Hauptergebnisse und Schlussfolgerungen - GÖD
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INHALTSVERZEICHNIS<br />
1. ZIELSETZUNG DER STUDIE 2<br />
2. AUSGANGSSITUATION IN ÖSTERREICH 4<br />
2.1 Ausgliederungen in Österreich 4<br />
2.2 Ausgliederungserfahrungen 8<br />
3. ÜBERBLICK ÜBER DIE AUFGABEN DER ÖFFENTLICHEN HAND 12<br />
3.1 Unterschiedliche Ansätze 12<br />
3.2 Eine zeitgemäße Methode zur Klärung der Staatsaufgaben 13<br />
3.3 Der Katalog von Kategorien 14<br />
3.4 Ergänzende Gesichtspunkte 18<br />
4. SPEKTRUM DER MÖGLICHKEITEN DER ERFÜLLUNG ÖFFENTLICHER<br />
AUFGABEN 19<br />
4.1 Eigenerstellung 20<br />
4.2 Fremdbezug von öffentlichen Leistungen 22<br />
4.3 Gewährleistung der Aufgabenerfüllung durch Private 22<br />
4.4 Privatisierung 22<br />
4.5 Ausgliederungen als spezielle Form der Aufgabenerfüllung 23<br />
4.6 Aufgabenkritik <strong>und</strong> Ausgliederungsvorhaben 25<br />
5. PERSPEKTIVEN DER EVALUIERUNG VON AUSGLIEDERUNGEN 27<br />
5.1 Vorbemerkung 27<br />
5.2 Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung 29<br />
6. GESELLSCHAFTSPOLITISCHE PERSPEKTIVE 48<br />
6.1 Vorbemerkung zur Erfassung von Kosten <strong>und</strong> Nutzen 48<br />
6.2 Drei besondere Aspekte der Ermittlung gesellschaftlicher Kosten 48<br />
6.3 Gesellschaftspolitische Einzelaspekte 50<br />
7. ZUSAMMENFASSUNG DER HAUPTERGEBNISSE 55<br />
CHECKLISTE - RELEVANTE PERSPEKTIVEN UND KRITERIEN DER<br />
EVALUIERUNG 64<br />
LITERATURVERZEICHNIS 67
1. Zielsetzung der Studie<br />
2<br />
Das Ziel der vorliegenden Studie ist ein Beitrag zur Verbesserung der<br />
Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen von künftigen Ausgliederungen. Zugleich soll damit ein Beitrag zur<br />
Versachlichung der Ausgliederungsdiskussion geleistet werden. Zu einer umfassenden<br />
Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben wird eine Beurteilung aus sechs verschiedenen<br />
Blickwinkeln vorgeschlagen. Darüber hinaus werden Evaluierungsberichte für geplante <strong>und</strong><br />
bereits realisierte Ausgliederungen gefordert.<br />
Obwohl seit Anfang der 90er Jahre mehr als dreißig Ausgliederungen aus dem<br />
B<strong>und</strong>eshaushalt realisiert wurden <strong>und</strong> für die laufende Legislaturperiode weitere dreißig<br />
Ausgliederungen geplant sind, fehlt bis heute ein an den Erfordernissen der Praxis<br />
orientiertes Evaluierungskonzept, das aus einer umfassenden „weiten“ Perspektive Kriterien<br />
zur Beurteilung geplanter Ausgliederungen benennt. Im Gegensatz dazu werden heutzutage<br />
üblicherweise bei der Beurteilung von Ausgliederungen nur Teilaspekte der wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigt. Es erscheint aber aus vielen<br />
Gründen unabdingbar, die Rechtfertigung jeder Ausgliederung <strong>und</strong> der mit ihr verb<strong>und</strong>enen<br />
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen (<strong>und</strong> politischen) Erwartungen vorweg kritisch zu prüfen.<br />
Die Auswertung von vorliegenden Untersuchungen <strong>und</strong> Prüfungen von<br />
Ausgliederungsvorhaben, von Erfahrungsberichten <strong>und</strong> der fachspezifischen<br />
Ausgliederungsdiskussion der letzten Jahre führt zu einer Reihe von Feststellungen <strong>und</strong><br />
<strong>Schlussfolgerungen</strong>, die bei einer Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben in Zukunft<br />
beachtet werden sollten.<br />
Dementsprechend präsentiert die nunmehr vorliegende, im Auftrag der Standortpartnerschaft<br />
WKÖ – <strong>GÖD</strong> erstellte Studie einen systematisch entwickelten Katalog von Kriterien zur<br />
Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben im vorhinein („ex ante Evaluierung“). Sie kann als<br />
"Pflichtenheft" für Ausgliederungen, in weiterer Folge aber auch für noch weitergehende<br />
Privatisierungen verstanden werden.<br />
Während das Hauptaugenmerk solchen Vorhaben gilt, die auf der B<strong>und</strong>esebene angesiedelt<br />
sind, können die Empfehlungen durchaus auch für die Landesebene <strong>und</strong> die in hohem Maße<br />
betroffene Ebene der Gemeinden herangezogen werden.<br />
Dem Auftrag entsprechend enthält sich die Arbeit eines eigenen Urteils über den Erfolg oder<br />
Misserfolg einzelner Ausgliederungen in der Vergangenheit. Es erfolgt auch keine Bewertung<br />
angekündigter Ausgliederungsvorhaben.
3<br />
Die Studie ist in folgender Weise aufgebaut. Das 2. Kapitel gibt einen kurzen Überblick über<br />
den Stand der Ausgliederungen in Österreich <strong>und</strong> über wichtige empirische Untersuchungen<br />
von einzelnen Ausgliederungen. Im 3. Kapitel werden die Aufgaben der öffentlichen Hand im<br />
Zusammenhang mit Ausgliederungsüberlegungen behandelt. Im 4. Kapitel wird gezeigt,<br />
welche gr<strong>und</strong>sätzlichen Möglichkeiten <strong>und</strong> Formen der Organisation der Erfüllung<br />
öffentlicher Aufgaben bestehen. Das 5. <strong>und</strong> das 6. Kapitel entwickeln den Katalog von<br />
Kriterien, der bei einer umfassenden Bewertung eines Ausgliederungsvorhabens<br />
herangezogen werden sollte. Es werden sechs verschieden Perspektiven der Evaluierung<br />
unterschieden. Das letzte Kapitel enthält die Zusammenfassung der <strong>Hauptergebnisse</strong> der<br />
Studie.<br />
Die Kapitel 2, 4 <strong>und</strong> 5 wurden von Gabriel Obermann <strong>und</strong> Anna Obermair verfaßt, Kapitel 3<br />
<strong>und</strong> 6 von Wolfgang Weigel. Kapitel 1 <strong>und</strong> 7 wurden gemeinsam erarbeitet.
2. Ausgangssituation in Österreich<br />
2.1 Ausgliederungen in Österreich<br />
4<br />
Wie in anderen EU-Staaten gewannen auch in Österreich Ausgliederungen im Zusammenhang<br />
mit Bemühungen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte <strong>und</strong> der Erfüllung der<br />
fiskalischen Maastricht-Kriterien sowie Versuchen zur Reform der staatlichen<br />
Aufgabenerfüllung an Bedeutung.<br />
Ausgliederungen sind ein Mittelweg zwischen vollständiger Privatisierungen <strong>und</strong> der<br />
vollkommenen Eigenerstellung durch die öffentliche Hand. Die Aufgabenerfüllung unterliegt<br />
(teilweise) privatwirtschaftlichen Strukturen <strong>und</strong> Managementpraktiken bei gleichzeitiger<br />
Bindung an öffentliche Gebietskörperschaften.<br />
Im Falle einer Ausgliederung überträgt eine Gebietskörperschaft (B<strong>und</strong>, Land, Gemeinde)<br />
eine Aufgabe, die sie bisher selbst erfüllt hat, auf einen Rechtsträger öffentlichen oder<br />
privaten Rechts. Es handelt sich dabei um eine (neu geschaffene) juristische Person (keine<br />
andere Gebietskörperschaft, Kammer oder Sozialversicherung), die in einem Naheverhältnis<br />
zur ausgliedernden Gebietskörperschaft bleibt. In vielen Fällen werden die ausgegliederten<br />
Aufgabenträger in Form privatrechtlicher Kapitalgesellschaften (meist GmbH) organisiert, die<br />
teils im Alleineigentum von Gebietskörperschaften stehen oder mit einer entsprechenden<br />
Mehrheit des öffentlichen Sektors ausgestattet sind. Es handelt sich dabei um<br />
Reorganisationen, wie sie teilweise auch bei echten Privatisierungen stattfinden. Bei<br />
letzteren werden Aufgaben allerdings vollständig an private Unternehmer übergeben, die<br />
ihrerseits das volle Risiko tragen <strong>und</strong> in der Regel nicht mit Zuschüssen von der öffentlichen<br />
Hand rechnen können.<br />
In Österreich fand die erste Ausgliederung bereits 1939 statt, als die Tabakregie in eine<br />
Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. 1964 war „der Beginn einer Ausgliederungseuphorie“<br />
(Rossmann 2000, S.141) im Bereich der Straßeninfrastruktur; hier standen vor<br />
allem Finanzierungsüberlegungen im Vordergr<strong>und</strong>. Der Ausbau des hochrangigen<br />
Straßennetzes wurde sukzessive im Wege der außerbudgetären Finanzierung an<br />
privatrechtliche Sondergesellschaften in öffentlichem Besitz übertragen. Diese Aufgabe wird<br />
heute von der Autobahnen- <strong>und</strong> Schnellstraßenfinanzierungs-AG (ASFINAG) übernommen.
5<br />
Ab 1989 wurde auch der Bau von Eisenbahnstrecken ausgegliedert. Der Schienenausbau<br />
wird heute von der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GesmbH wahrgenommen (vgl.<br />
Rossmann 2000, S.141).<br />
Seit Ende der 80er Jahre, insbesondere aber seit 1995 sind verstärkt Bestrebungen zur<br />
Ausgliederung von Aufgaben festzustellen. Diese wurden auf unterschiedliche<br />
Aufgabenbereiche - Verkehrs- <strong>und</strong> Telekommunikationswesen, Kultur, Immobilienwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Finanzbereich - ausgedehnt <strong>und</strong> beschränkten sich nicht nur auf außerbudgetäre<br />
Finanzierungen im Infrastrukturbereich. Einerseits wurden Unternehmungen ausgegliedert,<br />
die typische unternehmerische Tätigkeiten erbringen (z.B. die ÖBB <strong>und</strong> die Telekom<br />
Austria). Andererseits wurden Unternehmungen ausgegliedert, die ihre Leistungen anderen<br />
staatlichen Stellen zur Verfügung stellen, wobei diese Leistungen allerdings (teilweise) auch<br />
von der Privatwirtschaft angeboten werden (z.B. B<strong>und</strong>esrechenzentrum <strong>und</strong> Statistik Austria)<br />
(vgl. Rossmann 2000, S.141f, RH TB 2000, S.13f).<br />
Nachfolgend eine Übersicht der seit 1978 auf B<strong>und</strong>esebene erfolgten Ausgliederungen,<br />
unter denen auch de facto Neugründungen zu finden sind.<br />
Übersicht: Ausgliederungen des B<strong>und</strong>es seit 1978<br />
Bezeichnung der Institution Jahr<br />
Österreichische Salinen AG 1978<br />
Münze Österreich AG 1988<br />
Eisenbahn Hochleistungsstrecken AG 1989<br />
Museumsquartier Errichtungs- <strong>und</strong> BetriebsgesmbH 1990<br />
Schönbrunner Tiergarten GesmbH 1991<br />
Österreichische Donau Betriebs AG 1992<br />
Schloss Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> BetriebsgmbH 1992<br />
Agrarmarkt Austria 1992<br />
B<strong>und</strong>esimmobilien GesmbH 1992<br />
Österreichische B<strong>und</strong>esfinanzierungsagentur 1992<br />
Österreichische B<strong>und</strong>esbahnen 1992<br />
Austro Control GmbH 1993<br />
Arbeitsmarktservice 1994<br />
Post <strong>und</strong> Telekom Austria Beteiligungsgesellschaft 1994<br />
Österreich Institut GmbH 1996<br />
Diplomatische Akademie Wien 1996
SchieneninfrastrukturfinanzierungsgmbH 1996<br />
Post <strong>und</strong> Telekom Austria AG 1996<br />
Österreichische Postsparkasse AG 1996<br />
B<strong>und</strong>es-Wertpapieraufsicht 1996<br />
B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH 1996<br />
Österreichische B<strong>und</strong>esforste AG 1996<br />
Landwirtschaftliche B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften GmbH 1996<br />
Österreichische Staatsdruckerei AG 1997<br />
Wiener Zeitung GmbH 1996<br />
Österreichisches Forschungs- <strong>und</strong> Prüfzentrum Arsenal GmbH 1997<br />
Börsenbeteiligungsgesellschaft mbH 1998<br />
B<strong>und</strong>estheater Holding GmbH 1999<br />
Burgtheater GmbH 1999<br />
Wiener Staatsoper GmbH 1999<br />
Volksoper Wien GmbH 1999<br />
Theaterservice GmbH 1999<br />
B<strong>und</strong>essporteinrichtungen GmbH 1999<br />
Umweltb<strong>und</strong>esamt GmbH 1999<br />
Kunsthistorisches Museum 1999<br />
Schulrechenzentrum zu BRZ-GesmbH 1999<br />
Österreichische Galerie 2000<br />
Österreichisches Museum für angewandte Kunst 2000<br />
Technisches Museum Wien 2000<br />
Graphische Sammlung Albertina 2000<br />
Statistik Österreich 2000<br />
Spanische Hofreitschule 2001<br />
Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig 2001<br />
Museum für Völkerk<strong>und</strong>e 2001<br />
Österreichisches Theatermuseum 2001<br />
Österreichische Mediathek 2001<br />
R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Telekom RegulierungsgmbH 2001<br />
B<strong>und</strong>esbeschaffung GmbH 2001<br />
Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds-Service GmbH 2001<br />
Finanzmarktaufsichtsbehörde 2001<br />
Quelle: B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen<br />
6
7<br />
Für die laufende Legislaturperiode hat der Ministerrat im Oktober 2000 ein weiteres<br />
Ausgliederungsprogramm beschlossen. Bis 2003 sollen r<strong>und</strong> 25 Einrichtungen aus der<br />
unmittelbaren staatlichen Verwaltung des B<strong>und</strong>es ausgegliedert werden. Dieses Programm<br />
ist insbesondere im Zusammenhang mit den Bemühungen zur Erfüllung der fiskalischen<br />
Maastricht-Kriterien zu sehen. Es wird allerdings auch als wesentliches Element im Rahmen<br />
der Verwaltungsreform des B<strong>und</strong>es erachtet, mit dem Ziel, eine effizientere<br />
Aufgabenerfüllung des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> eine nachhaltige Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts zu<br />
erreichen. Mit den geplanten Ausgliederungsmaßnahmen sollen 4000 Planstellen aus dem<br />
B<strong>und</strong>eshaushalt ausgelagert werden (vgl. BKA, 2000). Die nachfolgende Übersicht zeigt die<br />
von der Regierung beschlossenen Ausgliederungsvorhaben. Einige Ausgliederungen dieses<br />
Programms wurden bereits 2001 realisiert.<br />
Diese kurze Überblick veranschaulicht die beachtliche Anzahl <strong>und</strong> die wirtschaftliche<br />
Bedeutung der Ausgliederungsvorhaben in den Regierungsprogrammen der letzten Jahre.<br />
Übersicht : Ausgliederungsvorhaben des B<strong>und</strong>es 2000 - 2003<br />
Ressort Dienststellen/ Tätigkeitsbereich<br />
BMI Kfz-Werkstätten Gendarmerie <strong>und</strong> Polizei (Ausgliederung/Reorganisation)<br />
Massafonds (vorläufig Planung)<br />
Flugrettung<br />
BMBWK B<strong>und</strong>esschullandheime<br />
Nationalbibliothek <strong>und</strong> Phonothek<br />
Zentralanstalt für Meteorologie <strong>und</strong> Geodynamik<br />
Völkerk<strong>und</strong>emuseum<br />
Theatermuseum<br />
Museum moderner Kunst<br />
Naturhistorisches Museum<br />
B<strong>und</strong>esinstitut für Erwachsenenbildung in Strobl<br />
BMLFUW Spanische Hofreitschule<br />
B<strong>und</strong>esgärten<br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Milchwirtschaft in Rotholz<br />
B<strong>und</strong>esamt für Wasserwirtschaft/Schließung Chemisches Labor)<br />
Sonstige Projekte des BMLFUW (in Verhandlung)<br />
BMWA B<strong>und</strong>esgebäudeverwaltung inkl. betriebsähnliche Einrichtung<br />
(B<strong>und</strong>esbaudirektion)
B<strong>und</strong>esamt für Eich- <strong>und</strong> Vermessungswesen<br />
BMWA/ BMsSG Insolvenzausfallgeldfonds<br />
BMF Hauptpunzierungs- <strong>und</strong> Probieramt<br />
Bankenaufsicht<br />
8<br />
B<strong>und</strong>esbeschaffungs GesmbH<br />
BMVIT Schifffahrt (Schleusendienst)<br />
Luftfahrt (behördliche Zulassungstätigkeiten)<br />
BMLV Heeresgeschichtliches Museum <strong>und</strong> militärisches Institut<br />
BMsSG Bakteriologisch-seriologische Untersuchungsanstalt<br />
Lebensmitteluntersuchungsanstalt<br />
Veterinärmedizinische Anstalten<br />
BMÖLS Verwaltungsakademie des B<strong>und</strong>es<br />
Quelle: B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />
2.2 Ausgliederungserfahrungen<br />
Das jüngste Ausgliederungsprogramm wurde – so wie die vorangegangenen - beschlossen,<br />
obwohl bislang nur wenige empirische Untersuchungen <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e vorhanden sind um die<br />
Frage zu beantworten, ob die mit Ausgliederungen angestrebten politischen <strong>und</strong><br />
wirtschaftlichen Zielsetzungen in der Realität erreicht wurden.<br />
Mit den Ausgliederungen wurden in der Vergangenheit insbesondere folgende Erwartungen<br />
verknüpft:<br />
1. Eine eigenständige finanzielle Gebarung <strong>und</strong> Personalbewirtschaftung außerhalb des<br />
B<strong>und</strong>eshaushaltes <strong>und</strong> des Stellenplans sollte den ausgegliederten Rechtsträgern<br />
ermöglichen, rascher auf betriebliche Erfordernisse reagieren zu können.<br />
2. Der Wegfall von dienst- <strong>und</strong> besoldungsrechtlichen Bindungen bei der<br />
Personalbewirtschaftung.<br />
3. Die Möglichkeit, bei der Aufgabenerfüllung privatrechtliche Gestaltungsformen (z.B. bei<br />
Abschreibungen <strong>und</strong> Beteiligungen) zu nutzen (RH, TB 1991/12).<br />
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen <strong>und</strong> Konsequenzen von<br />
Ausgliederungen erfolgte verstärkt erst seit Anfang der 90er Jahre, als Ausgliederungen aus<br />
den verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wurden (vgl etwa Gantner 1994 mit
9<br />
kontrolltheoretischen (Schwab), rechtspolitischen (Funk) <strong>und</strong> ökonomischen<br />
(Gantner/Schneider, Obermann, Rossmann) Beiträgen oder Funk 1998). In diesen Arbeiten<br />
wurden Vor- <strong>und</strong> Nachteile bzw. Chancen <strong>und</strong> Risiken von Ausgliederungen kritisch<br />
analysiert.<br />
Von einzelnen (kleineren) Untersuchungen ausgewählter Aspekte konkreter<br />
Ausgliederungen abgesehen (ua Rossmann 1994 <strong>und</strong> 1995, Fleischmann et.al. 1991,<br />
Obermann et.al. 1993) erfolgten eingehende <strong>und</strong> detaillierte Evaluierungen von<br />
Ausgliederungen erst in den letzten Jahren (Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum<br />
(KDZ) 1999, Finanzierungs-Garantie-GesmbH (FGG), (2000; Kurzfassung) <strong>und</strong><br />
Leitsmüller/Rossmann (2001).<br />
Davor war es vor allem der Rechnungshof, der regelmäßig ausgegliederte Einrichtungen <strong>und</strong><br />
Unternehmungen geprüft <strong>und</strong> auch Missstände aufzeigt hat. Vom Rechnungshof stammen<br />
die bisher umfangreichsten Evaluierungen von Ausgliederungen.<br />
Untersuchungen der letzten Jahre betrafen beispielsweise die Auslagerung von Aufgaben im<br />
Wirtschaftsdienst (BMLV) (2000/5), die Ausgliederung der Datenverarbeitung aus dem<br />
B<strong>und</strong>esrechenzentrum (2000/5), die B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften (2000/5), den Tiergarten<br />
Schönbrunn (2000/5), Schloss Schönbrunn (2000/5) <strong>und</strong> B<strong>und</strong>essporteinrichtungen<br />
(1999/3).<br />
Vorgegangen wurde dabei nach folgendem Ablaufschema: Untersucht wurde die<br />
wirtschaftliche Ausgangslage, Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen von Ausgliederungen, die<br />
Umsetzung der Ausgliederungen <strong>und</strong> die Evaluierung der Zielerreichung. Die budgetäre<br />
Entlastung sowie die außerbudgetäre Verschuldung wurden vom Rechnungshof in einzelnen<br />
Fällen überprüft. In der Folge wurden jeweils Empfehlungen gegeben.<br />
Ein Rückblick des Rechnungshofes auf die von ihm geprüften Ausgliederungen der letzten<br />
Jahre zeichnet ein heterogenes Bild – „die bisherigen Ausgliederungen waren teils<br />
erfolgreich, teils weniger erfolgreich <strong>und</strong> teils nicht erfolgreich“ (Fiedler 2001/39).<br />
Der Rechnungshof nennt folgende Vorteile von Ausgliederungen (TB 2000/18ff): flexiblere<br />
Haushaltsführung, beschleunigte Entscheidungsprozesse, raschere Modernisierung, erhöhte<br />
Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz, flexiblere Personalpolitik. Als Nachteile werden die<br />
eingeschränkte parlamentarische Kontrolle, die Entstehung grauer Finanzschuld, die<br />
fehlende Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts, der höhere Personal- <strong>und</strong> Verwaltungsaufwand<br />
sowie der weiterbestehende staatliche Einfluss genannt.
