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Profil 5/2002 f r PDF - Kolbenschmidt Pierburg AG

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Seite 12 Wirtschaft/Messen/Märkte<br />

Das <strong>Profil</strong> 5/<strong>2002</strong><br />

Intelligente Schutzsysteme von Buck<br />

„Stierkampf“ mit<br />

Pamela Anderson<br />

Neuenburg. Die rasanten Fortschritte<br />

in der Informations- und Kommunikationstechnik<br />

haben nicht nur PC und<br />

Internet, Mobilfunk und Satellitenkommunikation<br />

ermöglicht, sie haben<br />

– in Verbindung mit einer immer leistungsfähigeren<br />

Sensorik – auch der<br />

Wehrtechnik zu immer effektiveren<br />

Waffensystemen verholfen. Ebenso<br />

deutlich wie die Schlagkraft der eigenen<br />

Streitkräfte durch den Einsatz von<br />

hochmoderner, informationsverarbeitender<br />

Sensorik verbessert wird,<br />

wächst aber auch die Bedrohung von<br />

Mensch und Material von seiten der<br />

gegnerischen Aufklärungssysteme<br />

und Flugkörper. Die Entwicklung und<br />

Einführung wirksamer Schutzsysteme<br />

gewinnt daher eine immer größere Bedeutung.<br />

Mit der Buck Neue Technologien<br />

GmbH (BNT) im badischen Neuenburg,<br />

einem hochspezialisierten<br />

Anbieter von Anti-Sensor-Schutzsystemen<br />

sowie Trainingssystemen für<br />

Marine, Luftwaffe und Landstreitkräfte,<br />

ist die Rheinmetall-DeTec-<br />

Gruppe auch auf<br />

diesem wichtigen<br />

Gebiet weltweit<br />

Technologieführer.<br />

Seit Ende 1998<br />

gehört BNT innerhalb<br />

der Rheinmetall<br />

DeTec zum Be-<br />

reich „Waffe und<br />

Munition“ und<br />

Armin Papperger<br />

wird in diesem Jahr an zwei Standorten<br />

(Neuenburg/Baden und Fronau/Bayern)<br />

mit rund 120 Mitarbeitern einen<br />

Umsatz von knapp 24 Millionen € erwirtschaften<br />

– nach zwölf Millionen €<br />

im Vorjahr! Tendenz: steigend.<br />

„Daß 1998 aus dem Familienunternehmen<br />

‚Buck System‘ mit der Übernahme<br />

durch Rheinmetall die ‚Buck<br />

Neue Techologien‘ wurde, ist durchaus<br />

programmatisch zu verstehen“, beschreibt<br />

Dipl.-Ing. Armin Papperger die<br />

Ausgangssituation. „Wir hatten<br />

zunächst jede Menge Know-how –<br />

rund dreißig Entwicklungsprojekte liefen<br />

parallel –, aber keine Produkte.<br />

Die Produkte, die wir jetzt verkaufen,<br />

haben wir alle im vergangenen Jahr<br />

erst fertig konzipiert. Erreicht haben<br />

wir das in erster Linie durch Konzentration<br />

auf wenige, aber realistische Vorhaben,<br />

die dann schnellstmöglich in<br />

marktfähige Produkte umgesetzt wurden.<br />

Mit einem Auftragsbestand von<br />

über 30 Millionen € (August <strong>2002</strong>) haben<br />

wir auch wirtschaftlich wieder eine<br />

wesentlich bessere Perspektive.“<br />

Die fünf Produktgruppen der BNT<br />

spiegeln die verschiedenen Einsatzbereiche<br />

der Schutzsysteme wider:<br />

★ „Self Protection Sea“: Selbstschutz<br />

für die Marine, derzeit mit rund 40 Prozent<br />

