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Hauptergebnisse und Schlussfolgerungen - GÖD

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INHALTSVERZEICHNIS<br />

1. ZIELSETZUNG DER STUDIE 2<br />

2. AUSGANGSSITUATION IN ÖSTERREICH 4<br />

2.1 Ausgliederungen in Österreich 4<br />

2.2 Ausgliederungserfahrungen 8<br />

3. ÜBERBLICK ÜBER DIE AUFGABEN DER ÖFFENTLICHEN HAND 12<br />

3.1 Unterschiedliche Ansätze 12<br />

3.2 Eine zeitgemäße Methode zur Klärung der Staatsaufgaben 13<br />

3.3 Der Katalog von Kategorien 14<br />

3.4 Ergänzende Gesichtspunkte 18<br />

4. SPEKTRUM DER MÖGLICHKEITEN DER ERFÜLLUNG ÖFFENTLICHER<br />

AUFGABEN 19<br />

4.1 Eigenerstellung 20<br />

4.2 Fremdbezug von öffentlichen Leistungen 22<br />

4.3 Gewährleistung der Aufgabenerfüllung durch Private 22<br />

4.4 Privatisierung 22<br />

4.5 Ausgliederungen als spezielle Form der Aufgabenerfüllung 23<br />

4.6 Aufgabenkritik <strong>und</strong> Ausgliederungsvorhaben 25<br />

5. PERSPEKTIVEN DER EVALUIERUNG VON AUSGLIEDERUNGEN 27<br />

5.1 Vorbemerkung 27<br />

5.2 Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung 29<br />

6. GESELLSCHAFTSPOLITISCHE PERSPEKTIVE 48<br />

6.1 Vorbemerkung zur Erfassung von Kosten <strong>und</strong> Nutzen 48<br />

6.2 Drei besondere Aspekte der Ermittlung gesellschaftlicher Kosten 48<br />

6.3 Gesellschaftspolitische Einzelaspekte 50<br />

7. ZUSAMMENFASSUNG DER HAUPTERGEBNISSE 55<br />

CHECKLISTE - RELEVANTE PERSPEKTIVEN UND KRITERIEN DER<br />

EVALUIERUNG 64<br />

LITERATURVERZEICHNIS 67


1. Zielsetzung der Studie<br />

2<br />

Das Ziel der vorliegenden Studie ist ein Beitrag zur Verbesserung der<br />

Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen von künftigen Ausgliederungen. Zugleich soll damit ein Beitrag zur<br />

Versachlichung der Ausgliederungsdiskussion geleistet werden. Zu einer umfassenden<br />

Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben wird eine Beurteilung aus sechs verschiedenen<br />

Blickwinkeln vorgeschlagen. Darüber hinaus werden Evaluierungsberichte für geplante <strong>und</strong><br />

bereits realisierte Ausgliederungen gefordert.<br />

Obwohl seit Anfang der 90er Jahre mehr als dreißig Ausgliederungen aus dem<br />

B<strong>und</strong>eshaushalt realisiert wurden <strong>und</strong> für die laufende Legislaturperiode weitere dreißig<br />

Ausgliederungen geplant sind, fehlt bis heute ein an den Erfordernissen der Praxis<br />

orientiertes Evaluierungskonzept, das aus einer umfassenden „weiten“ Perspektive Kriterien<br />

zur Beurteilung geplanter Ausgliederungen benennt. Im Gegensatz dazu werden heutzutage<br />

üblicherweise bei der Beurteilung von Ausgliederungen nur Teilaspekte der wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigt. Es erscheint aber aus vielen<br />

Gründen unabdingbar, die Rechtfertigung jeder Ausgliederung <strong>und</strong> der mit ihr verb<strong>und</strong>enen<br />

wirtschaftlichen, gesellschaftlichen (<strong>und</strong> politischen) Erwartungen vorweg kritisch zu prüfen.<br />

Die Auswertung von vorliegenden Untersuchungen <strong>und</strong> Prüfungen von<br />

Ausgliederungsvorhaben, von Erfahrungsberichten <strong>und</strong> der fachspezifischen<br />

Ausgliederungsdiskussion der letzten Jahre führt zu einer Reihe von Feststellungen <strong>und</strong><br />

<strong>Schlussfolgerungen</strong>, die bei einer Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben in Zukunft<br />

beachtet werden sollten.<br />

Dementsprechend präsentiert die nunmehr vorliegende, im Auftrag der Standortpartnerschaft<br />

WKÖ – <strong>GÖD</strong> erstellte Studie einen systematisch entwickelten Katalog von Kriterien zur<br />

Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben im vorhinein („ex ante Evaluierung“). Sie kann als<br />

"Pflichtenheft" für Ausgliederungen, in weiterer Folge aber auch für noch weitergehende<br />

Privatisierungen verstanden werden.<br />

Während das Hauptaugenmerk solchen Vorhaben gilt, die auf der B<strong>und</strong>esebene angesiedelt<br />

sind, können die Empfehlungen durchaus auch für die Landesebene <strong>und</strong> die in hohem Maße<br />

betroffene Ebene der Gemeinden herangezogen werden.<br />

Dem Auftrag entsprechend enthält sich die Arbeit eines eigenen Urteils über den Erfolg oder<br />

Misserfolg einzelner Ausgliederungen in der Vergangenheit. Es erfolgt auch keine Bewertung<br />

angekündigter Ausgliederungsvorhaben.


3<br />

Die Studie ist in folgender Weise aufgebaut. Das 2. Kapitel gibt einen kurzen Überblick über<br />

den Stand der Ausgliederungen in Österreich <strong>und</strong> über wichtige empirische Untersuchungen<br />

von einzelnen Ausgliederungen. Im 3. Kapitel werden die Aufgaben der öffentlichen Hand im<br />

Zusammenhang mit Ausgliederungsüberlegungen behandelt. Im 4. Kapitel wird gezeigt,<br />

welche gr<strong>und</strong>sätzlichen Möglichkeiten <strong>und</strong> Formen der Organisation der Erfüllung<br />

öffentlicher Aufgaben bestehen. Das 5. <strong>und</strong> das 6. Kapitel entwickeln den Katalog von<br />

Kriterien, der bei einer umfassenden Bewertung eines Ausgliederungsvorhabens<br />

herangezogen werden sollte. Es werden sechs verschieden Perspektiven der Evaluierung<br />

unterschieden. Das letzte Kapitel enthält die Zusammenfassung der <strong>Hauptergebnisse</strong> der<br />

Studie.<br />

Die Kapitel 2, 4 <strong>und</strong> 5 wurden von Gabriel Obermann <strong>und</strong> Anna Obermair verfaßt, Kapitel 3<br />

<strong>und</strong> 6 von Wolfgang Weigel. Kapitel 1 <strong>und</strong> 7 wurden gemeinsam erarbeitet.


2. Ausgangssituation in Österreich<br />

2.1 Ausgliederungen in Österreich<br />

4<br />

Wie in anderen EU-Staaten gewannen auch in Österreich Ausgliederungen im Zusammenhang<br />

mit Bemühungen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte <strong>und</strong> der Erfüllung der<br />

fiskalischen Maastricht-Kriterien sowie Versuchen zur Reform der staatlichen<br />

Aufgabenerfüllung an Bedeutung.<br />

Ausgliederungen sind ein Mittelweg zwischen vollständiger Privatisierungen <strong>und</strong> der<br />

vollkommenen Eigenerstellung durch die öffentliche Hand. Die Aufgabenerfüllung unterliegt<br />

(teilweise) privatwirtschaftlichen Strukturen <strong>und</strong> Managementpraktiken bei gleichzeitiger<br />

Bindung an öffentliche Gebietskörperschaften.<br />

Im Falle einer Ausgliederung überträgt eine Gebietskörperschaft (B<strong>und</strong>, Land, Gemeinde)<br />

eine Aufgabe, die sie bisher selbst erfüllt hat, auf einen Rechtsträger öffentlichen oder<br />

privaten Rechts. Es handelt sich dabei um eine (neu geschaffene) juristische Person (keine<br />

andere Gebietskörperschaft, Kammer oder Sozialversicherung), die in einem Naheverhältnis<br />

zur ausgliedernden Gebietskörperschaft bleibt. In vielen Fällen werden die ausgegliederten<br />

Aufgabenträger in Form privatrechtlicher Kapitalgesellschaften (meist GmbH) organisiert, die<br />

teils im Alleineigentum von Gebietskörperschaften stehen oder mit einer entsprechenden<br />

Mehrheit des öffentlichen Sektors ausgestattet sind. Es handelt sich dabei um<br />

Reorganisationen, wie sie teilweise auch bei echten Privatisierungen stattfinden. Bei<br />

letzteren werden Aufgaben allerdings vollständig an private Unternehmer übergeben, die<br />

ihrerseits das volle Risiko tragen <strong>und</strong> in der Regel nicht mit Zuschüssen von der öffentlichen<br />

Hand rechnen können.<br />

In Österreich fand die erste Ausgliederung bereits 1939 statt, als die Tabakregie in eine<br />

Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. 1964 war „der Beginn einer Ausgliederungseuphorie“<br />

(Rossmann 2000, S.141) im Bereich der Straßeninfrastruktur; hier standen vor<br />

allem Finanzierungsüberlegungen im Vordergr<strong>und</strong>. Der Ausbau des hochrangigen<br />

Straßennetzes wurde sukzessive im Wege der außerbudgetären Finanzierung an<br />

privatrechtliche Sondergesellschaften in öffentlichem Besitz übertragen. Diese Aufgabe wird<br />

heute von der Autobahnen- <strong>und</strong> Schnellstraßenfinanzierungs-AG (ASFINAG) übernommen.


5<br />

Ab 1989 wurde auch der Bau von Eisenbahnstrecken ausgegliedert. Der Schienenausbau<br />

wird heute von der Schieneninfrastrukturfinanzierungs-GesmbH wahrgenommen (vgl.<br />

Rossmann 2000, S.141).<br />

Seit Ende der 80er Jahre, insbesondere aber seit 1995 sind verstärkt Bestrebungen zur<br />

Ausgliederung von Aufgaben festzustellen. Diese wurden auf unterschiedliche<br />

Aufgabenbereiche - Verkehrs- <strong>und</strong> Telekommunikationswesen, Kultur, Immobilienwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Finanzbereich - ausgedehnt <strong>und</strong> beschränkten sich nicht nur auf außerbudgetäre<br />

Finanzierungen im Infrastrukturbereich. Einerseits wurden Unternehmungen ausgegliedert,<br />

die typische unternehmerische Tätigkeiten erbringen (z.B. die ÖBB <strong>und</strong> die Telekom<br />

Austria). Andererseits wurden Unternehmungen ausgegliedert, die ihre Leistungen anderen<br />

staatlichen Stellen zur Verfügung stellen, wobei diese Leistungen allerdings (teilweise) auch<br />

von der Privatwirtschaft angeboten werden (z.B. B<strong>und</strong>esrechenzentrum <strong>und</strong> Statistik Austria)<br />

(vgl. Rossmann 2000, S.141f, RH TB 2000, S.13f).<br />

Nachfolgend eine Übersicht der seit 1978 auf B<strong>und</strong>esebene erfolgten Ausgliederungen,<br />

unter denen auch de facto Neugründungen zu finden sind.<br />

Übersicht: Ausgliederungen des B<strong>und</strong>es seit 1978<br />

Bezeichnung der Institution Jahr<br />

Österreichische Salinen AG 1978<br />

Münze Österreich AG 1988<br />

Eisenbahn Hochleistungsstrecken AG 1989<br />

Museumsquartier Errichtungs- <strong>und</strong> BetriebsgesmbH 1990<br />

Schönbrunner Tiergarten GesmbH 1991<br />

Österreichische Donau Betriebs AG 1992<br />

Schloss Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> BetriebsgmbH 1992<br />

Agrarmarkt Austria 1992<br />

B<strong>und</strong>esimmobilien GesmbH 1992<br />

Österreichische B<strong>und</strong>esfinanzierungsagentur 1992<br />

Österreichische B<strong>und</strong>esbahnen 1992<br />

Austro Control GmbH 1993<br />

Arbeitsmarktservice 1994<br />

Post <strong>und</strong> Telekom Austria Beteiligungsgesellschaft 1994<br />

Österreich Institut GmbH 1996<br />

Diplomatische Akademie Wien 1996


SchieneninfrastrukturfinanzierungsgmbH 1996<br />

Post <strong>und</strong> Telekom Austria AG 1996<br />

Österreichische Postsparkasse AG 1996<br />

B<strong>und</strong>es-Wertpapieraufsicht 1996<br />

B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH 1996<br />

Österreichische B<strong>und</strong>esforste AG 1996<br />

Landwirtschaftliche B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften GmbH 1996<br />

Österreichische Staatsdruckerei AG 1997<br />

Wiener Zeitung GmbH 1996<br />

Österreichisches Forschungs- <strong>und</strong> Prüfzentrum Arsenal GmbH 1997<br />

