Profil 5/2002 f r PDF - Kolbenschmidt Pierburg AG
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Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2002</strong> Wirtschaft/Messen/Märkte<br />
Seite 11<br />
Etwa 20 Fach- und Tageszeitungs-Journalisten informierten sich im Juli diesen Jahres vor<br />
Ort und aus erster Hand bei der Carbureibar S.A. im baskischen Abadiano (Spanien)<br />
über Systeme zur Steuerung der Abgasrückführung und der Sekundärluft. Auch der Autor<br />
dieses Beitrages gehörte der journalistischen Reisegruppe an. Dipl.-Ing. Jürgen Goroncy<br />
arbeitet als freiberuflicher Journalist in Besigheim/Neckar. Nach dem Studium des<br />
Maschinenbaus in München absolvierte er ein Volontariat im Süddeutschen Verlag, wo Goroncy<br />
auch als Redakteur tätig war. Danach arbeitete der heute 52jährige insgesamt 14 Jahre in den<br />
Presseabteilungen der Robert Bosch GmbH und der damaligen Daimler Benz <strong>AG</strong>; 1991 übernahm<br />
er die Chefredaktion der Fachzeitschriften ATZ und MTZ. Heute betreibt Jürgen Goroncy<br />
Fachjournalisten zu Gast bei Carbureibar – Standort hat gute Perspektiven<br />
Gezielt auf der sauberen Fährte<br />
Abadiano. Die<br />
ungebremste<br />
Nachfrage nach<br />
Dieselmotoren<br />
und die verstärkte<br />
Marktpräsenz von<br />
Ottomotoren mit<br />
direkter Einspritzung<br />
hat die Nachfrage<br />
nach Sekundärluft-<br />
und Ab-<br />
Jürgen Goroncy<br />
gasrückführsystemen<br />
kräftig angekurbelt. Beide Systeme<br />
von <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> reduzieren<br />
den Anteil der schädlichen Bestandteile<br />
(Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid<br />
und Stickoxide) im Abgas.<br />
<strong>Pierburg</strong> war einer der Pioniere der<br />
Abgasrückführung (<strong>AG</strong>R). „Als erster<br />
Lieferant haben wir bereits 1970 pneumatisch<br />
betätigte <strong>AG</strong>R-Ventile gefertigt“,<br />
gibt Peter Klotzbach, Entwicklungsleiter<br />
Schadstoffreduzierung, einen<br />
Rückblick in die Geschichte. Damals<br />
galt es, die Grenzwerte für Stickoxide<br />
(NOx) in Kalifornien zu erfüllen.<br />
Die ersten <strong>AG</strong>R-Ventile für Dieselmotoren<br />
gingen 1981 in Serie. 1996 begann<br />
man in Neuss mit der Produktion elektrisch<br />
angetriebener <strong>AG</strong>R-Ventile.<br />
Gegenwärtig fertigt<br />
<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong><br />
fast nur noch<br />
die elektrische Variante.<br />
Während zur<br />
Ansteuerung der<br />
pneumatischen Ventile<br />
eine Unterdruckquelle<br />
benötigt wird<br />
(Vakuumpumpe<br />
beim Dieselmotor<br />
bzw. Saugrohr-Unterdruck<br />
beim Ottomotor),<br />
ist der Einsatz<br />
der elektrischen <strong>AG</strong>R-<br />
Ventile vom Unterdruck<br />
vollkommen<br />
unabhängig. Peter<br />
Klotzbach zählte vor<br />
der Presse noch weitere<br />
Vorteile der elektrischen<br />
Lösung auf:<br />
★ höhere Dynamik,<br />
da das elektrische<br />
Steuersignal direkt<br />
umgesetzt wird;<br />
★ präzisere Zumessung der<br />
rückgeführten Abgasmenge;<br />
