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Andreas Freitäger

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Vera Enke<br />

sagekraft der verschiedenen Überlieferungen. Die Untersuchungen zur<br />

Überlieferungslage konzentrierten sich zunächst auf die Sonderregistraturen<br />

(v. a. Verschlusssachen, SED-Parteischriftgut, Abteilung I 41 ), da es<br />

sich hier um einen elitären Teil des dienstlichen Schriftgutes der Akademie<br />

handelt, und die Frage, ob sich diese Verluste kompensieren lassen. Die<br />

Untersuchungsergebnisse wurden im Rahmen einer Dissertationsschrift<br />

vorgestellt. 42 Sie schlossen bei den Verschlusssachen unter anderem Untersuchungen<br />

zu folgenden Quellenkomplexen ein: Dokumente zur Landesverteidigung<br />

43 , Dissertationen 44 , Kaderstatistiken 45 und Reiseberichte. 46<br />

Im folgenden soll beispielhaft auf die Reiseberichte eingegangen werden.<br />

Innerhalb der Reiseberichtsdokumentation wurden nur bestimmte<br />

Dokumentenkategorien als archivwürdig eingestuft. Dazu gehörten der<br />

Reiseantrag, die Reisedirektive und der Reisebericht, dem insbesondere in<br />

den 1980er Jahren vielfach ein Sofortbericht vorausging. Alle Akademiemitarbeiter<br />

hatten ihre Berichte der Hauptabteilung Internationale Beziehungen<br />

– einem der größten Aktenproduzenten der DDR-Akademie –<br />

in mehreren Exemplaren zu übergeben. Die Reiseberichte des Teilbestandes<br />

Hauptabteilung Internationale Beziehungen liegen für den Zeitraum<br />

bis 1986 bereits erschlossen vor und umfassen insgesamt 133 lfm. Reiseberichte<br />

finden sich aber auch in den Überlieferungen der Leitungsorgane,<br />

der Forschungseinrichtungen, wissenschaftlichen Gesellschaften und<br />

Nationalkomitees. Bei den Mitarbeitern des Akademiearchivs gab es in<br />

früheren Jahren hinsichtlich der Archivwürdigkeit der Reiseberichte unterschiedliche<br />

Auffassungen. Glücklicherweise konnten sich die Archivare,<br />

die eine dauernde Aufbewahrung befürworteten, durchsetzen, da der<br />

Quellenkomplex Reiseberichte heute einen wichtigen Platz unter den wissenschaftshistorischen<br />

Quellen einnimmt. Die Untersuchungen ergaben,<br />

42 Vera Enke: Sonderregistraturen an der Akademie der Wissenschaften der DDR 1945–<br />

1991. Untersuchungen und Analysen zur Überlieferungslage, Band 1 und 2, Dissertation.<br />

Berlin 2000.<br />

43 Ebd., Band 1, S. 162-169.<br />

44 Ebd., Band 1, S. 169-177.<br />

45 Ebd., Band 1, S. 177-182.<br />

46 Ebd., Band 1, S. 182-188.<br />

90 Universitätsreden 73<br />

Archiv ische Bew ertung<br />

dass nur ca. 80 Prozent der Reiseberichte in der Überlieferung der Hauptabteilung<br />

Internationale Beziehungen enthalten sind. Es ist daher nicht<br />

möglich, entsprechende Überlieferungen bei anderen Registraturbildnern<br />

komplett zu kassieren. Bei der Erschließung der Forschungsbereiche z. B.,<br />

die in den letzten Jahren erfolgte, musste bei jedem einzelnen Reisebericht<br />

geprüft werden, ob es sich um Mehrfachüberlieferung handelt. Die Mehrzahl<br />

der Reiseberichte konnte hier kassiert werden, andere kompensierten<br />

die Überlieferungslücken im Teilbestand Hauptabteilung Internationale<br />

Beziehungen.<br />

In der Abteilung Akademiebestände nach 1945 muss heute in der Regel<br />

im Vorfeld der Erschließung von Beständen die Überlieferungslage analysiert<br />

werden. So konnte beispielsweise bei der gegenwärtigen Erschließung<br />

der Sitzungsprotokolle der Akademie (Plenum, Präsidium, Kollegium,<br />

Senat, Klassen etc.) aus dem Zeitraum 1969 bis 1991 festgestellt werden,<br />

dass sie in den Überlieferungen des Präsidenten, der zahlreichen Vizepräsidenten,<br />

des Generalsekretärs und des Justitiars vorhanden sind. Da es sich<br />

eindeutig um Mehrfachüberlieferungen im zusammengefassten Bestand<br />

Akademieleitung 1969-1991 handelt, können diese kassiert werden.<br />

Verlorengegangene Akten können vielfach in der Vertikale partiell durch<br />

die Gegenüberlieferung höherer und nachgeordneter Stellen rekonstruiert<br />

werden. Aber auch auf der horizontalen Ebene bieten sich Möglichkeiten<br />

zur Substitution von Verlusten. Die Bewertungsdiskussion über den Quellenwert<br />

einzelner Bestände wird daher im Akademiearchiv im Einklang<br />

mit der Erschließung der einzelnen Bestände erfolgen. Man wird unter<br />

anderem gezwungen sein, Bestände, die man bei einer vollständigen Überlieferung<br />

durchkassiert hätte, als Ersatzüberlieferung komplett aufzubewahren.<br />

Als Ersatzdokumentation für verlorengegangenes Aktenmaterial<br />

kommt im Akademiearchiv auch Sammlungsgut (z. B. Zeitungsausschnitte)<br />

in Frage. Eine besondere Bedeutung haben Erinnerungsberichte,<br />

die nicht nur nicht mehr vorhandene Akten teilweise ersetzen können,<br />

sondern darüber hinaus vieles, was innerhalb der Akademie geschah und<br />

im allgemeinen nicht aktenkundig wurde, überliefern. Eine weitere Möglichkeit,<br />

Überlieferungslücken zu schließen, stellt die Überprüfung der im<br />

Akademiearchiv vorhandenen Nachlässe dar, da sich in ihnen oft dienstliches<br />

Schriftgut befindet, das in den jeweiligen Beständen fehlt. Das Aka-<br />

Universitätsreden 73 91

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