Börsenbeteiligungsgesellschaft mbH 1998<br />

B<strong>und</strong>estheater Holding GmbH 1999<br />

Burgtheater GmbH 1999<br />

Wiener Staatsoper GmbH 1999<br />

Volksoper Wien GmbH 1999<br />

Theaterservice GmbH 1999<br />

B<strong>und</strong>essporteinrichtungen GmbH 1999<br />

Umweltb<strong>und</strong>esamt GmbH 1999<br />

Kunsthistorisches Museum 1999<br />

Schulrechenzentrum zu BRZ-GesmbH 1999<br />

Österreichische Galerie 2000<br />

Österreichisches Museum für angewandte Kunst 2000<br />

Technisches Museum Wien 2000<br />

Graphische Sammlung Albertina 2000<br />

Statistik Österreich 2000<br />

Spanische Hofreitschule 2001<br />

Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig 2001<br />

Museum für Völkerk<strong>und</strong>e 2001<br />

Österreichisches Theatermuseum 2001<br />

Österreichische Mediathek 2001<br />

R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Telekom RegulierungsgmbH 2001<br />

B<strong>und</strong>esbeschaffung GmbH 2001<br />

Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds-Service GmbH 2001<br />

Finanzmarktaufsichtsbehörde 2001<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen<br />

6


7<br />

Für die laufende Legislaturperiode hat der Ministerrat im Oktober 2000 ein weiteres<br />

Ausgliederungsprogramm beschlossen. Bis 2003 sollen r<strong>und</strong> 25 Einrichtungen aus der<br />

unmittelbaren staatlichen Verwaltung des B<strong>und</strong>es ausgegliedert werden. Dieses Programm<br />

ist insbesondere im Zusammenhang mit den Bemühungen zur Erfüllung der fiskalischen<br />

Maastricht-Kriterien zu sehen. Es wird allerdings auch als wesentliches Element im Rahmen<br />

der Verwaltungsreform des B<strong>und</strong>es erachtet, mit dem Ziel, eine effizientere<br />

Aufgabenerfüllung des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> eine nachhaltige Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts zu<br />

erreichen. Mit den geplanten Ausgliederungsmaßnahmen sollen 4000 Planstellen aus dem<br />

B<strong>und</strong>eshaushalt ausgelagert werden (vgl. BKA, 2000). Die nachfolgende Übersicht zeigt die<br />

von der Regierung beschlossenen Ausgliederungsvorhaben. Einige Ausgliederungen dieses<br />

Programms wurden bereits 2001 realisiert.<br />

Diese kurze Überblick veranschaulicht die beachtliche Anzahl <strong>und</strong> die wirtschaftliche<br />

Bedeutung der Ausgliederungsvorhaben in den Regierungsprogrammen der letzten Jahre.<br />

Übersicht : Ausgliederungsvorhaben des B<strong>und</strong>es 2000 - 2003<br />

Ressort Dienststellen/ Tätigkeitsbereich<br />

BMI Kfz-Werkstätten Gendarmerie <strong>und</strong> Polizei (Ausgliederung/Reorganisation)<br />

Massafonds (vorläufig Planung)<br />

Flugrettung<br />

BMBWK B<strong>und</strong>esschullandheime<br />

Nationalbibliothek <strong>und</strong> Phonothek<br />

Zentralanstalt für Meteorologie <strong>und</strong> Geodynamik<br />

Völkerk<strong>und</strong>emuseum<br />

Theatermuseum<br />

Museum moderner Kunst<br />

Naturhistorisches Museum<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Erwachsenenbildung in Strobl<br />

BMLFUW Spanische Hofreitschule<br />

B<strong>und</strong>esgärten<br />

B<strong>und</strong>esanstalt für Milchwirtschaft in Rotholz<br />

B<strong>und</strong>esamt für Wasserwirtschaft/Schließung Chemisches Labor)<br />

Sonstige Projekte des BMLFUW (in Verhandlung)<br />

BMWA B<strong>und</strong>esgebäudeverwaltung inkl. betriebsähnliche Einrichtung<br />

(B<strong>und</strong>esbaudirektion)


B<strong>und</strong>esamt für Eich- <strong>und</strong> Vermessungswesen<br />

BMWA/ BMsSG Insolvenzausfallgeldfonds<br />

BMF Hauptpunzierungs- <strong>und</strong> Probieramt<br />

Bankenaufsicht<br />

8<br />

B<strong>und</strong>esbeschaffungs GesmbH<br />

BMVIT Schifffahrt (Schleusendienst)<br />

Luftfahrt (behördliche Zulassungstätigkeiten)<br />

BMLV Heeresgeschichtliches Museum <strong>und</strong> militärisches Institut<br />

BMsSG Bakteriologisch-seriologische Untersuchungsanstalt<br />

Lebensmitteluntersuchungsanstalt<br />

Veterinärmedizinische Anstalten<br />

BMÖLS Verwaltungsakademie des B<strong>und</strong>es<br />

Quelle: B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

2.2 Ausgliederungserfahrungen<br />

Das jüngste Ausgliederungsprogramm wurde – so wie die vorangegangenen - beschlossen,<br />

obwohl bislang nur wenige empirische Untersuchungen <strong>und</strong> Bef<strong>und</strong>e vorhanden sind um die<br />

Frage zu beantworten, ob die mit Ausgliederungen angestrebten politischen <strong>und</strong><br />

wirtschaftlichen Zielsetzungen in der Realität erreicht wurden.<br />

Mit den Ausgliederungen wurden in der Vergangenheit insbesondere folgende Erwartungen<br />

verknüpft:<br />

1. Eine eigenständige finanzielle Gebarung <strong>und</strong> Personalbewirtschaftung außerhalb des<br />

B<strong>und</strong>eshaushaltes <strong>und</strong> des Stellenplans sollte den ausgegliederten Rechtsträgern<br />

ermöglichen, rascher auf betriebliche Erfordernisse reagieren zu können.<br />

2. Der Wegfall von dienst- <strong>und</strong> besoldungsrechtlichen Bindungen bei der<br />

Personalbewirtschaftung.<br />

3. Die Möglichkeit, bei der Aufgabenerfüllung privatrechtliche Gestaltungsformen (z.B. bei<br />

Abschreibungen <strong>und</strong> Beteiligungen) zu nutzen (RH, TB 1991/12).<br />

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen <strong>und</strong> Konsequenzen von<br />

Ausgliederungen erfolgte verstärkt erst seit Anfang der 90er Jahre, als Ausgliederungen aus<br />

den verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wurden (vgl etwa Gantner 1994 mit


9<br />

kontrolltheoretischen (Schwab), rechtspolitischen (Funk) <strong>und</strong> ökonomischen<br />

(Gantner/Schneider, Obermann, Rossmann) Beiträgen oder Funk 1998). In diesen Arbeiten<br />

wurden Vor- <strong>und</strong> Nachteile bzw. Chancen <strong>und</strong> Risiken von Ausgliederungen kritisch<br />

analysiert.<br />

Von einzelnen (kleineren) Untersuchungen ausgewählter Aspekte konkreter<br />

Ausgliederungen abgesehen (ua Rossmann 1994 <strong>und</strong> 1995, Fleischmann et.al. 1991,<br />

Obermann et.al. 1993) erfolgten eingehende <strong>und</strong> detaillierte Evaluierungen von<br />

Ausgliederungen erst in den letzten Jahren (Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum<br />

(KDZ) 1999, Finanzierungs-Garantie-GesmbH (FGG), (2000; Kurzfassung) <strong>und</strong><br />

Leitsmüller/Rossmann (2001).<br />

Davor war es vor allem der Rechnungshof, der regelmäßig ausgegliederte Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Unternehmungen geprüft <strong>und</strong> auch Missstände aufzeigt hat. Vom Rechnungshof stammen<br />

die bisher umfangreichsten Evaluierungen von Ausgliederungen.<br />

Untersuchungen der letzten Jahre betrafen beispielsweise die Auslagerung von Aufgaben im<br />

Wirtschaftsdienst (BMLV) (2000/5), die Ausgliederung der Datenverarbeitung aus dem<br />

B<strong>und</strong>esrechenzentrum (2000/5), die B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften (2000/5), den Tiergarten<br />

Schönbrunn (2000/5), Schloss Schönbrunn (2000/5) <strong>und</strong> B<strong>und</strong>essporteinrichtungen<br />

(1999/3).<br />

Vorgegangen wurde dabei nach folgendem Ablaufschema: Untersucht wurde die<br />

wirtschaftliche Ausgangslage, Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen von Ausgliederungen, die<br />

Umsetzung der Ausgliederungen <strong>und</strong> die Evaluierung der Zielerreichung. Die budgetäre<br />

Entlastung sowie die außerbudgetäre Verschuldung wurden vom Rechnungshof in einzelnen<br />

Fällen überprüft. In der Folge wurden jeweils Empfehlungen gegeben.<br />

Ein Rückblick des Rechnungshofes auf die von ihm geprüften Ausgliederungen der letzten<br />

Jahre zeichnet ein heterogenes Bild – „die bisherigen Ausgliederungen waren teils<br />

erfolgreich, teils weniger erfolgreich <strong>und</strong> teils nicht erfolgreich“ (Fiedler 2001/39).<br />

Der Rechnungshof nennt folgende Vorteile von Ausgliederungen (TB 2000/18ff): flexiblere<br />

Haushaltsführung, beschleunigte Entscheidungsprozesse, raschere Modernisierung, erhöhte<br />

Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz, flexiblere Personalpolitik. Als Nachteile werden die<br />

eingeschränkte parlamentarische Kontrolle, die Entstehung grauer Finanzschuld, die<br />

fehlende Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts, der höhere Personal- <strong>und</strong> Verwaltungsaufwand<br />

sowie der weiterbestehende staatliche Einfluss genannt.


10<br />

Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfungshandlungen weiters zahlreiche Mängel <strong>und</strong><br />

Unzulänglichkeiten festgestellt (Fiedler 2001). Diese betreffen insbesondere folgende Punkte<br />

(Reihung gemäß Fiedler): Fehleinschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen, zu großer<br />

Zeitdruck bei der Vornahme von Ausgliederungen, fehlendes Ausgliederungskonzept,<br />

fehlende Prüfung von Alternativen, Mangel an klaren Zielvorgaben für den ausgegliederten<br />

Rechtsträger, Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, systemfremde<br />

Motive für Ausgliederungen, Unterlassung einer Kosten-Nutzen-Analyse, Vernachlässigung<br />

der Verlierer von Ausgliederungen.<br />

Das KDZ hat primär die budgetären Auswirkungen sowie die Beschäftigungsentwicklung<br />

folgender Ausgliederungen untersucht: Tiergarten Schönbrunn, Wasserstraßendirektion <strong>und</strong><br />

Österreichische Donau-Betriebs AG (ÖDOBAG), Schloss Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> Betriebs<br />

GmbH, B<strong>und</strong>esimmobilien GmbH (BIG), Österreichische B<strong>und</strong>esbahnen, Austro Control<br />

GmbH, Umwelt- <strong>und</strong> Wasserwirtschaftsfonds, Post <strong>und</strong> Telekom Austria AG, Österreichische<br />

B<strong>und</strong>esforste AG.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchung der FGG wurden nur als Kurzbericht publiziert; eine<br />

Langfassung wurde bisher nicht veröffentlicht. Die FGG hat folgende Ausgliederungen<br />

untersucht: Schönbrunner Tiergarten GmbH, Österreichische Donau-Betriebs AG, Schloss<br />

Schönbrunn Kultur- <strong>und</strong> Betriebs GmbH, B<strong>und</strong>esimmobilien GmbH, Österreichische<br />

B<strong>und</strong>esfinanzierungsagentur (GmbH), Austro Control GmbH, Österreich Institut GmbH,<br />

Diplomatische Akademie Wien (Anstalt öff. Rechts), B<strong>und</strong>es-Wertpapieraufsicht (Anstalt öff.<br />

Rechts), B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH, Österreichische B<strong>und</strong>esforste AG, Landwirtsch.<br />

B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften GmbH, Österr. Forschungs- <strong>und</strong> Prüfzentrum Arsenal GmbH.<br />

Schwerpunktmäßig wurden bei den einzelnen Ausgliederungen folgende Aspekte<br />

untersucht: Ausgliederungsprozess, Zielverfolgung <strong>und</strong> Zielerreichung je nach Art der<br />

Tätigkeit, wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zum Ausgliederungskonzept, sonstige<br />

wirtschaftliche Entwicklung, budgetäre Auswirkungen (kumulativ), Entwicklung der<br />

Leistungserbringung, K<strong>und</strong>ennutzen <strong>und</strong> Beschäftigungsentwicklung.<br />

Leitsmüller/Rossmann haben nachfolgende Ausgliederungen evaluiert: Wasserstraßendirektion<br />

(ÖDOBAG) 1992 AG, Schloss Schönbrunn 1992 GmbH, BIG 1992 GmbH, Austro<br />

Control 1993 GmbH, Österreichische B<strong>und</strong>esforste 1996 AG.<br />

Untersucht wurde insbesondere, ob Ausgliederungen zu Budgetentlastungen führen <strong>und</strong> ob<br />

mit Ausgliederungen die Effizienz gesteigert wird bzw. welche wirtschaftliche Performance<br />

die ausgegliederten Unternehmen erreicht haben.


