Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe
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<strong>Artykuły</strong><br />
Die selbstherrliche Kunst ist ein Geschenk<br />
Europas an die Welt. Spätestens<br />
seit dem Pfarrerssohn aus Sachsen ist<br />
die Trennung von Kunst und Christentum<br />
vollzogen. Natürlich gibt es seither<br />
und bis heute christliche Kunst, es sind<br />
großartige Werke darunter, die keinen<br />
Vergleich zu scheuen brauchen. Denken<br />
Sie an das Südfenster im Kölner Dom,<br />
das Gerhard Richter in diesen Jahren<br />
geschaffen hat. Doch das kam erst zustande,<br />
nachdem der kirchliche Auftraggeber<br />
sein Programm – christliche<br />
Märtyrer des zwanzigsten Jahrhunderts<br />
zu thematisieren – zurückgezogen hatte.<br />
Stattdessen das abstrakte Bild von Richter,<br />
eine Feier von Licht und Farbe. Damit<br />
wir uns recht verstehen: Mir gefällt<br />
Richters Arbeit ausgezeichnet. Jeden<br />
Aufenthalt in Köln nutze ich zu einem<br />
Sprung in den Dom, vor das Fenster<br />
im Querschiff. Aber die Frage bleibt:<br />
Was prädestiniert dieses Bildwerk, in<br />
einer christlichen Kirche zu hängen?<br />
Und nicht in der Halle einer Bank, einer<br />
Versicherung, eines Autohauses, des<br />
Flughafens? (Moschee verkneife ich mir<br />
ausdrücklich, um nicht die Prügel, die<br />
Kardinal Meisner schon abbekommen<br />
hat, auch noch auf mein Fell zu lenken.)<br />
Mehr als hundert Jahre trennen uns<br />
vom Anfang dieser Entwicklung. Nicht<br />
zu früh um nachzufragen: Wem ist das<br />
bekommen – der Kunst? Dem Künstler?<br />
Dem Publikum?<br />
Wenn ich mich umschaue, und nicht<br />
nur in diesem unserem Lande: Das Projekt<br />
„Artisten-Evangelium“ scheint mir<br />
grandios gescheitert zu sein. An die Stelle<br />
des Schöpfer-Künstlers sehe ich heute<br />
die Götze des Marktführers. Dahinter,<br />
kaum mehr verhüllt, die grässliche<br />
18<br />
Maske des Großen Gottes Mammon,<br />
den Leviathan der Leere. Seine Priester<br />
hudeln und räuchern ihm und stopfen<br />
sich die Taschen voll. Der Künstler-Gott,<br />
den Nietzsche ausrief, ist nicht der erste<br />
Gott, der von seinen eigenen Priestern<br />
zur Strecke gebracht worden ist.<br />
Einen Gott im dogmatischen Sinn<br />
kenne ich nicht. Das heißt nicht, daß<br />
ich nicht glaube. Zum Beispiel glaube<br />
ich, dass die menschliche Intelligenz,<br />
sein seelisches Fassungsvermögen, die<br />
Kraft seiner Sinne, der Schwung seiner<br />
Phantasien und Träume nicht ausreichen<br />
– bei weitem nicht ausreichen -, um<br />
den Kosmos, in dessen Weite sich unsere<br />
Erde als ein winziges Sternlein dreht, zu<br />
erfassen. Noch nicht einmal zu erahnen.<br />
Wir Menschen leben in und zwischen<br />
Transzendenzen, die keiner von uns je<br />
bereist hat. Auch der Astronaut zappelt<br />
im All wie ein Lego-Männchen. Zum Lachen.<br />
Ich habe dafür keine Beweise an der<br />
Hand, ich brauch auch keine. Daran<br />
glaube ich einfach. Ich lasse es zu. Ich<br />
fordere diesem Zutrauen keine Rechtfertigungen<br />
ab. Soll ich das Schneeglöckchen<br />
zur Rede stellen? Für Monate hat<br />
es in hart gefrorenem Boden gesteckt,<br />
bei Temperaturen, die ein Mensch keine<br />
Nacht überlebte, ein hässliches braunes<br />
Zwiebelchen. Und dann, eines Tages,<br />
spitzt so ein Trieb aus dem Boden, von<br />
unfassbarem Grün. Und das Herz will<br />
dir zerspringen vor Glück. Wieso Glück?<br />
Kann´s weder fressen noch verkaufen.<br />
Zu nichts nütze. Das ganz und gar Unverfügbare.<br />
Nirgendwo habe ich eine bessere<br />
Formel gefunden für das, was ich meine,<br />
als bei Friedrich Schleiermacher.