Versuch - Kathrin von Basse
Versuch - Kathrin von Basse
Versuch - Kathrin von Basse
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
talsatz zu: Similia similibus curantur. Leider ist dieser Satz nur zu oft und zu sehr<br />
missverstanden worden und wird es noch jetzt.<br />
Während endlich die Allopathie alle Künste der Küche oder des Laboratoriums<br />
in Anwendung bringt, um die verschiedenartigsten Arzneien zusammenzumischen<br />
und löffelweise dem Magen der Kranken einzuverleiben, braucht die Homöopathie<br />
nur ein wenig Spiritus oder Zucker um die Kräfte eines Arzneistoffes aufzunehmen und<br />
diese a l l e i n in unscheinbaren Graden darzureichen.<br />
Es wurde Oben gesagt, die Schüler Hahnemanns hätten sich selbst in zwei<br />
feindlich einander gegenüber stehende Schaaren gesondert: sehen wir zu, wie das<br />
geschah und wie sich beide Gegner charakterisiren.<br />
Nächst dem Grundsatze: Similia similibus stellte Hahnemann später noch zwei<br />
andere auf, nämlich: 1. Die Gabe eines richtig gewählten Arzneimittels<br />
kann nicht klein genug gewählt werden, um nicht allen Anforderungen<br />
zum Auslöschen der vorhandenen Krankheit zu genügen.<br />
Dieser Satz ist aus der Behauptung hervorgegangen: Die Materie ist untheilbar und<br />
selbst der kleinste Theil derselben hat die Eigenschaft des Ganzen.<br />
2. Durch fortgesetzte Verkleinerung der Materie und durch die<br />
gleichzeitige Manipulation des Schüttelns und Reibens wird die<br />
Kraft der Materie erst erschlossen und verstärkt!<br />
So lange nun die Schüler Hahnemanns noch ad verba magistri schworen,<br />
solange blieben diese drei Grundsätze als die drei Grundpfeiler der Homöopathie<br />
stehen. Dann traten aber Scepticer auf, die ihren eigenen Augen und ihrem eigenen<br />
Verstande mehr trauten, als dem ihres grossen Meisters. Sie legten den Massstab der<br />
Vernunft an die Lehren der Homöopathie und sagten: Der 1. Grundsatz, Sim. sim. ist<br />
wahr und wir wollen ihn heilig halten; der 2. Satz ist zumTheil auch noch wahr, und wir<br />
wollen dem Kranken nur kleine Gaben geben, denn sie heilen ihn, wie wir gesehen,<br />
schnell und ohne Nebenbeschwerden. Der 3. Grundpfeiler aber, sagten sie weiter, ist<br />
wackelig, er ist zu sehr auf Hypothesen erbaut; die Beobachtungen, welche ihm zu<br />
Grunde liege sollen, sind getrübt; wo soll denn die Lehre <strong>von</strong> der Gabenkleinheit ein<br />
Ende haben und wenn die Kraft der Materie durch fortgesetzte Behandlung<br />
derselben immer mehr erschlossen und verstärkt wird: müssten wir da nicht fürchten,<br />
dem Kranken zu schaden? Fort mit den Widersprüchen und dem Mysticismus! – Und<br />
sie rissen den schadhaften Pfeiler ein - und siehe da, das Gebäude der<br />
Homöopathie stand eben so fest. –<br />
Jene ächten Schüler Hahnemanns nennen sich und lassen sich nennen H a h -<br />
n e m a n n i a n e r ; sie verachten alle neuen Erfindungen der medicinischen Doctrinen,<br />
sie verachten das Stethoscop und Plessimeter, die pathologische Anatomie und<br />
physiologische Chemie, geben ihren Kranken nur die 30. oder 800. oder 2000. Potenz<br />
selten selbst bereiteter, grösstentheils aus den rossebändigenden Händen des<br />
Wismar´schen Stallmeisters erhaltnenen Arzneien, prüfen höchst selten Arzneien und<br />
dann nur in Hochpotenzen, treiben sich noch im Schmutze der Isopathie umher und<br />
sind die eifrigsten Verfechter des Selbstdispensirens.<br />
Die Sceptiker dagegen nennen sich und lassen sich nennen S p e c i f i c e r . Sie<br />
sind trotz des festgehaltenen Grundsatzes: S. s. keine Symptomendecker, sondern sie<br />
finden in der specifischen Richtung eines Mittels auf gewisse Systeme und Organe<br />
das für jeden individuellen Fall passende specifische Heilmittel; sie verfolgen mit Eifer<br />
die Fortschritte der medicinischen Wissenschaften im Allgemeinen und bauen durch<br />
Prüfungen die Arzneimittellehre weiter aus; sie versteigen sich beim Darreichen der<br />
Medicin selten über die niedrigsten Verdünnungen oder Urstoffe, verschmähen auch<br />
nicht, Recepte in allopathische Apotheken zu schicken, wohl einsehend, dass das<br />
Selbstdispensiren gerade ihnen nur eine Last und fast unausführbar sei, wenn es auch<br />
eine Quelle guter Einnahmen abgeben dürfte.<br />
5