11<br />

In der Evaluierung der Ausgliederungen wurde auch untersucht, welche Änderungen sich für<br />

die Belegschaft der Unternehmen ergeben (Personalreduktion, Segmentierung der<br />

Belegschaft, flexiblerer Personaleinsatz, dienst- <strong>und</strong> pensionsrechtliche Veränderungen,<br />

Fragen der Personalentwicklung, Rolle der Belegschaftsvertretung).<br />

Einerseits wurden Bilanzanalysen der Unternehmen anhand von betriebswirtschaftlichen<br />

Kennzahlen <strong>und</strong> Effizienzfragen durchgeführt. Andererseits wird untersucht, ob<br />

Rahmenbedingungen für eine Selbststeuerung geschaffen wurden (interne<br />

Steuerungsinstrumente, Steuerung <strong>und</strong> Kontrolle durch Eigentümer, Ausschöpfung von<br />

Marktpotentialen, soziokultureller Wandel).<br />

Darauf aufbauend haben Leitsmüller <strong>und</strong> Rossmann Vorschläge zur Vorgangsweise <strong>und</strong><br />

Anforderungskriterien für zukünftige Ausgliederungen formuliert: Definition von<br />

Zielsetzungen, Erstellung von Ausgliederungs- <strong>und</strong> Unternehmenskonzepten, aktive<br />

Einbindung aller Betroffenen <strong>und</strong> der Belegschaftsvertretung, hohe Qualität des<br />

Managements, hohes Ausbildungsniveau der MitarbeiterInnen <strong>und</strong> Begleitmaßnahmen sind<br />

erforderlich, ausreichende Kapitalausstattung, geringe Zusatzbelastungen, adäquate<br />

Steuerung der ausgegliederten Unternehmungen durch den Eigentümer, Einführung<br />

moderner Steuerungsinstrumente.


3. Überblick über die Aufgaben der Öffentlichen Hand<br />

3.1 Unterschiedliche Ansätze<br />

12<br />

Die Frage nach den Aufgaben des Staates oder "der Öffentlichen Hand" beschäftigt die<br />

Gesellschaft seit alters her. Für die Zwecke der vorliegenden Studie sind drei systematische<br />

Zugänge zu einer Antwort nennenswert, nämlich<br />

- der Ansatz der "Gesamtgesellschaftlichen Performance"<br />

- der Ansatz der "Staatszwecke" bzw. "Kernfunktionen" <strong>und</strong><br />

- der Ansatz des "Ökonomischen Theorie Öffentlicher Aufgaben" (verkürzt oft: Theorie<br />

des Marktversagens).<br />

Der erste <strong>und</strong> jüngste der genannten Ansätze stammt aus der Politikanalyse. Dabei erfolgt<br />

die Orientierung an der gesamtgesellschaftlichen Performance – Analyse (Pfaff, 1994):<br />

Diese sucht Antworten auf die folgenden Fragestellungen:<br />

- Welche kulturelle Funktion (Vermittlung von Werten) geht von einer öffentlichen Leistung<br />

aus?<br />

- Welche soziale Funktion (Lernen von Rollen in Bezugsgruppen) hat eine bestimmte<br />

Einrichtung?<br />

- Welche politische Funktion (Konfliktbewältigung, Artikulation politischer Interessen,<br />

Willensbildung) übt eine Einrichtung aus? Besondere Beachtung ist dabei Gerichten,<br />

Schiedsgerichten, Schlichtungseinrichtungen zu schenken.<br />

- Welche sind die ökonomischen Funktionen einer (öffentlichen) Einrichtung?<br />

- Hat eine öffentliche Einrichtung oder Leistung ökologische Funktionen<br />

(Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung natürlicher Lebensgr<strong>und</strong>lagen)?<br />

Die Beantwortung dieser Fragen für jeden denkbaren Aufgabenbereich kann wertvolle<br />

Einsichten über Staatsfunktionen im allgemeinen liefern, ist aber für die anstehende Frage<br />

der effektiv günstigsten Organisationsform der Bewältigung einer bestimmten Aufgabe<br />

weniger gut geeignet.


13<br />

Der zweite Ansatz entspricht der ältesten <strong>und</strong> zugleich bekanntesten, nämlich der<br />

vollständigen oder auch nur beispielhaften Aufzählung der Aufgaben in unterschiedlicher<br />

Detaillierung:<br />

- Liste von gesellschaftlich relevanten Zwecken, die eine Staatstätigkeit nach sich ziehen,<br />

z.B.: schon Adolph Wagner (1880): „Rechts- <strong>und</strong> Machtzwecke“ einerseits sowie „Kultur<strong>und</strong><br />

Wohlfahrtszwecke“ andererseits.<br />

- Liste von Tätigkeitsfeldern oder "Kernfunktionen", wie sie beispielsweise gerne von<br />

liberalen Wirtschaftstheoretikern erstellt werden (z.B. Milton Friedman): Vor allem Innere<br />

<strong>und</strong> Äußere Sicherheit, Gr<strong>und</strong>schule, Ausgleich sozialer Härten, etc.<br />

- Noch am Beginn der ersten großen Privatisierungswelle unter Margaret Thatcher wurde<br />

aber die Auffassung vertreten, dass der Staat über die eben genannten<br />

Aufgabenbereiche hinaus im Besitz der Telekommunikation <strong>und</strong> der Postdienste, der<br />

Elektrizitäts- <strong>und</strong> der Gaswirtschaft, der Verkehrsträger Schiene <strong>und</strong> Luft, sowie<br />

gewisser „strategischer“ Industrien wie Stahl <strong>und</strong> Rüstung sein solle.<br />

- Eine kritische Weiterentwicklung dieser Gedanken findet sich in dem kürzlich<br />

veröffentlichten Katalog "Staatsaufgaben" der Vereinigung der österreichischen<br />

Industrie, Wien 2001.<br />

- Varianten dieser Vorgehensweise gehen von einer Rangreihung der Schutzwürdigkeit<br />

von Einrichtungen aus, wobei aber meistenteils weniger die Wünsche der (Mehrheit der)<br />

Bürger maßgeblich sind, sondern eher funktionale Notwendigkeiten.<br />

- Erwähnenswert ist auch die Auffassung, wonach es letztlich um die ordnungspolitische<br />

Frage geht, welche Höhe die Staatsquote erreicht, die sich aus dem (realen) Verhältnis<br />

von öffentlichen Haushalten (ausgabenseitig) zum Bruttonationalprodukt ergibt.<br />

3.2 Eine zeitgemäße Methode zur Klärung der Staatsaufgaben<br />

Eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Klärung der Möglichkeit der Ausgliederung ist<br />

die Bildung von ökonomischen Kategorien der betreffenden Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen. Die<br />

moderne Finanzwissenschaft leitet Staatsaufgaben aus derartigen ökonomischen<br />

Kategorienbildungen ab. Die Gr<strong>und</strong>idee dabei ist die, dass man danach fragt, ob Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage über Preise (<strong>und</strong> bei Wettbewerb) zur Übereinstimmung gebracht werden


14<br />

können oder nicht, oder anders gesagt, ob Märkte die beste Organisationsform für die<br />

Lösung einer Aufgabe sind oder nicht.<br />

Beim nachfolgenden Katalog werden Umstände genannt, die eine (alleinige) Organisation<br />

über Märkte unmöglich oder unerwünscht erscheinen lassen. Je nachdem wird ein Markt<br />

dann durch Verwaltung ersetzt oder ergänzt. Verwaltung wiederum erhält ihre Anweisungen<br />

<strong>und</strong> Korrekturen aus politischen, demokratisch durch Abstimmung gewonnenen<br />

Entscheidungen. Eine beachtenswerte Möglichkeit ist auch die der Übertragung an private,<br />

nicht auf Gewinn gerichtete Organisationen - dies ebenfalls im allfälligen Zusammenwirken<br />

mit dem Staat.<br />

Der Staat nützt seine Legitimation zur Zwangsausübung in abgestufter Weise. Im Rahmen<br />

der "hoheitlichen" Aufgaben beansprucht er jedenfalls ein Monopol für sich, bei Aufgaben,<br />

mit deren Wahrnehmung sich ein "öffentliches Interesse" verbindet, kann (<strong>und</strong> soll) sich der<br />

Staat bestimmte Lenkungs- <strong>und</strong> Kontrollmöglichkeiten vorbehalten.<br />

Es ist bei der Wahl der am besten geeigneten Mittel zu prüfen, ob eine Leistung tatsächlich<br />

durch den Staat oder unter Beteiligung des Staates bereitgestellt werden muss, oder ob die<br />

Leistungserstellung den Privaten gesetzlich aufgetragen werden kann (was natürlich die<br />

staatlichen Haushalte ent-, die privaten Haushalte <strong>und</strong> Unternehmen aber belastet). Bei der<br />

eben angesprochenen Frage spricht man von der „Ausgabenintensität öffentlicher<br />

Aufgabenerfüllung“.<br />

3.3 Der Katalog von Kategorien<br />

Es ist zu beachten, dass die einzelnen Kategorien einander nicht ausschließen, sondern<br />

Überschneidungen bzw. Gemeinsamkeiten bestehen:<br />

Fall 1: Kein Wettbewerb möglich - Ausschluss teuer<br />

Eine derartige Leistung weist die folgenden Merkmale auf: die Nutzer konkurrieren (innerhalb<br />

einer bestimmten Kapazitätsgrenze) nicht miteinander; ihr Ausschluss ist nur unter<br />

erheblichen Mehrkosten oder überhaupt nicht möglich: Man spricht von einem reinen<br />

Kollektivgut. Es wird zweckmäßiger Weise öffentlich bereitgestellt <strong>und</strong> über Steuern


15<br />

finanziert. Die am häufigsten zitierten Beispielsfälle sind auf B<strong>und</strong>esebene: innere Sicherheit,<br />

äußere Sicherheit; auf Gemeindeebene: die öffentliche Beleuchtung.<br />

Fall 2: Negative oder positive Nebenwirkungen verhindern ein marktgerechtes Ergebnis<br />

Mit der Abgabe <strong>und</strong>/oder Inanspruchnahme einer Leistung sind Beeinträchtigungen<br />

/Steigerungen der Wohlfahrt Dritter verb<strong>und</strong>en, ohne dass diese zunächst in die<br />

Leistungsverrechnung eingehen: „Negative <strong>und</strong> positive Externe Effekte“. Negativ ist der<br />

Fall, in dem eine Fabriksanlage ihre Abwässer in einen Fluss entsorgt, so dass Anwohner<br />

beim Baden gefährdet <strong>und</strong> Fischer in ihrer Existenz bedroht sind. Eine unmittelbare Einigung<br />

der Betroffenen mit dem Verursacher gilt in solchen Fällen als unwahrscheinlich, weshalb ein<br />

Eingreifen des Staates für unerlässlich gehalten wird. Das Eingreifen muss dabei nicht<br />

immer mit (hohen) Ausgaben verb<strong>und</strong>en sein, sondern nutzt vom Verbot bis zur<br />

kontrollierten Ausgabe von Verschmutzungszertifikaten das Repertoire der legitimen<br />

Zwangsausübung. Bei umweltbedingten Langzeitschäden, für die ein Verantwortlicher nicht<br />

mehr festgestellt werden kann, treten dann den „reinen Kollektivgütern“ vergleichbare<br />

Mechanismen in Kraft.<br />

Der am häufigsten genannte positive Fall ist der eines hohen Bildungsniveaus; dieses nützt<br />

nicht nur dem Einzelnen (schafft ihm Nutzen oder Befriedigung), sondern es kommt der<br />

ganzen Gesellschaft zu Gute, weil es die Gesamtleistung bzw. Produktivität zu steigern<br />

vermag, aber z.B. auch einen wichtigen Beitrag zum Frieden liefern kann.<br />

Fall 3: Die Bürger treffen Entscheidungen, deren Folgen sie falsch einschätzen<br />

Es tritt (sogar häufig) der folgende Fall ein: Wird die Inanspruchnahme einer Leistung der<br />

freien Entscheidung der anvisierten Nutzer überlassen, so resultiert eine suboptimal niedrige<br />

oder suboptimal hohe Inanspruchnahme, die dann korrigierende Eingriffe der Öffentlichen<br />

