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Andreas Freitäger

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Dietmar Schenk<br />

fand einen gänzlich unbearbeiteten, umfangreichen Altbestand aus dem<br />

19. und frühen 20. Jahrhundert vor, dessen archivische Sicherung und Erschließung<br />

vorrangig sein musste. Um die Einwerbung von Vor- und Nachlässen<br />

konnte ich mich deshalb nicht intensiv kümmern. Zum anderen<br />

gibt es in Berlin benachbarte Archive, die einem ‚kleinen‘ Universitätsarchiv<br />

haushoch überlegen zu sein schienen. Hierzu einige Bemerkungen.<br />

Die an der UdK lehrenden renommierten Künstler besitzen, was ihre<br />

institutionellen Zugehörigkeiten und Loyalitäten angeht, in aller Regel<br />

mehr als ein Standbein, und das wirkt sich auf ihre Präferenzen in archivischer<br />

Hinsicht aus. Es gibt die – mit der UdK geschichtlich verwobene 14 –<br />

Akademie der Künste, der eine ganze Reihe von Professoren angehören, mit<br />

ihrem auf Künstler-Nachlässe des 20. Jahrhunderts spezialisierten, großen<br />

Archiv. Die Berlinische Galerie sammelt als Landesmuseum für Moderne Kunst,<br />

Fotografie und Architektur speziell zeitgenössische Berliner Kunst und unterhält<br />

auch ein Archiv. Hinzu kommen die Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer<br />

Kulturbesitz mit ihrer Handschriften- und ihrer Musikabteilung, die<br />

Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz und<br />

andere Einrichtungen mehr, denen das UdK-Archiv in der finanziellen<br />

Potenz und in der personellen wie sächlichen Ausstattung unterlegen ist.<br />

Manche Künstler-Nachlässe aus der Hauptstadt bleiben nicht einmal in<br />

Berlin: das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg besitzt ein namhaftes<br />

Archiv für Bildende Kunst mit zahlreichen schriftlichen Nachlässen von<br />

Künstlern, Architekten, Kunsthistorikern und Galeristen; die Paul-Sacher-<br />

Stiftung in Basel sammelt als Internationales Forschungsarchiv und -bibliothek<br />

zur Musik des 20. und 21. Jahrhunderts Musiker-Nachlässe in großem Umfang.<br />

Wie aber gelingt es einem kleinen Universitätsarchiv, in diesem Markt<br />

der Künstler-Archive, in dem es um viel Prestige und oft auch um viel<br />

Geld geht, überhaupt hineinzukommen? Und welche Bedeutung haben<br />

13 Seit 2005 besteht ein auf drei Jahre veranschlagtes Forschungsprojekt, in dem die archivische<br />

Erschließung, Zeitzeugengespräche und eine erste wissenschaftliche<br />

Aufarbeitung in Verbindung mit Ausstellungen Hand in Hand gehen.<br />

14 Vgl. Akademie der Künste / Hochschule der Künste Berlin (Hrsg.): „Die Kunst hat nie<br />

ein Mensch allein besessen“. 300 Jahre Akademie der Künste und Hochschule der<br />

Künste Berlin, 1696-1996. (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, 9. Juni bis 15. Sep-<br />

98 Universitätsreden 73<br />

Künstler-Archiv e – ein Sammlungsziel?<br />

Nachlässe und Sammlungen für die Archiventwicklung? Zu diesen Fragen<br />

möchte ich einige Überlegungen anstellen, die sich aus der Erfahrung<br />

beim Aufbau des UdK-Archivs in den letzten fünfzehn Jahren ergeben.<br />

Wie erwähnt, gehörte es nicht zu den Sammlungszielen, die ich mir realistischerweise<br />

anfangs stecken konnte, wichtige Künstler-Archive zu erlangen.<br />

Wie kam es dennoch dazu? Zur Beantwortung dieser Frage und zum<br />

Nutzen solcher Zugänge möchte ich einige Thesen formulieren, die den<br />

indirekten Weg zu den skizzierten Sammlungserfolgen verständlich<br />

machen.<br />

Erstens: Die nicht unbedeutenden Künstler-Archive, die das UdK-Archiv<br />

gewonnen hat, sind dank eines Netzwerks persönlicher Kontakte zu uns<br />

gekommen. Das Ereignis einer interessanten Übernahme tritt ein, wenn<br />

das Archiv in der Welt der Kunst und der Wissenschaft als eine Art historisches<br />

Kompetenzzentrum wahrgenommen wird. Das lässt sich vor allem<br />

durch die Mitwirkung an Projekten und Veranstaltungen erreichen: durch<br />

Editionen, Ausstellungen, Vorträge, Führungen, also durch alles das, was<br />

über die Erschließung im engeren Sinn und eine formalistische Auffassung<br />

des Archivarsberufs hinausgeht. Die Strategie, die ich einschlug,<br />

war nicht eigentlich eine Sammlungsstrategie, sondern eine Strategie des<br />

Sichtbar-Machens des Archivs im umfassenden Sinn. Die Angebote attraktiver<br />

Vor- und Nachlässe, die wir entgegennehmen konnten, beruhen fast<br />

ausschließlich auf persönlichen Begegnungen und Empfehlungen und setzen<br />

in jedem Fall eine ganz persönlich gefärbte Vertrauensbasis voraus. Das<br />

Moment des persönlichen Vertrauens relativiert meiner Erfahrung nach<br />

selbst den Aspekt des Renommees, den ein Archiv als Institution und<br />

durch die Institution des Archivträgers besitzt.<br />

Zweitens: Was ein Universitätsarchiv wie das der UdK zu bieten hat, ist<br />

gerade das Übergewicht des ‚Nicht-Archivischen‘ innerhalb der Träger-<br />

Institution, der Universität – also die atmosphärische Gegenwärtigkeit einer<br />

Ausbildungsstätte, die Ansehen genießt, die in gewisser Weise Jugendlichkeit<br />

verkörpert und in die sich das Archiv als eine mit ‚Altertümern‘ befasste<br />

Einrichtung als ein gewisser Kontrapunkt einfügt. Das Archiv soll<br />

und kann in diesem Kontext ein Ort unbefangenen Forschens und Arbeitens<br />

sein, unkompliziert in den Benutzungsvorgängen, jederzeit bereit zur<br />

Mitarbeit in der Ausbildungs- und Veranstaltungspraxis der künstlerischen<br />

Universitätsreden 73 99

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