10<br />
Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfungshandlungen weiters zahlreiche Mängel <strong>und</strong><br />
Unzulänglichkeiten festgestellt (Fiedler 2001). Diese betreffen insbesondere folgende Punkte<br />
(Reihung gemäß Fiedler): Fehleinschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen, zu großer<br />
Zeitdruck bei der Vornahme von Ausgliederungen, fehlendes Ausgliederungskonzept,<br />
fehlende Prüfung von Alternativen, Mangel an klaren Zielvorgaben für den ausgegliederten<br />
Rechtsträger, Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, systemfremde<br />
Motive für Ausgliederungen, Unterlassung einer Kosten-Nutzen-Analyse, Vernachlässigung<br />
der Verlierer von Ausgliederungen.<br />
Das KDZ hat primär die budgetären Auswirkungen sowie die Beschäftigungsentwicklung<br />
folgender Ausgliederungen untersucht: Tiergarten Schönbrunn, Wasserstraßendirektion <strong>und</strong><br />
Österreichische Donau-Betriebs AG (ÖDOBAG), Schloss Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> Betriebs<br />
GmbH, B<strong>und</strong>esimmobilien GmbH (BIG), Österreichische B<strong>und</strong>esbahnen, Austro Control<br />
GmbH, Umwelt- <strong>und</strong> Wasserwirtschaftsfonds, Post <strong>und</strong> Telekom Austria AG, Österreichische<br />
B<strong>und</strong>esforste AG.<br />
Die Ergebnisse der Untersuchung der FGG wurden nur als Kurzbericht publiziert; eine<br />
Langfassung wurde bisher nicht veröffentlicht. Die FGG hat folgende Ausgliederungen<br />
untersucht: Schönbrunner Tiergarten GmbH, Österreichische Donau-Betriebs AG, Schloss<br />
Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> Betriebs GmbH, B<strong>und</strong>esimmobilien GmbH, Österreichische<br />
B<strong>und</strong>esfinanzierungsagentur (GmbH), Austro Control GmbH, Österreich Institut GmbH,<br />
Diplomatische Akademie Wien (Anstalt öff. Rechts), B<strong>und</strong>es-Wertpapieraufsicht (Anstalt öff.<br />
Rechts), B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH, Österreichische B<strong>und</strong>esforste AG, Landwirtsch.<br />
B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften GmbH, Österr. Forschungs- <strong>und</strong> Prüfzentrum Arsenal GmbH.<br />
Schwerpunktmäßig wurden bei den einzelnen Ausgliederungen folgende Aspekte<br />
untersucht: Ausgliederungsprozess, Zielverfolgung <strong>und</strong> Zielerreichung je nach Art der<br />
Tätigkeit, wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zum Ausgliederungskonzept, sonstige<br />
wirtschaftliche Entwicklung, budgetäre Auswirkungen (kumulativ), Entwicklung der<br />
Leistungserbringung, K<strong>und</strong>ennutzen <strong>und</strong> Beschäftigungsentwicklung.<br />
Leitsmüller/Rossmann haben nachfolgende Ausgliederungen evaluiert: Wasserstraßendirektion<br />
(ÖDOBAG) 1992 AG, Schloss Schönbrunn 1992 GmbH, BIG 1992 GmbH, Austro<br />
Control 1993 GmbH, Österreichische B<strong>und</strong>esforste 1996 AG.<br />
Untersucht wurde insbesondere, ob Ausgliederungen zu Budgetentlastungen führen <strong>und</strong> ob<br />
mit Ausgliederungen die Effizienz gesteigert wird bzw. welche wirtschaftliche Performance<br />
die ausgegliederten Unternehmen erreicht haben.
11<br />
In der Evaluierung der Ausgliederungen wurde auch untersucht, welche Änderungen sich für<br />
die Belegschaft der Unternehmen ergeben (Personalreduktion, Segmentierung der<br />
Belegschaft, flexiblerer Personaleinsatz, dienst- <strong>und</strong> pensionsrechtliche Veränderungen,<br />
Fragen der Personalentwicklung, Rolle der Belegschaftsvertretung).<br />
Einerseits wurden Bilanzanalysen der Unternehmen anhand von betriebswirtschaftlichen<br />
Kennzahlen <strong>und</strong> Effizienzfragen durchgeführt. Andererseits wird untersucht, ob<br />
Rahmenbedingungen für eine Selbststeuerung geschaffen wurden (interne<br />
Steuerungsinstrumente, Steuerung <strong>und</strong> Kontrolle durch Eigentümer, Ausschöpfung von<br />
Marktpotentialen, soziokultureller Wandel).<br />
Darauf aufbauend haben Leitsmüller <strong>und</strong> Rossmann Vorschläge zur Vorgangsweise <strong>und</strong><br />
Anforderungskriterien für zukünftige Ausgliederungen formuliert: Definition von<br />
Zielsetzungen, Erstellung von Ausgliederungs- <strong>und</strong> Unternehmenskonzepten, aktive<br />
Einbindung aller Betroffenen <strong>und</strong> der Belegschaftsvertretung, hohe Qualität des<br />
Managements, hohes Ausbildungsniveau der MitarbeiterInnen <strong>und</strong> Begleitmaßnahmen sind<br />
erforderlich, ausreichende Kapitalausstattung, geringe Zusatzbelastungen, adäquate<br />
Steuerung der ausgegliederten Unternehmungen durch den Eigentümer, Einführung<br />
moderner Steuerungsinstrumente.
3. Überblick über die Aufgaben der Öffentlichen Hand<br />
3.1 Unterschiedliche Ansätze<br />
12<br />
Die Frage nach den Aufgaben des Staates oder "der Öffentlichen Hand" beschäftigt die<br />
Gesellschaft seit alters her. Für die Zwecke der vorliegenden Studie sind drei systematische<br />
Zugänge zu einer Antwort nennenswert, nämlich<br />
- der Ansatz der "Gesamtgesellschaftlichen Performance"<br />
- der Ansatz der "Staatszwecke" bzw. "Kernfunktionen" <strong>und</strong><br />
- der Ansatz des "Ökonomischen Theorie Öffentlicher Aufgaben" (verkürzt oft: Theorie<br />
des Marktversagens).<br />
Der erste <strong>und</strong> jüngste der genannten Ansätze stammt aus der Politikanalyse. Dabei erfolgt<br />
die Orientierung an der gesamtgesellschaftlichen Performance – Analyse (Pfaff, 1994):<br />
Diese sucht Antworten auf die folgenden Fragestellungen:<br />
- Welche kulturelle Funktion (Vermittlung von Werten) geht von einer öffentlichen Leistung<br />
aus?<br />
- Welche soziale Funktion (Lernen von Rollen in Bezugsgruppen) hat eine bestimmte<br />
Einrichtung?<br />
- Welche politische Funktion (Konfliktbewältigung, Artikulation politischer Interessen,<br />
Willensbildung) übt eine Einrichtung aus? Besondere Beachtung ist dabei Gerichten,<br />
Schiedsgerichten, Schlichtungseinrichtungen zu schenken.<br />
- Welche sind die ökonomischen Funktionen einer (öffentlichen) Einrichtung?<br />
- Hat eine öffentliche Einrichtung oder Leistung ökologische Funktionen<br />
(Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung natürlicher Lebensgr<strong>und</strong>lagen)?<br />
Die Beantwortung dieser Fragen für jeden denkbaren Aufgabenbereich kann wertvolle<br />
Einsichten über Staatsfunktionen im allgemeinen liefern, ist aber für die anstehende Frage<br />
der effektiv günstigsten Organisationsform der Bewältigung einer bestimmten Aufgabe<br />
weniger gut geeignet.
13<br />
Der zweite Ansatz entspricht der ältesten <strong>und</strong> zugleich bekanntesten, nämlich der<br />
vollständigen oder auch nur beispielhaften Aufzählung der Aufgaben in unterschiedlicher<br />
Detaillierung:<br />
- Liste von gesellschaftlich relevanten Zwecken, die eine Staatstätigkeit nach sich ziehen,<br />
z.B.: schon Adolph Wagner (1880): „Rechts- <strong>und</strong> Machtzwecke“ einerseits sowie „Kultur<strong>und</strong><br />
Wohlfahrtszwecke“ andererseits.<br />
- Liste von Tätigkeitsfeldern oder "Kernfunktionen", wie sie beispielsweise gerne von<br />
liberalen Wirtschaftstheoretikern erstellt werden (z.B. Milton Friedman): Vor allem Innere<br />
<strong>und</strong> Äußere Sicherheit, Gr<strong>und</strong>schule, Ausgleich sozialer Härten, etc.<br />
- Noch am Beginn der ersten großen Privatisierungswelle unter Margaret Thatcher wurde<br />
aber die Auffassung vertreten, dass der Staat über die eben genannten<br />
Aufgabenbereiche hinaus im Besitz der Telekommunikation <strong>und</strong> der Postdienste, der<br />
Elektrizitäts- <strong>und</strong> der Gaswirtschaft, der Verkehrsträger Schiene <strong>und</strong> Luft, sowie<br />
gewisser „strategischer“ Industrien wie Stahl <strong>und</strong> Rüstung sein solle.<br />
- Eine kritische Weiterentwicklung dieser Gedanken findet sich in dem kürzlich<br />
veröffentlichten Katalog "Staatsaufgaben" der Vereinigung der österreichischen<br />
Industrie, Wien 2001.<br />
- Varianten dieser Vorgehensweise gehen von einer Rangreihung der Schutzwürdigkeit<br />
von Einrichtungen aus, wobei aber meistenteils weniger die Wünsche der (Mehrheit der)<br />
Bürger maßgeblich sind, sondern eher funktionale Notwendigkeiten.<br />
- Erwähnenswert ist auch die Auffassung, wonach es letztlich um die ordnungspolitische<br />
Frage geht, welche Höhe die Staatsquote erreicht, die sich aus dem (realen) Verhältnis<br />
von öffentlichen Haushalten (ausgabenseitig) zum Bruttonationalprodukt ergibt.<br />
3.2 Eine zeitgemäße Methode zur Klärung der Staatsaufgaben<br />
Eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Klärung der Möglichkeit der Ausgliederung ist<br />
die Bildung von ökonomischen Kategorien der betreffenden Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen. Die<br />
moderne Finanzwissenschaft leitet Staatsaufgaben aus derartigen ökonomischen<br />
Kategorienbildungen ab. Die Gr<strong>und</strong>idee dabei ist die, dass man danach fragt, ob Angebot<br />
<strong>und</strong> Nachfrage über Preise (<strong>und</strong> bei Wettbewerb) zur Übereinstimmung gebracht werden
14<br />
können oder nicht, oder anders gesagt, ob Märkte die beste Organisationsform für die<br />
Lösung einer Aufgabe sind oder nicht.<br />
Beim nachfolgenden Katalog werden Umstände genannt, die eine (alleinige) Organisation<br />
über Märkte unmöglich oder unerwünscht erscheinen lassen. Je nachdem wird ein Markt<br />
dann durch Verwaltung ersetzt oder ergänzt. Verwaltung wiederum erhält ihre Anweisungen<br />
<strong>und</strong> Korrekturen aus politischen, demokratisch durch Abstimmung gewonnenen<br />
Entscheidungen. Eine beachtenswerte Möglichkeit ist auch die der Übertragung an private,<br />
nicht auf Gewinn gerichtete Organisationen - dies ebenfalls im allfälligen Zusammenwirken<br />
mit dem Staat.<br />
Der Staat nützt seine Legitimation zur Zwangsausübung in abgestufter Weise. Im Rahmen<br />
der "hoheitlichen" Aufgaben beansprucht er jedenfalls ein Monopol für sich, bei Aufgaben,<br />
mit deren Wahrnehmung sich ein "öffentliches Interesse" verbindet, kann (<strong>und</strong> soll) sich der<br />
Staat bestimmte Lenkungs- <strong>und</strong> Kontrollmöglichkeiten vorbehalten.<br />
Es ist bei der Wahl der am besten geeigneten Mittel zu prüfen, ob eine Leistung tatsächlich<br />
durch den Staat oder unter Beteiligung des Staates bereitgestellt werden muss, oder ob die<br />
Leistungserstellung den Privaten gesetzlich aufgetragen werden kann (was natürlich die<br />
staatlichen Haushalte ent-, die privaten Haushalte <strong>und</strong> Unternehmen aber belastet). Bei der<br />
eben angesprochenen Frage spricht man von der „Ausgabenintensität öffentlicher<br />
Aufgabenerfüllung“.<br />
3.3 Der Katalog von Kategorien<br />
Es ist zu beachten, dass die einzelnen Kategorien einander nicht ausschließen, sondern<br />
Überschneidungen bzw. Gemeinsamkeiten bestehen:<br />
Fall 1: Kein Wettbewerb möglich - Ausschluss teuer<br />
Eine derartige Leistung weist die folgenden Merkmale auf: die Nutzer konkurrieren (innerhalb<br />
einer bestimmten Kapazitätsgrenze) nicht miteinander; ihr Ausschluss ist nur unter<br />
erheblichen Mehrkosten oder überhaupt nicht möglich: Man spricht von einem reinen<br />
Kollektivgut. Es wird zweckmäßiger Weise öffentlich bereitgestellt <strong>und</strong> über Steuern
15<br />
finanziert. Die am häufigsten zitierten Beispielsfälle sind auf B<strong>und</strong>esebene: innere Sicherheit,<br />
äußere Sicherheit; auf Gemeindeebene: die öffentliche Beleuchtung.<br />
Fall 2: Negative oder positive Nebenwirkungen verhindern ein marktgerechtes Ergebnis<br />
Mit der Abgabe <strong>und</strong>/oder Inanspruchnahme einer Leistung sind Beeinträchtigungen<br />
/Steigerungen der Wohlfahrt Dritter verb<strong>und</strong>en, ohne dass diese zunächst in die<br />
Leistungsverrechnung eingehen: „Negative <strong>und</strong> positive Externe Effekte“. Negativ ist der<br />
Fall, in dem eine Fabriksanlage ihre Abwässer in einen Fluss entsorgt, so dass Anwohner<br />
beim Baden gefährdet <strong>und</strong> Fischer in ihrer Existenz bedroht sind. Eine unmittelbare Einigung<br />
der Betroffenen mit dem Verursacher gilt in solchen Fällen als unwahrscheinlich, weshalb ein<br />
Eingreifen des Staates für unerlässlich gehalten wird. Das Eingreifen muss dabei nicht<br />
immer mit (hohen) Ausgaben verb<strong>und</strong>en sein, sondern nutzt vom Verbot bis zur<br />
kontrollierten Ausgabe von Verschmutzungszertifikaten das Repertoire der legitimen<br />
Zwangsausübung. Bei umweltbedingten Langzeitschäden, für die ein Verantwortlicher nicht<br />
mehr festgestellt werden kann, treten dann den „reinen Kollektivgütern“ vergleichbare<br />
Mechanismen in Kraft.<br />
Der am häufigsten genannte positive Fall ist der eines hohen Bildungsniveaus; dieses nützt<br />
nicht nur dem Einzelnen (schafft ihm Nutzen oder Befriedigung), sondern es kommt der<br />
ganzen Gesellschaft zu Gute, weil es die Gesamtleistung bzw. Produktivität zu steigern<br />
vermag, aber z.B. auch einen wichtigen Beitrag zum Frieden liefern kann.<br />
Fall 3: Die Bürger treffen Entscheidungen, deren Folgen sie falsch einschätzen<br />
Es tritt (sogar häufig) der folgende Fall ein: Wird die Inanspruchnahme einer Leistung der<br />
freien Entscheidung der anvisierten Nutzer überlassen, so resultiert eine suboptimal niedrige<br />
oder suboptimal hohe Inanspruchnahme, die dann korrigierende Eingriffe der Öffentlichen<br />
Hand rechtfertigt: „Meritorische Güter“ (es bestehen viele Gemeinsamkeiten mit den<br />
negativen/positiven Externen Effekten). Hier ist Alkoholmissbrauch als ein Beispiel zu<br />
nennen: Alkoholiker schädigen sich selbst <strong>und</strong> über die Risiken <strong>und</strong> Kosten, die sie<br />
verursachen, die Gesellschaft. Der Staat „nimmt sich daher heraus“, korrigierend tätig zu<br />
werden, sei es durch Steuern, sei es auch durch Untersagung, wie z.B. in der „Prohibition“
16<br />
<strong>und</strong> „ausgabenintensiv“ über den Betrieb von Entziehungsanstalten. Als weitere Beispiele<br />
seien die verpflichtende Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> Impfaktionen genannt.<br />
Fall 4: Die Kosten der Bereitstellung können den Nutzern nicht zugemutet werden<br />
Es gibt Leistungen, nach denen kein dauernder Bedarf besteht, weil eher auf Alternativen<br />
zugegriffen wird, oder weil die Nachfrage generell instabil (stochastisch) ist, so dass ein<br />
privater Betreiber den „break-even“ nicht oder nur mit hohem Risiko erreichen könnte. Ein<br />
Beispiel für den ersten Fall bietet die Bevorzugung von Auto oder Flugzeug als<br />
Verkehrsmittel, was aber bei Nebel, Glatteis <strong>und</strong> anderen Witterungsunbillen schwierig ist,<br />
weshalb dann <strong>und</strong> nur dann vermehrt auf die Eisenbahn ausgewichen wird (das war einer<br />
der Entscheidungsgründe für den Ausbau der Bahn an der amerikanischen Ostküste<br />
zwischen Boston, New York <strong>und</strong> Washington). Das Paradebeispiel für den zweiten Fall bildet<br />
ein Naturpark. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass die „Natur der Güter“ es ausschließt,<br />
sie jeweils nur verfügbar zu machen, wenn der Bedarf auftaucht: sie weisen dafür eine zu<br />
hohe „Ausreifungszeit“ auf; sie müssen also in einer bestimmten Kapazität bereitgehalten<br />
werden - „Optionsgüter“. Ihre Bereitstellung, vor allem aber ihre Finanzierung bedarf<br />
besonderer Vorkehrungen. Hier kommt neben der öffentlichen Hand allenfalls noch eine<br />
private Organisation in Frage (z.B. Alpenverein).<br />
Fall 5: Es besteht ein unspezifizierter Bedarf<br />
Es gibt Einrichtungen oder Güter, für die keine unmittelbare Nachfrage besteht, wohl aber<br />
Zahlungsbereitschaft für die Einrichtung/Aufrechterhaltung: Es handelt sich meistens um<br />
Vermögenswerte (Kunstsammlungen, Schlösser, Wälder, die man für wichtig hält, auch<br />
wenn man sie selbst nicht aufsucht). Man spricht dann von Einrichtungen oder Leistungen<br />
mit „Existenzwert/Vermächtniswert“, die eines besonderen Schutzes bedürfen. Auch hier<br />
können allenfalls private Organisationen befasst werden.
Fall 6: Der Umgang der Menschen mit Lebensrisiken leidet an Informationsmängeln<br />
17<br />
Eine Quelle staatlicher Tätigkeit sind auch Informationsmängel <strong>und</strong> Fehleinschätzungen von<br />
Risiken (was zum Teil zu den meritorischen Gütern zurückführt): hier sind<br />
Pflichtversicherungen zu nennen. Auf freiwilliger Basis versichern sich gerade diejenigen<br />
Menschen ungern, die so viel Vorsicht walten lassen, dass sich die Versicherung nicht<br />
„auszahlt“, was die Versicherer mit den schadensgeneigteren K<strong>und</strong>en zurücklässt, die aber<br />
teuer kommen. Um die Versicherung wirtschaftlich zu schaffen <strong>und</strong> gleichzeitig verpflichtend<br />
zu machen, verbieten sich dann reine privatwirtschaftliche Lösungen<br />
Fall 7: Die wirtschaftlichste Lösung eines Problems hat ein Monopol zur Folge<br />
Allgemein bekannte Gründe für die Staatstätigkeit ergeben sich auch bei einem einzigen<br />
Anbieter, wenn es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, diesen zu konkurrenzieren: Das ist dann<br />
der Fall, wenn dieser alleinige Anbieter die Deckung der vorhandenen Nachfrage zu den<br />
geringst möglichen Kosten bewerkstelligen kann: Er hat dann zugleich große Marktmacht;<br />
man spricht vom „Natürlichen Monopol“. Das meist zitierte Beispiel hier ist die Übertragung<br />
von Strom über größere Entfernungen; analog gilt das auch für Fernwärme, Gas usw. Erst<br />
dann, wenn die Nachfrage eher dramatisch gesteigert wird, kann plötzlich ein weiteres<br />
Unternehmen auf dem Markt Platz finden <strong>und</strong> das Problem des Natürlichen Monopols<br />
verschwindet (Diesen Fall konnte man bei Netzbetreibern für Mobiltelefone beobachten).<br />
Fall 8: Existenzsicherung, die nur auf Freiwilligkeit beruht, schafft keine ausreichende<br />
materielle Gr<strong>und</strong>lage<br />
Der Markt liefert nicht automatisch jene Verteilung von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen, die<br />
jeweils existenzsichernd ist (<strong>und</strong> dem jeweils gültigen Prinzip von Gerechtigkeit entspricht).<br />
Der entsprechende Ausgleich kommt aber freiwillig nicht im ausreichenden Maß zustande<br />
(wohl aber ansatzweise, wie karitative Organisationen, die Kirchen usw. beweisen).<br />
Gerechte Einkommens(um)verteilung erfordert Einsatz der legitimen Zwangsausübung des<br />
Staates.
3.4 Ergänzende Gesichtspunkte<br />
18<br />
Ein Überblick über die Aufgaben der Öffentlichen Hand muss unvollständig bleiben, wenn<br />
dabei nicht berücksichtigt wird, dass deren Wahrnehmung auf verschiedenen Ebenen<br />
erfolgen kann: Institutionell-absteigend: Europäische Union - B<strong>und</strong> - Länder - Gemeindeverbände<br />
- Gemeinden.<br />
Dieser ökonomische Gedanke einer föderalistischen Struktur des Öffentlichen Sektors findet<br />
ethisch <strong>und</strong> rechtlich seinen Niederschlag im sogenannten „Subsidiaritätsprinzip".<br />
Ökonomisch wird er dadurch begründet, dass die minimalen Kosten für die Bereitstellung<br />
verschiedener Leistungen jeweils bei einer unterschiedlichen Anzahl von Nutznießern<br />
erreicht werden; dabei spielt natürlich die räumliche Verteilung eine erhebliche Rolle:<br />
Gemeinden sind in diesem Sinn zum Beispiel „Cluster“ von verhältnismäßig hoher<br />
Besiedelungsdichte durch Menschen mit bestimmten ortsbedingten ähnlichen Interessen.<br />
Verteilen sich Menschen mit bestimmten Bedürfnissen (Gemeinsamkeiten) im Raum, dann<br />
ist meistens eine höhere Organisationsebene der Bereitstellung der entsprechenden<br />
Leistungen zweckmäßig.