Hand rechtfertigt: „Meritorische Güter“ (es bestehen viele Gemeinsamkeiten mit den<br />

negativen/positiven Externen Effekten). Hier ist Alkoholmissbrauch als ein Beispiel zu<br />

nennen: Alkoholiker schädigen sich selbst <strong>und</strong> über die Risiken <strong>und</strong> Kosten, die sie<br />

verursachen, die Gesellschaft. Der Staat „nimmt sich daher heraus“, korrigierend tätig zu<br />

werden, sei es durch Steuern, sei es auch durch Untersagung, wie z.B. in der „Prohibition“


16<br />

<strong>und</strong> „ausgabenintensiv“ über den Betrieb von Entziehungsanstalten. Als weitere Beispiele<br />

seien die verpflichtende Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> Impfaktionen genannt.<br />

Fall 4: Die Kosten der Bereitstellung können den Nutzern nicht zugemutet werden<br />

Es gibt Leistungen, nach denen kein dauernder Bedarf besteht, weil eher auf Alternativen<br />

zugegriffen wird, oder weil die Nachfrage generell instabil (stochastisch) ist, so dass ein<br />

privater Betreiber den „break-even“ nicht oder nur mit hohem Risiko erreichen könnte. Ein<br />

Beispiel für den ersten Fall bietet die Bevorzugung von Auto oder Flugzeug als<br />

Verkehrsmittel, was aber bei Nebel, Glatteis <strong>und</strong> anderen Witterungsunbillen schwierig ist,<br />

weshalb dann <strong>und</strong> nur dann vermehrt auf die Eisenbahn ausgewichen wird (das war einer<br />

der Entscheidungsgründe für den Ausbau der Bahn an der amerikanischen Ostküste<br />

zwischen Boston, New York <strong>und</strong> Washington). Das Paradebeispiel für den zweiten Fall bildet<br />

ein Naturpark. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass die „Natur der Güter“ es ausschließt,<br />

sie jeweils nur verfügbar zu machen, wenn der Bedarf auftaucht: sie weisen dafür eine zu<br />

hohe „Ausreifungszeit“ auf; sie müssen also in einer bestimmten Kapazität bereitgehalten<br />

werden - „Optionsgüter“. Ihre Bereitstellung, vor allem aber ihre Finanzierung bedarf<br />

besonderer Vorkehrungen. Hier kommt neben der öffentlichen Hand allenfalls noch eine<br />

private Organisation in Frage (z.B. Alpenverein).<br />

Fall 5: Es besteht ein unspezifizierter Bedarf<br />

Es gibt Einrichtungen oder Güter, für die keine unmittelbare Nachfrage besteht, wohl aber<br />

Zahlungsbereitschaft für die Einrichtung/Aufrechterhaltung: Es handelt sich meistens um<br />

Vermögenswerte (Kunstsammlungen, Schlösser, Wälder, die man für wichtig hält, auch<br />

wenn man sie selbst nicht aufsucht). Man spricht dann von Einrichtungen oder Leistungen<br />

mit „Existenzwert/Vermächtniswert“, die eines besonderen Schutzes bedürfen. Auch hier<br />

können allenfalls private Organisationen befasst werden.


Fall 6: Der Umgang der Menschen mit Lebensrisiken leidet an Informationsmängeln<br />

17<br />

Eine Quelle staatlicher Tätigkeit sind auch Informationsmängel <strong>und</strong> Fehleinschätzungen von<br />

Risiken (was zum Teil zu den meritorischen Gütern zurückführt): hier sind<br />

Pflichtversicherungen zu nennen. Auf freiwilliger Basis versichern sich gerade diejenigen<br />

Menschen ungern, die so viel Vorsicht walten lassen, dass sich die Versicherung nicht<br />

„auszahlt“, was die Versicherer mit den schadensgeneigteren K<strong>und</strong>en zurücklässt, die aber<br />

teuer kommen. Um die Versicherung wirtschaftlich zu schaffen <strong>und</strong> gleichzeitig verpflichtend<br />

zu machen, verbieten sich dann reine privatwirtschaftliche Lösungen<br />

Fall 7: Die wirtschaftlichste Lösung eines Problems hat ein Monopol zur Folge<br />

Allgemein bekannte Gründe für die Staatstätigkeit ergeben sich auch bei einem einzigen<br />

Anbieter, wenn es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, diesen zu konkurrenzieren: Das ist dann<br />

der Fall, wenn dieser alleinige Anbieter die Deckung der vorhandenen Nachfrage zu den<br />

geringst möglichen Kosten bewerkstelligen kann: Er hat dann zugleich große Marktmacht;<br />

man spricht vom „Natürlichen Monopol“. Das meist zitierte Beispiel hier ist die Übertragung<br />

von Strom über größere Entfernungen; analog gilt das auch für Fernwärme, Gas usw. Erst<br />

dann, wenn die Nachfrage eher dramatisch gesteigert wird, kann plötzlich ein weiteres<br />

Unternehmen auf dem Markt Platz finden <strong>und</strong> das Problem des Natürlichen Monopols<br />

verschwindet (Diesen Fall konnte man bei Netzbetreibern für Mobiltelefone beobachten).<br />

Fall 8: Existenzsicherung, die nur auf Freiwilligkeit beruht, schafft keine ausreichende<br />

materielle Gr<strong>und</strong>lage<br />

Der Markt liefert nicht automatisch jene Verteilung von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen, die<br />

jeweils existenzsichernd ist (<strong>und</strong> dem jeweils gültigen Prinzip von Gerechtigkeit entspricht).<br />

Der entsprechende Ausgleich kommt aber freiwillig nicht im ausreichenden Maß zustande<br />

(wohl aber ansatzweise, wie karitative Organisationen, die Kirchen usw. beweisen).<br />

Gerechte Einkommens(um)verteilung erfordert Einsatz der legitimen Zwangsausübung des<br />

Staates.


3.4 Ergänzende Gesichtspunkte<br />

18<br />

Ein Überblick über die Aufgaben der Öffentlichen Hand muss unvollständig bleiben, wenn<br />

dabei nicht berücksichtigt wird, dass deren Wahrnehmung auf verschiedenen Ebenen<br />

erfolgen kann: Institutionell-absteigend: Europäische Union - B<strong>und</strong> - Länder - Gemeindeverbände<br />

- Gemeinden.<br />

Dieser ökonomische Gedanke einer föderalistischen Struktur des Öffentlichen Sektors findet<br />

ethisch <strong>und</strong> rechtlich seinen Niederschlag im sogenannten „Subsidiaritätsprinzip".<br />

Ökonomisch wird er dadurch begründet, dass die minimalen Kosten für die Bereitstellung<br />

verschiedener Leistungen jeweils bei einer unterschiedlichen Anzahl von Nutznießern<br />

erreicht werden; dabei spielt natürlich die räumliche Verteilung eine erhebliche Rolle:<br />

Gemeinden sind in diesem Sinn zum Beispiel „Cluster“ von verhältnismäßig hoher<br />

Besiedelungsdichte durch Menschen mit bestimmten ortsbedingten ähnlichen Interessen.<br />

Verteilen sich Menschen mit bestimmten Bedürfnissen (Gemeinsamkeiten) im Raum, dann<br />

ist meistens eine höhere Organisationsebene der Bereitstellung der entsprechenden<br />

Leistungen zweckmäßig.


19<br />

4. Spektrum der Möglichkeiten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich kann die Wahl der organisatorischen Form der Erfüllung einer öffentlichen<br />

Aufgabe als primär politische Entscheidung verstanden werden. Diese Wahl wird freilich<br />

nicht völlig beliebig erfolgen <strong>und</strong> ist in der Praxis von vielen Faktoren determiniert. Wichtige<br />

Einflussfaktoren resultieren insbesondere aus der Art der zu besorgenden Aufgabe<br />

(hoheitliche versus erwerbswirtschaftliche Aufgaben), aus rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Gegebenheiten, aber auch aus gesellschaftspolitischen Motiven <strong>und</strong> aus früheren<br />

Erfahrungen mit bestimmten Formen der Aufgabenerfüllung.<br />

In den letzten Jahren wurden in Österreich - wie auch in anderen europäischen Ländern -<br />

wieder verstärkt neue Ansätze <strong>und</strong> alternative Organisationsformen diskutiert, mit denen die<br />

Wirtschaftlichkeit der Erbringung <strong>und</strong> die Qualität öffentlicher Dienstleistungen verbessert<br />

werden soll. Gründe für diese Bestrebungen resultieren einerseits aus den weiterhin<br />

nachhaltig eingeschränkten Finanzierungsspielräumen der öffentlichen Haushalte,<br />

andererseits aus einigen erfolgversprechenden österreichischen Beispielen <strong>und</strong> aus<br />

Berichten über positive ausländische Erfahrungen mit der Beteiligung des privaten Sektors<br />

an der öffentlichen Aufgabenerfüllung.<br />

Durch diese Tendenz zu privatwirtschaftlichen Formen der Aufgabenerfüllung soll private<br />

Initiative genutzt <strong>und</strong> auch verstärkt privates Kapital zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben<br />

herangezogen werden. Dabei kommen vielfach (organisatorische) Mischformen zwischen<br />

bestehenden<br />

Anwendung.<br />

unternehmensrechtlichen Typen <strong>und</strong> Verwaltungseinrichtungen zur<br />

Im folgenden wird im Überblick gezeigt, welche Formen der Organisation der Erfüllung<br />

öffentlicher Aufgaben gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen <strong>und</strong> wie in diesem Spektrum Ausgliederungen<br />

als spezielle Formen einzuordnen sind.<br />

Aus wirtschaftlicher Sicht reicht die Bandbreite der Möglichkeiten der Erfüllung öffentlicher<br />

Aufgaben von der ausschließlichen Eigenerstellung durch die öffentliche Hand bis hin zur<br />

vollkommenen Privatisierung der Aufgabenbesorgung (vgl. Schauer 2000, S.32):<br />

- Eigenerstellung (traditionelle Formen <strong>und</strong> neue Varianten)


- Fremdbezug der Leistung<br />

- Gewährleistung der Leistungserbringung durch Private – Beleihung<br />

20<br />

- Privatisierung <strong>und</strong> volle Überlassung der Leistungserbringung an den<br />

marktwirtschaftlichen Wettbewerb<br />

Der graduelle Prozess der Veränderung der institutionellen Ausgestaltung der<br />

Leistungserbringung erfolgt nach Weigel (1999, S.184f) in den Dimensionen<br />

Organisationsform, Eigentumsverhältnisse <strong>und</strong> Wettbewerbsintensität. Gleichzeitig kann<br />

auch der Bereitstellungsprozess nach Finanzierung, Beschaffung, Herstellung <strong>und</strong> Vertrieb<br />

unterteilt werden. Aus der jeweiligen Zuordnung der drei Dimensionen zu den Abschnitten<br />

des Bereitstellungsprozesses ergibt sich ein mögliches Schema der systematischen<br />

Erfassung unterschiedlicher Privatisierungsformen bzw. –grade.<br />

4.1 Eigenerstellung<br />

Jede Gebietskörperschaft kann die von ihr wahrzunehmenden Aufgaben selbst besorgen.<br />

Hierbei handelt es sich um die für viele öffentliche Aufgaben traditionelle - <strong>und</strong> noch immer<br />

vorherrschende - Form. Allerdings wird heute zunehmend die Effektivität <strong>und</strong> die Effizienz<br />

dieser Form der Leistungserstellung für zahlreiche Aufgaben als (zu) gering eingeschätzt<br />

<strong>und</strong> häufig auch die Möglichkeit der (starken) politischen Einflussnahme kritisiert. Dies führt<br />

einerseits zu Forderungen nach dem Rückzug des Staates aus diesen Aufgabenbereichen<br />

oder aber nach einer Reform der öffentlichen Verwaltung.<br />

Soll eine Aufgabe weiterhin von der öffentlichen Hand besorgt <strong>und</strong> die Leistung von ihr selbst<br />

erstellt werden, können Verbesserungspotentiale gesucht werden.<br />

Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen,<br />

betreffen zunächst das interne Steuerungssystem ("New Public Sector Management“) (vgl.<br />

Lane 2000, Obermair 1999).<br />

Im Hinblick auf eine verstärkte Zielorientierung <strong>und</strong> Kostenkontrolle sind geeignete<br />

Steuerungsinstrumente zu entwickeln <strong>und</strong> einzusetzen. Den Rahmen sollte ein umfassendes<br />

Controlling-Konzept bilden, das die Formulierung <strong>und</strong> Realisierung strategischer wie<br />

operativer Leistungs- <strong>und</strong> Finanzziele sicherstellt.<br />

Wesentlich anspruchsvoller als die Kontrolle von Kosten <strong>und</strong> Erlösen ist die Erfassung <strong>und</strong><br />

Bewertung der angestrebten <strong>und</strong> erreichten Leistungen <strong>und</strong> Ergebnisse. Dazu sind in der<br />

Regel neben monetären auch geeignete nicht-monetäre Indikatoren erforderlich.


