besuch im Galizischen Museum<br />

in Krakau ist der Bericht einer Zeitzeugin für uns in Grenzen<br />

nachvollziehbar. Eine gebürtige Weißrussin, die mit ihrer<br />

Mutter und den Großeltern inhaftiert und nach Birkenau<br />

gebracht wurde, erzählt, wie sie das als Dreijährige erlebt<br />

hat. Auch das spätere Schicksal: Als Fünfjährige von polnischen<br />

Eltern adoptiert, dann ihre Suche als Erwachsene<br />

nach der Mutter in Rußland. In solchen Einzelschicksalen<br />

wird eigentlich erst deutlich, was den Menschen angetan<br />

wurde. Besonders beeindruckend die fehlende Bitterkeit,<br />

der fehlende Hass dieser Frau. Am Abend das Angebot,<br />

über diesen besonderen Tag und seine Eindrücke zu reden,<br />

war sicher sehr wichtig für die Gruppe.<br />

Wir sind in der Universität verabredet. Wir möchten<br />

uns informieren über die Ausbildung an der Uni und die<br />

Chancen, nach dem Studium ins Berufsleben einzusteigen.<br />

Wir warten vor dem Gebäude der Uni und sind etwas<br />

irritiert, weil uns scheinbar niemand erwartet. Doch<br />

dann tauchen sie auf: Privatdozentin Dr. Ewa Fröhlich,<br />

die ihrem Namen Ehre macht mit drei jungen Studierenden.<br />

Sie hatten offensichtlich eine Gruppe Studenten aus<br />

Deutschland erwartet, ein Missverständnis. Die Veranstaltung<br />

findet dann im Park unter freiem Himmel statt. Das<br />

Innere der Universität bekommen wir so leider nicht zu<br />

sehen. Die drei jungen Leute sind sehr gut vorbereitet und<br />

sprechen gut Deutsch. Zumindest haben wir einen Universitätsprofessor<br />

in unserer Gruppe zu bieten, der erwartungsgemäß<br />

fachkundige Fragen stellt. Die Probleme hier<br />

sind ähnlich wie bei uns, was die Arbeitsmöglichkeiten<br />

nach dem Studium betrifft: Es ist schwierig, einen Job zu<br />

finden. Vielleicht bietet der freie Arbeitsmarkt in Europa<br />

bessere Chancen?<br />

Abschied<br />

An unserem letzten Tag in Krakau erobern wir noch einmal<br />

den Wawelberg und haben eine Führung im Schloss.<br />

Zusätzliches Bonbon ist der Besuch bei der „Dame mit dem<br />

Hermelin“, eines der vier Frauenportäts von Leonardo da<br />

Vinci. Dahinter verbirgt sich eine wunderbare und auch etwas<br />

traurige Liebesgeschichte. Ja, sie ist sicher der Mona<br />

Lisa ebenbürtig.<br />

Später haben wir noch eine Führung im Programm, die<br />

uns wieder mit der nationalsozialistischen Vergangenheit<br />

konfrontiert: Wir besuchen „Schindlers Fabrik“, den Ort,<br />

wo der Film „Schindlers Liste“ gedreht wurde. Wir haben<br />

dort eine Führung durch eine Ausstellung. Gut gemacht,<br />

66 durchblick 4/<strong>2013</strong>

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