19<br />
4. Spektrum der Möglichkeiten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich kann die Wahl der organisatorischen Form der Erfüllung einer öffentlichen<br />
Aufgabe als primär politische Entscheidung verstanden werden. Diese Wahl wird freilich<br />
nicht völlig beliebig erfolgen <strong>und</strong> ist in der Praxis von vielen Faktoren determiniert. Wichtige<br />
Einflussfaktoren resultieren insbesondere aus der Art der zu besorgenden Aufgabe<br />
(hoheitliche versus erwerbswirtschaftliche Aufgaben), aus rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Gegebenheiten, aber auch aus gesellschaftspolitischen Motiven <strong>und</strong> aus früheren<br />
Erfahrungen mit bestimmten Formen der Aufgabenerfüllung.<br />
In den letzten Jahren wurden in Österreich - wie auch in anderen europäischen Ländern -<br />
wieder verstärkt neue Ansätze <strong>und</strong> alternative Organisationsformen diskutiert, mit denen die<br />
Wirtschaftlichkeit der Erbringung <strong>und</strong> die Qualität öffentlicher Dienstleistungen verbessert<br />
werden soll. Gründe für diese Bestrebungen resultieren einerseits aus den weiterhin<br />
nachhaltig eingeschränkten Finanzierungsspielräumen der öffentlichen Haushalte,<br />
andererseits aus einigen erfolgversprechenden österreichischen Beispielen <strong>und</strong> aus<br />
Berichten über positive ausländische Erfahrungen mit der Beteiligung des privaten Sektors<br />
an der öffentlichen Aufgabenerfüllung.<br />
Durch diese Tendenz zu privatwirtschaftlichen Formen der Aufgabenerfüllung soll private<br />
Initiative genutzt <strong>und</strong> auch verstärkt privates Kapital zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben<br />
herangezogen werden. Dabei kommen vielfach (organisatorische) Mischformen zwischen<br />
bestehenden<br />
Anwendung.<br />
unternehmensrechtlichen Typen <strong>und</strong> Verwaltungseinrichtungen zur<br />
Im folgenden wird im Überblick gezeigt, welche Formen der Organisation der Erfüllung<br />
öffentlicher Aufgaben gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen <strong>und</strong> wie in diesem Spektrum Ausgliederungen<br />
als spezielle Formen einzuordnen sind.<br />
Aus wirtschaftlicher Sicht reicht die Bandbreite der Möglichkeiten der Erfüllung öffentlicher<br />
Aufgaben von der ausschließlichen Eigenerstellung durch die öffentliche Hand bis hin zur<br />
vollkommenen Privatisierung der Aufgabenbesorgung (vgl. Schauer 2000, S.32):<br />
- Eigenerstellung (traditionelle Formen <strong>und</strong> neue Varianten)
- Fremdbezug der Leistung<br />
- Gewährleistung der Leistungserbringung durch Private – Beleihung<br />
20<br />
- Privatisierung <strong>und</strong> volle Überlassung der Leistungserbringung an den<br />
marktwirtschaftlichen Wettbewerb<br />
Der graduelle Prozess der Veränderung der institutionellen Ausgestaltung der<br />
Leistungserbringung erfolgt nach Weigel (1999, S.184f) in den Dimensionen<br />
Organisationsform, Eigentumsverhältnisse <strong>und</strong> Wettbewerbsintensität. Gleichzeitig kann<br />
auch der Bereitstellungsprozess nach Finanzierung, Beschaffung, Herstellung <strong>und</strong> Vertrieb<br />
unterteilt werden. Aus der jeweiligen Zuordnung der drei Dimensionen zu den Abschnitten<br />
des Bereitstellungsprozesses ergibt sich ein mögliches Schema der systematischen<br />
Erfassung unterschiedlicher Privatisierungsformen bzw. –grade.<br />
4.1 Eigenerstellung<br />
Jede Gebietskörperschaft kann die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben selbst besorgen.<br />
Hierbei handelt es sich um die für viele öffentliche Aufgaben traditionelle - <strong>und</strong> noch immer<br />
vorherrschende - Form. Allerdings wird heute zunehmend die Effektivität <strong>und</strong> die Effizienz<br />
dieser Form der Leistungserstellung für zahlreiche Aufgaben als (zu) gering eingeschätzt<br />
<strong>und</strong> häufig auch die Möglichkeit der (starken) politischen Einflussnahme kritisiert. Dies führt<br />
einerseits zu Forderungen nach dem Rückzug des Staates aus diesen Aufgabenbereichen<br />
oder aber nach einer Reform der öffentlichen Verwaltung.<br />
Soll eine Aufgabe weiterhin von der öffentlichen Hand besorgt <strong>und</strong> die Leistung von ihr selbst<br />
erstellt werden, können Verbesserungspotentiale gesucht werden.<br />
Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen,<br />
betreffen zunächst das interne Steuerungssystem ("New Public Sector Management“) (vgl.<br />
Lane 2000, Obermair 1999).<br />
Im Hinblick auf eine verstärkte Zielorientierung <strong>und</strong> Kostenkontrolle sind geeignete<br />
Steuerungsinstrumente zu entwickeln <strong>und</strong> einzusetzen. Den Rahmen sollte ein umfassendes<br />
Controlling-Konzept bilden, das die Formulierung <strong>und</strong> Realisierung strategischer wie<br />
operativer Leistungs- <strong>und</strong> Finanzziele sicherstellt.<br />
Wesentlich anspruchsvoller als die Kontrolle von Kosten <strong>und</strong> Erlösen ist die Erfassung <strong>und</strong><br />
Bewertung der angestrebten <strong>und</strong> erreichten Leistungen <strong>und</strong> Ergebnisse. Dazu sind in der<br />
Regel neben monetären auch geeignete nicht-monetäre Indikatoren erforderlich.
21<br />
Eine kurzfristige <strong>und</strong> primär inputbezogene Haushaltsplanung <strong>und</strong> -führung ist nicht<br />
geeignet, die Staatstätigkeit outputorientiert zu steuern. Die traditionelle Budgetierung<br />
vermittelt zwar detaillierte Informationen über eingesetzte Ressourcen (Stellen, Personal<strong>und</strong><br />
Sachaufwand uam), sagt aber wenig über die bereitgestellten Leistungen <strong>und</strong> die<br />
Wirksamkeit von Maßnahmen aus. Es ist ein ziel- <strong>und</strong> ergebnisbezogenes<br />
Steuerungssystem vorzusehen.<br />
Als Schritt in Richtung einer Globalbudgetierung wird in Österreich gegenwärtig die sog.<br />
Flexibilisierungsklausel erprobt (§§ 17a <strong>und</strong> 17b BHG, BGBL. I Nr. 30/1999). Globalbudgets<br />
geben nur den Gesamtaufwand <strong>und</strong> -ertrag oder die Gesamtkosten <strong>und</strong> -erlöse vor,<br />
verzichten aber auf die bisher vorgegebene Aufteilung nach detaillierten Budgetansätzen.<br />
Die einzelnen Institutionen können dadurch selbst über die Mittelverwendung bestimmen.<br />
Eine Verschiebung der Ausgabenarten ist erlaubt, es gibt lediglich die Auflage, ein<br />
bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Es ist dies ein Versuch, vom strengen kameralistischen<br />
System abzugehen.<br />
Die sog. „Flexiklausel“ zielt drauf ab, durch Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung<br />
die notwendige Flexibilität <strong>und</strong> Eigenverantwortung auch innerhalb des BHG zu<br />
gewährleisten. Einzelne Elemente einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung wie etwa<br />
Kostenrechnung, Leistungsmessung <strong>und</strong> Steuerung über Leistungsaufträge sind dabei<br />
verwirklicht. Je nach Projektlaufzeit werden zwischen dem Finanzministerium, der<br />
betroffenen Organisationseinheit <strong>und</strong> dem übergeordneten Ministerium Vereinbarungen über<br />
die jeweiligen Ziele, die erwarteten Resultate <strong>und</strong> die zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />
getroffen. Weitere Regelungen betreffen die Verwendung der eingesparten Mittel bzw. von<br />
Rücklagen. Die Einhaltung dieser Vereinbarungen werden in einem Controllingbeirat laufend<br />
überwacht, allerdings sind keine bestimmten Sanktionen bei Nichteinhaltung vorgesehen. Mit<br />
Beginn des Jahres 2000 wurden Pilotversuche in vier Dienststellen (B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Bergbauernfragen, B<strong>und</strong>esamt für Wasserwirtschaft, Justizanstalt für Jugendliche Wien –<br />
Erdberg <strong>und</strong> Justizanstalt St. Pölten) mit einer Laufzeit von 2 bzw. 4 Jahren gestartet. Mit<br />
1.1. 2002 wurden in zwei weiteren Justizanstalten zweijährige Pilotprojekte begonnen. Ende<br />
2003 werden alle Pilotprojekte abgeschlossen sein. Dann bleibt abzuwarten, ob weitere<br />
Schritte in Richtung einer organisatorischen Verselbständigung nachgelagerter Dienststellen<br />
unternommen werden, oder ob die Flexibilisierungsklausel nicht über das Versuchsstadium<br />
hinauskommt (vgl. Fleischmann 2001, S.12f). Der Personalbereich ist von der<br />
Flexibilisierungsklausel bisher nicht erfasst. In einer Weiterentwicklung derselben könnten
22<br />
auch Möglichkeiten, die Verantwortung für Personalressourcen einzuschließen, erwogen<br />
werden.<br />
4.2 Fremdbezug von öffentlichen Leistungen<br />
Fremdbezug öffentlicher Leistungen bedeutet die Übertragung der Aufgabenerfüllung an<br />
private Dienstleister. Hierbei ist zwischen „Outsourcing“ <strong>und</strong> „Contracting-Out“ zu<br />
unterscheiden (vgl. Schauer 2001, S.10, Eichhorn 2001, S. 411). Outsourcing ist die<br />
vertragliche, zeitlich begrenzte Vergabe der Erstellung öffentlicher Leistungen an Dritte.<br />
Ausgelagert wird nur die Aufgabenerfüllung; die Aufgabe selbst bleibt weiterhin eine Aufgabe<br />
der öffentlichen Hand. Je nach Kosten-, Leistungs- <strong>und</strong> Wettbewerbsaspekten können<br />
mehrere Optionen der Fremderledigung gewählt werden. Die von der öffentlichen<br />
Verwaltung zu erbringende Leistung kann auch von einem öffentlichen Unternehmen oder<br />
einem privaten Wirtschaftssubjekt erstellt <strong>und</strong> somit zugekauft werden. Produzenten können<br />
kommerzielle Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen sein. Das Contracting-Out<br />
hingegen fußt auf einer materiellen Privatisierung, wobei der private Auftragnehmer die<br />
Leistungen direkt an die Bürger abgibt (s.u.).<br />
4.3 Gewährleistung der Aufgabenerfüllung durch Private<br />
Alternativen bzw Varianten zum Fremdbezug bilden Organisationsformen, bei denen die<br />
Aufgabenerfüllung gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit öffentlichen <strong>und</strong> privaten<br />
Anteilseignern übertragen wird oder die Aufgabe durch vertragliche Vereinbarungen in Form<br />
von Betreiber-, Betreuungs-, Pacht-, Konzessions-, Projektträger-, Leasing- <strong>und</strong><br />
Finanzierungsmodellen (sog. Public Private Partnerships) gewährleistet werden soll. Die<br />
Erfüllung der Aufgabe wird vom weiterhin verantwortlichen öffentlichen Aufgabenträger<br />
getrennt.<br />
Die öffentliche Hand als Aufgabenträger kann sich bei diesen Varianten auf die<br />
Gewährleistung der politisch vorgegebenen Aufgabenerfüllung durch andere - nicht oder<br />
nicht unbedingt mehrheitlich öffentliche - Leistungserbringer bzw. Produzenten beschränken.<br />
4.4 Privatisierung<br />
Üblicherweise wird zwischen der formellen <strong>und</strong> der materiellen Privatisierung unterschieden.
23<br />
Bei der formellen Privatisierung (Organisationsprivatisierung) - oft als die typische Form der<br />
Ausgliederung verstanden - verbleibt die jeweilige Aufgabe weiterhin in öffentlicher<br />
Verantwortung - d.h. der Staat bleibt Träger der Aufgabenverantwortung <strong>und</strong> der<br />
Leistungserstellung. Die Aufgabenbesorgung erfolgt innerhalb des öffentlichen Sektors,<br />
meist in der Organisationsform des Privatrechts (GmbH, AG). Das Eigentum an den<br />
Gesellschaftsanteilen bleibt beim Staat.<br />
Bei der materiellen Privatisierung (Aufgabenprivatisierung) hingegen wird die Verantwortung<br />
für eine bestimmte öffentliche Aufgabe <strong>und</strong> deren Finanzierung vollständig auf Private<br />
übertragen. Träger der Aufgabenerfüllung <strong>und</strong> auch der Aufgabenverantwortung sind künftig<br />
private Unternehmen oder Institutionen.<br />
Durch materielle Privatisierungen, d.h. durch die Übertragung staatlicher Aufgaben (oder<br />
staatlichen Vermögens) an Private, sollen Fehlinvestitionen <strong>und</strong> ineffiziente Betriebsführung,<br />
die den öffentlichen Haushalten oft nachgesagt werden, vermieden <strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit<br />
gesteigert werden. Erwartet werden Kosteneinsparungen, Verbesserungen der<br />
Servicequalität <strong>und</strong> beschleunigte Innovationen. Der Hauptnutzen von Privatisierungen wird<br />
vor allem in der stärkeren Bereitschaft der privaten Unternehmer zur Innovation gesehen.<br />
Eine Unterform der materiellen Privatisierung ist die funktionale Privatisierung, bei der nicht<br />
die Aufgabenverantwortung, sondern nur die Aufgabenerfüllung privatisiert wird. Der Private<br />
übernimmt Aufgaben („Funktionen“) der Verwaltung <strong>und</strong> erfüllt auch die<br />
Finanzierungsaufgabe. Funktionale Privatisierungen können verschiedene<br />
Ausprägungsformen haben (beispielsweise Leasing- oder Konzessionsmodelle).<br />
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um Aktivitäten vom öffentlichen in den privaten Sektor zu<br />
verlagern <strong>und</strong> damit dessen Rolle zu stärken, ohne dass damit notwendigerweise auch das<br />
Eigentum an Kapital transferiert werden müsste. Die Alternativen reichen von<br />
hauptsächlicher Verantwortung der öffentlichen Hand mit Vergabe von Management- oder<br />
Serviceverträgen, über geteilte privat-öffentliche Verantwortlichkeit in Form von Private-<br />
Public-Partnership, der Vergabe von Konzessionen u.ä. bis hin zu einem (Teil-)Verkauf der<br />
jeweiligen Betriebe.<br />
4.5 Ausgliederungen als spezielle Form der Aufgabenerfüllung<br />
Bei den in der Praxis erfolgten Ausgliederungen sind unterschiedliche Formen der<br />
Organisation <strong>und</strong> Gewährleistung der übertragenen Aufgaben- <strong>und</strong> Leistungserfüllung zu<br />
beobachten. Entsprechend dem realisierten Konzept der Ausgliederung kann der öffentliche
24<br />
Aufgabenträger einen stärkeren (zB über Weisungsrechte) oder geringeren Einfluss (zB in<br />
einer Holdingvariante) auf den ausgegliederten Rechtsträger ausüben.<br />
Die folgende Übersicht zeigt verschiedene Ausgliederungsvarianten.<br />
Profit Center Ausgliederung Fremdvergabe<br />
wirtschaftl. Selbständigkeit Wirtschaftl. <strong>und</strong> rechtliche Selbständigkeit<br />
Regiebetrieb<br />
Eigenbetrieb<br />
B<strong>und</strong>esbetrieb<br />
Betriebsähnliche<br />
Einrichtungen<br />
Juristische Person<br />
des öffentl. Rechts<br />
in öffentl.<br />
Eigentum<br />
Quelle: Kradischnig 2000<br />
Juristische Person<br />
des privaten Rechts<br />
in privatem<br />
Eigentum<br />
GmbH GmbH<br />
AG AG<br />
Verein,<br />
Stiftung etc<br />
Verein etc.<br />
Eine Typologisierung der seit 1991 ausgegliederten Gesellschaften des B<strong>und</strong>es nach der Art<br />
der Tätigkeit, nach ihrem wirtschaftlichen Umfeld sowie der Form der juristischen<br />
Verselbständigung findet sich in der Untersuchung des KDZ 1999, S.167.<br />
Nach der Art der Tätigkeit lassen sich bei Ausgliederungen zwei Unternehmenstypen<br />
unterscheiden, je nachdem ob diese Leistungen für den Markt oder für andere staatliche<br />
Stellen erbringen. Ausgegliederte Unternehmungen können auch nach dem wirtschaftlichen<br />
Umfeld, in dem sie agieren, klassifiziert werden; nämlich in Unternehmungen die eine<br />
Monopolstellung innehaben <strong>und</strong> solche, die in einem kompetitiven Umfeld tätig sind. Nach
25<br />
der Art der juristischen Verselbständigung kann eine Ausgliederung entweder nur auf<br />
betrieblicher Ebene (Profit-Center) erfolgen, oder aber der auszugliedernde Bereich wird in<br />
eine rechtlich selbständige Gesellschaft öffentlichen oder privaten Rechts eingebracht.<br />
4.6 Aufgabenkritik <strong>und</strong> Ausgliederungsvorhaben<br />
Die vorangegangenen Ausführungen legen als Beginn aller Ausgliederungsüberlegungen<br />
eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung nahe.<br />
Zunächst ist der status quo darzustellen <strong>und</strong> dann im Sinne einer Aufgabenkritik zu<br />
untersuchen, welche sachliche Notwendigkeit, welches Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der<br />
Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in der<br />
bisherigen Form von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden muss bzw. soll.<br />
Außerdem dient dieser Schritt auch der Suche nach den möglichen Verbesserungen in der<br />
Leistungserfüllung der öffentlichen Hand. Daher sollte das gesamte Spektrum der bekannten<br />
Formen der Aufgabenerfüllung geprüft werden – von verwaltungsnahen Lösungen, etwa in<br />
Form einer internen Reorganisation (New Public Management), bis hin zur vollständigen<br />
Auslagerung an private Bereitsteller oder Produzenten (im Sinne von Leitsmüller/Rossmann<br />
2001/62) - also allenfalls auch einer vollständigen "Privatisierung".<br />
Erst die Durchführung der kritischen Aufgabenanalyse einschließlich der Prüfung alternativer<br />
Formen der Aufgabenerfüllung in der vorgeschlagenen Form erlaubt es nachvollziehbar<br />
darzulegen, warum eine vorgeschlagene bzw. geplante Ausgliederung aus dem öffentlichen<br />
Haushalt die vergleichsweise beste Form der künftigen Aufgabenerfüllung darstellt. Der<br />
Nachweis wäre in jedem einzelnen Fall zu führen.<br />
Insbesondere der Rechnungshof kritisiert die fehlende Prüfung von Alternativen wie z.B.<br />
echte Privatisierung, Outsourcing oder Verwaltungsreform. So wurden beispielsweise im<br />
Falle der Austro Control GesmbH die Möglichkeiten der Effizienzsteigerungen im<br />
bestehenden System nicht untersucht (NTB 1999 S.149 Abs. 5). In diesem Zusammenhang<br />
sollte auch der Modus der Zielvereinbarung vorab geklärt werden, was v.a. die Position der<br />
Sozialpartner im Diskussionsprozess betrifft.<br />
Systemfremde Motive für Ausgliederungen (werden diese beispielsweise nur durchgeführt,<br />
um die Zahl der öffentlich Bediensteten abzubauen), stoßen nicht nur auf Skepsis des RH<br />
(vgl. Fiedler 2001, S.33) sondern auch der Öffentlichkeit <strong>und</strong> v.a. der öffentlich Bediensteten.<br />
„Um das Problem der Überbesetzung zu lösen, sollte die B<strong>und</strong>esregierung besser eine
26<br />
gr<strong>und</strong>legende Strukturreform unter Einbindung der Beamtenschaft angehen“ (Fiedler 2001,<br />
S. 34). Der Rechnungshof erachtet Zielsetzungen, alleine die Anzahl der öffentlichen<br />
Bediensteten zu reduzieren <strong>und</strong> die Stellenpläne zu entlasten, nicht als ausreichende<br />
Begründung für eine Ausgliederung (vgl. TB 2000, S.23).<br />
Wird eine Ausgliederung als beste Lösung angesehen, kann im weiteren die eigentliche<br />
Evaluierung des Ausgliederungsvorhabens erfolgen.