★ verbesserte Regelbarkeit;<br />
★ Langzeitstabilität.<br />
Neueste<br />
Entwicklungsstufe<br />
sind elektromotorische<br />
<strong>AG</strong>R-Ventile für<br />
Otto- und Dieselmotoren<br />
mit direkter Einspritzung.<br />
Sie stehen kurz vor der<br />
Markteinführung. Wesentliche Vorteile<br />
dieser neuen Ventile sind nach Angaben<br />
von Peter Klotzbach „eine verbesserte<br />
Dosier- und Regelbarkeit bei verminderter<br />
Empfindlichkeit gegen Ver-<br />
Zulieferkompetenz<br />
in geballter Form<br />
go Bilbao. 7261 Quadratkilometer<br />
umfaßt das spanische Baskenland –<br />
oder Euskadi, wie es auf baskisch<br />
heißt. In den drei baskischen Provinzen<br />
Spaniens leben etwa 900000<br />
Menschen. Die industrielle Tradition<br />
basiert auf der Verhüttung von einheimischem<br />
Eisenerz, das jedoch<br />
schmutzung und Verklebung“. Eine<br />
gegen hohe Temperaturen resistente<br />
Elektronik und eine berührungslos arbeitende<br />
Sensorik charakterisieren<br />
den modularen Aufbau der mechatronischen<br />
Einheit.<br />
Ein zweites Standbein im Produkt-<br />
Portfolio von <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong><br />
sind neben den <strong>AG</strong>R-Ventilen die<br />
Sekundärluftsysteme. Bei beiden Produkten<br />
belegt das Unternehmen mit<br />
einem Marktanteil von 70 beziehungsweise<br />
67 Prozent in Westeuropa<br />
den ersten Platz in der Produktionsstatistik.<br />
Er soll nach Angaben<br />
von Dr. Gerd Kleinert, Vorsitzender<br />
des Vorstandes<br />
der <strong>Kolbenschmidt</strong><br />
<strong>Pierburg</strong> <strong>AG</strong>,<br />
mit innovativen<br />
Produkten weiter<br />
ausgebaut werden.<br />
Sekundärluftsysteme reduzieren besonders<br />
beim Kaltstart des Motors die<br />
Kohlenwasserstoffe (HC) und das Kohlenmonoxid<br />
(CO). In den ersten 30 bis<br />
60 Sekunden nach dem Kaltstart werden<br />
etwa 80 Prozent der Kohlenwas-<br />
Bei Carbureibar im spanischen Abadiano ermöglicht ein elektronisches Warenkontrollsystem<br />
die genaue Bestandsführung in allen Produktionsschritten. Wie<br />
hier an der Montagelinie für Sekundärluftpumpen von Carbureibar-Mitarbeiterin<br />
Cristina Cerros im Einsatz, ermöglichen elektronische Lesegeräte eine<br />
schnelle und zielgerichtete Materialerfassung innerhalb der gesamten Fabrik.<br />
serstoffe ausgestoßen. Der zusätzlich<br />
von einer elektrischen<br />
Pumpe in den Abgasstrang eingeblasene<br />
Sauerstoff begünstigt<br />
die Oxidation des Abgases, so<br />
daß der Katalysator in recht<br />
kurzer Zeit (15 bis 20 Sekunden)<br />
auf Betriebstemperatur<br />
gebracht werden kann.<br />
Eine alternative Möglichkeit,<br />
die Kaltstartemissionen<br />
zu verringern, sind motornahe<br />
Katalysatoren,<br />
doch laut Dieter Herzog,<br />
<strong>Pierburg</strong>-Entwicklungsleiter Sekundärluftsysteme,<br />
„wird bei dieser<br />
Lösung die Vollast des Motors mit hohem<br />
Kraftstoffüberschuß abgestimmt.<br />
Dies führt außerhalb des Testzyklus zu<br />
mittlerweile erschöpft ist. Heute bestimmen<br />
die Metall-, Elektro-, Maschinenbauindustrie<br />
