Unternehmen & Management - aktuelle ausgabe
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<strong>Unternehmen</strong> & <strong>Management</strong><br />
Seite 8 . 15. Mai 2008 Pro:fit<br />
News<br />
KETTERER<br />
Neue Abfüllanlage<br />
1,5 Millionen Euro<br />
investiert die<br />
Brauerei Ketterer<br />
mit Sitz in<br />
Hornberg in<br />
eine neue Abfüllanlage<br />
für Bier. Für<br />
eine kleine Privatbrauerei sei eine<br />
solche Investitionssumme nicht<br />
leicht zu schultern, so Inhaber<br />
Michael Ketterer bei der Einweihung<br />
der Anlage. Machbar sei<br />
das nur mit Fördermitteln für die<br />
Entwicklung ländlicher Raum, die<br />
das Land Baden-Württemberg<br />
bereitstellt. (sk)<br />
FREI LACKE<br />
Neues Logistikzentrum<br />
Der Lackhersteller Frei Lacke mit<br />
Sitz in Döggingen bei Bräunlingen<br />
baut ein neues Logistikzentrum.<br />
Die Projektgesamtkosten inklusive<br />
der innerbetrieblichen<br />
Logistik- und Lagersysteme belaufen<br />
sich auf rund 7 Millionen<br />
Euro. Auch der Versand und die<br />
Kommissionierung sollen erweitert<br />
werden. Zudem soll ein<br />
zentrales Hochregallager entstehen,<br />
das eine Kapazität von<br />
4800 Stellplätzen hat. Die Fertigstellung<br />
der Maßnahmen ist für<br />
das zweite Halbjahr 2009 geplant.<br />
Frei Lacke bekennt sich damit zu<br />
seinem einzigen Entwicklungsstandort.<br />
(sk)<br />
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Alno tief in den roten Zahlen<br />
◆ Sanierung des Küchenmöbelherstellers lässt Verluste weiter steigen – Alno-Chef Kellinghusen: 2008 wieder profitabel<br />
von Julia Schönmuth<br />
Pfullendorf – Die Alno AG ist durch<br />
das umfangreiche Sanierungsprogramm<br />
tiefer in die roten Zahlen gerutscht.<br />
Das Ergebnis vor Steuern<br />
brach im Vergleich zu 2006 um 43,8<br />
Millionen auf 61 Millionen Euro ein.<br />
Alno-Chef Georg Kellinghusen geht<br />
weiterhin davon aus, 2008 wieder Gewinne<br />
zu erwirtschaften. Dennoch<br />
sagte er, die Zukunft des Küchenmöbelherstellers<br />
sei ungewiss.<br />
Wegen seines millionenschweren<br />
Sparprogramms ist der Küchenmöbelhersteller<br />
Alno im vergangenen<br />
Jahr noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht.<br />
Das Ergebnis vor Steuern<br />
(EBT) brach im Vergleich zu 2006 um<br />
43,8 Millionen auf minus 61 Millionen<br />
„Wir haben die Basis für den<br />
künftigen Erfolg des Alno-<br />
Konzerns gelegt“<br />
GEORG KELLINGHUSEN, VORSTANDS-<br />
VORSITZENDER DER ALNO AG<br />
Euro ein. Als einen Grund gab Alno-<br />
Chef Georg Kellinghusen in Pfullendorf<br />
Restrukturierungskosten und<br />
Einmalaufwendungen in Höhe von<br />
32,5 Millionen Euro an. Im Rahmen<br />
des Sparprogramms entließ der Konzern<br />
in den vergangenen neun Monaten<br />
600 Mitarbeiter an den Standorten<br />
Enger und Pfullendorf.<br />
Damit wurde die Belegschaft um<br />
rund ein Viertel auf 1800 Angestellte<br />
reduziert. Über die Zukunft des Konzerns<br />
äußerte sich Kellinghusen zurückhaltend.<br />
Sie sei ungewiss, sagte er<br />
