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SONJA KATRIN BAYER Bildschirmtypographie. Technische und

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wahrgenommen. Auch peripher aufgenommene Informationen zur räumlichen Anordnung<br />

des Textes <strong>und</strong> zur Länge von Worten spielen eine Rolle für die Größe der<br />

Sakkade <strong>und</strong> den Fixationsort. Von den aufgenommenen Daten <strong>und</strong> dem durch sie<br />

aktivierten Wissen hängt konkret ab, wohin das Auge für die nächste Fixation<br />

springt. Kürzere Wörter werden eher länger fixiert, wichtig ist vor allem die Vertrautheit<br />

des Wortes. Informationsreichere Textabschnitte werden gr<strong>und</strong>sätzlich länger<br />

fixiert. Bei komplizierten Sätzen weisen die Augenbewegungen vor allem im zweiten<br />

Durchgang Ähnlichkeit mit einer Bildbetrachtung auf – die Sakkaden sind groß<br />

<strong>und</strong> die Fixationen genau lokalisiert <strong>und</strong> selektiv.<br />

Ende der 70er Jahre widerlegten erste Ergebnisse die bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden<br />

Theorien zur Dynamik der Augenbewegungen wie etwa das Okulomotorische-Kontroll-Modell<br />

<strong>und</strong> das Visuelle Modell. Heute herrscht das Semantische Modell<br />

vor, demzufolge die Wort- <strong>und</strong> Textbedeutung bereits in die Augenbewegungen<br />

eingeht. Alle gegenwärtig vertretenen Lesetheorien fußen auf dieser Gr<strong>und</strong>annahme.<br />

Folgende Hypothesen sind einer Reihe von differenzierten neueren Lesemodellen<br />

gemeinsam:<br />

Die Eye-mind-assumption geht davon aus, dass zwischen Auge <strong>und</strong> Gehirn eine<br />

unmittelbare Beziehung besteht, der zufolge die Fixationszeit mit der Verarbeitungszeit<br />

der Information zwar nicht identisch, aber korrelierbar ist.<br />

Die Unmittelbarkeits-Annahme (immediacy assumption) postuliert, dass die Vermutungen,<br />

Folgerungen <strong>und</strong> Interpretationen, mithilfe derer Leser Textbedeutungen<br />

konstruieren, fortlaufend <strong>und</strong> jeweils so schnell wie möglich unternommen werden.<br />

Leser warten bei der Konstruktion der Textbedeutung nicht bis zum Abschluss eines<br />

bestimmten Textabschnittes. Experimentell gemessene Fixationszeiten sprechen für<br />

beide Annahmen. Ein Satz wird folglich nicht erst visuell aufgenommen <strong>und</strong> dann als<br />

Ganzes verarbeitet, sondern in Bedeutungsrepräsentationen transformiert, sobald dies<br />

sinnvoll möglich ist. 87<br />

2.2 Begriffe des Lesens <strong>und</strong> Determinanten der Leserlichkeit am Bildschirm<br />

Interessant ist im Zusammenhang mit der Identifizierung der typografischen Faktoren,<br />

die den Lesevorgang am Bildschirm bedingen, auch eine Betrachtung der mit<br />

dem Lesevorgang zusammenhängenden Begriffe, z.B. Lesbarkeit <strong>und</strong> Leserlichkeit.<br />

Speziell mit Blick auf den Bildschirm sollen auch neueste Begriffe, die für den Lesevorgang<br />

am Bildschirm geprägt wurden, zur Sprache kommen.<br />

Die Lesbarkeit eines Textes thematisiert nach Norbert Groeben vor allem jene<br />

Merkmale der sprachlichen Oberflächenstruktur, die zur Leichtigkeit <strong>und</strong> Schnelligkeit<br />

des Textverstehens im Sinne der Identifizierung der Wort-für-Wort-Bedeutung<br />

(literal meaning) beitragen. Als Vorstufe für die Lesbarkeitsforschung ist die Thematisierung<br />

der grafischen, vor allem der typografischen Merkmale gedruckter Texte anzusetzen.<br />

Bei den meisten Forschern wird auch dieser Aspekt unter dem Konzept der<br />

Lesbarkeit subsumiert, Groeben allerdings klassifiziert den Bereich der typografischen<br />

Aspekte von Texten als der Leserlichkeit (legibility) zugehörig. Die Leserlichkeit stellt<br />

87<br />

Vgl. Gross 1994, S. 7–10.<br />

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