Domschule - Der Kessener
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Würzburg<br />
<strong>Der</strong> erste Akademiker im<br />
Familienclan<br />
Im September soll das Programm „Studienkompass“<br />
auch in Würzburg starten.<br />
Warum eigentlich haben diejenigen, die studieren, fast immer auch<br />
Eltern, die studiert haben? Das liegt am Bildungssytem, heißt es.<br />
Was fraglos stimmt. Aber die frühe Selektion ist nicht der einzige<br />
Grund. Immerhin schreiben auch Schülerinnen und Schüler aus<br />
nicht-akademischen Elternhäusern Abitur. Nicht wenige von ihnen<br />
entscheiden sich anschließend jedoch für eine Lehre.<br />
„Im Freundeskreis hat man Sachen übers Studium gehört, die<br />
waren total abschreckend“, begründet Ali seine frühere Angst<br />
vor der Uni. Im Programm „Studienkompass“ der Stiftung der<br />
deutschen Wirtschaft (sdw) wurden Ali die Ängste genommen.<br />
Just begann der junge Mann ein Studium in Aachen.<br />
Ende Juni stellten Wissenschaftler, Mitarbeiter des Programms<br />
sowie mehrere Teilnehmer, darunter Ali, die ersten Zwischenergebnisse<br />
des 2007 gestarteten sdw-Projekts in Berlin vor.<br />
Die Diskussionsergebnisse sind insofern für Würzburg interessant,<br />
als auch hier laut sdw-Referentin Mareike Wendling<br />
ein „Studienkompass“-Standort entstehen soll. Die ersten<br />
Jugendlichen haben sich schon beworben, nun werden noch<br />
Ehrenamtliche für ihr Coaching gesucht.<br />
Das Programm, an dem bundesweit 1.000 Jugendliche teilnehmen,<br />
richtet sich an Gymnasiasten, die gern studieren<br />
möchten, jedoch nicht genau wissen, ob sie das „Zeug“ dazu<br />
haben, welches Studienfach ihnen liegt und wie sie ihr Studium<br />
organisieren sollen. Ratgeber in ihrer unmittelbaren Umgebung<br />
haben sie nicht. Natürlich können sie sich an die Studienberatung<br />
wenden. Doch der Andrang dort ist groß, von den<br />
„tausend“ Fragen, die ein Abiturient aus nicht-akademischem<br />
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sdw-Referentin Saskia Wittmer-Gerber erläuterte in Berlin das Programm<br />
„Studienkompass“. Foto: Pat christ<br />
Elternhaus hat, kann in der zur Verfügung stehenden halben<br />
Stunde kaum ein Bruchteil angesprochen werden.<br />
Im Programm „Studienkompass“ setzen sich die Jugendlichen<br />
in drei Förderjahren intensiv mit sich, ihren Interessen, Stärken<br />
und Schwächen auseinander. Außerhalb der insgesamt fünf<br />
von der sdw organisierten Workshops werden sie von ehrenamtlichen<br />
„Vertrauenspersonen“ begleitet. An die können<br />
sie sich mit all ihren Fragen rund um das Thema „Studium“<br />
wenden.<br />
2.500 Euro investiert die sdw pro Jahr in jeden Programmteilnehmer.<br />
Eine Menge Geld, die dem Ziel dient, die Zahl der<br />
Akademiker zu erhöhen und die gravierende Bildungsungerechtigkeit<br />
in Deutschland ein Stück weit abzubauen. Rasch<br />
klar wurde bei der Berliner Tagung, dass dieses Ziel allerdings<br />
nur teilwweise erreicht wird.<br />
Jugendliche, die am „Studienkompass“ teilnehmen wollen,<br />
müssen von sich aus die Motivation haben, sich zu bewerben.<br />
Das setzt Selbstvertrauen voraus, dass nicht jeder, vor allem<br />
nicht jeder Jugendliche aus bildungsfernem Elternhaus, hat.<br />
Jeder Bewerber durchläuft nach Abschluss der Bewerbungsphase<br />
ein Auswahlverfahren, in dem soziale Kompetenzen, logisches<br />
Denken und die Studienmotivation abgeprüft werden.<br />
Überdurchschnittlich viele der ausgewählten Teilnehmer, wurde<br />
in Berlin kritisiert, hätten aufgrund der Auswahlkriterien<br />
(„hohe Studiermotivation“) wohl auch ohne „Studienkompass“<br />
studiert.<br />
Kevin zum Beispiel: „Dass ich studieren würde, war sicher. Ich<br />
wusste bloß nicht, was“. Auch Diana will unbedingt an die Uni:<br />
„Ich interessiere mich für Psychologie.“ Raquel hingegen gibt<br />
zu: „Ohne Studienkompass würde ich wahrscheinlich doch<br />
eher eine Ausbildung machen.“<br />
Dass es ein Programm wie „Studienkompass“ gibt, ist gut.<br />
Bleibt zu hoffen, dass sich auch in Würzburg genug Menschen<br />
finden, die als freiwillige „Vertrauenspersonen“ Jugendliche<br />
darin unterstützen, das für sie richtige Studium zu wählen.<br />
Aber natürlich wäre es noch viel sinnvoller, käme das Programm<br />
prinzipiell allen Jugendlichen zugute. Schließlich ist es<br />
für die meisten jungen Menschen in vielfacher Hinsicht schwierig,<br />
den für sie richtigen Einstieg in die Uni zu finden. „Studienkompass“<br />
gehörte deshalb in die Gymnasien implementiert.<br />
Freilich eine Illusion - woher das Geld nehmen.<br />
Festzuhalten bleibt: Durch „Studienkompass“ wird das<br />
Problem der Bildungsungerechtigkeit tatsächlich etwas entschärft.<br />
Gleichzeitig verdeutlicht das Programm, gerade weil<br />
es Erfolge verzeichnet, wie ungerecht das Bildungssystem<br />
tatsächlich ist. Würden Gymnasiasten aus nicht-akademischen<br />
Elternhäusern in der Schule die Unterstützung erhalten, die<br />
Akademikerkinder von Hause aus bekommen, würden viel<br />
mehr von ihnen an die Hochschule gehen.<br />
Pat Christ<br />
Würzburger, die sich für ein Ehrenamt als Vertrauensperson im<br />
Programm „Studienkompass“ interessieren, können sich unter<br />
030/278906-76 oder n.wegehaupt@sdw.org an Koordinatorin<br />
Nandita Wegehaupt wenden.<br />
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