Andreas Freitäger
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Ursula Basikow<br />
blieb über Jahrzehnte instabil, denn dem wachsenden Selbstbewusstsein<br />
und dem professionellen Begehren der Berliner Lehrer wurde von seiten<br />
der Obrigkeit mit Misstrauen begegnet. So war die Deutsche Lehrerbücherei<br />
über lange Zeit eine Laienbibliothek, in der zumindest in den<br />
ersten Jahrzehnten ihrer Existenz alle Arbeit ehrenamtlich geleistet wurde<br />
und in der der von der Stadt und dem Staat gewährte geringe Etat zum<br />
Erwerb von Büchern, Handschriften und anderen Beständen aus Mitteln<br />
des Berliner Lehrervereins aufgestockt wurde. Seit 1901 wurden der Bücherei<br />
von den Beiträgen je Mitglied jährlich 50 Pfennig zugeführt.<br />
Welches Konzept verfolgten nun die Gründungsväter beim Aufbau des<br />
Bestandes?<br />
Zwei Forderungen waren zu bedienen: zum einen die Bildung für die<br />
gegenwärtigen Aufgaben des Berufs und zum anderen die Dokumentation<br />
der Geschichte der Schule und des Lehrerberufs. Damit hatte die Bücherei<br />
neben der aktuellen auch eine historische Orientierung, die die Lehrer als<br />
Forscher und Sammler im Blick hatte, die eine Dokumentationsstätte von<br />
alten und seltenen Büchern, Handschriften, Bildnissen und Gedenkmünzen<br />
wurde und mit diesen Sammlungen auch einen gewissen Stolz auf den<br />
Berufsstand zum Ausdruck brachte.<br />
Rebhuhn rechtfertigte den „starken geschichtlichen Einschlag“ der Deutschen<br />
Lehrerbücherei: „Ist das geschichtliche Forschen notwendig, so müssen<br />
Stellen da sein, die das notwendige Quellengut möglichst vollständig<br />
bereitstellen. Für die Erziehungswissenschaft bemühen sich darum außer<br />
uns die Schwesternanstalten in Leipzig (die Comenius Bücherei U. B.) und<br />
München (die Süddeutsche Lehrerbücherei U. B.). Nur haben wir den Begriff<br />
des Quellenmaterials weit gefaßt, – und das drückt unserer Anstalt<br />
ihren Eigenstempel auf –, indem wir alten Druckschriften eine Sammlung<br />
von pädagogischen Handschriften und Bildwerken (einschließlich Schulmedaillen)<br />
angliederten.“ 2<br />
2 Ebd., S. XIV f.<br />
120 Universitätsreden 73<br />
Bestandsprofil des Archiv s in der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung<br />
Die Abteilung der Deutschen Lehrerbücherei, die den Grundstock für das<br />
heutige Archiv bildet, beschreibt Rebhuhn 1922 in dem von ihm herausgegebenen<br />
Quellenverzeichnis „Handschrift und Bild als pädagogische<br />
Geschichtsquelle“: „Zum ersten: sie (die Sammlung U. B.) ist in reichlich<br />
drei Jahrzehnten mit ganz bescheidenen Aufwendungen zustande gekommen,<br />
– und zum andern: wesentlich pädagogische Beziehungen der einzelnen<br />
Stücke entschieden (mit wenigen Ausnahmen) über ihre Einreihung.<br />
... Der Begriff Pädagogik ist ... nicht eng gefaßt; denn auch Jugendschriftsteller,<br />
Hochschullehrer, Unterrichtsminister und Schulfreunde von Verdienst<br />
haben Aufnahme gefunden. Ein auch nur flüchtiges Durchmustern<br />
der Namenreihe lehrt außerdem, daß nicht bloß die anerkannten Größen<br />
im Bereiche der theoretischen und praktischen Pädagogik, sondern auch<br />
Leute vertreten sind, die nur in engeren Fachkreisen genannt werden.“ 3<br />
Rebhuhn spricht in seinem Verzeichnis nicht von Handschriften, sondern<br />
er bringt „Handschriftliches“ im, wie er sagt, „landläufigen Wortsinne“<br />
und will in Briefen und sonstigen Schriftstücken „von Männern<br />
der Schule“... „einen Hauch des Geistes ihrer Urheber verspüren lassen oder<br />
wenigstens einen Beitrag zur Kenntnis ihrer Lebensumstände liefern.“ 4<br />
Mit den einzelnen Handschriften begnügten sich die Gründerväter des<br />
heutigen Archivs der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung<br />
aber keineswegs, sondern sie trugen zu bestimmten Anlässen wie runden<br />
Geburtstagen bedeutender Pädagogen mit Hilfe von Aufrufen in der pädagogischen<br />
Presse regelrechte unechte Nachlässe zusammen wie den von<br />
Adolph Diesterweg anlässlich seines 100. Geburtstages im Jahre 1886. Die<br />
hauptsächlich auf seine Initiative zusammengekommenen Briefe hat Rebhuhn<br />
1907 herausgegeben. In diesem Büchlein spricht er von 159 unter<br />
der deutschen Lehrerschaft verstreuten Briefen Diesterwegs, die in der<br />
Deutschen Lehrerbücherei eingegangen sind. Um den Wert dieser Briefsammlung<br />
hervorzuheben, charakterisiert Rebhuhn Diesterweg als eine<br />
„keck zugreifende, langen Erwägungen abholde, sich ungeschminkt geben-<br />
3 Adolf Rebhuhn (Hrsg.): Handschrift und Bild als pädagogische Geschichtsquelle; ein<br />
Nachweis von Quellen aus der Deutschen Lehrer-Bücherei. Berlin 1922, Zum Geleit,<br />
S. 1.<br />
4 Ebd.<br />
Universitätsreden 73 121