21<br />

Eine kurzfristige <strong>und</strong> primär inputbezogene Haushaltsplanung <strong>und</strong> -führung ist nicht<br />

geeignet, die Staatstätigkeit outputorientiert zu steuern. Die traditionelle Budgetierung<br />

vermittelt zwar detaillierte Informationen über eingesetzte Ressourcen (Stellen, Personal<strong>und</strong><br />

Sachaufwand uam), sagt aber wenig über die bereitgestellten Leistungen <strong>und</strong> die<br />

Wirksamkeit von Maßnahmen aus. Es ist ein ziel- <strong>und</strong> ergebnisbezogenes<br />

Steuerungssystem vorzusehen.<br />

Als Schritt in Richtung einer Globalbudgetierung wird in Österreich gegenwärtig die sog.<br />

Flexibilisierungsklausel erprobt (§§ 17a <strong>und</strong> 17b BHG, BGBL. I Nr. 30/1999). Globalbudgets<br />

geben nur den Gesamtaufwand <strong>und</strong> -ertrag oder die Gesamtkosten <strong>und</strong> -erlöse vor,<br />

verzichten aber auf die bisher vorgegebene Aufteilung nach detaillierten Budgetansätzen.<br />

Die einzelnen Institutionen können dadurch selbst über die Mittelverwendung bestimmen.<br />

Eine Verschiebung der Ausgabenarten ist erlaubt, es gibt lediglich die Auflage, ein<br />

bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Es ist dies ein Versuch, vom strengen kameralistischen<br />

System abzugehen.<br />

Die sog. „Flexiklausel“ zielt drauf ab, durch Dezentralisierung der Ressourcenverantwortung<br />

die notwendige Flexibilität <strong>und</strong> Eigenverantwortung auch innerhalb des BHG zu<br />

gewährleisten. Einzelne Elemente einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung wie etwa<br />

Kostenrechnung, Leistungsmessung <strong>und</strong> Steuerung über Leistungsaufträge sind dabei<br />

verwirklicht. Je nach Projektlaufzeit werden zwischen dem Finanzministerium, der<br />

betroffenen Organisationseinheit <strong>und</strong> dem übergeordneten Ministerium Vereinbarungen über<br />

die jeweiligen Ziele, die erwarteten Resultate <strong>und</strong> die zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />

getroffen. Weitere Regelungen betreffen die Verwendung der eingesparten Mittel bzw. von<br />

Rücklagen. Die Einhaltung dieser Vereinbarungen werden in einem Controllingbeirat laufend<br />

überwacht, allerdings sind keine bestimmten Sanktionen bei Nichteinhaltung vorgesehen. Mit<br />

Beginn des Jahres 2000 wurden Pilotversuche in vier Dienststellen (B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Bergbauernfragen, B<strong>und</strong>esamt für Wasserwirtschaft, Justizanstalt für Jugendliche Wien –<br />

Erdberg <strong>und</strong> Justizanstalt St. Pölten) mit einer Laufzeit von 2 bzw. 4 Jahren gestartet. Mit<br />

1.1. 2002 wurden in zwei weiteren Justizanstalten zweijährige Pilotprojekte begonnen. Ende<br />

2003 werden alle Pilotprojekte abgeschlossen sein. Dann bleibt abzuwarten, ob weitere<br />

Schritte in Richtung einer organisatorischen Verselbständigung nachgelagerter Dienststellen<br />

unternommen werden, oder ob die Flexibilisierungsklausel nicht über das Versuchsstadium<br />

hinauskommt (vgl. Fleischmann 2001, S.12f). Der Personalbereich ist von der<br />

Flexibilisierungsklausel bisher nicht erfasst. In einer Weiterentwicklung derselben könnten


22<br />

auch Möglichkeiten, die Verantwortung für Personalressourcen einzuschließen, erwogen<br />

werden.<br />

4.2 Fremdbezug von öffentlichen Leistungen<br />

Fremdbezug öffentlicher Leistungen bedeutet die Übertragung der Aufgabenerfüllung an<br />

private Dienstleister. Hierbei ist zwischen „Outsourcing“ <strong>und</strong> „Contracting-Out“ zu<br />

unterscheiden (vgl. Schauer 2001, S.10, Eichhorn 2001, S. 411). Outsourcing ist die<br />

vertragliche, zeitlich begrenzte Vergabe der Erstellung öffentlicher Leistungen an Dritte.<br />

Ausgelagert wird nur die Aufgabenerfüllung; die Aufgabe selbst bleibt weiterhin eine Aufgabe<br />

der öffentlichen Hand. Je nach Kosten-, Leistungs- <strong>und</strong> Wettbewerbsaspekten können<br />

mehrere Optionen der Fremderledigung gewählt werden. Die von der öffentlichen<br />

Verwaltung zu erbringende Leistung kann auch von einem öffentlichen Unternehmen oder<br />

einem privaten Wirtschaftssubjekt erstellt <strong>und</strong> somit zugekauft werden. Produzenten können<br />

kommerzielle Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen sein. Das Contracting-Out<br />

hingegen fußt auf einer materiellen Privatisierung, wobei der private Auftragnehmer die<br />

Leistungen direkt an die Bürger abgibt (s.u.).<br />

4.3 Gewährleistung der Aufgabenerfüllung durch Private<br />

Alternativen bzw Varianten zum Fremdbezug bilden Organisationsformen, bei denen die<br />

Aufgabenerfüllung gemischtwirtschaftlichen Unternehmen mit öffentlichen <strong>und</strong> privaten<br />

Anteilseignern übertragen wird oder die Aufgabe durch vertragliche Vereinbarungen in Form<br />

von Betreiber-, Betreuungs-, Pacht-, Konzessions-, Projektträger-, Leasing- <strong>und</strong><br />

Finanzierungsmodellen (sog. Public Private Partnerships) gewährleistet werden soll. Die<br />

Erfüllung der Aufgabe wird vom weiterhin verantwortlichen öffentlichen Aufgabenträger<br />

getrennt.<br />

Die öffentliche Hand als Aufgabenträger kann sich bei diesen Varianten auf die<br />

Gewährleistung der politisch vorgegebenen Aufgabenerfüllung durch andere - nicht oder<br />

nicht unbedingt mehrheitlich öffentliche - Leistungserbringer bzw. Produzenten beschränken.<br />

4.4 Privatisierung<br />

Üblicherweise wird zwischen der formellen <strong>und</strong> der materiellen Privatisierung unterschieden.


23<br />

Bei der formellen Privatisierung (Organisationsprivatisierung) - oft als die typische Form der<br />

Ausgliederung verstanden - verbleibt die jeweilige Aufgabe weiterhin in öffentlicher<br />

Verantwortung - d.h. der Staat bleibt Träger der Aufgabenverantwortung <strong>und</strong> der<br />

Leistungserstellung. Die Aufgabenbesorgung erfolgt innerhalb des öffentlichen Sektors,<br />

meist in der Organisationsform des Privatrechts (GmbH, AG). Das Eigentum an den<br />

Gesellschaftsanteilen bleibt beim Staat.<br />

Bei der materiellen Privatisierung (Aufgabenprivatisierung) hingegen wird die Verantwortung<br />

für eine bestimmte öffentliche Aufgabe <strong>und</strong> deren Finanzierung vollständig auf Private<br />

übertragen. Träger der Aufgabenerfüllung <strong>und</strong> auch der Aufgabenverantwortung sind künftig<br />

private Unternehmen oder Institutionen.<br />

Durch materielle Privatisierungen, d.h. durch die Übertragung staatlicher Aufgaben (oder<br />

staatlichen Vermögens) an Private, sollen Fehlinvestitionen <strong>und</strong> ineffiziente Betriebsführung,<br />

die den öffentlichen Haushalten oft nachgesagt werden, vermieden <strong>und</strong> die Wirtschaftlichkeit<br />

gesteigert werden. Erwartet werden Kosteneinsparungen, Verbesserungen der<br />

Servicequalität <strong>und</strong> beschleunigte Innovationen. Der Hauptnutzen von Privatisierungen wird<br />

vor allem in der stärkeren Bereitschaft der privaten Unternehmer zur Innovation gesehen.<br />

Eine Unterform der materiellen Privatisierung ist die funktionale Privatisierung, bei der nicht<br />

die Aufgabenverantwortung, sondern nur die Aufgabenerfüllung privatisiert wird. Der Private<br />

übernimmt Aufgaben („Funktionen“) der Verwaltung <strong>und</strong> erfüllt auch die<br />

Finanzierungsaufgabe. Funktionale Privatisierungen können verschiedene<br />

Ausprägungsformen haben (beispielsweise Leasing- oder Konzessionsmodelle).<br />

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um Aktivitäten vom öffentlichen in den privaten Sektor zu<br />

verlagern <strong>und</strong> damit dessen Rolle zu stärken, ohne dass damit notwendigerweise auch das<br />

Eigentum an Kapital transferiert werden müsste. Die Alternativen reichen von<br />

hauptsächlicher Verantwortung der öffentlichen Hand mit Vergabe von Management- oder<br />

Serviceverträgen, über geteilte privat-öffentliche Verantwortlichkeit in Form von Private-<br />

Public-Partnership, der Vergabe von Konzessionen u.ä. bis hin zu einem (Teil-)Verkauf der<br />

jeweiligen Betriebe.<br />

4.5 Ausgliederungen als spezielle Form der Aufgabenerfüllung<br />

Bei den in der Praxis erfolgten Ausgliederungen sind unterschiedliche Formen der<br />

Organisation <strong>und</strong> Gewährleistung der übertragenen Aufgaben- <strong>und</strong> Leistungserfüllung zu<br />

beobachten. Entsprechend dem realisierten Konzept der Ausgliederung kann der öffentliche


24<br />

Aufgabenträger einen stärkeren (zB über Weisungsrechte) oder geringeren Einfluss (zB in<br />

einer Holdingvariante) auf den ausgegliederten Rechtsträger ausüben.<br />

Die folgende Übersicht zeigt verschiedene Ausgliederungsvarianten.<br />

Profit Center Ausgliederung Fremdvergabe<br />

wirtschaftl. Selbständigkeit Wirtschaftl. <strong>und</strong> rechtliche Selbständigkeit<br />

Regiebetrieb<br />

Eigenbetrieb<br />

B<strong>und</strong>esbetrieb<br />

Betriebsähnliche<br />

Einrichtungen<br />

Juristische Person<br />

des öffentl. Rechts<br />

in öffentl.<br />

Eigentum<br />

Quelle: Kradischnig 2000<br />

Juristische Person<br />

des privaten Rechts<br />

in privatem<br />

Eigentum<br />

GmbH GmbH<br />

AG AG<br />

Verein,<br />

Stiftung etc<br />

Verein etc.<br />

Eine Typologisierung der seit 1991 ausgegliederten Gesellschaften des B<strong>und</strong>es nach der Art<br />

der Tätigkeit, nach ihrem wirtschaftlichen Umfeld sowie der Form der juristischen<br />

Verselbständigung findet sich in der Untersuchung des KDZ 1999, S.167.<br />

Nach der Art der Tätigkeit lassen sich bei Ausgliederungen zwei Unternehmenstypen<br />

unterscheiden, je nachdem ob diese Leistungen für den Markt oder für andere staatliche<br />

Stellen erbringen. Ausgegliederte Unternehmungen können auch nach dem wirtschaftlichen<br />

Umfeld, in dem sie agieren, klassifiziert werden; nämlich in Unternehmungen die eine<br />

Monopolstellung innehaben <strong>und</strong> solche, die in einem kompetitiven Umfeld tätig sind. Nach


25<br />

der Art der juristischen Verselbständigung kann eine Ausgliederung entweder nur auf<br />

betrieblicher Ebene (Profit-Center) erfolgen, oder aber der auszugliedernde Bereich wird in<br />

eine rechtlich selbständige Gesellschaft öffentlichen oder privaten Rechts eingebracht.<br />

4.6 Aufgabenkritik <strong>und</strong> Ausgliederungsvorhaben<br />

Die vorangegangenen Ausführungen legen als Beginn aller Ausgliederungsüberlegungen<br />

eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung nahe.<br />

Zunächst ist der status quo darzustellen <strong>und</strong> dann im Sinne einer Aufgabenkritik zu<br />

untersuchen, welche sachliche Notwendigkeit, welches Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der<br />

Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in der<br />

bisherigen Form von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden muss bzw. soll.<br />

Außerdem dient dieser Schritt auch der Suche nach den möglichen Verbesserungen in der<br />

Leistungserfüllung der öffentlichen Hand. Daher sollte das gesamte Spektrum der bekannten<br />

Formen der Aufgabenerfüllung geprüft werden – von verwaltungsnahen Lösungen, etwa in<br />

Form einer internen Reorganisation (New Public Management), bis hin zur vollständigen<br />

Auslagerung an private Bereitsteller oder Produzenten (im Sinne von Leitsmüller/Rossmann<br />

2001/62) - also allenfalls auch einer vollständigen "Privatisierung".<br />

Erst die Durchführung der kritischen Aufgabenanalyse einschließlich der Prüfung alternativer<br />