gegenüber PROFIT. Allerdings sagte er<br />
gleichzeitig, dass 2007 „ein einschneidendes<br />
und hartes Jahr“ für die Alno<br />
AG war, in dem es gelungen sei, die Restrukturierung<br />
in wesentlichen Teilen<br />
abzuschließen. „Damit haben wir die<br />
Basis für den künftigen Erfolg des Alno-Konzerns<br />
gelegt“, versicherte Kellinghusen.<br />
Er gehe weiterhin davon<br />
aus, im laufenden Jahr in die Gewinnzone<br />
zurückkehren zu können.<br />
Auch Betriebsrat Hermann Zweifel<br />
glaubt an den Erfolg des Sanierungsprogramms:<br />
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gen Weg. Das erste Quartal beweist die<br />
Fortschritte.“ Die Auftragslage sei zufriedenstellend.<br />
2007 lag das um die<br />
Restrukturierungskosten bereinigte<br />
Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern<br />
(Ebit) bei einem Minus von 23,4<br />
Millionen Euro. Alleine 2007 seien<br />
durch die Umstrukturierungen 20 Mil-<br />
Irrfahrt im Kfz-Handel<br />
◆ Autohaus Grieshaber rutscht in einen bundesweiten Betrugs-Skandal<br />
von Klaus Dangel<br />
Baar – Kaum eine Branche ist von Krisen<br />
und Veränderungen geschüttelt<br />
wie der Autohandel. Überlebenswichtig<br />
daher für viele Betriebe, sich neue<br />
Standbeine zu suchen. Das tat auch<br />
Thomas Grieshaber mit seinem Dögginger<br />
Autohaus, als er sich auf ein<br />
scheinbar erstklassiges Geschäftsmodell<br />
einließ. Doch es wurde zum Fiasko<br />
für ihn und die Kunden. Landeskriminalamt<br />
und Staatsanwaltschaft ermitteln<br />
jetzt in dem Fall.<br />
Schwerer gewerbsmäßiger Betrug –<br />
so lautet der Verdacht, mit dem LKA<br />
und Staatsanwaltschaft Ravensburg<br />
derzeit gegen ein bundesweites System<br />
der Autovermittlung vorgeht, in<br />
dessen Zentrum die Firma „EU-Car<br />
Zentrale“ seit mehreren Jahren die Fäden<br />
gesponnen hat. Die Firma residierte<br />
ursprünglich in Singen und zog<br />
dann nach Tettnang/Bodenseekreis.<br />
Mit ihren Zuarbeitern soll sie mit<br />
Preisabschlägen von 30 Prozent und<br />
mehr viele Kunden für Neuwagen,<br />
Jahreswagen und Jungwagen aller<br />
Marken und Modelle angelockt und<br />
dann hereingelegt haben. Der Schaden<br />
soll in Millionenhöhe liegen, Konkretes<br />
ist noch nicht bekannt.<br />
Den Interessenten wurden zwei Abwicklungsmodelle<br />
angeboten, entweder<br />
der Barkauf mit Eigentumsübergang<br />
auf den Kunden erst nach zwölf<br />
oder 24 Monaten, oder Mietkauf mit<br />
bis zu 60-monatiger Finanzierungsdauer.<br />
Die Fahrzeuge sollten innerhalb<br />
der marktüblichen Lieferfristen<br />
bereitstehen, sobald eine 30-prozentige<br />
Anzahlung auf den Kaufpreis nach<br />
Vertragsabschluss erfolgte.<br />
Die Behörden wurden aktiv, nachdem<br />
mehrere Kunden aus dem Inund<br />
Ausland Anzeige erstatteten. Sie<br />
hatten Anzahlungen geleistet, aber<br />
kein Fahrzeug bekommen. Ermittlungen<br />
ergaben: Die „EU-Car Zentrale“<br />
soll die Autos zum Teil im eigenen Namen<br />
bei deutschen Händlern gekauft<br />
oder finanziert haben; der Kunde<br />
konnte also gar kein Eigentum daran<br />
