Skript zur Vorlesung „Privates Baurecht“ - Universität zu Köln
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1.7.4.3 Mangelhaft erstellte Kostenermittlung<br />
1.7.4.3.1 Nachbesserung und Minderung<br />
286 Als ordnungsgemäße Vertragserfüllung schuldet der Planer eine im Sinne von<br />
§ 633 Abs. 2 BGB mängelfreie Kostenermittlung. Mängelfreiheit liegt nach der<br />
Neudefinition von § 633 Abs. 2 BGB in erster Linie dann vor, wenn die Leistung<br />
die vereinbarte Beschaffenheit hat. Ist keine Beschaffenheit vereinbart, dann<br />
muss die Leistung die nach dem Vertrag vorausgesetzte, ansonsten die gewöhnliche<br />
Verwendung ermöglichen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Werken<br />
der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art des Werks<br />
erwarten kann.<br />
287 Für die Kostenermittlungs- und -fortschreibungspflicht des Planers kommt es nun<br />
darauf an, ob die Parteien unabhängig von der Kostenermittlung des Planers oder<br />
als Folge hiervon einen bestimmten Kostenrahmen bzw. ein entsprechendes<br />
Kostenlimit vereinbart haben oder nicht.<br />
Beispiel 1: Der Bauherr erklärt dem Planer vor Abschluss des Planungsvertrages,<br />
dass für diese Baumaßnahme einschließlich aller Nebenkosten maximal ein Betrag<br />
in Höhe von 1 Mio. € <strong>zu</strong>züglich Mehrwertsteuer <strong><strong>zu</strong>r</strong> Verfügung stehe.<br />
Beispiel 2: Im Rahmen der Vorplanung erstellt der Planer eine Kostenschät<strong>zu</strong>ng,<br />
die auf einen Betrag in Höhe von 950.000,00 € <strong>zu</strong>züglich Mehrwertsteuer endet.<br />
Der Bauherr erklärt hierauf dem Planer, dass für das Bauvorhaben maximal Kosten<br />
(einschließlich Nebenkosten) in Höhe von 1 Mio. € <strong>zu</strong>züglich Mehrwertsteuer<br />
entstehen dürfen.<br />
Der BGH hat durch Urteil vom 23.01.2003 381 klargestellt, dass eine zwischen den<br />
Vertragsparteien des Architekten- oder Ingenieurvertrages vereinbarte Bausumme<br />
als Beschaffenheit des geschuldeten Werkes an<strong>zu</strong>sehen sei. Daraus<br />
schlussfolgert der BGH zweierlei: Die Nichteinhaltung dieser vereinbarten Summe<br />
führt <strong><strong>zu</strong>r</strong> fehlenden Beschaffenheit der Planerleistung und damit <strong><strong>zu</strong>r</strong> Mangelhaftigkeit<br />
im Sinne von § 633 Abs. 2 BGB. Gleichzeitig stellt die vereinbarte Bausumme<br />
als vereinbarte Beschaffenheit des geschuldeten Werks die Obergrenze<br />
der anrechenbaren Kosten für die Honorarabrechnung dar. 382<br />
288 Diese Rechtsprechung des BGH, die an ein früheres Urteil vom 23.01.1997 anknüpft,<br />
383 darf jedoch nicht dahin missverstanden werden, dass die Kostenermittlung<br />
des Planers nur dann mangelhaft ist, wenn dem Planungsvertrag ein Kostenrahmen<br />
oder -limit <strong>zu</strong>grunde liegt. Es gibt in der Praxis genügend Fälle, in denen<br />
der Planer den Auftraggeber zwar entsprechend den einzelnen Planungsphasen<br />
über die jeweiligen Kosten (durch Kostenschät<strong>zu</strong>ng, Kostenberechnung usw.) informiert,<br />
in denen zwischen den Parteien aber gleichwohl kein Kostenrahmen und<br />
erst recht kein Kostenlimit vereinbart wird. In diesen Fällen fehlt zwar eine Beschaffenheitsvereinbarung<br />
im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dennoch<br />
schuldet der Planer in den einzelnen Leistungsphasen eine Kostenermittlung, die<br />
sich <strong>zu</strong>mindest für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit<br />
aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller folglich<br />
nach der Art des Werks erwarten kann, § 633 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Diese gewöhnli-<br />
381 BGH, NZBau 2003, 281.<br />
382 BGH, a. a. O.<br />
383 BGH, BauR 1997, 494.<br />
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