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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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Rozważania literackie<br />

Bei aller Sympathie für Grass und<br />

allem Recht, sich zu verteidigen, das<br />

ihm zuzubilligen ist: der Vergleich derer<br />

in Frankfurt mit denen in Karlsbad und<br />

deren Beschlüssen ist ebenso hyperbolisch<br />

überzogen wie das „Schnellgericht“<br />

aus unseligen Zeiten. Dabei muss Grass<br />

vergessen haben, wie er selbst in den<br />

sechziger Jahren seinen Spott über jene<br />

politischen Protestierer ausgegossen hat,<br />

die in ihren Gedichten „Zorn – Ärger –<br />

Wut“ überkochen ließen, während Grass<br />

es vorzog, „Schweinskopfsülze“ zuzubereiten.<br />

Auch das war eine Möglichkeit,<br />

sich abzureagieren. Damals – bis auf ein<br />

paar Widerreden von Kollegen – ohne<br />

politische Folgen wie „Beim Häuten der<br />

Zwiebel“.<br />

Auch dem verbal und bildlich übersteigerten<br />

Ressentiment im Gedicht<br />

„Dummer August“ steht ein anderes<br />

gegenteiliges Beispiel gegenüber, das<br />

sich im 1995 erschienenen Roman „Ein<br />

weites Feld“ in jenem Kapitel findet, das<br />

Fonty und seinen Tagundnachtschatten<br />

„Auf der Suche nach einem Wort“ zeigt,<br />

welches an die Stelle des in „Gebrauch“<br />

28<br />

gekommenen Verbs „abwickeln“ treten<br />

könnte, das verschleiert, was eigentlich<br />

damit gemeint ist. Das Ersatzverb freilich,<br />

das Fonty nach längerem Probieren<br />

als ein passenderes gefunden hat, ist<br />

zwar bildlich einprägsam, semantisch<br />

dagegen fällt es weit hinter „abwickeln“<br />

zurück. Es heißt „umtopfen“ („Raus<br />

aus dem volkseigenen, rein in den privaten<br />

Topf“): ein schwer zu überbietender<br />

Euphemismus für einen Vorgang, der<br />

einen politischen Systemwechsel wie einen<br />

gärtnerischen Handgriff aussehen<br />

lässt. Diesen verbalen Missgriff muss<br />

sich dessen Finder am Ende selbst eingestehen.<br />

Bertolt Brecht, von dem sich Günter<br />

Grass gewiss nicht gern belehren lassen<br />

wird, machte sich dereinst Gedanken<br />

über „Schwierigkeiten beim Schreiben<br />

der Wahrheit“. Im Fall von Günter Grass<br />

beweist sich erneut: bei der Wortwahl beginnen<br />

sie. Oder, in eine Frage gekleidet,<br />

die im Roman „Ein weites Feld“ gestellt<br />

wird: „Wissen Sie wirklich nicht, wie gefährlich<br />

Wörter sein können, nein, sind?<br />

Überhaupt Literatur …“.

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