die industrielle<br />
Struktur.<br />
Innerhalb des Maschinenbaus<br />
spielt die Automobil- und deren Zulieferindustrie<br />
eine wichtige Rolle. DaimlerChrysler<br />
fertigt jährlich etwa 85000<br />
Vito- und V-Klasse-Fahrzeuge. Irizar,<br />
der zweitgrößte Hersteller von Luxusbussen<br />
in Europa mit Sitz in Gipuzkoa,<br />
produziert etwa 13 Omnibusse<br />
erhöhtem Schadstoffausstoß und<br />
Kraftstoffverbrauch“. Mit Sekundärluftsystemen<br />
werden ohne derartige<br />
Nachteile die Abgasgrenzwerte eingehalten.<br />
Ein weiterer Vorteil von Sekundärluftsystemen<br />
ist ihre Langzeitstabilität.<br />
150000 Meilen Laufleistung werden<br />
garantiert, während es bei motornahen<br />
Katalysatoren meist nur 80000 Meilen<br />
sind. Von 2004<br />
an bietet<br />
<strong>Kolbenschmidt</strong><br />
<strong>Pierburg</strong><br />
Sekundärluftmodule<br />
mit einem<br />
für<br />
Diagnosezwecke<br />
integrierten<br />
Luftmassenmesser an.<br />
Wie bei den <strong>AG</strong>R-Ventilen bietet <strong>Kolbenschmidt</strong><br />
<strong>Pierburg</strong> auch ein elektrisch<br />
betätigtes Sekundärluftventil an,<br />
das mehr Funktionssicherheit als die<br />
pneumatische Variante bietet.<br />
Mit diesen Innovationen sieht Dieter<br />
Herzog auch die Zukunftsaussichten<br />
der Sekundärluftsysteme vergleichsweise<br />
positiv: „Besonders<br />
in den USA<br />
werden die Automobilhersteller<br />
auch<br />
weiterhin noch einige<br />
Jahre Ottomotoren<br />
mit konventioneller<br />
Einspritzung<br />
in das Saugrohr anbieten.<br />
So wird der<br />
Bedarf an Sekundärluftsystemen<br />
weiterhin zunehmen.<br />
Darüber hinaus<br />
wird mittelfristig<br />
die Sekundärluft<br />
auch bei<br />
Otto-DI-Motoren ihre<br />
Anwendung finden.“<br />
Die Neuheiten bei<br />
<strong>AG</strong>R und Sekundärluft<br />
sind gleichwohl<br />
auch Beispiele für<br />
die aktuelle, zukunftsorientierte<br />
Strategie des Vorstandes.<br />
Gerd Kleinert gliederte die<br />
Politik des Vorstandes vor den journalistischen<br />
Gästen in fünf Punkte:<br />
★ Konzentration auf das Kerngeschäft<br />
„rund um den Motor“;<br />
★ Fokussierung auf das Produktspektrum<br />
in den einzelnen Gesellschaften;<br />
★ Ausbau der Elektronikkompetenz;<br />
★ Profitabilität geht vor Wachstum;<br />
★ Verstärkung der weltweiten Präsenz<br />
– vor allem in Asien.<br />
Mit diesen Maßnahmen will er „die<br />
solide finanzielle Basis des Unternehmens<br />
stärken und den ,Cashflow’ verbessern,<br />
um mittelfristig die internationale<br />
Präsenz zu vergrößern“. Dabei<br />
istihm ein großer Schritt lieber als viele<br />
kleine Schritte. Jürgen Goroncy<br />
pro Arbeitstag. Darüber hinaus sind<br />
etwa 280 Zulieferunternehmen im<br />
spanischen Baskenland aktiv, die mit<br />
insgesamt etwa 50000 Mitarbeitern<br />
im vergangenen Jahr einen Gesamtumsatz<br />
von 6,9 Milliarden € erzielten.<br />
Dieser Umsatz entspricht mehr<br />
als 20 Prozent des baskischen Bruttosozialprodukts<br />
und stellt etwa 30 Prozent<br />
des von der gesamten spanischen<br />