5. Perspektiven der Evaluierung von Ausgliederungen<br />
5.1 Vorbemerkung<br />
27<br />
In diesem Kapitel werden die Kriterien behandelt, auf die im Rahmen einer ex-ante-<br />
Evaluierung eines konkreten Ausgliederungsvorhabens explizit Bezug genommen werden<br />
sollte. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass zunächst eine Aufgabenkritik erfolgen <strong>und</strong><br />
die beabsichtigte Ausgliederung erst dann Gegenstand einer Evaluierung sein sollte. D.h. es<br />
sollte bereits geprüft <strong>und</strong> begründet dargelegt worden sein, dass die geplante Ausgliederung<br />
als optimale Form der Erfüllung der konkret übertragenen (öffentlichen) Aufgaben<br />
angesehen wird.<br />
Die folgenden Ausführungen zu den Anforderungen <strong>und</strong> Kriterien, die bei einer<br />
umfassenden Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens bedacht werden sollten, beruhen<br />
- analytisch auf einem Konzept, das die in den Prozess der Ausgliederung involvierten<br />
Akteure <strong>und</strong> deren Interessen in ihrem politisch-ökonomischen Umfeld erfasst <strong>und</strong><br />
- empirisch auf einer Auswertung von Untersuchungen von <strong>und</strong> Erfahrungen mit<br />
Ausgliederungen, die in den letzten Jahren auf B<strong>und</strong>esebene durchgeführt worden sind.<br />
Die empirische Basis bilden insbesondere die im 2. Kapitel angeführten Untersuchungen <strong>und</strong><br />
Studien.<br />
In der Regel sind alle größeren Ausgliederungsvorhaben mit weitreichenden institutionellen,<br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Veränderungen verb<strong>und</strong>en. Von einer Ausgliederung werden<br />
die Interessen verschiedener Akteure in vielfältiger Weise berührt – dementsprechend<br />
werden auch die Folgen der geplanten organisatorischen Veränderungen unterschiedlich<br />
wahrgenommen <strong>und</strong> subjektiv bewertet.<br />
Dieser Komplexität versucht der hier vorgeschlagene Ansatz für das Vorgehen bei der<br />
Evaluierung <strong>und</strong> für die Auswahl der zur Bewertung herangezogenen Kriterien Rechnung zu<br />
tragen.<br />
Im Sinne einer politisch-ökonomischen Modellbetrachtung werden zunächst die wichtigsten<br />
(Gruppen von) Akteure(n) identifiziert, die üblicherweise in den Ausgliederungsprozess<br />
involviert sind bzw. von diesem maßgeblich betroffen sein können. Es handelt sich dabei um
28<br />
- die (Verwaltung der) Gebietskörperschaft, die beabsichtigt, eine bisher von ihr<br />
wahrgenommene Aufgabe im Wege einer Ausgliederung aus ihrem Haushalt<br />
auszulagern;<br />
- das zuständige gesetzgebende Organ (Parlament, Landtag, Gemeinderat), das<br />
entsprechende rechtliche Voraussetzungen schaffen soll;<br />
- den im Zuge der Ausgliederung entstehenden Rechtsträger, in der Regel ein<br />
Unternehmen des privaten oder öffentlichen Rechts, einschließlich Management <strong>und</strong><br />
Belegschaft vor <strong>und</strong> nach der Umwandlung;<br />
- die Marktteilnehmer, das sind Mitbewerber <strong>und</strong> Konsumenten, denen das ausgegliederte<br />
Unternehmen künftig seine Leistungen anbieten wird, einschließlich der Lieferanten <strong>und</strong><br />
Erbringer von Vorleistungen.<br />
Im Hinblick auf das Ziel einer problemadäquaten differenzierten Beurteilung einer geplanten<br />
Ausgliederung erscheint es zweckmäßig, verschiedene Evaluierungsebenen zu unterscheiden<br />
<strong>und</strong> für jede dieser Perspektiven geeignete Kriterien zu entwickeln.<br />
Auf jeder Ebene kann prozessbezogen unterschieden werden zwischen<br />
- der Phase der Vorbereitung, Organisation <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung <strong>und</strong><br />
- der Phase nach erfolgter Ausgliederung, dh im Hinblick auf die längerfristige Entwicklung<br />
der Aufgabenerfüllung in der Zukunft. Die angeführten Kriterien können für beide Phasen<br />
des Ausgliederungsprozesses von unterschiedlicher Bedeutung sein (zu einer weiteren<br />
Differenzierung s Obermann 1994).<br />
Es werden folgende sechs Ebenen der Evaluierung betrachtet:<br />
- Beziehungen zwischen Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem auszugliedernden bzw. künftig<br />
ausgegliederten Unternehmen/Rechtsträger<br />
- Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />
- Marktperspektive<br />
- Politisch-administrative Perspektive<br />
- Volkswirtschaftliche Perspektive<br />
- Gesellschaftspolitische Perspektive<br />
In diesem Kapitel werden zunächst die ersten fünf genannten Evaluierungsebenen<br />
untersucht. Im folgenden sechsten Kapitel werden anschließend – gewissermaßen
29<br />
ebenenübergreifend – ergänzend einige sensible Beurteilungskriterien behandelt, die<br />
wichtige verteilungs- <strong>und</strong> gesellschaftspolitische Aspekte betreffen <strong>und</strong> in einer umfassenden<br />
Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens nicht unberücksichtigt bleiben sollten.<br />
5.2 Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung<br />
1. Evaluierungsebene: Beziehungen zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />
auszugliedernden/ ausgegliederten Unternehmen<br />
Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der ausgliedernden<br />
Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen untersucht werden.<br />
Die wichtigsten evaluierungsrelevanten Themen <strong>und</strong> Kriterien betreffen die mit der<br />
Ausgliederung angestrebten Ziele, den Ausgliederungsprozess, die politische Steuerung des<br />
ausgegliederten Rechtsträgers, die erwarteten budgetären Konsequenzen <strong>und</strong> die Regelung<br />
der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung.<br />
1–1 Ausgliederungsziele<br />
Politische Motive <strong>und</strong> Ziele der Ausgliederung<br />
Eine klare Aussage der zuständigen Entscheidungsträger über die politischen Motive eines<br />
Ausgliederungsvorhabens <strong>und</strong> die mit diesem angestrebten wirtschaftlichen <strong>und</strong><br />
gesellschaftspolitischen Ziele ist eine selbstverständliche <strong>und</strong> unverzichtbare Anforderung<br />
jeder rationalen ex-ante-Evaluierung <strong>und</strong> auch Voraussetzung einer späteren ex-post-<br />
Bewertung.<br />
Eine operationale Formulierung der gewünschten Ziele ist zudem unerlässlich, um bereits<br />
vorweg prüfen zu können, ob die gesetzten Ziele überhaupt realistisch sind bzw. ob die<br />
Ausgliederung das zur Zielerreichung geeignete Mittel ist.<br />
Diese Forderung ist in der Praxis oft nicht erfüllt. Beispielsweise sind im Koalitionsabkommen<br />
<strong>und</strong> in anderen Veröffentlichungen die mit Ausgliederungen verb<strong>und</strong>enen Ziele nicht<br />
ausreichend operationalisiert (vgl. Rechnungshofberichte, Leitsmüller/Rossmann, 2001, S<br />
63, Fiedler 2001, S 32, FGG 2001, S2).<br />
Daten <strong>und</strong> Kennzahlen zur Evaluierung der Zielerreichung<br />
Ist auf politischer Ebene eine Einigung der angestrebten Ziele (Budgeteinsparung,<br />
Personalabbau, effizientere Aufgabenerfüllung, Vermögenserhaltung uam) erfolgt, sind diese<br />
Ziele bzw. Leistungsstandards anhand spezifischer Indikatoren <strong>und</strong> Erfolgskriterien zu<br />
operationalisieren.
30<br />
Eine klare Zielformulierung ist einerseits Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit (ex-post-<br />
Evaluierung) der Zielerreichung, andererseits sind eindeutige Zielformulierungen verbindliche<br />
Vorgaben, an denen sich sowohl die ausgegliederte Institution als auch die ausgliedernde<br />
Gebietskörperschaft ausrichten müssen. Solche Zielvorgaben wären beispielsweise<br />
Einnahmensteigerungen, Erhöhung von Besucherzahlen, Kostensenkung, verbesserte<br />
Servicequalität. Ohne konkretisierte Vorgaben besteht die Gefahr, dass die ausgegliederten<br />
Rechtsträger ein Eigenleben entwickeln, das in dieser Form nicht intendiert ist.<br />
Mitunter werden Zielverfehlungen vom B<strong>und</strong> selbst bewirkt <strong>und</strong> haben dann auch Konzeptänderungen<br />
zur Folge. Eine formalisierte Verfolgung der Ziele der Ausgliederungskonzepte,<br />
für die die Ressorts die Verantwortung tragen, wäre daher angezeigt. Dieses Vorgehen war<br />
bisher nur hinsichtlich der Unternehmenskonzepte des Managements feststellbar (vgl. FGG<br />
S1f).<br />
1–2 Ausgliederungsprozess<br />
Der Prozess der Ausgliederung eines Unternehmens ist im wesentlichen ein politischer<br />
Vorgang, der gewissen Regeln zu unterwerfen ist. Insbesondere soll durch diese die<br />
sachliche Begründung einer Ausgliederung nachvollziehbar sein <strong>und</strong> zur Erhöhung der<br />
Erfolgschancen einer Ausgliederung beigetragen werden.<br />
Zeitrahmen zur Planung <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung<br />
Für die Vorbereitung einer Ausgliederung muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, da<br />
die Qualität der Vorbereitung wesentlich den Erfolg der Ausgliederung beeinflusst.<br />
Start- bzw. Umsetzungsschwierigkeiten resultieren in der Praxis aus nicht genügender<br />
Vorbereitung sowie zu hohen Zeitdruckes bei der Umsetzung (siehe z.B. Ausgliederung der<br />
Datenverarbeitung aus dem B<strong>und</strong>esrechnungsamt TB 1999, S144, Abs.4, Ausgliederung der<br />
B<strong>und</strong>esversuchsanstalten, TB 1999, S 255, Abs.5, FGG 2001, S 1).<br />
Ausgliederungskonzept<br />
Im Vorfeld einer Ausgliederung ist die Erstellung eines schlüssigen Ausgliederungskonzeptes<br />
unerlässlich.<br />
Das Ausgliederungshandbuch des BMF 1998 sieht folgende wesentliche Inhalte für das<br />
Ausgliederungskonzept vor: Motive <strong>und</strong> Zielsetzung der Ausgliederung,<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Umfeldanalyse, Analyse der bestehenden Einheit,<br />
Grobdarstellung der neuen Organisation <strong>und</strong> Aufgaben der neuen Einheit (vgl. auch
31<br />
Rechnungshof TB 2000, S 22). Im Ausgliederungskonzept sind gegebenenfalls auch<br />
Vorkehrungen zu treffen, die eine soziale Ausgewogenheit der ergriffenen Maßnahmen<br />
gewährleisten. Für Umstrukturierungsverlierer können Arbeitsstiftungen, Umschulungen,<br />
outplacement-Unterstützung, Sozialpläne, Personalentwicklungsmaßnahmen vorgesehen<br />
werden (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 52ff).<br />
Gesetzliche Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Wahl der Rechtsform<br />
In den Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen über mögliche neue Organisationsformen sind auch die<br />
Rahmenbedingungen, denen Ausgliederungen unterliegen, einzubeziehen.<br />
Zu beachten sind dabei vor allem der verfassungsrechtliche Rahmen <strong>und</strong><br />
Kompetenzfestlegungen (vgl. Korinek 2000), dienstrechtliche Vorgaben, die vor allem die<br />
Dienstverhältnisse von übernommenen Beamten betreffen, haushaltspolitische<br />
Restriktionen, gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsbestimmungen, die beispielsweise<br />
Beihilfen oder Kartelle verbieten, steuerrechtliche <strong>und</strong> vergaberechtliche Aspekte sowie<br />
gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen, die eng mit der Definition von Art <strong>und</strong> Umfang<br />
staatlichen Handelns zusammenhängen.<br />
Die Wahl der geeigneten Rechtsform für einen ausgegliederten Rechtsträger ist davon<br />
abhängig, ob hoheitliche, gemeinwirtschaftliche oder privatwirtschaftliche Aufgaben zu<br />
erfüllen sind. Über die bei jeder Rechtsformentscheidung anzustellenden gesellschaftsrechtlichen<br />
oder sonstigen Überlegungen hinaus sind bei Ausgliederungen insbesondere die<br />
Steuerungsmöglichkeiten durch den öffentlichen Rechtsträger <strong>und</strong> die steuerrechtlichen<br />
Konsequenzen - auch im Hinblick auf die Leistungsbezieher - zu überprüfen.<br />
Unternehmenskonzept<br />
Jedes Unternehmen benötigt ein spezifiziertes Unternehmenskonzept, das die mittel- <strong>und</strong><br />
längerfristigen Ziele <strong>und</strong> die Politik der Unternehmensführung detailliert darstellt, die<br />
strategischen Ziele operationalisiert <strong>und</strong> Maßnahmen zur Zielerreichung vorsieht. Das<br />
Unternehmenskonzept kann auch durch ein umfassendes Ausgliederungskonzept nicht<br />
ersetzt werden. So wurde etwa festgestellt, dass nur weniger als die Hälfte der untersuchten<br />
Ausgliederungsfälle über ausformulierte <strong>und</strong> quantifizierte Unternehmenskonzepte verfügt<br />
hat (vgl. FGG 2001, S 8f).<br />
In den Ausgliederungsgesetzen werden die Aufgaben der Unternehmen vorgegeben. Die<br />
strategischen <strong>und</strong> operativen Kompetenzen sind an den Aufsichtsrat sowie an die<br />
Geschäftsführung zu delegieren, die im Regelfall das Unternehmenskonzept erarbeiten.
32<br />
Bei Ausgliederungen sollte das Unternehmenskonzept über die üblicherweise abzudeckenden<br />
Aspekte insbesondere auf folgende Fragen explizit eingehen - allfälliger<br />
Restrukturierungsbedarf, Marktpositionierung, Managementkapazität, Mitarbeiterqualifikation<br />
uam.<br />
Einbindung der Belegschaft in die Vorbereitung des Ausgliederungsprozesses<br />
Das Unternehmenskonzept sollte vom Management des neuen Unternehmens allenfalls<br />
unter Beziehung unabhängiger Experten erarbeitet werden, aber auch die betroffenen<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> die Belegschaftsvertretung sollten bereits in dieser Phase aktiv in das<br />
Ausgliederungsvorhaben eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />
Eine frühzeitige <strong>und</strong> umfassende Einbindung der Belegschaft erweist sich als eine für den<br />
Erfolg von Ausgliederungen wichtige Maßnahme, die in der Praxis oft vernachlässigt wird<br />
(vgl. Leitsmüller/Rossman 2001, S 63f).<br />
Monitoring <strong>und</strong> Evaluierung des Ausgliederungsprozesses<br />
Der Ausgliederungsprozess sollte durch ein professionelles Monitoring begleitet werden;<br />
diese wichtige Begleitmaßnahme ist insbesondere für größere Ausgliederungsvorhaben zu<br />
fordern.<br />
Weiters sollte jeder ausgegliederte Rechtsträger in regelmäßigen Abständen hinsichtlich der<br />
konsequenten Umsetzung der Vorhaben <strong>und</strong> der Erreichung der vorgegebenen Ziele<br />
evaluiert werden. Eine derartige ex-post-Evaluierung könnte sowohl durch den Eigentümer<br />
als auch durch parlamentarische Kontrolleinrichtungen erfolgen.<br />
1–3 Politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers<br />
Steuerungsmodell <strong>und</strong> Rollenverteilung<br />
Unabhängig von der Frage der gewählten Rechtsform stellt sich im Hinblick auf die optimale<br />
Aufgabenerfüllung der ausgegliederten Einheit die Frage nach dem adäquaten Modell der<br />
Zielvorgabe <strong>und</strong> Steuerung durch den öffentlichen Eigentümer bzw. Trägerhaushalt (vgl.<br />
KDZ 1999, S 170).<br />
Jede Regelung muss eine transparente <strong>und</strong> wirksame Trennung von politischer <strong>und</strong><br />
unternehmerischer Verantwortung sicherstellen. Von zentraler Bedeutung ist die strikte<br />
Vermeidung der politischen Einflussnahme auf das operative Tagesgeschäft <strong>und</strong> eine klare<br />
Trennung der Zuständigkeiten. Die Politik gibt die Ziele vor, was erreicht werden soll <strong>und</strong>
33<br />
was die Aufgaben des auszugliedernden Unternehmens sind. Dazu ist eine geeignete<br />
Rechtsform zu suchen <strong>und</strong> sind die Kontrollinstanzen festzulegen. Der Eigentümer muss in<br />
der Folge auch seine Rolle, wie sie etwa im Gesellschaftsrecht festgelegt wird, wahrnehmen.<br />
Die Festlegung einer klaren Organverantwortung <strong>und</strong> die Einhaltung der Rollenverteilung<br />
zwischen Eigentümer, Aufsichtsrat <strong>und</strong> Vorstand ist unerlässlich.<br />
Dem auszugliedernden Unternehmen wiederum ist ausreichend Autononomiespielraum für<br />
eigenverantwortliches Agieren zu lassen. Wie die definierten Ziele erreicht werden, fällt in<br />
den Kompetenzbereich des ausgegliederten Rechtsträgers.<br />
Es sollte überprüft werden, ob im Zuge der Ausgliederung geeignete Rahmenbedingungen<br />
für eine Selbststeuerung geschaffen werden können. Solche Bedingungen, die die<br />
Selbststeuerung ermöglichen, betreffen die Verteilung der Zuständigkeiten, den Einsatz<br />
geeigneter interner Steuerungsinstrumente, die Ausschöpfung von Marktpotentialen uam<br />
(vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 45).<br />
Steuerungsdefizite entstehen, wenn Kompetenzfragen nicht vorab geklärt – etwa<br />
Mitwirkungskompetenzen der ausgegliederten Gebietskörperschaft – oder Aufgabenvorbehalte<br />
unzureichend geregelt werden (FGG 2001, S 7).<br />
Leistungsauftrag an das ausgegliederte Unternehmen<br />
Der Leistungsauftrag zwischen dem jeweiligen Ressort <strong>und</strong> dem ausgegliederten<br />
Unternehmen ist möglichst umfassend zu regeln <strong>und</strong> wird meist im Ausgliederungsgesetz<br />
festgelegt. Ein Leistungsauftrag kann etwa Rahmenvereinbarungen über Leistungen für den<br />
B<strong>und</strong>, Fruchtgenussverträge, Mietverträge u.ä. umfassen (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001,<br />
S 46).<br />
Steuerungsinstrumente<br />
Ausgliederungen bringen in der Regel wichtige Impulse zur Modernisierung der<br />
Unternehmenssteuerung mit sich. Die Einführung moderner interner Steuerungsinstrumente<br />
ist - nicht nur im Falle einer Ausgliederung - unerlässlich.<br />
Eine Reorganisation des betrieblichen Rechnungswesens reicht von der Einführung einer<br />
Kostenrechnung sowie von Controlling- bzw. Revisionsabteilungen bis hin zu einer<br />
integrativen Vernetzung aller Steuerungseinheiten.<br />
Ein Controllingsystem ermöglicht laufende <strong>und</strong> umfassende Planung, Steuerung <strong>und</strong><br />
Kontrolle. Bei der Einführung betrieblicher Informationssysteme ist der notwendige Zeitbedarf<br />
zu deren Implementierung zu beachten. Auch muss die Übertragbarkeit privatwirtschaftlicher
34<br />
Leistungen auf neu auszugliedernde Gesellschaften bedacht <strong>und</strong> die dabei erzielbare<br />
Qualität überprüft werden.<br />
1–4 Budgetäre Konsequenzen für den Trägerhaushalt<br />
Einmalige Budgeteffekte<br />
Einmalige Budgeteffekte - die freilich durchaus über mehrere Jahre verteilt anfallen können -<br />
resultieren aus den Aufwendungen zur Vorbereitung der geplanten Ausgliederung einer<br />
Einheit (Umstrukturierungen, Investitionen, uam.) sowie aus der notwendigen<br />
Erstausstattung des neuen Unternehmens mit Eigenkapital (Sozialkapital) <strong>und</strong> sonstigen<br />
Vermögenswerten (Gr<strong>und</strong>stücken, Rechten uam.)<br />
Eine ausreichende Kapitalausstattung zum Zeitpunkt der Ausgliederung ist für eine langfristig<br />
positive Unternehmensentwicklung von großer Bedeutung. Die Umstrukturierungs- <strong>und</strong><br />
Neuorientierungsphase kann mit hohen Investitions- <strong>und</strong> Marktrisken verb<strong>und</strong>en sein. Das<br />
ausgegliederte Unternehmen muss genügend Kapital haben, um nicht bei den ersten<br />
Schwierigkeiten Reorganisationsbedarf anmelden zu müssen.<br />
Erwartete zeitliche Entwicklung der Budgeteffekte<br />
Ob mit Ausgliederungen tatsächlich die gewünschten budgetären Auswirkungen erreicht<br />
werden, ist in der Praxis aus mehreren Gründen oft nur schwierig zu ermitteln. Zum einen<br />
deshalb, da Verflechtungen zwischen dem B<strong>und</strong>eshaushalt <strong>und</strong> den ausgegliederten<br />
Unternehmen sehr vielschichtig sein können. Die Verbuchungen der Zahlungsströme<br />
erfolgen zumeist in verschiedenen Budgetkapiteln <strong>und</strong> sind in vielen Fällen im Detail nicht<br />
nachvollziehbar (Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Leistungsentgelte). Externe Wirkungsanalysen<br />
werden weiters dadurch erschwert, dass die Ausgliederungsvorgänge <strong>und</strong> die<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Zielsetzungen nicht transparent gemacht werden. Selbst anhand<br />
teilweise vorhandener Vorschaurechnungen lassen sich die erwarteten Ergebnisse nicht<br />
immer nachvollziehen (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 47).<br />
Notwendig sind Vorschaurechnungen, die zeigen, wodurch Budgetentlastungen erreicht<br />
werden sollen (z.B. Senkung der Personalkosten, höhere Reisekosten <strong>und</strong> Gebühren), <strong>und</strong><br />
welche Folgekosten zu erwarten sind (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 47).<br />
Besondere Bedeutung haben weiters dienst- <strong>und</strong> haushaltsrechtliche Bindungen<br />
(Stellenplan, Mitwirkungsbefugnisse der öffentlichen Verwaltung, Bezugsbeschränkungen).<br />
Da auch bei ausgegliederten Organisationen Personalkosten weiterhin bei den<br />
Gebietskörperschaften anfallen, können eventuell entstehende Parallelorganisationen
35<br />
insgesamt zu Kostensteigerungen führen. Der B<strong>und</strong> vergütet etwa den ausgegliederten<br />
Unternehmen weiterhin die Personalausgaben für jene Bediensteten, die Beamte sind. Ob<br />
Ausgliederungen tatsächlich zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen, hängt in<br />
vielen Fällen wesentlich von den Bindungen im Personalbereich ab.<br />
Nachhaltigkeit der Budgetentlastung<br />
Mit einer Ausgliederung wird häufig die Absicht einer nachhaltigen Entlastung des Budgets<br />
der Trägerkörperschaft verfolgt.<br />
Zur umfassenden Beurteilung, ob längerfristig nachhaltige Budgetentlastungen erwartet<br />
werden können, sind die Zahlungsströme zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />
ausgegliederten Unternehmen über längere Zeiträume sowohl vor der Ausgliederung als<br />
auch nach erfolgter Ausgliederung zu untersuchen.<br />
Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit erscheint es notwendig, über den rein<br />
zahlungsstromorientierten Ansatz hinaus zu gehen <strong>und</strong> weitere Faktoren, wie die<br />
Entwicklung des Unternehmenswertes durch die Reorganisation oder die Änderung der<br />
Unternehmensphilosophie zu berücksichtigen (Leitsmüller/Rossmann 2001, S 48).<br />
1–5 Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung<br />
Eigenkapitalzufuhr <strong>und</strong> Haftungen<br />