vom Umsatz der größte Bereich;<br />

★ „Self Protection Land“: Panzerschutz<br />

und Nebelhandgranaten;<br />

★ „Self Protection Air“: Schutz von<br />

Transportflugzeugen zum Beispiel bei<br />

den Kriseneinsatzkräften;<br />

★ „Area Protection Land“: Schutz<br />

großer Flächen (Artillerie- und Mörserbereich);<br />

★ Trainingssysteme.<br />

Die Aufgabe der Buck-Systeme ist in<br />

fast allen Bereichen ähnlich: Es geht<br />

um Schutz vor Raketen, die mit Kameras<br />

(visuell), Infrarot-Suchköpfen, Radar-Suchköpfen<br />

oder Laser-Suchköpfen<br />

ausgerüstet sind und so selbst<br />

ihr Ziel orten und ansteuern.<br />

BNT-Chef Papperger erläutert die Lösung<br />

des Problems: „Unser Ziel ist:<br />

‚Avoid the hit‘, also Treffervermeidung.<br />

Nehmen wir als Beispiel unser System<br />

MASS („Multi Ammunition Softkill System“),<br />

das neue Schutzsystem für die<br />

Marine. Wir nennen unser Vorgehen<br />

das ‚Stierkämpferprinzip‘. Die Forderung<br />

lautet: Plaziere den richtigen<br />

Täuschkörper zur richtigen Zeit am<br />

richtigen Ort. Bei „MASS“ erreichen<br />

wir dies dadurch, daß unser Werfersystem<br />

in Azimut (Winkel in der Ebene)<br />

und Elevation (Winkel zum Horizont)<br />

richtbar ist und 32 identische Täuschkörper<br />

zeitversetzt so abfeuert, daß<br />

die gegnerische Rakete vom eigentlichen<br />

Ziel (der Schiffe) schrittweise abgelenkt<br />

wird und schließlich ins Leere<br />

zielt. Wir haben diese Ablenkung intern<br />

den ‚Pamela Anderson-Effekt‘ genannt.<br />

Er besagt vereinfacht, daß wir<br />

der gegnerischen Sensorik an Stelle<br />

des ursprünglichen<br />

Schlüsselreizes<br />

‚Schiff‘ einen ‚optimiertenSchlüsselreiz‘<br />

präsentieren.<br />

So wie Pamela Anderson<br />

manchem<br />

Mann ‚den Kopf<br />

verdreht‘, verdrehen<br />

unsere Täuschkörper<br />

der ankommenden<br />

Rakete<br />

den (Such-)Kopf.“<br />

Das „MASS“-System<br />

ist in der Tat<br />

zur Zeit das Non-<br />

Plus-Ultra am Markt.<br />

Es ist weltweit das<br />

einzige derartige<br />

Schutzsystem, das<br />

einen Täuschkörpereinsatz mit allen<br />

fünf Freiheitsgraden – Richtung, Höhe,<br />

Entfernung, Anzahl und Intervall – erlaubt<br />

und zudem spontanen Schutz in<br />

allen militärisch relevanten Wellenlängenbereichen<br />

(optisch, Infrarot, Laser<br />

und Radar + UV) gewährleistet. Erstmals<br />

eingesetzt wird „MASS“ auf der<br />

deutschen Korvette K-130; der erste<br />

Auslandsauftrag kam im März <strong>2002</strong><br />

mit Finnland zustande. Insgesamt wurden<br />

bislang Verträge für 22 Werfersysteme<br />

abgeschlossen. Weitere Länder<br />

wie Schweden und die Vereinigten<br />

Arabischen Emirate stehen auf der<br />

Die Buck Neue Technologien GmbH (BNT) mit den beiden Standorten Neuenburg (Baden) und Fronau (Bayern) ist im Verbund<br />

der Rheinmetall DeTec <strong>AG</strong> das innovative Kompetenzzentrum für Schutzsysteme der Land-, Luft- und Seestreitkräfte.<br />