erwerben, sondern nur zum Nutzer<br />
werden.<br />
Staatsanwaltschaft und LKA sehen<br />
darin ein „typisches schneeballartiges<br />
Betrugssystem“, so das Ermittlungsfazit.<br />
Der 33-jährige Firmenverantwortliche<br />
wurde verhaftet, zwölf Wohnungen<br />
und Büros von Tatverdächtigen in<br />
Baden-Württemberg, Hessen und Ös-<br />
„Ungewisse<br />
Zukunft.“ Alno-<br />
Chef Georg Kellinghusen<br />
musste<br />
einen Verlust von<br />
61 Millionen<br />
Euro für das<br />
Geschäftsjahr<br />
2007 verkünden.<br />
Bild: picturealliance/<br />
dpa<br />
lionen Euro eingespart worden, gab<br />
Alexia Sailer, Sprecherin der Alno AG,<br />
bekannt. Bis September 2008 rechnet<br />
das <strong>Unternehmen</strong> mit weiteren 15<br />
Millionen Euro.<br />
Das Abrutschen des Ebit in die roten<br />
Zahlen von 6,8 Millionen (2006) auf<br />
23,4 Millionen Euro im Jahr 2007 läge<br />
Autohändler Thomas Grieshaber, der<br />
offenbar unwissentlich in den Skandal<br />
verwickelt ist. Bild: Dangel<br />
terreich durchsucht. Umfangreiches<br />
Beweismaterial wurde sichergestellt,<br />
auch fünf hochwertige Fahrzeuge und<br />
Bargeld.<br />
Nach dem Zugriff steht auch eine<br />
Vielzahl von Vermittlern am Pranger,<br />
die der „EU-Car Zentrale“ Kunden<br />
brachten. Sind sie Täter oder Opfer?<br />
Die Grenze sei verschwommen, urteilt<br />
der Bundesverband freier Kfz-Händler.<br />
Die Vermittler müssten damit<br />
rechnen, möglicherweise für den entstandenen<br />
Schaden haftbar gemacht<br />
zu werden. Unter denen, die jetzt zittern,<br />
ist Thomas Grieshaber. Er bzw.<br />
seine selbstständige Autoverkäuferin<br />
und Lebensgefährtin für „EU-Car Zentrale“<br />
vermittelten Autos an Kunden<br />
aus dem Internet und dem eigenen<br />
Lebensumfeld, von denen jetzt einige<br />
zu den möglichen Geschädigten zählen.<br />
Aus allen Wolken gefallen sei er,<br />
als die Bombe platzte, sagte er. „Das<br />
tut mir so wahnsinnig leid; allein die<br />
nach Angabe von Sailer auch an der<br />
Mehrwertsteuererhöhung. Vorzieheffekte<br />
führten zu einem guten Jahr 2006<br />
für die Küchenbranche. 2007 sei hingegen<br />
geprägt durch den daraus resultierenden<br />
Marktrückgang, die Strukturschwächen<br />
im <strong>Unternehmen</strong>, gestiegene<br />
Materialkosten und starken<br />
Verdrängungswettbewerb. Im laufenden<br />
Jahr würden weitere Restrukturierungskosten<br />
in niedriger einstelliger<br />
Millionenhöhe anfallen, sagte Kellinghusen.<br />
Einen Rückgang gab es im vergangenen<br />
Jahr auch beim Umsatz. Er<br />
schrumpfte um 2,2 Prozent auf 602,2<br />
Millionen Euro. Ein Grund dafür ist<br />
der schwache Küchenmöbelmarkt,<br />
der 2007 in Deutschland um 9 Prozent<br />
zurückging. Kellinghusen hält einen<br />
weiteren Umsatzrückgang im zweistelligen<br />
Bereich für möglich, da Alno<br />
künftig auf Margen statt auf Mengen<br />
setzen werde. Während das Geschäft<br />
im Inland um 5,8 Prozent auf 420,8<br />
Millionen Euro sank, legte es im Ausland<br />
um 7,5 Prozent auf 181,5 Millionen<br />
Euro zu. Mittelfristig will das <strong>Unternehmen</strong><br />