Eine Gebietskörperschaft als Eigentümer eines ausgegliederten Unternehmens hat<br />
sicherzustellen, dass der für eine erfolgreiche Wirtschaftstätigkeit längerfristig erforderliche<br />
Finanzierungs- <strong>und</strong> Kapitalbedarf des Unternehmens bedeckt werden kann. Soweit die<br />
erwirtschafteten Gewinne nicht ausreichen, muss allenfalls Eigenkapital zugeführt oder die<br />
Fremdmittelaufnahme durch Haftungen des Eigentümers ermöglicht werden.<br />
Zahlungsströme durch Gewinne <strong>und</strong> Verluste<br />
Bei Ausgliederungen sollte sichergestellt sein, dass die Gebietskörperschaft nicht mehr zur<br />
Abdeckung ungeplanter Verluste herangezogen werden. Solche Verlustabdeckungen sind<br />
zwar meist nicht vorgesehen, werden in einzelnen Fällen aber doch notwendig. Geeignete<br />
Finanzierungsformen bzw. Verlustabdeckungen sind frühzeitig ausreichend abzuklären.<br />
Sonstige Eigentümerrisiken<br />
Besonders zu bedenken sind unternehmerische Risken oder Schulden der ausgegliederten<br />
Organisationen, die das Budget belasten könnten. Folgekosten könnten beispielsweise<br />
durch den Konkurs des ausgegliederten Unternehmens entstehen. Eventuell fallen auch
36<br />
Kosten dadurch an, dass die ausgliedernde Gebietskörperschaft Reservekapazitäten zur<br />
Leistungserbringung aufrecht erhalten muss, um im Fall eines Konkurses einspringen zu<br />
können. Auch in diesem Fall sind vorab die Risiken <strong>und</strong> Haftungen des Trägerhaushaltes zu<br />
klären.<br />
Weiters ist zu prüfen, ob die Opportunitätskosten der Kapitalbindung durch ausgegliederte<br />
Unternehmen nicht höher sind als dessen Gewinnabfuhr an den Trägerhaushalt.<br />
2. Evaluierungsebene: Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />
Auf dieser Ebene erfolgt die Untersuchung des ausgegliederten Rechtsträgers <strong>und</strong> seiner<br />
Leistungserbringung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive.<br />
Die Kriterien betreffen vor allem Fragen der Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung,<br />
Unternehmensführung <strong>und</strong> Managementaufgaben sowie Konsequenzen auf<br />
Personalwirtschaft <strong>und</strong> Mitarbeiterbeziehungen.<br />
2–1 Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung<br />
Vorgegebenes <strong>und</strong> erwartetes Leistungsangebot<br />
Nicht alle vom Staat wahrgenommenen Aufgaben sind für eine Ausgliederung gleich<br />
geeignet, vielmehr kommt es auf die Art der jeweiligen Aufgabe an. Zu unterscheiden sind<br />
hoheitliche,<br />
Tätigkeiten.<br />
gemeinwirtschaftliche oder privatwirtschaftliche (erwerbswirtschaftliche)<br />
Hoheitliche Tätigkeiten umfassen Aufgaben, bei denen der Staat als Ordnungsautorität tätig<br />
wird (siehe zum folgenden TB 2000, S 17). Diese sind vergleichsweise weniger zur<br />
Ausgliederung geeignet als marktbezogene Tätigkeiten, die gr<strong>und</strong>sätzlich nur ein<br />
eingeschränktes Tätigwerden des Staates erfordern würden. Im hoheitlichen Tätigkeitsbereich<br />
greifen einerseits die verfassungsrechtlichen Schranken, andererseits erscheint eine<br />
Übertragung hoheitlicher Aufgaben aus volkswirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftspolitischen<br />
Überlegungen problematisch. Der Staat erbringt hoheitliche Leistungen - etwa innere <strong>und</strong><br />
äußere Sicherheit, Rechtssicherheit, funktionierendes Justizsystem <strong>und</strong> soziale Leistungen -<br />
die nicht über Angebot <strong>und</strong> Nachfrage steuerbar sind. Zudem fehlt im hoheitlichen<br />
Tätigkeitsbereich gr<strong>und</strong>sätzlich der Wettbewerb.<br />
Im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Tätigkeit ist die Aufgabe des Staates u.a. die<br />
Sicherstellung von Leistungen, die im öffentlichen Interesse gelegen sind. Das sind zum
37<br />
einen Leistungen, die der Abdeckung eines gesellschaftlichen Bedarfs dienen (z.B.<br />
Bereitstellung von öffentlichem Verkehr, Kranken– <strong>und</strong> Altersversorgung, Betrieb von<br />
Infrastruktureinrichtungen), zum anderen sind es Leistungen, deren Konsum positive<br />
Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft hat (z.B. Bildung, Kultur, Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge,<br />
Alterssicherung). Gemeinwirtschaftliche Leistungen werden unter Wettbewerbsbedingungen<br />
am freien Markt nicht oder nicht im gesellschaftlich erwünschten Ausmaß erbracht.<br />
Ausgliederungen von gemeinwirtschaftlichen Aufgaben bedürfen daher flankierender<br />
gesetzlicher Maßnahmen (z.B. Definition der Ziele <strong>und</strong> Aufgaben, Kontrahierungszwang,<br />
staatliche Kontrolle).<br />
Der Staat nimmt auch erwerbswirtschaftliche Aufgaben wahr, die der Gewinnerzielung (unter<br />
Wettbewerbsbedingungen) dienen (z.B. Bankdienstleistungen, Produktionsbetriebe). In<br />
diesen Fällen der unternehmerischen Tätigkeiten scheinen Ausgliederungen vergleichsweise<br />
am vorteilhaftesten zu sein. Gerade bei gewinnorientierten Tätigkeiten sollten aber auch<br />
andere Alternativen der Aufgabenerfüllung in Betracht gezogen werden.<br />
Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen<br />
Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen liegen im<br />
Unternehmen selbst aber auch in der Gestaltung der Beziehungen des Unternehmens zur<br />
ausgliedernden Gebietskörperschaft.<br />
Neue Unternehmensstrategien erfordern oft neue Strukturen („structure follows strategy“). Im<br />
Falle des auszugliedernden Unternehmens ist zu prüfen, ob hierarchische <strong>und</strong> bürokratische<br />
Strukturen (mit vielen Ebenen <strong>und</strong> nicht immer eindeutig erkennbaren Zuständigkeiten)<br />
geeignet sind, moderne Strategien umzusetzen, oder ob neben der Aufbau- auch die<br />
Ablauforganisation verändert werden muss. Privatrechtliche Organisationsformen<br />
begünstigten die Befolgung betriebswirtschaftlicher Prinzipien <strong>und</strong> raschere<br />
Entscheidungsabläufe (TB 2000, S 18).<br />
Allerdings wird durch Ausgliederungen Flexibilität (flexibles Organisationsmanagement) nicht<br />
automatisch erreicht; auch in ausgegliederten Organisationen entstehen bürokratische<br />
Strukturen. Dienstrechtliche Vorschriften sind weiterhin meist zu beachten <strong>und</strong> v.a. dann<br />
schlagend, wenn viele Beamte übernommen wurden.<br />
Auch die „Nähe zum Staat“ wird nicht konsequent losgelassen <strong>und</strong> führt zu Effizienzeinbußen,<br />
wenn nicht genügend potentielle Konkurrenten zum Erbringen der Leistung am<br />
Markt sind (eingeschränkter Wettbewerb). Das ist dann der Fall, wenn ein staatliches
38<br />
Monopol quasi durch ein privates ersetzt wird. Vielfach fehlt weiterhin der Druck des<br />
Marktes, während dienst- <strong>und</strong> haushaltsrechtliche Bindungen entfallen.<br />
Effizienzsteigerungen als Ergebnis von Ausgliederungen werden in der Praxis im<br />
wesentlichen erzielt durch die Reduktion der Personalkosten <strong>und</strong> Einsparungen im<br />
Verwaltungsbereich sowie durch einnahmenseitige Maßnahmen.<br />
Die Reduktion der Personalkosten resultiert aus Mengen- <strong>und</strong>/oder Preiseffekten.<br />
Personalabbau kann durch natürlichen Abgang oder durch Kündigungen (gegebenenfalls in<br />
Kombination mit einem Sozialplan) erreicht werden. Preiseffekte entstehen durch neue<br />
Kollektivverträge oder neue Gehaltsschemen. Einnahmenseitige Effekte beruhen auf<br />
Bemühungen zur Festigung des Stammgeschäftes bzw. zur Erschließung neuer<br />
Umsatzpotentiale. Einen geringeren Einfluss haben das – mit der betriebswirtschaftlichen<br />
Orientierung verb<strong>und</strong>ene - erhöhte Kostenbewusstsein <strong>und</strong> der mit der Reorganisation<br />
gestiegene Unternehmenswert (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 49ff).<br />
Rentabilitätskriterien <strong>und</strong> Erfolgsindikatoren<br />
Soweit es sich um erwerbswirtschaftliche Aufgaben <strong>und</strong> Leistungen handelt, die das<br />
ausgegliederte Unternehmen künftig erbringen soll, erscheint eine Bewertung anhand von<br />
gängigen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen <strong>und</strong> Indikatoren in der Regel unproblematisch.<br />
Es finden sich in den vorliegenden Studien zahlreiche Beispiele, wie entsprechend der<br />
spezifischen Aufgabenstellung eine adäquate Erfassung der betrieblichen <strong>und</strong><br />
unternehmerischen Leistung erfolgen kann (zB FGG 2001, Leitsmüller/Rossman 2001,<br />
Rechnungshof TB).<br />
Kosten- <strong>und</strong> Leistungstranparenz<br />
Auch die erwarteten Verbesserungen der Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz können durch<br />
eine entsprechende Aufbereitung der Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen, die auch zur Evaluierung<br />
der Zielerreichung verwendet werden, sichtbar gemacht werden (zB durch Kennzahlen <strong>und</strong><br />
Indikatoren zur Entwicklung der Leistungsprozesse, Produktivität, Weiterentwicklung des<br />
Leistungsspektrums, Qualität der Leistungserbringung).<br />
2–2 Unternehmensführung<br />
Bei jeder Ausgliederung ist auf entsprechende Managementerfahrung der neuen<br />
Führungsmannschaft besonderes Augenmerk zu legen. Sowohl bei der Entsendung in den<br />
Aufsichtsrat als auch bei der Bestellung des Managements ist die Berücksichtigung<br />
entsprechender Qualifikationen von zentraler Bedeutung.
39<br />
Die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente hängt eng mit der Veränderung der<br />
Unternehmenskultur zusammen, da Entscheidungskompetenz <strong>und</strong> Eigenverantwortung<br />
vermehrt auf das Management <strong>und</strong> die Mitarbeiter übertragen werden. Da dieser Prozess<br />
erhebliche Zeit erfordern kann, sollte das Management auf allfällige<br />
Umstellungsschwierigkeiten vorbereitet sein.<br />
Geprüft werden sollte, ob die Organisation an den Gr<strong>und</strong>sätzen des New Public<br />
Managements ausgerichtet ist bzw. wie weit dies realisiert werden kann. Neue<br />
Managementmethoden wie Total Quality Management, Balanced Score Card etc. sowie<br />
Maßnahmen im Bereich Organisations- <strong>und</strong> Personalentwicklung sollten vorbereitet bzw. auf<br />
ihre Übertragbarkeit auf den öffentlichen Sektor bzw. bisher öffentliche Unternehmen<br />
überprüft werden, da diese Instrumente ein hohes Potential für nachhaltige<br />
Effizienzsteigerungen versprechen (Leitsmüller/Rossmann 2001, S.55).<br />
2–3 Personalwirtschaft / Mitarbeiterbeziehungen <strong>und</strong> Konsequenzen der<br />
Ausgliederung<br />
Flexibilität der Personalpolitik <strong>und</strong> Förderung der Humanressourcen<br />
Ausgliederungen bringen in der Regel neue rechtliche Bedingungen für die Beschäftigten<br />
<strong>und</strong> ermöglichen damit mehr Flexibilität der Personalpolitik. Einige Gruppen von Mitarbeitern<br />
können dadurch zu Verlierern werden <strong>und</strong> sollten gegebenenfalls angemessen kompensiert<br />
werden. Neuaufnahmen von Mitarbeitern erfolgen nach Ausgliederungen meist auf<br />
privatrechtlicher Basis, die Arbeitsverhältnisse unterliegen damit nicht den dienst-,<br />
besoldungs- <strong>und</strong> haushaltsrechtlichen Bindungen der staatlichen Verwaltung (z.B.<br />
Stellenplan, Mitwirkungsbefugnisse Oberster Organe, bezugsmäßige Schranken) (vgl. TB<br />
2000 S 19).<br />
Für viele Fragen im Zusammenhang mit einer Ausgliederung sind die Qualität des<br />
Managements, die Organisationskultur <strong>und</strong> das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter von<br />
zentraler Bedeutung. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich das Unternehmen vorher nicht<br />
in einem kompetitiven Umfeld bewegt hat. Je weniger dies der Fall war, umso mehr müssen<br />
Bemühungen in Richtung Organisations- <strong>und</strong> Personalentwicklung unternommen werden,<br />
um die dazu vorhandenen Ressourcen zu entwickeln. Derartige Maßnahmen sollten bereits<br />
im Ausgliederungskonzept berücksichtigt werden. Zu prüfen ist, ob die Qualifikationen der<br />
ArbeitnehmerInnen in betriebswirtschaftlichen Belangen den Anforderungen eines<br />
privatwirtschaftlich ausgerichteten Unternehmens entsprechen. Damit sind Fragen nach
40<br />
Konzepten zu Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Controlling, Transparenz<br />
<strong>und</strong> Kontrolle zu stellen.<br />
Die Auswirkungen auf die Belegschaft sind möglichst detailliert darzustellen<br />
(Personalreduktion, Segmentierung der Belegschaft, flexiblerer Personaleinsatz, dienst- <strong>und</strong><br />
pensionsrechtliche Veränderungen, Fragen der Personalentwicklung, Übertrittregelungen,<br />
Rolle der Belegschaftsvertretung uam.).<br />
Dienstrechtliche <strong>und</strong> arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, Mitbestimmungsaspekte<br />
Auch wenn durch eine Ausgliederung nicht in bestehende Verträge eingegriffen wird, sollte<br />
dennoch den Mitarbeitern die Möglichkeit der Übernahme in ein neues System gegeben<br />
werden.<br />
Um Übertritte in neue Dienstrechts- <strong>und</strong> Gehaltsschemen zu fördern wurden in bisherigen<br />
Ausgliederungen Boni (z.B. höhere Einstufung, Ausgleichszahlungen) gewährt. Allerdings<br />
wurde bisweilen eine echte Wahlmöglichkeit durch „Versteinerung“ des alten Dienstrechts<br />
eingeschränkt (vgl. Leitmüller/Rossmann 2001, S 54).<br />
Durch Ausgliederungen werden auch für die Belegschaftsvertretung andere Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />
gültig. Es findet ein Wechsel vom Personalvertretungsrecht in das Arbeitsverfassungsgesetz<br />
statt, was teilweise Übergangsbestimmungen nötig macht; die<br />
Mitbestimmungsstrukturen<br />
entstehen.<br />
können dadurch komplexer werden <strong>und</strong> Unsicherheiten<br />
Kennzahlen<br />
Die mit dem Ausgliederungsvorhaben verb<strong>und</strong>enen bzw. erwarteten Entwicklungen im<br />
personalwirtschaftlichen Bereich sind durch geeignete Kennzahlen nachvollziehbar zu<br />
dokumentieren.<br />
3. Evaluierungsebene: Marktperspektive<br />
Die Marktperspektive soll den Fokus der Evaluierung auf die Wettbewerbsverhältnisse<br />
richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong> dessen Mitbewerber künftig<br />
agieren werden.<br />
Die Kriterien betreffen Marktform <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse, wirtschaftliche<br />
Auswirkungen auf Mitbewerber, Konsequenzen des Markteintrittes des neuen Unternehmens<br />
auf das Leistungsangebot (Preise, Qualität, Verfügbarkeit uam) aus dem Blickwinkel der
41<br />
Leistungsbezieher bzw Nachfrager, Veränderungen bezüglich des Beschaffungswesens<br />
auch in regionalwirtschaftlicher Hinsicht sowie Fragen der längerfristigen Sicherung des<br />
Unternehmensbestandes.<br />
3–1 Märkte <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse<br />
Marktchancen <strong>und</strong> Ertragspotentiale - privilegierte oder benachteiligte Stellung des<br />
Unternehmens<br />
Ausgliederungen sollen zu einer stärkeren K<strong>und</strong>enorientierung sowie zur Schaffung <strong>und</strong><br />
Förderung von Marktwettbewerb führen, um die Effizienz der Leistungserstellung zu steigern.<br />
Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Marktfähigkeit der Produkte <strong>und</strong> die Frage, wieweit<br />
Wettbewerb mit diesen Leistungen möglich ist.<br />
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, ob das Aufgabengebiet <strong>und</strong> der<br />
Leistungsumfang der ausgegliederten Einheit unverändert bleiben soll oder ob es sich bei<br />
Ausgliederungen um Neugründungen handelt, denen bisherige <strong>und</strong> auch neue Aufgaben<br />
übertragen werden.<br />
Bei den Aufgaben kann es sich um gewerblichen Tätigkeiten, Marktleistungen oder<br />
Leistungen für die öffentliche Hand im Rahmen von Leistungsverträgen handeln. Es ist zu<br />
prüfen, welche Wettbewerbsverhältnisse bestehen, wie die Ertragspotentiale für das<br />
ausgegliederte Unternehmen einzuschätzen sind (neue Produkte bzw. neue Märkte,<br />
Markterfahrung des Unternehmens uam.).<br />
Bei dreizehn von der FGG untersuchten Unternehmen wurden fünf dem uneingeschränkten<br />
Wettbewerb ausgesetzt (allerdings mit teilweiser Sonderstellung am Markt), drei<br />
Gesellschaften verrechnen ihre Sonderleistungen über Sätze, Gebühren oder aufgr<strong>und</strong> von<br />
festgesetzten Regeln, weitere drei Gesellschaften werden gänzlich oder in mehrheitlichem<br />
Umfang vom B<strong>und</strong> finanziert (vgl. FGG 2001, S 5f).<br />
Besonderes Augenmerk gilt der Stellung des Unternehmens am Markt (Erstausstattung,<br />
Kostenstruktur, Sonderrechte, Auflagen uam.) <strong>und</strong> bestehenden Bindungen an die<br />
öffentliche Hand im Hinblick darauf, ob das ausgegliederte Unternehmen eine privilegierte<br />
oder benachteiligte Stellung am Markt einnehmen wird.<br />
Staatliche Mitwirkungsmaßnahmen <strong>und</strong> Regulierungseingriffe<br />
Es ist zu prüfen, ob im Hinblick auf die Aufgabenstellung <strong>und</strong>/oder die Marktform (z.B.<br />
monopolitische Strukturen) künftig staatliche Interventionen erforderlich sind (z.B. zur<br />
Sicherung des Wettbewerbs oder bestimmter Leistungen). Besonders im Fall gemeinwirt
42<br />
schaftlicher Leistungen <strong>und</strong> Leistungen mit öffentlichem Gutscharakter können<br />
Regulierungsmaßnahmen erforderlich sein, damit das Angebot sichergestellt ist, der<br />
Wettbewerb funktioniert, niemand von der Nutzung ausgeschlossen wird oder bestimmte<br />
Qualitätsstandards eingehalten werden.<br />
3–2 Konsequenzen für Mitbewerber<br />
Fairer versus verzerrter Wettbewerb<br />
Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden ist zu prüfen, mit welcher Ressourcenausstattung<br />
das auszugliedernde Unternehmen in den Markt entlassen wird. Ein<br />
branchenunüblich gut ausgestattetes Unternehmen (Kapital, Standort, Rechte uam.) hat über<br />
längere Zeit günstigere Kostenbedingungen <strong>und</strong> könnte daher zu wesentlich günstigeren<br />
Konditionen anbieten als die übrigen Marktteilnehmer.<br />
Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch die Art der Kalkulation der Leistungen des<br />
ausgegliederten Unternehmens (Vollkosten- versus Teilkostenkalkulation). In diesem<br />
Zusammenhang können auch Steuerprivilegien <strong>und</strong>/oder Änderungen der Steuerpflicht<br />
gegenüber der Situation vor der Ausgliederung eine Rolle für die Wettbewerbsposition<br />
spielen.<br />
Auswirkungen auf vorgelagerte Märkte<br />
Aufgr<strong>und</strong> der besonderen Vorleistungsstruktur bei manchen öffentlichen Leistungen sind die<br />
Konsequenzen einer Ausgliederung auch im Hinblick auf die Beschaffungsmärkte zu<br />
untersuchen.<br />
3–3 Konsequenzen für Leistungsabnehmer/Nachfrager<br />
Leistungsangebot, Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit, Qualitätsdimension,<br />
Preisgestaltung, K<strong>und</strong>enzufriedenheit.<br />
Durch Ausgliederungen soll eine stärkere Ausrichtung auf die Bedürfnisse <strong>und</strong> am Nutzen<br />
der Leistungsbezieher erfolgen. Neben der Preisgestaltung ist die Einhaltung von<br />
Qualitätsstandards ein wesentlicher Faktor der Beurteilung der Leistungserbringung.<br />
Eine sachgerechte Beurteilung der Auswirkungen auf die Bezieher <strong>und</strong> Konsumenten der<br />
Leistungen einer ausgegliederten Einheit muss auf den jeweiligen Einzelfall abstellen.<br />
Entsprechend den konkreten Aufgaben <strong>und</strong> Leistungen sind geeignete Indikatoren für die<br />
oben genannten Kriterien heranzuziehen. In der Praxis sind solche branchen- oder<br />
leistungsspezifischen Kennzahlen <strong>und</strong> Indikatoren in der Regel verfügbar. Ein allgemeiner
43<br />
Indikatorenkatalog kann angesichts der unterschiedlichen Leistungen ausgegliederter<br />
Unternehmungen nicht angegeben werden – die Ausgliederungen sind sehr heterogen (z.B.<br />
BIG - Statistik Austria - ÖBB).<br />
Eine veränderte Leistungserstellung nach der Ausgliederung kann zu Konflikten mit der<br />
Erfüllung sozialer Ziele führen, beispielsweise wenn Sozialtarife nicht mehr gewährt werden<br />
(können). Verteilungsfragen sollten jedenfalls in einem größeren Zusammenhang gesehen<br />
werden; dem Staat stehen neben eigenem Angebot auch andere verteilungspolitische<br />
Maßnahmen zur Verfügung (Siehe auch 6. Kap.).<br />
3–4 Längerfristige Sicherung des Bestandes des Unternehmens<br />
Unter Berücksichtigung der rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Rahmenbedingungen <strong>und</strong> der<br />
Vorgaben im Ausgliederungskonzept ist zu prüfen, ob der längerfristige Bestand des<br />
Unternehmens als gesichert angesehen werden kann.<br />
Für die längerfristige Krisenfestigkeit spielt die Kapitalausstattung des Unternehmens eine<br />
wichtige Rolle. Je höher die Gefahr von Verlusten ist, desto besser sollte die<br />
Ressourcenausstattung sein. Zum anderen müssen auch die wirtschaftlichen Vorgaben<br />
geprüft werden. Es dürfen einem ausgegliederten Rechtsträger nicht Ziele vorgegeben<br />
werden, die bei realistischer Einschätzung nicht oder kaum erreichbar sind (weil z.B. keine<br />
privatwirtschaftliche Nachfrage nach den angebotenen Leistungen besteht).<br />
Im Zusammenhang mit der Ausgliederung der B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH wurden die<br />
vergaberechtlichen Bestimmungen der EU nicht berücksichtigt, was die Erreichung des für<br />
den ausgegliederten Rechtsträger vorgegebenen Zieles, am freien Markt Aufträge zu<br />
akquirieren, zunichte machte (Fiedler 2001, S 30). Im Falle der Ausgliederung der B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften<br />
wurden die Chancen, sich am Markt zu etablieren, überschätzt<br />
(Rechnungshof TB 1999, S 260, Abs.11).<br />
4. Evaluierungsebene: Politisch - administrative Perspektive<br />
Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen der geplanten<br />
Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Parlaments <strong>und</strong> anderer<br />
berufener Kontrollorgane zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur ausgegliederten Institution zu<br />
beurteilen.