Formen der Aufgabenerfüllung in der vorgeschlagenen Form erlaubt es nachvollziehbar<br />

darzulegen, warum eine vorgeschlagene bzw. geplante Ausgliederung aus dem öffentlichen<br />

Haushalt die vergleichsweise beste Form der künftigen Aufgabenerfüllung darstellt. Der<br />

Nachweis wäre in jedem einzelnen Fall zu führen.<br />

Insbesondere der Rechnungshof kritisiert die fehlende Prüfung von Alternativen wie z.B.<br />

echte Privatisierung, Outsourcing oder Verwaltungsreform. So wurden beispielsweise im<br />

Falle der Austro Control GesmbH die Möglichkeiten der Effizienzsteigerungen im<br />

bestehenden System nicht untersucht (NTB 1999 S.149 Abs. 5). In diesem Zusammenhang<br />

sollte auch der Modus der Zielvereinbarung vorab geklärt werden, was v.a. die Position der<br />

Sozialpartner im Diskussionsprozess betrifft.<br />

Systemfremde Motive für Ausgliederungen (werden diese beispielsweise nur durchgeführt,<br />

um die Zahl der öffentlich Bediensteten abzubauen), stoßen nicht nur auf Skepsis des RH<br />

(vgl. Fiedler 2001, S.33) sondern auch der Öffentlichkeit <strong>und</strong> v.a. der öffentlich Bediensteten.<br />

„Um das Problem der Überbesetzung zu lösen, sollte die B<strong>und</strong>esregierung besser eine


26<br />

gr<strong>und</strong>legende Strukturreform unter Einbindung der Beamtenschaft angehen“ (Fiedler 2001,<br />

S. 34). Der Rechnungshof erachtet Zielsetzungen, alleine die Anzahl der öffentlichen<br />

Bediensteten zu reduzieren <strong>und</strong> die Stellenpläne zu entlasten, nicht als ausreichende<br />

Begründung für eine Ausgliederung (vgl. TB 2000, S.23).<br />

Wird eine Ausgliederung als beste Lösung angesehen, kann im weiteren die eigentliche<br />

Evaluierung des Ausgliederungsvorhabens erfolgen.


5. Perspektiven der Evaluierung von Ausgliederungen<br />

5.1 Vorbemerkung<br />

27<br />

In diesem Kapitel werden die Kriterien behandelt, auf die im Rahmen einer ex-ante-<br />

Evaluierung eines konkreten Ausgliederungsvorhabens explizit Bezug genommen werden<br />

sollte. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass zunächst eine Aufgabenkritik erfolgen <strong>und</strong><br />

die beabsichtigte Ausgliederung erst dann Gegenstand einer Evaluierung sein sollte. D.h. es<br />

sollte bereits geprüft <strong>und</strong> begründet dargelegt worden sein, dass die geplante Ausgliederung<br />

als optimale Form der Erfüllung der konkret übertragenen (öffentlichen) Aufgaben<br />

angesehen wird.<br />

Die folgenden Ausführungen zu den Anforderungen <strong>und</strong> Kriterien, die bei einer<br />

umfassenden Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens bedacht werden sollten, beruhen<br />

- analytisch auf einem Konzept, das die in den Prozess der Ausgliederung involvierten<br />

Akteure <strong>und</strong> deren Interessen in ihrem politisch-ökonomischen Umfeld erfasst <strong>und</strong><br />

- empirisch auf einer Auswertung von Untersuchungen von <strong>und</strong> Erfahrungen mit<br />

Ausgliederungen, die in den letzten Jahren auf B<strong>und</strong>esebene durchgeführt worden sind.<br />

Die empirische Basis bilden insbesondere die im 2. Kapitel angeführten Untersuchungen <strong>und</strong><br />

Studien.<br />

In der Regel sind alle größeren Ausgliederungsvorhaben mit weitreichenden institutionellen,<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Veränderungen verb<strong>und</strong>en. Von einer Ausgliederung werden<br />

die Interessen verschiedener Akteure in vielfältiger Weise berührt – dementsprechend<br />

werden auch die Folgen der geplanten organisatorischen Veränderungen unterschiedlich<br />

wahrgenommen <strong>und</strong> subjektiv bewertet.<br />

Dieser Komplexität versucht der hier vorgeschlagene Ansatz für das Vorgehen bei der<br />

Evaluierung <strong>und</strong> für die Auswahl der zur Bewertung herangezogenen Kriterien Rechnung zu<br />

tragen.<br />

Im Sinne einer politisch-ökonomischen Modellbetrachtung werden zunächst die wichtigsten<br />

(Gruppen von) Akteure(n) identifiziert, die üblicherweise in den Ausgliederungsprozess<br />

involviert sind bzw. von diesem maßgeblich betroffen sein können. Es handelt sich dabei um


28<br />

- die (Verwaltung der) Gebietskörperschaft, die beabsichtigt, eine bisher von ihr<br />

wahrgenommene Aufgabe im Wege einer Ausgliederung aus ihrem Haushalt<br />

auszulagern;<br />

- das zuständige gesetzgebende Organ (Parlament, Landtag, Gemeinderat), das<br />

entsprechende rechtliche Voraussetzungen schaffen soll;<br />

- den im Zuge der Ausgliederung entstehenden Rechtsträger, in der Regel ein<br />

Unternehmen des privaten oder öffentlichen Rechts, einschließlich Management <strong>und</strong><br />

Belegschaft vor <strong>und</strong> nach der Umwandlung;<br />

- die Marktteilnehmer, das sind Mitbewerber <strong>und</strong> Konsumenten, denen das ausgegliederte<br />

Unternehmen künftig seine Leistungen anbieten wird, einschließlich der Lieferanten <strong>und</strong><br />

Erbringer von Vorleistungen.<br />

Im Hinblick auf das Ziel einer problemadäquaten differenzierten Beurteilung einer geplanten<br />

Ausgliederung erscheint es zweckmäßig, verschiedene Evaluierungsebenen zu unterscheiden<br />

<strong>und</strong> für jede dieser Perspektiven geeignete Kriterien zu entwickeln.<br />

Auf jeder Ebene kann prozessbezogen unterschieden werden zwischen<br />

- der Phase der Vorbereitung, Organisation <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung <strong>und</strong><br />

- der Phase nach erfolgter Ausgliederung, dh im Hinblick auf die längerfristige Entwicklung<br />

der Aufgabenerfüllung in der Zukunft. Die angeführten Kriterien können für beide Phasen<br />

des Ausgliederungsprozesses von unterschiedlicher Bedeutung sein (zu einer weiteren<br />

Differenzierung s Obermann 1994).<br />

Es werden folgende sechs Ebenen der Evaluierung betrachtet:<br />

- Beziehungen zwischen Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem auszugliedernden bzw. künftig<br />

ausgegliederten Unternehmen/Rechtsträger<br />

- Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />

- Marktperspektive<br />

- Politisch-administrative Perspektive<br />

- Volkswirtschaftliche Perspektive<br />

- Gesellschaftspolitische Perspektive<br />

In diesem Kapitel werden zunächst die ersten fünf genannten Evaluierungsebenen<br />

untersucht. Im folgenden sechsten Kapitel werden anschließend – gewissermaßen


29<br />

ebenenübergreifend – ergänzend einige sensible Beurteilungskriterien behandelt, die<br />

wichtige verteilungs- <strong>und</strong> gesellschaftspolitische Aspekte betreffen <strong>und</strong> in einer umfassenden<br />

Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens nicht unberücksichtigt bleiben sollten.<br />

5.2 Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung<br />

1. Evaluierungsebene: Beziehungen zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />

auszugliedernden/ ausgegliederten Unternehmen<br />

Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der ausgliedernden<br />

Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen untersucht werden.<br />

Die wichtigsten evaluierungsrelevanten Themen <strong>und</strong> Kriterien betreffen die mit der<br />

Ausgliederung angestrebten Ziele, den Ausgliederungsprozess, die politische Steuerung des<br />

ausgegliederten Rechtsträgers, die erwarteten budgetären Konsequenzen <strong>und</strong> die Regelung<br />

der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung.<br />

1–1 Ausgliederungsziele<br />

Politische Motive <strong>und</strong> Ziele der Ausgliederung<br />

Eine klare Aussage der zuständigen Entscheidungsträger über die politischen Motive eines<br />

Ausgliederungsvorhabens <strong>und</strong> die mit diesem angestrebten wirtschaftlichen <strong>und</strong><br />

gesellschaftspolitischen Ziele ist eine selbstverständliche <strong>und</strong> unverzichtbare Anforderung<br />

jeder rationalen ex-ante-Evaluierung <strong>und</strong> auch Voraussetzung einer späteren ex-post-<br />

Bewertung.<br />

Eine operationale Formulierung der gewünschten Ziele ist zudem unerlässlich, um bereits<br />

vorweg prüfen zu können, ob die gesetzten Ziele überhaupt realistisch sind bzw. ob die<br />

Ausgliederung das zur Zielerreichung geeignete Mittel ist.<br />

Diese Forderung ist in der Praxis oft nicht erfüllt. Beispielsweise sind im Koalitionsabkommen<br />

<strong>und</strong> in anderen Veröffentlichungen die mit Ausgliederungen verb<strong>und</strong>enen Ziele nicht<br />

ausreichend operationalisiert (vgl. Rechnungshofberichte, Leitsmüller/Rossmann, 2001, S<br />

63, Fiedler 2001, S 32, FGG 2001, S2).<br />

Daten <strong>und</strong> Kennzahlen zur Evaluierung der Zielerreichung<br />

Ist auf politischer Ebene eine Einigung der angestrebten Ziele (Budgeteinsparung,<br />

Personalabbau, effizientere Aufgabenerfüllung, Vermögenserhaltung uam) erfolgt, sind diese<br />

Ziele bzw. Leistungsstandards anhand spezifischer Indikatoren <strong>und</strong> Erfolgskriterien zu<br />

operationalisieren.


30<br />

Eine klare Zielformulierung ist einerseits Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit (ex-post-<br />

Evaluierung) der Zielerreichung, andererseits sind eindeutige Zielformulierungen verbindliche<br />

Vorgaben, an denen sich sowohl die ausgegliederte Institution als auch die ausgliedernde<br />

Gebietskörperschaft ausrichten müssen. Solche Zielvorgaben wären beispielsweise<br />

Einnahmensteigerungen, Erhöhung von Besucherzahlen, Kostensenkung, verbesserte<br />

Servicequalität. Ohne konkretisierte Vorgaben besteht die Gefahr, dass die ausgegliederten<br />

Rechtsträger ein Eigenleben entwickeln, das in dieser Form nicht intendiert ist.<br />

Mitunter werden Zielverfehlungen vom B<strong>und</strong> selbst bewirkt <strong>und</strong> haben dann auch Konzeptänderungen<br />

zur Folge. Eine formalisierte Verfolgung der Ziele der Ausgliederungskonzepte,<br />

für die die Ressorts die Verantwortung tragen, wäre daher angezeigt. Dieses Vorgehen war<br />

bisher nur hinsichtlich der Unternehmenskonzepte des Managements feststellbar (vgl. FGG<br />

S1f).<br />

1–2 Ausgliederungsprozess<br />

Der Prozess der Ausgliederung eines Unternehmens ist im wesentlichen ein politischer<br />

Vorgang, der gewissen Regeln zu unterwerfen ist. Insbesondere soll durch diese die<br />

sachliche Begründung einer Ausgliederung nachvollziehbar sein <strong>und</strong> zur Erhöhung der<br />

Erfolgschancen einer Ausgliederung beigetragen werden.<br />

Zeitrahmen zur Planung <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung<br />

Für die Vorbereitung einer Ausgliederung muss ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, da<br />

die Qualität der Vorbereitung wesentlich den Erfolg der Ausgliederung beeinflusst.<br />

Start- bzw. Umsetzungsschwierigkeiten resultieren in der Praxis aus nicht genügender<br />

Vorbereitung sowie zu hohen Zeitdruckes bei der Umsetzung (siehe z.B. Ausgliederung der<br />

Datenverarbeitung aus dem B<strong>und</strong>esrechnungsamt TB 1999, S144, Abs.4, Ausgliederung der<br />

B<strong>und</strong>esversuchsanstalten, TB 1999, S 255, Abs.5, FGG 2001, S 1).<br />

Ausgliederungskonzept<br />

Im Vorfeld einer Ausgliederung ist die Erstellung eines schlüssigen Ausgliederungskonzeptes<br />

unerlässlich.<br />

Das Ausgliederungshandbuch des BMF 1998 sieht folgende wesentliche Inhalte für das<br />

Ausgliederungskonzept vor: Motive <strong>und</strong> Zielsetzung der Ausgliederung,<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Umfeldanalyse, Analyse der bestehenden Einheit,<br />

Grobdarstellung der neuen Organisation <strong>und</strong> Aufgaben der neuen Einheit (vgl. auch


