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Skript zur Vorlesung „Privates Baurecht“ - Universität zu Köln

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nungsvertrag (<strong>zu</strong>mindest bis <strong><strong>zu</strong>r</strong> Leistungsphase 4) kommt durch schlüssiges Verhalten<br />

der Parteien <strong>zu</strong>stande. 416<br />

312 Im Einzelfall kann allerdings zweifelhaft sein, ob das Verhalten des Bauherrn tatsächlich<br />

bereits auf seinen rechtlichen Bindungswillen schließen lässt oder ob<br />

nicht lediglich eine akquisitorische und deshalb noch im rechtlichen Vorfeld angesiedelte<br />

Tätigkeit des Planers vorliegt, die erst später <strong>zu</strong> einem Vertragsabschluss<br />

führen soll. 417 Beispiel: Der Architekt tritt an den Eigentümer eines unbebauten<br />

Grundstückes heran und bietet ihm an, Bebauungsvorschläge <strong>zu</strong> unterbreiten.<br />

Die anschließend vom Architekten vorgelegten Skizzen finden jedoch<br />

nicht die Billigung des Bauherrn.<br />

In diesem Beispielsfall dürfte in der bloßen Duldung der Grundlagenermittlung<br />

und (teilweisen) Vorplanung des Architekten durch den Bauherrn noch nicht auf<br />

dessen rechtlichen Bindungswillen <strong>zu</strong> schließen sein, sodass kein konkludenter<br />

Vertrag <strong>zu</strong>stande gekommen ist.<br />

Die Abgren<strong>zu</strong>ng zwischen dem Vertragsabschluss durch schlüssiges Verhalten<br />

und der lediglich akquisitorischen Tätigkeit eines Planers ist nahe<strong>zu</strong> fließend, weil<br />

in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob aus dem Gesamtverhalten des Bauherrn<br />

auf dessen rechtlichen Bindungswillen geschlossen werden kann oder nicht.<br />

Die damit zwangs-läufig verbundenen rechtlichen Unsicherheiten können nur<br />

durch klare und beweisbare (Schriftform) Absprachen der Parteien vermieden<br />

werden. 418 Die gesetzliche Vermutung des § 632 Abs. 1 BGB, wonach eine Vergütung<br />

als stillschweigend vereinbart gilt, wenn die Herstellung des Werks den<br />

Umständen nach nur gegen eine Vergütung <strong>zu</strong> erwarten ist, hilft in den meisten<br />

Fällen nicht weiter. Denn § 632 Abs. 1 BGB setzt einen Rechtsbindungswillen<br />

insbesondere des Auftraggebers voraus, der bei bloßer Akquisitionstätigkeit des<br />

Planers gerade nicht gegeben ist. 419<br />

2.2.2 Mündliche Beauftragung<br />

313 Von der konkludenten Beauftragung eines Planers ist die ausdrückliche, jedoch<br />

nur mündliche Beauftragung durch den Bauherrn <strong>zu</strong> unterscheiden. 420 Beispiel:<br />

Der Architekt unterbreitet dem Bauherrn schriftlich ein Angebot <strong><strong>zu</strong>r</strong> Erbringung der<br />

Leistungsphasen 1 bis 4 <strong>zu</strong> einem Pauschalhonorar i. H. v. 10.000,00 € netto.<br />

Hierauf erteilt der Bauherr mündlich den Auftrag, jedoch <strong>zu</strong>nächst beschränkt auf<br />

die Leistungsphasen 1 und 2.<br />

Anders als bei der konkludenten Beauftragung liegen hier ausdrückliche Erklärungen<br />

der Parteien vor, seitens des Bauherrn jedoch nur in mündlicher Form. Die<br />

mündliche Erklärung ist zwar wirksam, im Streitfall jedoch (für beide Seiten) nur<br />

schwer nachweisbar und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Beweisbarkeit für<br />

die Praxis ab<strong>zu</strong>lehnen. Dennoch kommt auch in diesem Beispielsfall rechtswirksam<br />

ein Architektenvertrag <strong>zu</strong>stande. 421<br />

416 Zu zahlreichen weiteren Beispielen aus der Rechtsprechung vgl. Locher u. a., Einleitung Rdn. 25.<br />

417 Locher u. a., a. a. O. Rdn. 12; Lederer, Rdn. 70 ff.; Löffelmann/Fleischmann, Rdn. 710 ff.<br />

418 So <strong>zu</strong>treffend auch Lederer, Rdn. 70; Thode u. a., § 4 Rdn. 85 ff.<br />

419 So <strong>zu</strong>treffend OLG Düsseldorf, IBR 2003, 309.<br />

420 Da<strong>zu</strong> Lederer, Rdn. 58 ff.; Sangenstedt, AV, Rdn. 11.<br />

421 Vorausgesetzt, der Architekt war mit der auf die Leistungsphasen 1 und 2 beschränkten Annahme seines<br />

Angebotes einverstanden, was sich sodann wieder aus schlüssigem Verhalten des Architekten ergeben<br />

kann. Soweit die HOAI anwendbar ist und Schriftform verlangt, ist diese in dem Beispielsfall natürlich<br />

nicht gewahrt.<br />

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