44<br />
Wichtige Kriterien betreffen haushaltsrechtliche Probleme, Sicherung parlamentarischer<br />
Kontrollrechte <strong>und</strong> Aufsichtsfunktionen sowie die dauerhafte Absicherung des öffentlichen<br />
Interesses an ausgelagerten Aufgaben.<br />
4–1 Haushaltsrechtliche Aspekte<br />
Verletzung von Budgetgr<strong>und</strong>sätzen<br />
Durch Ausgliederungen werden die Budgetgr<strong>und</strong>sätze der Vollständigkeit, Klarheit, Wahrheit<br />
<strong>und</strong> Einheit verletzt (siehe dazu <strong>und</strong> im folgenden Fiedler 2001, S 10ff).<br />
Flucht aus dem Budget, Entlastung des Haushalts, Finanzschulden <strong>und</strong> Haftungen<br />
des Trägerhaushaltes<br />
Das Phänomen der Flucht aus dem Budget durch Ausgliederungen hat weitreichende<br />
Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte <strong>und</strong> die parlamentarische Kontrolle. Wenn<br />
Gebietskörperschaften weiterhin garantieren, finanzielle Defizite zu decken, können<br />
Ausgliederungen eine Flucht in künftige Budgets oder andere Budgetbereiche bedeuten.<br />
Die zumeist mit Haftungsübernahmen des B<strong>und</strong>es langfristig eingegangenen<br />
Verbindlichkeiten der ausgegliederten Rechtsträger sind - entgegen dem Gr<strong>und</strong>satz der<br />
Budgetwahrheit nicht als Finanzschulden des B<strong>und</strong>es ersichtlich gemacht ("Graue<br />
Finanzschuld“), womit die am Stand bzw. am Neuzugang der Finanzschulden des<br />
B<strong>und</strong>eshaushalts („Budgetdefizit“) ausgerichteten Kennzahlen (z.B. im Vergleich zum<br />
Bruttoinlandsprodukt) zur Beurteilung des Fortschreitens der Budgetkonsolidierung nur<br />
eingeschränkt zutreffen <strong>und</strong> tatsächlich erheblich ungünstiger sind.<br />
4–2 Kontroll- <strong>und</strong> Aufsichtsfragen<br />
Konsequenzen für die parlamentarische Kontrolle<br />
Die Auslagerung von öffentlichen Aufgaben an selbständige Rechtsträger schmälert die<br />
Rechte der allgemeinen Vertretungskörper. Ausgliederungen führen dazu, dass der<br />
Gesamtüberblick über die Haushaltsführung verloren geht <strong>und</strong> die öffentliche Kontrolle<br />
erschwert wird. Der Rechnungshof empfiehlt seit langem, „Fluchtversuche“ aus der<br />
öffentlichen Finanzkontrolle von Vornherein zu unterbinden (vgl. TB 1991). „Mit<br />
Ausgliederungen ist im Allgemeinen eine Beschränkung der parlamentarischen Budgethoheit<br />
verb<strong>und</strong>en, weil sich die Einflussnahme des Parlaments zumeist auf das Errichtungsgesetz<br />
des ausgegliederten Rechtsträgers beschränkt; sein weiteres finanzielles Handeln unterliegt<br />
nicht – wie dies beim B<strong>und</strong>eshaushalt der Fall ist – der jährlichen parlamentarischen<br />
Willensbildung bzw. Genehmigung“ (Rechnungshof, TB 1991, S 12ff). Daraus resultiert eine
45<br />
Reduzierung der parlamentarischen Kontrollrechte, da die in Art 52 des B<strong>und</strong>es-<br />
Verfassungsgesetzes verankerte Ministerverantwortung nicht zum Tragen kommt <strong>und</strong> der<br />
zuständige Ressortminister die Beantwortung der parlamentarischen Interpellationen<br />
verweigern kann (vgl. TB 1991).<br />
Mit dem Verlust der Kontrolle tritt auch eine Verlagerung der politischen Willensbildung ein<br />
von den legitimierten demokratischen Institutionen zu den neugeschaffenen Unternehmen<br />
<strong>und</strong> deren Leitungsgremien.<br />
Die mit der Durchbrechung der Einheit des B<strong>und</strong>eshaushalts einhergehende Einschränkung<br />
der Rechte des Parlaments kann auch bei wirtschaftlich zweckmäßigen Ausgliederungen<br />
nicht ungeschehen gemacht werden (TB 2000, S.19).<br />
Zuständigkeit der Volksanwaltschaft<br />
Die nicht-hoheitliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger unterliegt im Regelfall nicht der<br />
Überprüfung durch die Volksanwaltschaft.<br />
Mitwirkungsbefugnisse <strong>und</strong> Verantwortung des Staates<br />
Bei Ausgliederungen muss die der öffentlichen Hand verbleibende Verantwortung für die<br />
Erfüllung der Aufgabe in anderer Weise <strong>und</strong> mit anderen Mitteln wahrgenommen werden.<br />
Die institutionell vorgesehenen Regelungen der Ausübung von neu geschaffenen<br />
Mitwirkungsbefugnissen, Weisungs- <strong>und</strong> Aufsichtsrechten sind dahingehend zu prüfen, ob<br />
die staatlichen Verantwortungsträger in ausreichendem Ausmaß ihrer weiterhin bestehenden<br />
Aufgabenverantwortung für die ausgelagerte Aufgabenbesorgung nachkommen können. So<br />
sind etwa wirksame Instrumente für unternehmensrechtliche Vorgaben seitens des<br />
Eigentümers sicherzustellen oder Fragen der Qualifikation von Ressortvertretern in<br />
Aufsichtsräten zu prüfen.<br />
4–3 Gewährleistung des öffentlichen Interesses bei der Aufgabenerfüllung<br />
Wahrnehmung der politischen Verantwortung<br />
Unter dem Primat des Marktes entwickelt sich der Staat zunehmend weg vom<br />
Dienstleistungsproduzenten hin zum Gewährleister eines entsprechenden Angebotes.<br />
Welche Konzeptionen der öffentlichen Verwaltung das alte Staatsparadigma ablösen<br />
werden, ist offen. Das Rechtsstaatsprinzip <strong>und</strong> das Demokratieprinzip stehen jedenfalls<br />
einem Leitbild des Staates als Wirtschaftsunternehmen entgegen. Trotz der Veränderung der<br />
Aufgabenwahrnehmung zwischen öffentlich <strong>und</strong> privat bleibt die Verantwortung des Staates<br />
weiterhin bestehen.
46<br />
Damit ist die gr<strong>und</strong>sätzliche verfassungsrechtliche Problematik jeder Ausgliederung von<br />
hoheitlichen <strong>und</strong> gemeinwohlorientierten Aufgaben angesprochen (vgl. Korinek 2000,<br />
Holoubek 2000). Im Hinblick auf den Umfang <strong>und</strong> die Art des Ausgliederungsvorhabens <strong>und</strong><br />
der betroffenen Aufgabe sind die spezifischen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen <strong>und</strong><br />
Konsequenzen im konkreten Fall zu beurteilen.<br />
5. Evaluierungsebene: Volkswirtschaftliche Perspektive<br />
Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind wirtschaftlich relevante Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu<br />
bewerten, die über den engeren (einzelwirtschaftlichen) Bereich der von der Ausgliederung<br />
unmittelbar betroffenen Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.<br />
Wichtige Aspekte betreffen mögliche Konsequenzen von Ausgliederungsvorhaben im<br />
Hinblick auf die Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs, insbesondere die Erfüllung<br />
der Maastricht-Kriterien, die Beachtung der Wettbewerbsvorschriften sowie die Einhaltung<br />
des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Interesse <strong>und</strong> von Unversaldienstleistungen, auf andere öffentliche Haushalte, die von<br />
Ausgliederungen über den föderalen Verb<strong>und</strong> indirekt betroffen sein können sowie auf die<br />
Folgen für die (verringerten) wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen<br />
Hand auf b<strong>und</strong>esweiter als auch auf regionaler Ebene, die aus der Auslagerung <strong>und</strong><br />
Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse resultieren können.<br />
5–1 Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs<br />
Erfüllung der Maastricht-Kriterien<br />
Die Ausgliederung an sich stellt kein taugliches haushaltspolitisches Gestaltungsmittel zur<br />
Erfüllung der fiskalischen Konvergenzkriterien dar.<br />
Bei Ausgliederungen, die vorwiegend einen Beitrag zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien<br />
leisten sollen, sollte im vorhinein geklärt werden, ob diese die vom Statistischen Zentralamt<br />
der Europäischen Union (EUROSTAT) gestellten Anforderungen erfüllen <strong>und</strong> auch als<br />
Maastricht-konform anerkannt werden.<br />
Beachtung der Wettbewerbsvorschriften <strong>und</strong> des Vergaberechts<br />
Ausgegliederte Rechtsträger unterliegen unabhängig von ihrer Rechtsform <strong>und</strong><br />
Eigentümerstruktur dem Wettbewerbsrecht der EU. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist auch bei<br />
Ausgliederungen sicherzustellen, dass die relevanten Vorschriften eingehalten <strong>und</strong> nicht<br />
unzulässige Wettbewerbsvorteile eingeräumt werden.
47<br />
Bei öffentlichen Unternehmen, die sowohl gemeinwirtschaftliche als auch erwerbswirtschaftliche<br />
Leistungen erbringen, ist insbesondere das Verbot der Quersubventionierung des<br />
erwerbswirtschaftlichen Bereiches von wettbewerbsrechtlicher Relevanz.<br />
Einhaltung des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinen<br />
wirtschaftlichen Interesse <strong>und</strong> von Unversaldienstleistungen<br />
Zunehmende Bedeutung gewinnen die Vorschriften der EU hinsichtlich der Leistungen der<br />
Daseinsvorsorge (vgl. KOM(2001)598). Einige Ausgliederungsvorhaben betreffen auch das<br />
Angebot von derartigen gemeinwohlorientierten Leistungen.<br />
Für einzelne Sektoren, die mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen ausgestattet sind<br />
(Telekommunikation, Postwesen, Verkehr, Energie) sind neben den allgemeinen<br />
wettbewerbsrechtlichen Vorgaben spezifische Bestimmungen (teilweise Ausnahmen) zu<br />
beachten, die Wettbewerb mit der Aufrechterhaltung einer Gr<strong>und</strong>versorgung gewährleisten<br />
sollen (vgl. TB 2001, S 16).<br />
5–2 Föderalistische Dimension<br />
Angesichts der bedeutenden finanziellen Verflechtungen im föderalen Verb<strong>und</strong> sollte bei<br />
Ausgliederungen geprüft werden, ob nicht vermeintliche Einsparungen an anderen Stellen<br />
des Budgets wieder auftauchen (z.B. höhere Sozialausgaben) oder nur Aufgaben <strong>und</strong><br />
Belastungen zu anderen öffentlichen Haushalten verlagert werden. Auch die Vereinbarungen<br />
des Stabilitätspaktes sollten beachtet werden.<br />
5-3 Folgen für die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen<br />
Hand<br />
Instrumentalfunktion <strong>und</strong> Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse<br />
Die frei verfüg- bzw. einsetzbare Wirtschaftskraft („Manövriermasse“) der öffentlichen Hand<br />
wird entgegen dem Budgetgr<strong>und</strong>satz der Budgeteinheit zunehmend vom B<strong>und</strong>eshaushalt<br />
auf die von ihm ausgegliederten Rechtsträger verlagert. Damit nimmt die Bedeutung des<br />
Budgets als Instrument zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes durch<br />
Ausgliederungen ab (Art 13 Abs 2 B-V6). Besonders problematisch ist es, wenn die<br />
finanziellen Verpflichtungen der ausgegliederten Rechtsträger zeitversetzt auf den<br />
B<strong>und</strong>eshaushalt zurückfallen, womit sich der vermeintliche Ausweg aus der Budgetenge<br />
vielfach nur als Umweg in spätere Budgets darstellt.
48<br />
6. Gesellschaftspolitische Perspektive<br />
6.1 Vorbemerkung zur Erfassung von Kosten <strong>und</strong> Nutzen<br />
Ausgliederungen zielen in erster Linie auf Entlastungen der Budgets von<br />
Gebietskörperschaften (fiskalischer Zweck) <strong>und</strong> auf Einsparungen an Ressourcen bzw.<br />
Kostensenkungen bei der Leistungserbringung (Effizienzsteigerungen). Diese<br />
Gesichtspunkte werden durch die betriebliche <strong>und</strong> die volkswirtschaftliche Betrachtung voll<br />
abgedeckt. Aber die Auswirkungen von so einschneidenden Systemveränderungen wie sie<br />
Ausgliederungen nun einmal darstellen, gehen über jene hinaus, die die<br />
wirtschaftswissenschaftliche <strong>und</strong> wirtschaftspolitische Perspektive betreffen. Dabei handelt<br />
es sich vor allem um Veränderungen in der Verteilung von Einkommensströmen,<br />
Kostenbelastungen <strong>und</strong> Vermögensständen. Aber auch die Institutionen <strong>und</strong> politischen<br />
Interessen können berührt werden. Schließlich können sich verschiedene Nebeneffekte für<br />
Einzelentscheidungen ergeben, die Beachtung verdienen. Die nunmehr zu behandelnden<br />
gesellschaftlichen Wirkungen liegen demgemäß zum Teil außerhalb der wirtschaftlichen<br />
Aspekte im engeren Sinn, lassen sich aber teilweise durchaus mit den Mitteln der Ökonomie<br />
näher untersuchen.<br />
Die gesellschaftspolitische Perspektive macht zunächst eine Erweiterung der<br />
herkömmlichen Kosten-Nutzen-Betrachtung zweckmäßig. Dort, wo im Zuge oder im Gefolge<br />
der Ausgliederung Personengruppen zugunsten anderer Gruppen wirtschaftlich belastet<br />
werden, ist sicherzustellen, dass die bewerteten Vorteile so groß sind, dass im Prinzip eine<br />
Entschädigung der belasteten Gruppen möglich wäre (Kompensation gemäß dem "Kaldor-<br />
Hicks-Test"). Dieser Beurteilungsmassstab hat den Vorteil, die zwei gr<strong>und</strong>legenden<br />
Wirkungen von verändernden Maßnahmen gemeinsam zu erfassen, nämlich<br />
Effizienzsteigerungen auf der einen <strong>und</strong> Umverteilungswirkungen auf der anderen Seite.<br />
6.2 Drei besondere Aspekte der Ermittlung gesellschaftlicher Kosten<br />
1. Aspekt: Reibungsverluste der Umstellung<br />
Es ist besonders zu bedenken, dass die Ausgliederung eine Änderung der<br />
Organisationsform der Bereitstellung eines Gutes oder einer Leistung mit sich bringt. Aber
49<br />
die Umstellung von Organisationsformen <strong>und</strong> die Anlaufphase des Betrieb es in einer neuen<br />
Organisationsform können mit teilweise enormen „Reibungsverlusten“ verb<strong>und</strong>en sein, weil<br />
es ja oft mehr von der Erfahrung, Übung <strong>und</strong> Schulung der (leitenden) Mitarbeiter abhängt,<br />
ob eine Reform gelingt, als von der Wahl der Organisationsform selbst. Soweit dann<br />
Organisationsänderungen im Interesse von Staat <strong>und</strong> Gesellschaft erfolgen, ist es<br />
problematisch, Kosten der Anlaufschwierigkeiten (verspätete <strong>und</strong> qualitativ nicht<br />
entsprechende Leistungsabgabe, zusätzliche Schulungen usw.) dem ausgegliederten<br />
Unternehmen anzulasten. Im Gr<strong>und</strong>e handelt es sich ja dabei um "Overhead-Kosten" der<br />
Umstellung, die durch die ausgliedernde Gebietskörperschaft hervorgerufen werden. Ihre<br />
korrekte Zuordnung bedarf einer sorgfältigen Prüfung.<br />
2.Aspekt: Richtige Wahl des Erhebungszeitpunktes für Kosten<br />
Nicht selten werden vor der Ausgliederung Investitionen getätigt oder eine Entschuldung<br />
vorgenommen, um die wirtschaftliche Potenz eines Betriebes zu stärken. Die Aufbringung<br />
der Mittel erfolgt dabei aus öffentlichen Einnahmen. Diese Verwendung hat Alternativkosten<br />
(entgangene Möglichkeiten der Verwendung) <strong>und</strong> Verteilungseffekte insofern, als<br />
Steuerzahler Mittel dazu beisteuern, um ein später ausgegliedertes Unternehmen rentabel<br />
zu machen, wobei der allfällige Rückfluss an (Netto-)Erträgen geringer sein kann als die<br />
Zuflüsse vorher. Die Belastungen sind höher als die späteren Erträge; längerfristig führt die<br />
Nettobelastung dazu, dass die erwartete Rentabilität eines ausgegliederten Betriebes erst zu<br />
einem späteren Zeitpunkt eintritt.<br />
Entscheidend dabei ist aber, dass ja in aller Regel volkswirtschaftliche Kosten <strong>und</strong> Nutzen<br />
jeweils ab dem Entscheidungszeitpunkt errechnet werden. Zum Entscheidungszeitpunkt<br />
bereits getätigte Aufwendungen werden als unwiederbringlich eingestuft (man spricht von<br />
"versunkenen Kosten"). Die ausgewiesene Belastung der Bürger (der Volkswirtschaft) kann<br />
also im Prinzip durch die Wahl des Entscheidungszeitpunktes manipuliert werden.<br />
Um zu verhindern, dass tatsächliche ursächlich mit der Ausgliederung verb<strong>und</strong>ene<br />
Belastungen nur wegen des nach dem Anfall dieser Belastungen bestimmten<br />
Entscheidungszeitpunktes keine Beachtung mehr finden (Prinzip der "versunkenen Kosten"),<br />
ist es angemessen, den Entscheidungszeitpunkt bis zu den Sanierungsmassnahmen vor<br />
Ausgliederung rückzuverlegen, um Transparenz bezüglich der tatsächlichen Kosten zu<br />
erreichen.
50<br />
3.Aspekt: Ungewisse Prognostizierbarkeit von Auswirkungen<br />
Vor allem bei den noch näher zu erläuternden Verteilungswirkungen ist eine vorherige<br />
Abschätzung oft mit großen Unsicherheiten verb<strong>und</strong>en. Das gilt vor allem für die<br />
Überwälzung von Kosten, bis zu einem gewissen Grad aber auch für die Treffsicherheit<br />
bezüglich der angezielten Nutznießer.<br />
In solchen Fällen, in denen sich eine derartige Ungewissheit bezüglich bestimmter<br />
Wirkungen abzeichnet, wäre zu prüfen, ob nicht die bindende politische Entscheidung erst<br />
nach einer gewissen Erprobungsphase getroffen werden sollte, wenn dies der<br />
organisatorische Aufwand erlaubt. Allerdings leiden Ausgliederungen an dem Problem, dass<br />
sie letztlich irreversibel sind.<br />
6.3 Gesellschaftspolitische Einzelaspekte<br />
1. Umverteilungswirkungen<br />
Eine tatsächliche Klärung von Wohlfahrtseffekten setzt voraus, dass wenigstens alle von der<br />
Größenordnung her ins Gewicht fallenden Umverteilungswirkungen erfasst werden.<br />
Umverteilung wird durch Überwälzungsvorgänge in Gang gebracht: Diese können als<br />
vorhersehbare Reaktion auftreten: Bei Steuererhöhungen von Verbrauchssteuern reagiert<br />
die Nachfrage entsprechend der Preiselastizität <strong>und</strong> damit geht ein Teil der Mehrbelastung<br />
quasi automatisch von den Nachfragern (Destinataren der Steuer) auf die Anbieter über;<br />
oder aber es erfolgt der strategische Versuch einer Weitergabe, z.B.: Die Übernahme von<br />
Beschäftigten mit Arbeitsplatzgarantie (d.h. Vertragsbruch käme den neuen Arbeitgeber zu<br />
teuer) führt nach Maßgabe der Möglichkeiten zur Einstellung von Zulagen <strong>und</strong> freiwilligen<br />
Sozialleistungen.<br />
2. Ursachen <strong>und</strong> Wirkungen von Preisänderungen<br />
Die Preisänderungen selbst sind jeweils daraufhin zu prüfen, ob sie wettbewerbsinduziert<br />
sind oder volkswirtschaftliche Kosten widerspiegeln, die vor der Ausgliederung nicht korrekt<br />
verrechnet worden sind. Diesbezüglich ist zu bedenken, dass Preisvorteile für Leistungen,<br />
die sich als Folge von Kostensenkungen ergeben, nur dann ohne zusätzlich erforderliche<br />
Maßnahmen weitergegeben werden, wenn zugleich mit der Ausgliederung auch<br />
entsprechend starker Wettbewerb greift.<br />
Der Wohlfahrtseffekt ergibt sich aus der monetären Bewertung von Ausgabeneinsparungen<br />
auf Seiten der Konsumenten/Klienten/K<strong>und</strong>en.