Auftragseingangs-Liste. Für die Produkte<br />

werden in den nächsten drei<br />

Jahren entsprechende Buchungen<br />

über 30 bis 40 Millionen € erwartet.<br />

„Unser Entwicklungsvorsprung gegenüber<br />

der Konkurrenz beträgt hier<br />

mindestens fünf Jahre. Weltweit gibt<br />

es kein vergleichbares Schutzsystem.“<br />

Ein entscheidendes Plus in Sachen<br />

Sicherheit ist die extrem verkürzte Reaktionszeit.<br />

Vom Erkennen der Rakete<br />

(Anfluggeschwindigkeit: Mach 2, entsprechend<br />

ca. 2400 km/h!) bis zu ihrer<br />

Der richtbare MASS-Werfer ist als vollständige Eigenentwicklung<br />

der BNT ein absolutes „High-Tech“-Produkt.<br />

erfolgreichen Ablenkung benötigt<br />

„MASS“ gerade einmal zwei Sekunden.<br />

Woraus besteht nun der Täuschkörper?<br />

Um beide möglichen Sensoriksysteme<br />

(Infrarot und Radar) gleichermaßen<br />

zu beeinflussen, enthält jeder<br />

„Köder“ („Decoy“) zweierlei Ladung:<br />

★ Zur Störung des feindlichen Radars<br />

werden sogenannte „Chaff-Payloads“<br />

ausgebracht. Dabei handelt es sich<br />

um aluminisierte Glasfaserstreifen,<br />

die derart auf Länge geschnitten sind,<br />

daß die Radardipole (optimierter<br />

Schlüsselreiz!) in der Luft stehen und<br />

so die Radarpeilung vom Schiff auf<br />

den Köder umleiten.<br />

★ Zur Ablenkung der Infrarotpeilung<br />

wird zwischen dem Schiff und der angreifenden<br />

Rakete eine Wolkenwand<br />

aus Rotphosphor-Flares („Flare“ =<br />

Fackel) errichtet, auf der dann die IR-<br />

Peilung der Rakete haften bleibt,<br />

während das Schiff den Gefahrenbereich<br />

verläßt.<br />

Gebaut wird das komplette MASS-<br />

System, bestehend aus der Control-<br />

Unit mit der gesamten Elektronik sowie<br />

dem „Launcher“ (Werfer), am<br />

zweiten Standort der BNT, im bayerischen<br />

Fronau bei Bad Reichenhall. An<br />

diesem ehemals als reines Entwicklungszentrum<br />

genutzten Standort werden<br />

seit Februar <strong>2002</strong> alle Aktivitäten<br />

in den Bereichen „Self Protection Sea“<br />

und „Self Protection Air“ konzentriert.<br />

Durch innovative Produkte, die sowohl<br />

„Fighter“ als auch Transportflugzeuge<br />

schützen, – zum Beispiel „Array Flare<br />

DM69A2“, „Birdie“ („Bi-spectral infrared<br />

decoy with improved efficiency“)<br />

und „Cirrus“ („Cloud infrared radiating<br />

ultraviolet stoping“) – wird dieser Bereich<br />

derzeit konsequent ausgebaut.<br />

Auch in der Rotphosphor-Technologie,<br />

die für alle Arten von IR-Schutz<br />

eingesetzt wird, ist BNT innovativ. Die<br />

neuen Ladungen werden auf der Basis<br />

eines mikrogekapselten und auf Wasserbasis<br />

– also lösungsmittelfrei –<br />

hergestellten Rotphosphors entweder<br />

zu „Flares“ (dünne, runde Plättchen)<br />

verarbeitet oder zu „Pellets“ (Scheiben)<br />

gepresst. Die Vorteile dieses patentierten<br />

Fertigungsverfahrens liegen<br />

in seiner Umweltverträglichkeit, aber<br />

auch in höherer Langzeitstabilität und<br />

Sicherheit.<br />

Im zweiten wichtigen Anwendungsgebiet<br />

der Schutzsysteme von Buck,<br />

dem Panzerschutz („Self Protection<br />

Land“), hat das südbadische Unter-<br />

nehmen ebenfalls neue Standards gesetzt.<br />

Geschäftsführer Papperger erläutert<br />

das zweifache Prinzip künftiger<br />

Systeme: „Bei der Abwehr neuartiger<br />

Waffensysteme geht es grundsätzlich<br />

um zweierlei: Informationsreduktion<br />

(zum Beispiel durch eine Nebelwand)<br />

und Falsch-Information (Ablenkung<br />

vom Ziel auf den Köder). ,Tarnen’ und<br />

,Täuschen’ sind die Grundprinzipien.<br />

Beim Panzerschutz geht es nun darum,<br />

zusätzlich zur klassischen passiven<br />

Tarnung mit Nebelwirkmitteln<br />

auch aktive Tarn- und Täuschmaßnahmen<br />

zum Schutz gegen dynamische<br />

Präzisionswaffen durchzuführen. Der<br />

Kampf gilt der feindlichen Sensorik<br />

und zwar unabhängig davon, ob diese<br />

stationär oder in heranfliegenden<br />

Suchköpfen eingesetzt wird. Zur Erweiterung<br />

des Schutzes im Infrarotund<br />

Laserbereich haben wir für den<br />

Fahrzeugselbstschutz jetzt die neue<br />

Produktgeneration ,Maske’ eingeführt.<br />

Dafür konnten wir im September<br />

2001 quasi vom Stand weg einen Auftrag<br />

aus Großbritannien über 100000<br />

Stück gewinnen, der ein Volumen von<br />

mehr als zehn Millionen € über drei<br />

Jahre hat und derzeit produziert wird.“<br />

Die Spontanität und die Wirkung der<br />

neuen „Maske“-Produkte ist gezielt<br />

auf anfliegende Panzerabwehrlenkflugkörper<br />

abgestimmt. Deren Sichtlinie<br />

wird sowohl im visuellen als auch<br />

im IR-Bereich unterbrochen und zusätzlich<br />

über zahlreiche Strahlungsquellen<br />

irritiert.<br />

„Daß wir hier einen großen Schritt in<br />

die Zukunft getan haben“, so Papperger,<br />

„zeigt die Tatsache, daß wir mit<br />

dieser Munition bereits weiter sind als<br />

das zugehörige Systemumfeld. Und<br />

genau hier liegt unser Ansatzpunkt für<br />

wichtige und grundlegende Zukunftsprojekte.<br />

Konkret heißt dies: Um die<br />

(Fortsetzung auf Seite 13)<br />

Kompetenter Partner: Mit den neuen Schutzsystemen MASS und „Maske“ hat sich BNT erfolgreich am Markt der „Smart Protection“-Systeme etabliert. Das Marine-Schutzsystem MASS wird auf der<br />

neuen deutschen Korvette K-130 (Foto links) zum Einsatz kommen. Das „Maske“-Schutzsystem erlaubt aktive Tarn- und Täuschmaßnahmen zum Schutz gegen dynamische Präzisionswaffen (Foto rechts).<br />

Fotos (6): Buck Neue Technologien GmbH

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