31<br />

Rechnungshof TB 2000, S 22). Im Ausgliederungskonzept sind gegebenenfalls auch<br />

Vorkehrungen zu treffen, die eine soziale Ausgewogenheit der ergriffenen Maßnahmen<br />

gewährleisten. Für Umstrukturierungsverlierer können Arbeitsstiftungen, Umschulungen,<br />

outplacement-Unterstützung, Sozialpläne, Personalentwicklungsmaßnahmen vorgesehen<br />

werden (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 52ff).<br />

Gesetzliche Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Wahl der Rechtsform<br />

In den Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen über mögliche neue Organisationsformen sind auch die<br />

Rahmenbedingungen, denen Ausgliederungen unterliegen, einzubeziehen.<br />

Zu beachten sind dabei vor allem der verfassungsrechtliche Rahmen <strong>und</strong><br />

Kompetenzfestlegungen (vgl. Korinek 2000), dienstrechtliche Vorgaben, die vor allem die<br />

Dienstverhältnisse von übernommenen Beamten betreffen, haushaltspolitische<br />

Restriktionen, gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsbestimmungen, die beispielsweise<br />

Beihilfen oder Kartelle verbieten, steuerrechtliche <strong>und</strong> vergaberechtliche Aspekte sowie<br />

gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen, die eng mit der Definition von Art <strong>und</strong> Umfang<br />

staatlichen Handelns zusammenhängen.<br />

Die Wahl der geeigneten Rechtsform für einen ausgegliederten Rechtsträger ist davon<br />

abhängig, ob hoheitliche, gemeinwirtschaftliche oder privatwirtschaftliche Aufgaben zu<br />

erfüllen sind. Über die bei jeder Rechtsformentscheidung anzustellenden gesellschaftsrechtlichen<br />

oder sonstigen Überlegungen hinaus sind bei Ausgliederungen insbesondere die<br />

Steuerungsmöglichkeiten durch den öffentlichen Rechtsträger <strong>und</strong> die steuerrechtlichen<br />

Konsequenzen - auch im Hinblick auf die Leistungsbezieher - zu überprüfen.<br />

Unternehmenskonzept<br />

Jedes Unternehmen benötigt ein spezifiziertes Unternehmenskonzept, das die mittel- <strong>und</strong><br />

längerfristigen Ziele <strong>und</strong> die Politik der Unternehmensführung detailliert darstellt, die<br />

strategischen Ziele operationalisiert <strong>und</strong> Maßnahmen zur Zielerreichung vorsieht. Das<br />

Unternehmenskonzept kann auch durch ein umfassendes Ausgliederungskonzept nicht<br />

ersetzt werden. So wurde etwa festgestellt, dass nur weniger als die Hälfte der untersuchten<br />

Ausgliederungsfälle über ausformulierte <strong>und</strong> quantifizierte Unternehmenskonzepte verfügt<br />

hat (vgl. FGG 2001, S 8f).<br />

In den Ausgliederungsgesetzen werden die Aufgaben der Unternehmen vorgegeben. Die<br />

strategischen <strong>und</strong> operativen Kompetenzen sind an den Aufsichtsrat sowie an die<br />

Geschäftsführung zu delegieren, die im Regelfall das Unternehmenskonzept erarbeiten.


32<br />

Bei Ausgliederungen sollte das Unternehmenskonzept über die üblicherweise abzudeckenden<br />

Aspekte insbesondere auf folgende Fragen explizit eingehen - allfälliger<br />

Restrukturierungsbedarf, Marktpositionierung, Managementkapazität, Mitarbeiterqualifikation<br />

uam.<br />

Einbindung der Belegschaft in die Vorbereitung des Ausgliederungsprozesses<br />

Das Unternehmenskonzept sollte vom Management des neuen Unternehmens allenfalls<br />

unter Beziehung unabhängiger Experten erarbeitet werden, aber auch die betroffenen<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> die Belegschaftsvertretung sollten bereits in dieser Phase aktiv in das<br />

Ausgliederungsvorhaben eingeb<strong>und</strong>en werden.<br />

Eine frühzeitige <strong>und</strong> umfassende Einbindung der Belegschaft erweist sich als eine für den<br />

Erfolg von Ausgliederungen wichtige Maßnahme, die in der Praxis oft vernachlässigt wird<br />

(vgl. Leitsmüller/Rossman 2001, S 63f).<br />

Monitoring <strong>und</strong> Evaluierung des Ausgliederungsprozesses<br />

Der Ausgliederungsprozess sollte durch ein professionelles Monitoring begleitet werden;<br />

diese wichtige Begleitmaßnahme ist insbesondere für größere Ausgliederungsvorhaben zu<br />

fordern.<br />

Weiters sollte jeder ausgegliederte Rechtsträger in regelmäßigen Abständen hinsichtlich der<br />

konsequenten Umsetzung der Vorhaben <strong>und</strong> der Erreichung der vorgegebenen Ziele<br />

evaluiert werden. Eine derartige ex-post-Evaluierung könnte sowohl durch den Eigentümer<br />

als auch durch parlamentarische Kontrolleinrichtungen erfolgen.<br />

1–3 Politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers<br />

Steuerungsmodell <strong>und</strong> Rollenverteilung<br />

Unabhängig von der Frage der gewählten Rechtsform stellt sich im Hinblick auf die optimale<br />

Aufgabenerfüllung der ausgegliederten Einheit die Frage nach dem adäquaten Modell der<br />

Zielvorgabe <strong>und</strong> Steuerung durch den öffentlichen Eigentümer bzw. Trägerhaushalt (vgl.<br />

KDZ 1999, S 170).<br />

Jede Regelung muss eine transparente <strong>und</strong> wirksame Trennung von politischer <strong>und</strong><br />

unternehmerischer Verantwortung sicherstellen. Von zentraler Bedeutung ist die strikte<br />

Vermeidung der politischen Einflussnahme auf das operative Tagesgeschäft <strong>und</strong> eine klare<br />

Trennung der Zuständigkeiten. Die Politik gibt die Ziele vor, was erreicht werden soll <strong>und</strong>


33<br />

was die Aufgaben des auszugliedernden Unternehmens sind. Dazu ist eine geeignete<br />

Rechtsform zu suchen <strong>und</strong> sind die Kontrollinstanzen festzulegen. Der Eigentümer muss in<br />

der Folge auch seine Rolle, wie sie etwa im Gesellschaftsrecht festgelegt wird, wahrnehmen.<br />

Die Festlegung einer klaren Organverantwortung <strong>und</strong> die Einhaltung der Rollenverteilung<br />

zwischen Eigentümer, Aufsichtsrat <strong>und</strong> Vorstand ist unerlässlich.<br />

Dem auszugliedernden Unternehmen wiederum ist ausreichend Autononomiespielraum für<br />

eigenverantwortliches Agieren zu lassen. Wie die definierten Ziele erreicht werden, fällt in<br />

den Kompetenzbereich des ausgegliederten Rechtsträgers.<br />

Es sollte überprüft werden, ob im Zuge der Ausgliederung geeignete Rahmenbedingungen<br />

für eine Selbststeuerung geschaffen werden können. Solche Bedingungen, die die<br />

Selbststeuerung ermöglichen, betreffen die Verteilung der Zuständigkeiten, den Einsatz<br />

geeigneter interner Steuerungsinstrumente, die Ausschöpfung von Marktpotentialen uam<br />

(vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 45).<br />

Steuerungsdefizite entstehen, wenn Kompetenzfragen nicht vorab geklärt – etwa<br />

Mitwirkungskompetenzen der ausgegliederten Gebietskörperschaft – oder Aufgabenvorbehalte<br />

unzureichend geregelt werden (FGG 2001, S 7).<br />

Leistungsauftrag an das ausgegliederte Unternehmen<br />

Der Leistungsauftrag zwischen dem jeweiligen Ressort <strong>und</strong> dem ausgegliederten<br />

Unternehmen ist möglichst umfassend zu regeln <strong>und</strong> wird meist im Ausgliederungsgesetz<br />

festgelegt. Ein Leistungsauftrag kann etwa Rahmenvereinbarungen über Leistungen für den<br />

B<strong>und</strong>, Fruchtgenussverträge, Mietverträge u.ä. umfassen (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001,<br />

S 46).<br />

Steuerungsinstrumente<br />

Ausgliederungen bringen in der Regel wichtige Impulse zur Modernisierung der<br />

Unternehmenssteuerung mit sich. Die Einführung moderner interner Steuerungsinstrumente<br />

ist - nicht nur im Falle einer Ausgliederung - unerlässlich.<br />

Eine Reorganisation des betrieblichen Rechnungswesens reicht von der Einführung einer<br />

Kostenrechnung sowie von Controlling- bzw. Revisionsabteilungen bis hin zu einer<br />

integrativen Vernetzung aller Steuerungseinheiten.<br />

Ein Controllingsystem ermöglicht laufende <strong>und</strong> umfassende Planung, Steuerung <strong>und</strong><br />

Kontrolle. Bei der Einführung betrieblicher Informationssysteme ist der notwendige Zeitbedarf<br />

zu deren Implementierung zu beachten. Auch muss die Übertragbarkeit privatwirtschaftlicher


34<br />

Leistungen auf neu auszugliedernde Gesellschaften bedacht <strong>und</strong> die dabei erzielbare<br />

Qualität überprüft werden.<br />

1–4 Budgetäre Konsequenzen für den Trägerhaushalt<br />

Einmalige Budgeteffekte<br />

Einmalige Budgeteffekte - die freilich durchaus über mehrere Jahre verteilt anfallen können -<br />

resultieren aus den Aufwendungen zur Vorbereitung der geplanten Ausgliederung einer<br />

Einheit (Umstrukturierungen, Investitionen, uam.) sowie aus der notwendigen<br />

Erstausstattung des neuen Unternehmens mit Eigenkapital (Sozialkapital) <strong>und</strong> sonstigen<br />

Vermögenswerten (Gr<strong>und</strong>stücken, Rechten uam.)<br />

Eine ausreichende Kapitalausstattung zum Zeitpunkt der Ausgliederung ist für eine langfristig<br />

positive Unternehmensentwicklung von großer Bedeutung. Die Umstrukturierungs- <strong>und</strong><br />

Neuorientierungsphase kann mit hohen Investitions- <strong>und</strong> Marktrisken verb<strong>und</strong>en sein. Das<br />

ausgegliederte Unternehmen muss genügend Kapital haben, um nicht bei den ersten<br />

Schwierigkeiten Reorganisationsbedarf anmelden zu müssen.<br />

Erwartete zeitliche Entwicklung der Budgeteffekte<br />

Ob mit Ausgliederungen tatsächlich die gewünschten budgetären Auswirkungen erreicht<br />

werden, ist in der Praxis aus mehreren Gründen oft nur schwierig zu ermitteln. Zum einen<br />

deshalb, da Verflechtungen zwischen dem B<strong>und</strong>eshaushalt <strong>und</strong> den ausgegliederten<br />

Unternehmen sehr vielschichtig sein können. Die Verbuchungen der Zahlungsströme<br />

erfolgen zumeist in verschiedenen Budgetkapiteln <strong>und</strong> sind in vielen Fällen im Detail nicht<br />

nachvollziehbar (Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Leistungsentgelte). Externe Wirkungsanalysen<br />

werden weiters dadurch erschwert, dass die Ausgliederungsvorgänge <strong>und</strong> die<br />

damit verb<strong>und</strong>enen Zielsetzungen nicht transparent gemacht werden. Selbst anhand<br />

teilweise vorhandener Vorschaurechnungen lassen sich die erwarteten Ergebnisse nicht<br />

immer nachvollziehen (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 47).<br />

Notwendig sind Vorschaurechnungen, die zeigen, wodurch Budgetentlastungen erreicht<br />

werden sollen (z.B. Senkung der Personalkosten, höhere Reisekosten <strong>und</strong> Gebühren), <strong>und</strong><br />

welche Folgekosten zu erwarten sind (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 47).<br />

Besondere Bedeutung haben weiters dienst- <strong>und</strong> haushaltsrechtliche Bindungen<br />

(Stellenplan, Mitwirkungsbefugnisse der öffentlichen Verwaltung, Bezugsbeschränkungen).<br />

Da auch bei ausgegliederten Organisationen Personalkosten weiterhin bei den<br />

Gebietskörperschaften anfallen, können eventuell entstehende Parallelorganisationen


35<br />

insgesamt zu Kostensteigerungen führen. Der B<strong>und</strong> vergütet etwa den ausgegliederten<br />

Unternehmen weiterhin die Personalausgaben für jene Bediensteten, die Beamte sind. Ob<br />