51<br />
Bei (natürlichen) Monopolen sind entsprechende Preissenkungen nur durch eine<br />
Regulierungsbehörde erzwingbar, was deren Einrichtung voraussetzt.<br />
Aber nicht jede Preissteigerung ist als Auslöser für Wohlfahrtsverluste zu buchen! Die<br />
Leistungen der Austro-Control z.B. bei der Zuweisung von Luftkorridoren wurden teurer.<br />
Aber sie waren ursprünglich volkswirtschaftlich höchstwahrscheinlich zu niedrig. Sie deckten<br />
m.a.W. die „Wegekosten“ des Flugverkehrs nicht ab. Es bestand eine versteckte<br />
Subventionierung. Die Lasten wurden anderweitig getragen, mußten also vielleicht sogar bei<br />
unbeteiligten Dritten zu laufenden Wohlfahrtseinbussen führen!<br />
Wenn man also im Zuge von Preiserhöhungen den Schluss ziehen zu müssen glaubt, dass<br />
ein Wohlfahrtsverlust eintritt, dann muss man zuerst fragen, ob nicht zuerst der Preis<br />
volkswirtschaftlich deshalb zu niedrig war, weil darin entweder negative Externalitäten noch<br />
nicht eingerechnet oder versteckte Subventionen noch nicht herausgerechnet waren. Das<br />
nämlich würde u.U. sogar bedeuten, dass es ungerechtfertigt Begünstigte gab; die Korrektur<br />
der Verteilung als Folge der Ausgliederung diente dann der Effizienz!<br />
3. Beabsichtigte Lenkungswirkungen<br />
Tritt beispielsweise an die Stelle der unentgeltlichen Abgabe ( � Sonderfall, bei dem ein Preis<br />
auf Null gesetzt wird <strong>und</strong> die Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln erfolgt) die Abgabe<br />
einer Leistung gegen einen Preis (oder auch eine „marktentsprechende“ Gebühr nach dem<br />
sogenannten Äquivalenzprinzip), so kann die (Über-)Beanspruchung von Leistungen <strong>und</strong><br />
Ressourcen eingedämmt werden. Aber dabei ist nicht auszuschließen, dass zugleich ein<br />
meritorisches Interesse verletzt oder ein sozialpolitisch motivierter Aspekt übersehen<br />
werden.<br />
Es ist daher immer auch zu prüfen, ob nicht die Möglichkeiten zur Korrektur der Nachfrage<br />
nach unten oder auch nach oben durch sogenannte meritorische Lenkungswirkungen<br />
aufgegeben werden, sodass letztlich aus dem verringerten staatlichen Einfluß für die<br />
Gesellschaft insgesamt nachteilige Folgen erwachsen.<br />
4. K<strong>und</strong>enwunsch ist Verfügbarkeit, nicht Nutzung<br />
Ehe Leistungen der Bereitstellung nach rein betriebswirtschaftlichen Maßstäben überlassen<br />
werden, muss bedacht werden, dass Nutzer eine gewisse Zahlungsbereitschaft für die<br />
prinzipielle Verfügbarkeit von Leistungen an den Tag legen können, um die Option auf die<br />
Inanspruchnahme zu sichern (Naturreservate, öffentlicher Nahverkehr).
52<br />
In gleicher Weise können auch die Kriterien für die "K<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lichkeit" von<br />
Dienstleistungseinrichtungen gesehen werden. Als Kriterien bieten sich an:<br />
Zugänglichkeit (z.B. Dichte an Postannahmestellen, Haltestellenabstände); Verfügbarkeit<br />
(z.B. Einstellung bestimmter lokaler oder regionaler Dienste; örtliche Zusammenlegung von<br />
Gerichten); Bedienungshäufigkeit (Zugsfrequenzen, Öffnungszeiten); Qualität ("Komfort",<br />
Zahl der Annahmestellen je Leistungseinheit <strong>und</strong> damit Wartezeit, Einfachheit der<br />
Abwicklung der Inanspruchnahme; Fehleranfälligkeit der empfangenen Leistungen), sowie<br />
Sicherheit (Risiko der Verletzung bzw. eines Unfalls im Gefolge von kostenbedingten<br />
Einsparungen bei der Wartung <strong>und</strong> /oder Ersatzinvestitionen)<br />
Auch in diesen Fällen ist eine Korrektur der angebotsseitigen Maßnahmen auf Gr<strong>und</strong> einer<br />
entsprechenden Zahlungswilligkeit gerechtfertigt <strong>und</strong> daher im Einzelfall zu prüfen.<br />
5. Neue Märkte nicht unübersichtlich werden lassen<br />
Der folgende Umstand wird häufig unterschätzt bzw. übersehen: Die Öffnung von traditionell<br />
als Monopol bestehenden Dienstleistungseinrichtungen für weitere (konkurrierende) Anbieter<br />
kann für die K<strong>und</strong>en zu erheblichen Zusatzkosten führen: Die Vielfalt der Angebote kann,<br />
wenn eine differenzierte Preispolitik betrieben wird (Beispiele: Tarifpolitik beim Festnetz,<br />
Mobiltelefone, Elektrizität, Gas, in Großbritannien auch Eisenbahntarife), für bestimmte<br />
K<strong>und</strong>enschichten Verunsicherung zur Folge haben. Es gibt eine gewisse Grenze für die<br />
Übersichtlichkeit von Märkten für Dienstleistungen!<br />
Im Sinne des Konsumentenschutzes ist daher vor der Umsetzung von Maßnahmen zur<br />
Marktöffnung zu fragen, welche Zusatzbelastungen bzw. Verunsicherungen für K<strong>und</strong>en<br />
dadurch entstehen können, <strong>und</strong> das Erfordernis von Vorkehrungen zur gleichmäßigen<br />
Versorgung mit Informationen zu bedenken.<br />
6. "Konsumentenschutz"<br />
Bei der Prüfung der Frage, ob Bürger- (bzw. K<strong>und</strong>en-) Interessen gewahrt werden, ergeben<br />
sich zwei Gesichtspunkte. Es stellt zunächst ein generelles demokratiepolitisches Problem<br />
dar, dass Ausgliederungen von der Politik in einer Weise vorgenommen werden, als läge es<br />
in ihrer Kompetenz, die Organisationsform der Bereitstellung von Gütern <strong>und</strong> Diensten frei zu<br />
bestimmen. Ein "Mitspracherecht" der betroffenen Bürger kommt nur im Zuge von<br />
allgemeinen, in relativ großen Abständen stattfindenden Wahlen zum Tragen. Es besteht<br />
somit ein gewisses gr<strong>und</strong>legendes Legitimationsdefizit.
53<br />
Unmittelbare gesellschaftspolitische Bedeutung kommt dem unmittelbaren Schutz der<br />
Konsumenten/K<strong>und</strong>en/Klienten zu.<br />
Bei behördlichen Akten bestehen in aller Regel die folgenden Schutzmechanismen:<br />
Berufung im Instanzenzug; ev. Beschwerdestelle innerhalb der Behörde, des Ressorts;<br />
Befassung der Volksanwaltschaft; Befassung der politischen Vertretung; Gerichte.<br />
Die meisten genannten Schutzmechanismen sind abgesehen von einem gewissen<br />
Zeitaufwand <strong>und</strong> Ausgaben für Kommunikation ohne größere Kosten verfügbar<br />
Werden im Zuge von Ausgliederungen Leistungen nur mehr auf privatrechtlicher<br />
vertraglicher Basis zugänglich, so fallen gerade die kostengünstigen Schutzmechanismen<br />
weg.<br />
Zwar bilden Haftungsregimes für die Anbieter gewisse Anreize zum Wohlverhalten, aber<br />
Mängel in der Vertragserfüllung können oft nur über Gerichtsentscheidungen geltend<br />
gemacht werden.<br />
Einerseits sind dann die Kapazitäten von Gerichten zu überprüfen <strong>und</strong> allenfalls anzupassen,<br />
was als Folgekosten der Ausgliederung zu Buche schlägt, andererseits ist zu bedenken,<br />
dass Schutzmechanismen für Betroffene nur mehr zu höheren Kosten verfügbar sind.<br />
7. Standortwirkungen<br />
Ausgliederungen können unterschiedliche nationale <strong>und</strong> regionale stabilitäts- <strong>und</strong><br />
beschäftigungspolitische Auswirkungen haben. Darüber hinaus verdienen aber<br />
Gesichtspunkte der Globalisierung <strong>und</strong> des weltweiten Standortwettbewerbs besondere<br />
Beachtung.<br />
Hier bestehen zweifellos einige Vorteile der Ausgliederung insoferne, als privatrechtliche<br />
Unternehmensformen, adäquate Kostenrechnung <strong>und</strong> marktkonforme Leistungskennziffern<br />
Vergleichsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit die Effektuierung eines Wettbewerbs, zugleich aber auch<br />
Orientierungen <strong>und</strong> Kooperationen erleichtern.<br />
Es bestehen aber auch erhebliche Risiken. Ausgliederungen eröffnen die Möglichkeiten für<br />
Beteiligungen <strong>und</strong> Partnerschaften, die aber letztlich z.B. von ausländischen Partnern zu<br />
unerwünschten Eingriffen führen können. Übernahmen können nur zu dem Zweck erfolgen,<br />
um der eigenen Überschussproduktion des neuen Eigners Absatzchancen zu erschließen<br />
oder den hinzugewonnenen Betrieb anderweitig für eigene Zwecke einzusetzen, bei denen
54<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> ursprünglich hohe Umweltstandards verloren gehen können <strong>und</strong> das<br />
Vertrauen der Bürger in die Versorgungssicherheit leidet.<br />
Es ist also jeweils zu prüfen, ob in der betreffenden Branche besonders aggressive<br />
Übernahmepraktiken herrschen, welche die Einhaltung von Beschäftigung <strong>und</strong> Standards<br />
der Qualität <strong>und</strong> der Umweltverträglichkeit etc. ausgegliederter Unternehmen in Frage stellen<br />
können.
55<br />
7. Zusammenfassung der <strong>Hauptergebnisse</strong><br />
1. Zielsetzung der Studie<br />
Das Ziel der vorliegenden Studie ist ein Beitrag zur Verbesserung der Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
von künftigen Ausgliederungen. Zugleich soll damit ein Beitrag zur<br />
Versachlichung der Ausgliederungsdiskussion geleistet werden. Zu einer umfassenden<br />
Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben wird eine Beurteilung aus sechs verschiedenen<br />
Blickwinkeln vorgeschlagen. Darüber hinaus werden Evaluierungsberichte für geplante <strong>und</strong><br />
bereits realisierte Ausgliederungen gefordert.<br />
Obwohl seit Anfang der 90er Jahre mehr als dreißig Ausgliederungen aus dem<br />
B<strong>und</strong>eshaushalt realisiert wurden <strong>und</strong> für die laufende Legislaturperiode weitere dreißig<br />
Ausgliederungen geplant sind, fehlt bis heute ein an den Erfordernissen der Praxis<br />
orientiertes Evaluierungskonzept, das aus einer umfassenden „weiten“ Perspektive Kriterien<br />
zur Beurteilung geplanter Ausgliederungen benennt. Im Gegensatz dazu werden heutzutage<br />
üblicherweise bei der Beurteilung von Ausgliederungen nur Teilaspekte der wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigt. Es erscheint aber aus vielen<br />
Gründen unabdingbar, die Rechtfertigung jeder Ausgliederung <strong>und</strong> der mit ihr verb<strong>und</strong>enen<br />
wirtschaftlichen, gesellschaftlichen (<strong>und</strong> politischen) Erwartungen vorweg kritisch zu prüfen.<br />
Die Auswertung von vorliegenden Untersuchungen <strong>und</strong> Prüfungen von Ausgliederungsvorhaben,<br />
von Erfahrungsberichten <strong>und</strong> der fachspezifischen Ausgliederungsdiskussion der<br />
letzten Jahre führt zu einer Reihe von Feststellungen <strong>und</strong> <strong>Schlussfolgerungen</strong>, die bei einer<br />
Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben in Zukunft beachtet werden sollten.<br />
Dementsprechend präsentiert die nunmehr vorliegende, im Auftrag der Standortpartnerschaft<br />
WKÖ – <strong>GÖD</strong> erstellte Studie einen systematisch entwickelten Katalog von Kriterien zur<br />
Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben im vorhinein („ex ante Evaluierung“). Sie kann als<br />
"Pflichtenheft" für Ausgliederungen, in weiterer Folge aber auch für noch weitergehende<br />
Privatisierungen verstanden werden.<br />
Während das Hauptaugenmerk solchen Vorhaben gilt, die auf der B<strong>und</strong>esebene angesiedelt<br />
sind, können die Empfehlungen durchaus auch für die Landesebene <strong>und</strong> die in hohem Maße<br />
betroffene Ebene der Gemeinden herangezogen werden.
56<br />
Dem Auftrag entsprechend enthält sich die Arbeit eines eigenen Urteils über den Erfolg oder<br />
Misserfolg einzelner Ausgliederungen in der Vergangenheit. Es erfolgt auch keine Bewertung<br />
angekündigter Ausgliederungsvorhaben.<br />
2. Erfahrungen mit bisherigen Ausgliederungen<br />
Abgesehen von einigen f<strong>und</strong>ierten, meist jedoch auf bestimmte Schwerpunkte gerichtete<br />
Einzel-Prüfungen des Rechnungshofes <strong>und</strong> einer Untersuchung von Rossmann (Rossmann<br />
1995) sind bis in jüngste Zeit keine detaillierten Untersuchungen von Ausgliederungsvorhaben<br />
vorgenommen worden. Erst vor kurzem folgte einer Arbeit des KDZ<br />
(„Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum“) (1999) die Publikation der<br />
umfangreichen Untersuchung von fünf größeren Ausgliederungen von Leitsmüller/Rossmann<br />
(2001) <strong>und</strong> der Zusammenfassung der Studie der FGG („Finanzierungsgarantiegesellschaft“)<br />
(2001) mit dreizehn untersuchten ausgegliederten Rechtsträgern.<br />
Schon aus diesen Untersuchungen sind wichtige Anforderungen abzuleiten, die in einem<br />
systematisch <strong>und</strong> umfassend angelegten Kriterienkatalog zur Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben<br />
enthalten sein sollten.<br />
Auch ein Rückblick des Rechnungshofes auf die von ihm geprüften Ausgliederungen der<br />
letzten Jahre zeichnet ein heterogenes Bild – „die bisherigen Ausgliederungen waren teils<br />
erfolgreich, teils weniger erfolgreich <strong>und</strong> teils nicht erfolgreich“ (Fiedler 2001/39).<br />
Der Rechnungshof nennt folgende Vorteile von Ausgliederungen (TB 2000/18ff)<br />
- flexiblere Haushaltsführung<br />
- beschleunigte Entscheidungsprozesse<br />
- raschere Modernisierung<br />
- erhöhte Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz<br />
- flexiblere Personalpolitik.<br />
Als Nachteile werden genannt<br />
- eingeschränkte parlamentarische Kontrolle<br />
- Entstehung grauer Finanzschuld<br />
- Fehlende Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts<br />
- Höherer Personal- <strong>und</strong> Verwaltungsaufwand<br />
- weiterbestehender staatlicher Einfluss.<br />
Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfungshandlungen weiters zahlreiche Mängel <strong>und</strong><br />
Unzulänglichkeiten festgestellt (Fiedler 2001).
Diese betreffen insbesondere folgende Punkte (Reihung gemäß Fiedler)<br />
57<br />
- Fehleinschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
- zu großer Zeitdruck bei der Vornahme von Ausgliederungen<br />
- fehlendes Ausgliederungskonzept<br />
- fehlende Prüfung von Alternativen<br />
- Mangel an klaren Zielvorgaben für den ausgegliederten Rechtsträger<br />
- Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
- systemfremde Motive für Ausgliederungen<br />
- Unterlassung einer Kosten-Nutzen-Analyse<br />
- Vernachlässigung der Verlierer von Ausgliederungen.<br />
Auch andere Untersuchungen konkreter Ausgliederungsvorhaben weisen auf einige dieser<br />
Kritikpunkte hin, kommen jedoch in einzelnen Punkten auch zu abweichenden Beurteilungen<br />
(Leitsmüller/Rossmann 2001, FGG 2001).<br />
3. Kritische Aufgabenanalyse<br />
Die eben beispielhaft genannten Punkte legen als Beginn aller Ausgliederungsüberlegungen<br />
eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung nahe. Es ist offenzulegen,<br />
welches (öffentliche) Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der Erfüllung einer bestimmten<br />
Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in welcher Form von der öffentlichen<br />
Hand wahrgenommen werden soll.<br />
Für eine derartige Überprüfung der (unverzichtbaren) Staatsfunktionen am besten geeignet<br />
sind Kataloge derjenigen Merkmale von Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen, die - aus<br />
ökonomischen aber auch sozialen Erwägungen - eine Übertragung der Bereitstellung auf<br />
den Markt entweder völlig ausschließen oder nur in Verbindung mit erheblichen<br />
Eingriffsmöglichkeiten durch den Staat sinnvoll erscheinen lassen – sogenannte "Öffentliche<br />
Güter".<br />
Weit verbreitet aber völlig unbefriedigend sind hingegen Aufzählungen von sogenannten<br />
Kernaufgaben des Staates (Verteidigung, Gerichtsbarkeit, Schule uam.), denen dann<br />
allenfalls noch eine Aufzählung von Gewährleistungsaufgaben angefügt wird. Wenig<br />
praktikabel sind für den vorliegenden Zweck auch politikwissenschaftliche Ansätze zur<br />
Erk<strong>und</strong>ung der "gesellschaftlichen Performance", bei denen ein Fragenkatalog für bestimmte<br />
gesellschaftliche Gr<strong>und</strong>funktionen abzuarbeiten ist.<br />
Die umfassende Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens umfasst im Idealfall zwei<br />
Schritte:
58<br />
- Die kritische Erhebung der Notwendigkeit <strong>und</strong> der Form der Aufgabenerfüllung <strong>und</strong> deren<br />
mögliche Alternativen.<br />
- Die Untersuchung des geplanten Vorhabens aus den bereits erwähnten sechs<br />
Beurteilungsperspektiven.<br />
Im ersten Schritt sollte eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung<br />
erfolgen. Dabei wird der status quo erhoben <strong>und</strong> dann im Sinne einer Aufgabenkritik<br />
untersucht, welche sachliche Notwendigkeit, welches Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der<br />
Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in der<br />
bisherigen Form von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden muss bzw. soll.<br />
Außerdem dient der Schritt auch der Suche nach den möglichen Verbesserungen in der<br />
Leistungserfüllung der öffentlichen Hand. Daher sollte das gesamte Spektrum der bekannten<br />
Formen der Aufgabenerfüllung geprüft werden – von verwaltungsnahen Lösungen, etwa in<br />
Form einer internen Reorganisation (New Public Management), bis hin zur vollständigen<br />
Auslagerung an private Bereitsteller oder Produzenten (im Sinne von Leitsmüller/Rossmann<br />
2001/62) - also allenfalls auch einer vollständigen "Privatisierung".<br />
Dabei wäre aber – allenfalls nach einer Abklärung im politischen Prozess – explizit<br />
festzuhalten, welchen Charakter die dem ausgegliederten Rechtskörper übertragenen<br />
Aufgaben zugeschrieben erhalten. Daraus ergibt sich die Abstufung der staatlichen Einflussnahme.<br />
Es kann sich um dabei handeln um<br />
- die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben,<br />
- Aufgaben, an deren Erfüllung ein öffentliches Interesse besteht, dh um Leistungen, die<br />
mit einer Gemeinwohlverpflichtung verb<strong>und</strong>en sind oder<br />
- um (rein) privatwirtschaftliche Aufgabenstellungen.<br />
Erst die Durchführung der kritischen Aufgabenanalyse einschließlich der Prüfung alternativer<br />
Formen der Aufgabenerfüllung in der vorgeschlagenen Form erlaubt es nachvollziehbar<br />
darzulegen, warum eine vorgeschlagene bzw. geplante Ausgliederung aus dem öffentlichen<br />
Haushalt die vergleichsweise beste Form der künftigen Aufgabenerfüllung darstellt. Der<br />
Nachweis wäre in jedem einzelnen Fall zu führen.<br />
Die offenk<strong>und</strong>igen Vorteile einer systematischen Aufgabenanalyse liegen darin, daß Alternativen<br />
vorweg geprüft werden müssen <strong>und</strong> damit aufwändige oder risikoreiche Ausgliederungsexperimente<br />
vermieden werden können.