seine Exporte auf 50 Prozent<br />
ausbauen. Wichtige Märkte seien<br />
neben Europa auch China und Dubai-<br />
.Kellinghusen war im März 2007 als Finanzvorstand<br />
nach Pfullendorf gekommen<br />
und hat seitdem gravierende<br />
Veränderungen durchgesetzt.<br />
Zunächst verließ im Mai nach Diskussionen<br />
um die Führungsstruktur<br />
der Vorstandsvorsitzende Frank Gebert<br />
den Küchenmöbelhersteller.Kellinghusen<br />
übernahm den Chefposten<br />
und setzte das millionenschwere Sanierungsprogramm<br />
mit dem Abbau<br />
von mehreren hundert Jobs im Konzern<br />
und einer Verbesserung der Produktionsprozesse<br />
durch. Für die Mitarbeiter,<br />
die eine betriebsbedingte<br />
Kündigung erhielten, wurde eine Beschäftigungs-<br />
und Qualifizierungsgesellschaft<br />
eingerichtet.<br />
Vorstellung, dass ich Leute in wirtschaftliche<br />
Probleme gebracht haben<br />
könnte, geht mir total an die Nieren.“<br />
Vor einem Jahr sei ihm bei einer<br />
Fachtagung das System der „EU-Car<br />
Zentrale“ empfohlen worden. Es überzeugte<br />
ihn, „es schien gut für unsere<br />
Kunden und für uns, das sollte unsere<br />
Handelsplattform der Zukunft werden“.<br />
Rund 15 000 Euro investierte er<br />
in EDV, monatliche Beiträge und<br />
Schulungen. Werbeschilder kamen<br />
vor die Tür; wer in der Region wohnt<br />
und im Internet nach Mietkauf-Fahrzeugen<br />
suchte, kam via „EU-Car Zentrale“<br />
und Postleitzahlensuche zum<br />
Autohaus Grieshaber nach Döggingen.<br />
Der Kunde zahlte an, wartete auf<br />
die Lieferung, zahlte bei Fahrzeugübergabe<br />
einen weiteren Abschlag,<br />
dann die kleinen Mietkaufraten.<br />
„Alles lief völlig problemlos“, schilderte<br />
er. Rund 20 Wagen brachte das<br />
Autohaus Grieshaber auf diese Weise<br />
reibungslos an den Mann. Dann plötzlich<br />
drehte alles. Spätestens mit dem<br />
„Das tut mir so leid; allein<br />
die Vorstellung, dass ich<br />
Leute in wirtschaftliche Probleme<br />
gebracht haben könnte,<br />
geht mir an die Nieren“<br />
AUTOHÄNDLER<br />
THOMAS GRIESHABER<br />
Behördenzugriff in Tettnang kam der<br />
Kreislauf von Vorauszahlungen und<br />
Lieferungen zum Erliegen. Etwa 15<br />
Dögginger Kunden warten derzeit auf<br />
ihre Autos, für die sie bereits Geld anzahlten.<br />
Darunter auch Grieshaber als<br />
Besteller eines Autos für sich selbst.<br />
„Jeden Tag kommen Anfragen von<br />
Kunden, aber wir hängen total in der<br />
Luft“, so Grieshaber. Seine Verkäuferin,<br />
derzeit aus anderem Grund längerfristig<br />
in Spanien, versuche per<br />
Email-Verkehr die laufenden Angelegenheiten<br />
zu bewältigen. „Ich schlafe<br />
keine Nacht mehr, es ist die Hölle“, bereut<br />
der Dögginger Kleinunternehmer<br />
heute den Schritt in ein Autobeschaffungssystem,<br />
dessen möglicherweise<br />
kriminellen Hintergrund er bis heute<br />
nicht ganz durchschaut habe – und<br />
dessen rechtliche und wirtschaftliche<br />
Folgen für Grieshaber und etliche andere<br />
hereingefallene Vermittler, also<br />
Autohäuser, noch nicht absehbar ist.