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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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Refleksje<br />

Etappenziele auf den Paukböden der<br />

Tagespolitik, Peter Rühmkorf, einer der<br />

größten Vers-Virtuosen Deutschlands:<br />

38<br />

„Lieber Dichter, sage mir:<br />

Was verheißt uns dein Papier?<br />

Wovon raschelt es und knistert?<br />

Gibt es sich<br />

in der schweren Abschiedsstund<br />

uns verbrüdert, und verschwistert<br />

oder noch was andres Großes kund?<br />

Dichter, sprich!<br />

(…)<br />

Ach, der Dichter, ja, was kann er fassen?<br />

Eigentlich nur eine Regung,<br />

eine Rührung,<br />

was ihn selbst wie Donnerkeile trifft;<br />

doch sein Stift<br />

quirlt es dann mit Farben<br />

der Verführung,<br />

die euch irgendwie in Trance fallen<br />

lassen,<br />

zu so einer Art von Nervengift –<br />

Dies das eine, doch in seinen Krisenzeiten<br />

wird er allgemeinverbindlich<br />

abgewiesen,<br />

selbst in Kreisen,<br />

die ihm sonst Ergebenheit erweisen.<br />

Dies nochmal in Prosa, also: praktisch<br />

haut er seine Seele auf den Packtisch<br />

und umwindet sie mit buntem<br />

Glanzpapier –<br />

Aber hütet euch (ich sprech von Irren,<br />

Liebeskranken, Säufern)<br />

ihnen allen Ernstes nachzueifern,<br />

denn das Ende ist mein kein papiernes:<br />

Wannsee – Missolunghi – Sheerness –<br />

Wandle hin – und überleg es dir!“<br />

(Dichterleben)<br />

Ja, viele lyrische Umschreibungen<br />

sind gut für die Idee vom kampflustigen<br />

und sangeslüsternen Schreibkünstler,<br />

vom Lebenskünstler mit Schrägstellung<br />

zur Welt: Rühmkorf war und bleibt<br />

ein geschichtsbewußter Dichter, der<br />

sich einmischt, ein zeitgeistkritischer<br />

Dialektiker der Wahrnehmung. Er war<br />

und bleibt ein Meister der literarischen<br />

Welterkundung, der Menschenbeobachtung<br />

und der Selbststilisierung. Er war<br />

und bleibt eine schillernde Figur, die<br />

sich erfolgreich gegen unangemessene<br />

Fixierungen sperrt.<br />

Seine nie auf einen Nenner zu bringenden<br />

Werke sprechen auch in Zukunft<br />

Bände. Der Dichter zititiert, parodiert,<br />

persifliert alle Tonlagen von Klopstock<br />

bis Ringelnatz, von Heine über Brecht<br />

bis Benn, ohne die ihm eigene Stimme<br />

zu verlieren. Mal zersingt er seine Pappenheimer<br />

zaghaft, zögernd, zärtlich,<br />

dann wieder lauthals, witzig, schonungslos.<br />

Aber immer virtuos, nur gebrochen<br />

pathetisch, selten sentimental und vor<br />

allem nie langweilig. Peter Rühmkorf<br />

bleibt einer fragenden Probierhaltung<br />

treu, und das heißt, er bleibt erschütterbar<br />

- und widersteht. Denn sein zerstreuseltes<br />

Ich hat sich den poetischen<br />

Räumen verschrieben; phantastischrealistischen<br />

Sprachräumen, in denen<br />

freier geatmet, inniger empfunden, radikaler<br />

gedacht und dennoch zusammenhängender<br />

gefühlt werden kann. Schutz<br />

bieten sie freilich nicht. Aber so wird aus<br />

der Not eine poetische Tugend: Heiße<br />

Liebeslyrik, Wiegen- und Aufklärungslieder,<br />

Hymnen, Bocksgesänge und haltbare<br />

Kunststücke zuhauf:<br />

Selbstporträt<br />

Wie ich höre, hast Du lange nicht<br />

von dir selbst<br />

gesungen, Onkelchen?!<br />

Die Menschheit muß ja allmählich<br />

denken,

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