59<br />
Wird eine Ausgliederung als beste Lösung angesehen, sollte im zweiten Schritt die<br />
eigentliche Evaluierung des Ausgliederungsvorhabens erfolgen. Zweckmäßigerweise sollte<br />
die Beurteilung einer geplanten Ausgliederung aus verschiedenen Blickwinkeln erfolgen, um<br />
die Vielfalt der Auswirkungen der Realisierung differenziert darlegen zu können.<br />
4. Evaluierungskriterien für geplante Ausgliederungsvorhaben<br />
Alle größeren Ausgliederungsvorhaben sind mit weitreichenden institutionellen,<br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Veränderungen verb<strong>und</strong>en. Von einer Ausgliederung werden<br />
verschiedene Interessen berührt <strong>und</strong> die Folgen der geplanten organisatorischen<br />
Veränderungen werden – je nach Betroffenheit - unterschiedlich erfahren <strong>und</strong> bewertet.<br />
In der Studie wird gezeigt, daß die vielschichtigen Auswirkungen einer Ausgliederung<br />
bestimmte Gruppen von Akteuren - heutzutage gerne unter dem Begriff "Stakeholder"<br />
zusammengefasst - besonders stark tangieren. Involviert sind vorrangig<br />
- die (Verwaltung der) Gebietskörperschaft, die beabsichtigt, eine bisher von ihr wahrgenommene<br />
Aufgabe im Wege einer Ausgliederung aus ihrem Haushalt auszulagern;<br />
- das zuständige gesetzgebende Organ (Parlament, Landtag, Gemeinderat), das<br />
entsprechende rechtliche Voraussetzungen schaffen soll;<br />
- der im Zuge der Ausgliederung entstehende Rechtsträger, in der Regel ein Unternehmen<br />
des privaten oder öffentlichen Rechts, einschließlich Management <strong>und</strong> Belegschaft vor<br />
<strong>und</strong> nach der Umwandlung;<br />
- die Marktteilnehmer, das sind Mitbewerber <strong>und</strong> Konsumenten, denen das ausgegliederte<br />
Unternehmen künftig seine Leistungen anbieten wird, einschließlich der Lieferanten bzw.<br />
Erbringer von Vorleistungen.<br />
Im Hinblick auf das Ziel einer problemadäquaten differenzierten Beurteilung der geplanten<br />
Ausgliederung erscheint es zweckmäßig, verschiedene Evaluierungsebenen zu unterscheiden.<br />
1. Evaluierungsebene: Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der<br />
ausgliedernden Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen<br />
untersucht werden.<br />
Kriterien betreffen die mit der Ausgliederung angestrebten Ziele, den Ausgliederungsprozess,<br />
die politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers, die erwarteten
60<br />
budgetären Konsequenzen <strong>und</strong> die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach<br />
erfolgter Ausgliederung.<br />
2. Evaluierungsebene: Untersuchung des ausgegliederten Rechtsträgers <strong>und</strong> seiner<br />
Leistungserbringung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive.<br />
Kriterien betreffen Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung, Unternehmensführung<br />
<strong>und</strong> Managementaufgaben, Konsequenzen auf Personalwirtschaft <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterbeziehungen.<br />
3. Evaluierungsebene: Die Marktperspektive soll den Fokus der Evaluierung auf die<br />
Wettbewerbsverhältnisse richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong><br />
dessen Mitbewerber künftig agieren werden.<br />
Kriterien betreffen Marktform <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse, wirtschaftliche Auswirkungen<br />
auf Mitbewerber, Konsequenzen des Markteintrittes des neuen Unternehmens auf das<br />
Leistungsangebot (Preise, Qualität, Verfügbarkeit uam) aus dem Blickwinkel der<br />
Leistungsbezieher bzw. Nachfrager, Veränderungen bezüglich des Beschaffungswesens<br />
auch in regionalwirtschaftlicher Hinsicht sowie Fragen der längerfristigen Sicherung des<br />
Unternehmensbestandes.<br />
4. Evaluierungsebene: Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen<br />
der geplanten Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des<br />
Parlaments <strong>und</strong> anderer berufener Kontrolleinrichtungen zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur<br />
ausgegliederten Institution zu beurteilen.<br />
Kriterien betreffen haushaltsrechtliche Probleme, Sicherung parlamentarischer<br />
Kontrollrechte <strong>und</strong> Aufsichtsfunktionen sowie die dauerhafte Gewährleistung des<br />
öffentlichen Interesses an ausgelagerten Aufgaben.<br />
5. Evaluierungsebene: Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind jene wirtschaftlich<br />
relevanten Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu bewerten, die über den engeren<br />
(einzelwirtschaftlichen) Bereich der von der Ausgliederung unmittelbar betroffenen<br />
Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.<br />
Kriterien betreffen mögliche Konsequenzen von Ausgliederungsvorhaben im Hinblick auf<br />
die Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs, insbesondere die Erfüllung der<br />
Maastricht-Kriterien, die Beachtung der Wettbewerbsvorschriften sowie die Einhaltung<br />
des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen<br />
Interesse <strong>und</strong> von Universaldienstleistungen, auf andere öffentliche Haushalte, die von
61<br />
Ausgliederungen über den föderalen Verb<strong>und</strong> indirekt betroffen sein können sowie auf<br />
den (verengten) wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum der öffentlichen Handsowohl<br />
auf b<strong>und</strong>esweiter als auch auf regionaler Ebene - der aus der Auslagerung <strong>und</strong><br />
Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse resultieren kann.<br />
6. Evaluierungsebene: Aus gesellschaftspolitischer Perspektive werden – gewissermaßen<br />
ebenenübergreifend - ergänzend einige sensible Beurteilungskriterien behandelt,<br />
die wichtige verteilungspolitische Konsequenzen sowie weitere gesellschaftlich relevante<br />
Aspekte von Ausgliederungsvorhaben betreffen.<br />
Ein angemessener Forderungskatalog für die gesellschaftspolitische Überprüfung <strong>und</strong><br />
Beurteilung sollte die folgenden Punkte umfassen:<br />
- Die Unterscheidung von zwei Arten von Verteilungswirkungen, nämlich erstens solchen,<br />
die sich als Reaktionen im Wirkungszusammenhang ergeben (Beispiel Preisänderungen<br />
auf Gr<strong>und</strong> geänderter Angebotsbedingungen), sowie zweitens solche, die als Ergebnis<br />
gezielter Strategien angesehen werden können (Beispiel Kostenüberwälzung). Diese <strong>und</strong><br />
alle weiteren Veränderungen sind nach Möglichkeit jeweils für alle Stakeholder gesondert<br />
auszuweisen.<br />
- Die Preisänderungen selbst sind jeweils daraufhin zu prüfen, ob sie wettbewerbsinduziert<br />
sind oder volkswirtschaftliche Kosten widerspiegeln, die vor der Ausgliederung nicht<br />
korrekt verrechnet worden sind.<br />
- Es ist zu prüfen, ob nicht die Möglichkeiten zur Korrektur der Nachfrage nach unten oder<br />
auch nach oben durch sogenannte meritorische Lenkungswirkungen aufgegeben<br />
werden, sodass letztlich aus dem verringerten staatlichen Einfluß für die Gesellschaft<br />
insgesamt nachteilige Folgen erwachsen.<br />
- Ehe Leistungen der Bereitstellung nach rein betriebswirtschaftlichen Maßstäben<br />
überlassen werden, muss bedacht werden, dass Nutzer eine gewisse<br />
Zahlungsbereitschaft für die prinzipielle Verfügbarkeit von Leistungen an den Tag legen<br />
können, um die Option auf die Inanspruchnahme zu sichern (Naturreservate, öffentlicher<br />
Nahverkehr).<br />
- Preisdifferenzierungen <strong>und</strong> zunehmender Wettbewerb dürfen die neuen "Märkte" für<br />
K<strong>und</strong>en nicht unübersichtlich machen.<br />
- Der institutionelle Schutz der Konsumenten durch Beschwerdemöglichkeiten etc. darf im<br />
Zuge von Ausgliederungen nicht nachhaltig beschränkt oder erheblich verteuert werden.
62<br />
- Nachhaltige gesellschaftliche Auswirkungen können sich ferner aus der allenfalls<br />
erforderlichen Schaffung neuer Regulierungsorgane ergeben.<br />
- Es ist schließlich auch darauf Bedacht zu nehmen, daß Ausgliederungen für die<br />
betroffenen Einrichtungen den Standortwettbewerb <strong>und</strong> die Globalisierung voll zur<br />
Geltung bringen <strong>und</strong> als Folge branchenspezifisch die Marktmacht verschieben <strong>und</strong><br />
letztlich die Standorte ausgegliederter Unternehmen gefährden können.<br />
Mit diesem analytischen Ansatz liefert die Studie einen umfassenden, an praktischen<br />
Erfordernissen orientierten Katalog von Evaluierungskriterien, mit dessen Hilfe<br />
Anforderungen <strong>und</strong> Konsequenzen einer geplanten Ausgliederung im einzelnen geprüft <strong>und</strong><br />
diskutiert werden können - <strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>e auch müssen.<br />
Die Vorteile eines solchen – bisher nicht vorliegenden - Kriterienkataloges liegen auf der<br />
Hand. Wie in einer politischen Kosten-Nutzen-Analyse können die wirtschaftlichen, sozialen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftspolitischen Folgen der Ausgliederung systematisch dargestellt <strong>und</strong> die vor<strong>und</strong><br />
nachteiligen Konsequenzen nachvollziehbar beurteilt werden.<br />
5. Verpflichtung der Regierung zu regelmäßigen Ausgliederungsberichten an das<br />
Parlament<br />
Alle bereits realisierten Ausgliederungen sollten regelmäßig <strong>und</strong> systematisch evaluiert<br />
werden. Ein kritischer Rückblick ist unverzichtbar um festzustellen, ob die mit einer<br />
Ausgliederung angestrebten Ziele erreicht wurden <strong>und</strong> wie die längerfristige Entwicklung der<br />
ausgegliederten Rechtsträger beurteilt wird <strong>und</strong> wie sie politisch gerechtfertigt werden kann.<br />
Auf B<strong>und</strong>esebene sollten die Ergebnisse des laufenden verwaltungsinternen Beteiligungs<strong>und</strong><br />
Finanzcontrollings, ergänzt um weitere vorgegebene Berichtspunkte, in Form eines<br />
jährlichen Ausgliederungsberichtes von der Regierung dem Parlament bzw. der<br />
Öffentlichkeit vorgelegt werden. Mindesterfordernisse hinsichtlich des Inhaltes <strong>und</strong> des<br />
Umfanges eines solchen Ausgliederungsberichtes sollten gesetzlich geregelt werden <strong>und</strong><br />
könnten sich an dem hier vorgeschlagenen Kriterienkatalog orientieren.<br />
Darüber hinaus bliebe es weiterhin Aufgabe des Rechnungshofes, im Zuge von<br />
Gebarungsprüfungen auch die Durchführung <strong>und</strong> Entwicklung von Ausgliederungen zu<br />
prüfen <strong>und</strong> zu kommentieren.
63<br />
6. Verpflichtende Vorlage von Evaluierungsberichten zu geplanten Ausgliederungen<br />
an das Parlament<br />
Nicht zuletzt im Hinblick auf die große Zahl von geplanten Ausgliederungen wäre die<br />
Verwaltung künftig zu verpflichten, bereits im Zuge der Vorbereitung eines Ausgliederungsvorhabens<br />
einen Evaluierungsbericht nach standardisierten Kriterien vorzulegen.<br />
Ähnlich der Verpflichtung des § 14 BHG könnte auch für Ausgliederungsvorhaben gesetzlich<br />
geregelt werden, dass zu einem Gesetzesentwurf über ein Ausgliederungsvorhaben einem<br />
vorgegebenen Katalog von Kriterien entsprechend Daten, Fakten <strong>und</strong> Stellungnahmen<br />
vorzulegen sind. Diese Informationen sollten - über die in § 14 BHG geforderte Darstellung<br />
der finanziellen Auswirkungen auf den B<strong>und</strong>eshaushalt hinausgehend - die Beurteilung der<br />
geplanten Ausgliederung im Hinblick auf wirtschaftliche, rechtliche, soziale <strong>und</strong> gesellschaftspolitische<br />
Kriterien erleichtern.<br />
Ein erheblicher Teil der bei Ausgliederungen in der Vergangenheit festgestellten<br />
Unzulänglichkeiten hätte nämlich durch eine gründliche <strong>und</strong> systematische Evaluierung der<br />
Vorhaben vor der Entscheidung bzw. Beschlussfassung über die Ausgliederung erkannt <strong>und</strong><br />
in vielen Fällen wohl auch vermieden werden können!<br />
Die Vorteile der geforderten Maßnahmen sind evident. Eine transparente <strong>und</strong> nachvollziehbare<br />
Darstellung von Abtauschbeziehungen - "trade-offs" - zwischen wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zielen, von erwarteten spezifischen Vorteilen <strong>und</strong> Nachteilen für<br />
Betroffene <strong>und</strong> von offengelegten politischen Präferenzen zu einzelnen Ausgliederungskonsequenzen<br />
könnte zur Versachlichung der politischen Diskussion beitragen <strong>und</strong> die<br />
demokratische Entscheidungsfindung verbessern.<br />
Eine frühzeitige <strong>und</strong> sorgfältige Evaluierung ermöglicht eine verbesserte Gestaltung von<br />
Ausgliederungsvorhaben in der Vorbereitungsphase <strong>und</strong> die Vermeidung von<br />
Ausgliederungsflops – mit klar erkennbaren Vorteilen für den Staat, die Wirtschaft <strong>und</strong> die<br />
Konsumenten.
64<br />
Checkliste - Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung<br />
1. Evaluierungsebene: Beziehungen zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />
auszugliedernden/ ausgegliederten Unternehmen<br />
Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der ausgliedernden<br />
Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen untersucht werden.<br />
1–1 Ausgliederungsziele<br />
▪ Politische Motive <strong>und</strong> Ziele der Ausgliederung<br />
▪ Daten <strong>und</strong> Kennzahlen zur Evaluierung der Zielerreichung<br />
1–2 Ausgliederungsprozess<br />
▪ Zeitrahmen zur Planung <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung<br />
▪ Ausgliederungskonzept<br />
▪ Unternehmenskonzept<br />
▪ Einbindung der Belegschaft in die Vorbereitung des Ausgliederungsprozesses<br />
▪ Gesetzliche Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Wahl der Rechtsform<br />
▪ Monitoring <strong>und</strong> Evaluierung des Ausgliederungsprozesses<br />
1–3 Politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers<br />
▪ Steuerungsmodell <strong>und</strong> Rollenverteilung<br />
▪ Leistungsauftrag an das ausgegliederte Unternehmen<br />
▪ Steuerungsinstrumente<br />
1–4 Budgetäre Konsequenzen für den Trägerhaushalt<br />
▪ Einmalige Budgeteffekte<br />
▪ Erwartete zeitliche Entwicklung der Budgeteffekte<br />
▪ Nachhaltigkeit der Budgetentlastung<br />
1–5 Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung<br />
▪ Eigenkapitalzufuhr <strong>und</strong> Haftungen<br />
▪ Zahlungsströme durch Gewinne <strong>und</strong> Verluste<br />
▪ Sonstige Eigentümerrisiken<br />
2. Evaluierungsebene: Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />
Auf dieser Ebene wird der ausgegliederte Rechtsträger <strong>und</strong> seine Leistungserbringung aus<br />
betriebswirtschaftlicher Perspektive untersucht.<br />
2–1 Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung<br />
▪ Vorgegebenes <strong>und</strong> erwartetes Leistungsangebot<br />
▪ Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen<br />
▪ Rentabilitätskriterien <strong>und</strong> Erfolgsindikatoren<br />
▪ Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz<br />
2–2 Unternehmensführung<br />
2–3 Personalwirtschaft / Mitarbeiterbeziehung <strong>und</strong> Konsequenzen der Ausgliederung<br />
▪ Flexibilität der Personalpolitik <strong>und</strong> Förderung der Humanressourcen<br />
▪ Dienstrechtliche <strong>und</strong> arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen,<br />
Mitbestimmungsaspekte
▪ Kennzahlen<br />
3. Evaluierungsebene: Marktperspektive<br />
65<br />
Die Marktperspektive als 3. Evaluierungsebene soll den Fokus der Evaluierung auf die<br />
Wettbewerbsverhältnisse richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong> dessen<br />
Mitbewerber künftig agieren werden.<br />
3–1 Märkte <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse<br />
▪ Marktchancen <strong>und</strong> Ertragspotenziale - privilegierte oder benachteiligte Stellung des<br />
ausgegliederten Unternehmens<br />
▪ Staatlicher Mitwirkungsmaßnahmen <strong>und</strong> Regulierungseingriffe<br />
3–2 Konsequenzen für Mitbewerber/ Anbieter<br />
▪ Fairer versus verzerrter Wettbewerb<br />
▪ Auswirkungen auf vorgelagerte Märkte<br />
3–3 Konsequenzen für Leistungsabnehmer/ Nachfrager<br />
▪ Leistungsangebot, Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit, Qualitätsdimension,<br />
Preisgestaltung, K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />
3–4 Längerfristige Sicherung des Bestandes des Unternehmens<br />
4. Evaluierungsebene: Politisch - administrative Perspektive<br />
Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen der geplanten<br />
Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Parlaments <strong>und</strong> anderer<br />
berufener Kontrollorgane zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur ausgegliederten Institution zu<br />
beurteilen.<br />
4–1 Haushaltsrechtliche Aspekte<br />
▪ Verletzung von Budgetgr<strong>und</strong>sätzen<br />
▪ Flucht aus dem Budget, Entlastung des Haushaltes, Finanzschulden <strong>und</strong> Haftungen<br />
des Trägerhaushaltes<br />
4–2 Kontroll- <strong>und</strong> Aufsichtsfragen<br />
▪ Konsequenzen für die parlamentarische Kontrolle<br />
▪ Zuständigkeit der Volksanwaltschaft<br />
▪ Mitwirkungsbefugnisse <strong>und</strong> Verantwortung des Staates<br />
4–3 Gewährleistung des öffentlichen Interesses bei der Auftragserfüllung<br />
▪ Wahrnehmung der politischen Verantwortung<br />
5. Evaluierungsebene: Volkswirtschaftliche Perspektive<br />
Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind wirtschaftlich relevante Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu<br />
bewerten, die über die engeren einzelwirtschaftlichen Beziehungen der von der<br />
Ausgliederung unmittelbar betroffenen Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.
66<br />
5–1 Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs<br />
▪ Erfüllung der Maastricht-Kriterien,<br />
▪ Beachtung der Wettbewerbsvorschriften <strong>und</strong> des Vergaberechts<br />
▪ Einhaltung des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge<br />
5–2 Föderalistische Dimension<br />
5–3 Folgen für die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand<br />
▪ Instrumentalfunktion <strong>und</strong> Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse<br />
6. Evaluierungsebene: Gesellschaftspolitische Perspektive<br />
Auf der sechsten Evaluierungsebene werden einerseits gr<strong>und</strong>legende Fragen der<br />
anzuwendenden Verfahren zur Beurteilung von Ausgliederungen angesprochen,<br />
andererseits aber Auswirkungen von Ausgliederungen, die über rein wirtschaftliche Aspekte<br />
hinausgehen, das Gesamtergebnis der Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens aber<br />
nachhaltig zu beeinflussen vermögen.<br />
6–1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Schwierigkeiten bei der Messung <strong>und</strong> Beurteilung von Ausgliederungen<br />
▪ Zuordnung der Kosten von "Reibungsverlusten" bei der Umstellung einer<br />
Organisationsform<br />
▪ Rückverlagerung des Berechnungszeitpunktes für Kosten (<strong>und</strong> Nutzen), wenn vor<br />
der Ausgliederung eine Sanierung erfolgte<br />
▪ Endgültige Entscheidung nach Möglichkeit erst dann treffen, wenn die tatsächlichen<br />
Umverteilungswirkungen messbar sind<br />
6–2 Einzelaspekte<br />
▪ Umverteilungswirkungen von Überwälzungsvorgängen als Reaktion auf<br />
Preisänderungen<br />
▪ Umverteilungswirkungen auf Unternehmen, Belegschaft <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en in Folge<br />
gezielter Kostenüberwälzung<br />
▪ Ursachen <strong>und</strong> Folgewirkungen von Preisanhebungen/Senkungen<br />
▪ Sicherstellung, dass gewünschte Lenkungswirkungen nicht verloren gehen<br />
▪ Zahlungswilligkeit der K<strong>und</strong>en für nur potentielle Leistungsbereitschaft erheben<br />
▪ Zahlungswilligkeit der K<strong>und</strong>en für Qualitätskomponenten abschätzen<br />
▪ Sicherstellung, dass neue Märkte für die K<strong>und</strong>en nicht unübersichtlich werden<br />
▪ Sicherstellung, dass der Konsumentenschutz im weiteren Sinn nicht geringer wird<br />
▪ Abschätzung der Auswirkung von Ausgliederungen auf den Standortwettbewerb<br />
▪ Risikoabschätzung, dass ausgegliederte Unternehmen ungewollt Opfer der<br />
Konkurrenz werden
Literaturverzeichnis<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen, Ausgliederungshandbuch, Ausgabe 1998<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen, Vortrag an den Ministerrat am 9. Oktober 2000<br />
67<br />
Duschanek, Alfred, Fragen des Datenschutzes im Falle von Ausgliederungen <strong>und</strong><br />
Unternehmensübergang, Thesenpapier, 2001<br />
Eichhorn, Peter, „Öffentliche Betriebswirtschaftslehre als eine spezielle BWL“, in: WiSt<br />
2001/8, S.409-416<br />
Engels, Wolfram Effiziente Produktion Öffentlicher Güter, Wirtschaftspolitische Blätter 23,<br />
1976, S.74-86<br />
Fiedler, Franz: „Evaluierungen von Ausgliederungen durch den Rechnungshof“, Vortrag am<br />
11.Juni 2001<br />
Finanzierungsgarantiegesellschaft: „Evaluierung von Ausgliederungen“, Studie im Auftrag<br />
des B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen (Zusammenfassung), 2001<br />
Fleischmann, Eduard, Lödl, Manfred, C., Van der Bellen, Alexander, Außerbudgetäre<br />
Finanzierung, in: Gantner, Manfried (HG.), Handbuch des Öffentlichen Haushaltswesens,<br />
Wien, 1991, S.315-337<br />
Fleischmann, Eduard, „Inhalt <strong>und</strong> Anwendung der ‚Flexi-Klausel‘ auf B<strong>und</strong>esebene“, in: KDZ<br />
R<strong>und</strong>schau 3/01, S.12-13<br />
Fremuth, Walter (Hrsg.) 1998, Wirtschaft <strong>und</strong> öffentliches Interesse, Wien<br />
Funk, Bernd, C., Ausgliederung – Privatisierung – Beleihung, Grunbegriffe <strong>und</strong> Typologie,<br />
Referat zum Symposion „Ausgliederung – Privatisierung – Beleihung“, der<br />
Studiengesellschaft für Recht <strong>und</strong> Wirtschaft, Graz, 16.-17. April, 1998<br />
Gantner, Manfried (Hrsg.), Budgetausgliederungen – Fluch(t) oder Segen? Schriftenreihe<br />
des Ludwig Boltzmann-Instituts zur Analyse wirtschaftspolitischer Aktivitäten 11, Manz,<br />
Wien, 1994<br />
Gerken, Lüder, Der Wettbewerb der Staaten, in: Walter Eucken Institut, Beiträge zur<br />
Ordnungstheorie <strong>und</strong> Ordnungspolitik 162, Tübingen, 1999,
68<br />
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Anschrift der Autoren<br />
70<br />
Univ.Prof. Dr. Gabriel Obermann a.o.Univ.Prof. Dr. Wolfgang Weigel<br />
Univ.Ass. Mag. Anna Obermair Institut für Wirtschaftswissenschaften<br />
Institut für Finanzwissenschaft Universität Wien<br />
Wirtschaftsuniversität Wien