Zulieferindustrie erwirtschafteten<br />
Umsatzes dar.<br />
ein Redaktionsbüro in Besigheim. Zur Einstimmung in die hier dargestellte Systemtechnik:<br />
Abgasrückführungs- und Sekundärluftsysteme bietet <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> den Automobilherstellern<br />
zur Abgasreinigung an. Die Abgasrückführung senkt bei Diesel- und Ottomotoren die<br />
Bildung von Stickoxiden. Ein Teil des Abgases wird hinter dem Auslaßventil des Motors abgezweigt<br />
und erneut dem Brennraum zugeführt. Diese fast sauerstoff-freien Abgase führen zu<br />
einer Absenkung der Spitzentemperatur während der Verbrennung und unterdrücken so die<br />
Bildung von Stickoxiden. Sekundärluftsysteme erhöhen dagegen den Sauerstoffgehalt im<br />
Abgas und reduzieren durch die schnellere Aufheizung des Katalysators beim Kaltstart des<br />
Ottomotors die Kohlenwasserstoffe und das Kohlenmonoxid. dp<br />
Zentrum automobiler Zulieferkompetenz: Mit 350 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz<br />
(2001) von etwa 120 Millionen € ist die Carbureibar S.A. im nordspanischen<br />
Abadiano eine wichtige Größe innerhalb der <strong>Kolbenschmidt</strong>-<strong>Pierburg</strong>-Gruppe.<br />
Bestens gerüstet<br />
für die Zukunft<br />
go Abadiano. Die Zukunftsaussichten<br />
waren nicht sehr rosig, als <strong>Pierburg</strong><br />
1991 die Carbureibar S.A. im<br />
baskischen Abadiano zu 100 Prozent<br />
übernahm. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />
produzierte das Unternehmen in<br />
Nordspanien fast ausschließlich Vergaser.<br />
Die streng verschärften Abgasgrenzwerte<br />
konnten die Automobilhersteller<br />
jedoch mit einem Vergaser<br />
als Gemischaufbereitungssystem<br />
nicht mehr erfüllen. So entschieden<br />
sich die Verantwortlichen zu einem<br />
Kraftakt und stellten das Produktionsprogramm<br />
in sehr kurzer Zeit<br />
auf Abgasrückführventile und Sekundärluftsysteme<br />
– zwei Komponenten<br />
für die Abgasreinigung – um. Heute<br />
ist Carbureibar S.A. mit einem Umsatz<br />
von etwa 120 Millionen Euro und<br />
350 Mitarbeitern eine wichtige Größe<br />
innerhalb der <strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong><br />
<strong>AG</strong>.<br />
Auch für die zukünftigen Anforderungen<br />
ist Carbureibar S.A. gut gerüstet.<br />
Mit den neuen elektrisch betriebenen<br />
Abgasrückführventilen hat<br />
<strong>Kolbenschmidt</strong> <strong>Pierburg</strong> wieder eine<br />
zukunftsträchtige Idee bis zur Serienreife<br />
entwickelt. Mit diesen Ventilen<br />
ist die Abgasrückführung unabhängig<br />
vom verfügbaren Unterdruck, somit<br />
gibt es keine Einschränkungen<br />
im Kennfeldbereich.<br />
Dank dieser schadstoffreduzierenden Innovation können Autos (zum Teil) auch mit<br />
Abgas betrieben werden: das demnächst in Serie gehende Elektromotorische Abgasrückführventil<br />
(<strong>AG</strong>R) von <strong>Pierburg</strong>. In der Bildleiste darüber sind das Vorläufer-<strong>AG</strong>R<br />
ohne Motorantrieb (Foto links) sowie ein Sekundärluftsystem (Foto rechts) zu sehen.