Ausgliederungen tatsächlich zu einer Entlastung der öffentlichen Haushalte führen, hängt in<br />

vielen Fällen wesentlich von den Bindungen im Personalbereich ab.<br />

Nachhaltigkeit der Budgetentlastung<br />

Mit einer Ausgliederung wird häufig die Absicht einer nachhaltigen Entlastung des Budgets<br />

der Trägerkörperschaft verfolgt.<br />

Zur umfassenden Beurteilung, ob längerfristig nachhaltige Budgetentlastungen erwartet<br />

werden können, sind die Zahlungsströme zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />

ausgegliederten Unternehmen über längere Zeiträume sowohl vor der Ausgliederung als<br />

auch nach erfolgter Ausgliederung zu untersuchen.<br />

Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit erscheint es notwendig, über den rein<br />

zahlungsstromorientierten Ansatz hinaus zu gehen <strong>und</strong> weitere Faktoren, wie die<br />

Entwicklung des Unternehmenswertes durch die Reorganisation oder die Änderung der<br />

Unternehmensphilosophie zu berücksichtigen (Leitsmüller/Rossmann 2001, S 48).<br />

1–5 Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung<br />

Eigenkapitalzufuhr <strong>und</strong> Haftungen<br />

Eine Gebietskörperschaft als Eigentümer eines ausgegliederten Unternehmens hat<br />

sicherzustellen, dass der für eine erfolgreiche Wirtschaftstätigkeit längerfristig erforderliche<br />

Finanzierungs- <strong>und</strong> Kapitalbedarf des Unternehmens bedeckt werden kann. Soweit die<br />

erwirtschafteten Gewinne nicht ausreichen, muss allenfalls Eigenkapital zugeführt oder die<br />

Fremdmittelaufnahme durch Haftungen des Eigentümers ermöglicht werden.<br />

Zahlungsströme durch Gewinne <strong>und</strong> Verluste<br />

Bei Ausgliederungen sollte sichergestellt sein, dass die Gebietskörperschaft nicht mehr zur<br />

Abdeckung ungeplanter Verluste herangezogen werden. Solche Verlustabdeckungen sind<br />

zwar meist nicht vorgesehen, werden in einzelnen Fällen aber doch notwendig. Geeignete<br />

Finanzierungsformen bzw. Verlustabdeckungen sind frühzeitig ausreichend abzuklären.<br />

Sonstige Eigentümerrisiken<br />

Besonders zu bedenken sind unternehmerische Risken oder Schulden der ausgegliederten<br />

Organisationen, die das Budget belasten könnten. Folgekosten könnten beispielsweise<br />

durch den Konkurs des ausgegliederten Unternehmens entstehen. Eventuell fallen auch


36<br />

Kosten dadurch an, dass die ausgliedernde Gebietskörperschaft Reservekapazitäten zur<br />

Leistungserbringung aufrecht erhalten muss, um im Fall eines Konkurses einspringen zu<br />

können. Auch in diesem Fall sind vorab die Risiken <strong>und</strong> Haftungen des Trägerhaushaltes zu<br />

klären.<br />

Weiters ist zu prüfen, ob die Opportunitätskosten der Kapitalbindung durch ausgegliederte<br />

Unternehmen nicht höher sind als dessen Gewinnabfuhr an den Trägerhaushalt.<br />

2. Evaluierungsebene: Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />

Auf dieser Ebene erfolgt die Untersuchung des ausgegliederten Rechtsträgers <strong>und</strong> seiner<br />

Leistungserbringung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive.<br />

Die Kriterien betreffen vor allem Fragen der Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung,<br />

Unternehmensführung <strong>und</strong> Managementaufgaben sowie Konsequenzen auf<br />

Personalwirtschaft <strong>und</strong> Mitarbeiterbeziehungen.<br />

2–1 Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung<br />

Vorgegebenes <strong>und</strong> erwartetes Leistungsangebot<br />

Nicht alle vom Staat wahrgenommenen Aufgaben sind für eine Ausgliederung gleich<br />

geeignet, vielmehr kommt es auf die Art der jeweiligen Aufgabe an. Zu unterscheiden sind<br />

hoheitliche,<br />

Tätigkeiten.<br />

gemeinwirtschaftliche oder privatwirtschaftliche (erwerbswirtschaftliche)<br />

Hoheitliche Tätigkeiten umfassen Aufgaben, bei denen der Staat als Ordnungsautorität tätig<br />

wird (siehe zum folgenden TB 2000, S 17). Diese sind vergleichsweise weniger zur<br />

Ausgliederung geeignet als marktbezogene Tätigkeiten, die gr<strong>und</strong>sätzlich nur ein<br />

eingeschränktes Tätigwerden des Staates erfordern würden. Im hoheitlichen Tätigkeitsbereich<br />

greifen einerseits die verfassungsrechtlichen Schranken, andererseits erscheint eine<br />

Übertragung hoheitlicher Aufgaben aus volkswirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaftspolitischen<br />

Überlegungen problematisch. Der Staat erbringt hoheitliche Leistungen - etwa innere <strong>und</strong><br />

äußere Sicherheit, Rechtssicherheit, funktionierendes Justizsystem <strong>und</strong> soziale Leistungen -<br />

die nicht über Angebot <strong>und</strong> Nachfrage steuerbar sind. Zudem fehlt im hoheitlichen<br />

Tätigkeitsbereich gr<strong>und</strong>sätzlich der Wettbewerb.<br />

Im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Tätigkeit ist die Aufgabe des Staates u.a. die<br />

Sicherstellung von Leistungen, die im öffentlichen Interesse gelegen sind. Das sind zum


37<br />

einen Leistungen, die der Abdeckung eines gesellschaftlichen Bedarfs dienen (z.B.<br />

Bereitstellung von öffentlichem Verkehr, Kranken– <strong>und</strong> Altersversorgung, Betrieb von<br />

Infrastruktureinrichtungen), zum anderen sind es Leistungen, deren Konsum positive<br />

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft hat (z.B. Bildung, Kultur, Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge,<br />

Alterssicherung). Gemeinwirtschaftliche Leistungen werden unter Wettbewerbsbedingungen<br />

am freien Markt nicht oder nicht im gesellschaftlich erwünschten Ausmaß erbracht.<br />

Ausgliederungen von gemeinwirtschaftlichen Aufgaben bedürfen daher flankierender<br />

gesetzlicher Maßnahmen (z.B. Definition der Ziele <strong>und</strong> Aufgaben, Kontrahierungszwang,<br />

staatliche Kontrolle).<br />

Der Staat nimmt auch erwerbswirtschaftliche Aufgaben wahr, die der Gewinnerzielung (unter<br />

Wettbewerbsbedingungen) dienen (z.B. Bankdienstleistungen, Produktionsbetriebe). In<br />

diesen Fällen der unternehmerischen Tätigkeiten scheinen Ausgliederungen vergleichsweise<br />

am vorteilhaftesten zu sein. Gerade bei gewinnorientierten Tätigkeiten sollten aber auch<br />

andere Alternativen der Aufgabenerfüllung in Betracht gezogen werden.<br />

Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen<br />

Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen liegen im<br />

Unternehmen selbst aber auch in der Gestaltung der Beziehungen des Unternehmens zur<br />

ausgliedernden Gebietskörperschaft.<br />

Neue Unternehmensstrategien erfordern oft neue Strukturen („structure follows strategy“). Im<br />

Falle des auszugliedernden Unternehmens ist zu prüfen, ob hierarchische <strong>und</strong> bürokratische<br />

Strukturen (mit vielen Ebenen <strong>und</strong> nicht immer eindeutig erkennbaren Zuständigkeiten)<br />

geeignet sind, moderne Strategien umzusetzen, oder ob neben der Aufbau- auch die<br />

Ablauforganisation verändert werden muss. Privatrechtliche Organisationsformen<br />

begünstigten die Befolgung betriebswirtschaftlicher Prinzipien <strong>und</strong> raschere<br />

Entscheidungsabläufe (TB 2000, S 18).<br />

Allerdings wird durch Ausgliederungen Flexibilität (flexibles Organisationsmanagement) nicht<br />

automatisch erreicht; auch in ausgegliederten Organisationen entstehen bürokratische<br />

Strukturen. Dienstrechtliche Vorschriften sind weiterhin meist zu beachten <strong>und</strong> v.a. dann<br />

schlagend, wenn viele Beamte übernommen wurden.<br />

Auch die „Nähe zum Staat“ wird nicht konsequent losgelassen <strong>und</strong> führt zu Effizienzeinbußen,<br />

wenn nicht genügend potentielle Konkurrenten zum Erbringen der Leistung am<br />

Markt sind (eingeschränkter Wettbewerb). Das ist dann der Fall, wenn ein staatliches


38<br />

Monopol quasi durch ein privates ersetzt wird. Vielfach fehlt weiterhin der Druck des<br />

Marktes, während dienst- <strong>und</strong> haushaltsrechtliche Bindungen entfallen.<br />

Effizienzsteigerungen als Ergebnis von Ausgliederungen werden in der Praxis im<br />

wesentlichen erzielt durch die Reduktion der Personalkosten <strong>und</strong> Einsparungen im<br />

Verwaltungsbereich sowie durch einnahmenseitige Maßnahmen.<br />

Die Reduktion der Personalkosten resultiert aus Mengen- <strong>und</strong>/oder Preiseffekten.<br />

Personalabbau kann durch natürlichen Abgang oder durch Kündigungen (gegebenenfalls in<br />

Kombination mit einem Sozialplan) erreicht werden. Preiseffekte entstehen durch neue<br />

Kollektivverträge oder neue Gehaltsschemen. Einnahmenseitige Effekte beruhen auf<br />

Bemühungen zur Festigung des Stammgeschäftes bzw. zur Erschließung neuer<br />

Umsatzpotentiale. Einen geringeren Einfluss haben das – mit der betriebswirtschaftlichen<br />

Orientierung verb<strong>und</strong>ene - erhöhte Kostenbewusstsein <strong>und</strong> der mit der Reorganisation<br />

gestiegene Unternehmenswert (vgl. Leitsmüller/Rossmann 2001, S 49ff).<br />

Rentabilitätskriterien <strong>und</strong> Erfolgsindikatoren<br />

Soweit es sich um erwerbswirtschaftliche Aufgaben <strong>und</strong> Leistungen handelt, die das<br />

ausgegliederte Unternehmen künftig erbringen soll, erscheint eine Bewertung anhand von<br />

gängigen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen <strong>und</strong> Indikatoren in der Regel unproblematisch.<br />

Es finden sich in den vorliegenden Studien zahlreiche Beispiele, wie entsprechend der<br />

spezifischen Aufgabenstellung eine adäquate Erfassung der betrieblichen <strong>und</strong><br />

unternehmerischen Leistung erfolgen kann (zB FGG 2001, Leitsmüller/Rossman 2001,<br />

Rechnungshof TB).<br />

Kosten- <strong>und</strong> Leistungstranparenz<br />

Auch die erwarteten Verbesserungen der Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz können durch<br />

eine entsprechende Aufbereitung der Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen, die auch zur Evaluierung<br />

der Zielerreichung verwendet werden, sichtbar gemacht werden (zB durch Kennzahlen <strong>und</strong><br />

Indikatoren zur Entwicklung der Leistungsprozesse, Produktivität, Weiterentwicklung des<br />

Leistungsspektrums, Qualität der Leistungserbringung).<br />

2–2 Unternehmensführung<br />

Bei jeder Ausgliederung ist auf entsprechende Managementerfahrung der neuen<br />

Führungsmannschaft besonderes Augenmerk zu legen. Sowohl bei der Entsendung in den<br />

Aufsichtsrat als auch bei der Bestellung des Managements ist die Berücksichtigung<br />

entsprechender Qualifikationen von zentraler Bedeutung.


39<br />

Die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente hängt eng mit der Veränderung der<br />

Unternehmenskultur zusammen, da Entscheidungskompetenz <strong>und</strong> Eigenverantwortung<br />

vermehrt auf das Management <strong>und</strong> die Mitarbeiter übertragen werden. Da dieser Prozess<br />

erhebliche Zeit erfordern kann, sollte das Management auf allfällige<br />

Umstellungsschwierigkeiten vorbereitet sein.<br />

Geprüft werden sollte, ob die Organisation an den Gr<strong>und</strong>sätzen des New Public<br />

Managements ausgerichtet ist bzw. wie weit dies realisiert werden kann. Neue<br />

Managementmethoden wie Total Quality Management, Balanced Score Card etc. sowie<br />

Maßnahmen im Bereich Organisations- <strong>und</strong> Personalentwicklung sollten vorbereitet bzw. auf<br />

ihre Übertragbarkeit auf den öffentlichen Sektor bzw. bisher öffentliche Unternehmen<br />

überprüft werden, da diese Instrumente ein hohes Potential für nachhaltige<br />

Effizienzsteigerungen versprechen (Leitsmüller/Rossmann 2001, S.55).<br />

2–3 Personalwirtschaft / Mitarbeiterbeziehungen <strong>und</strong> Konsequenzen der<br />

Ausgliederung<br />

Flexibilität der Personalpolitik <strong>und</strong> Förderung der Humanressourcen<br />

Ausgliederungen bringen in der Regel neue rechtliche Bedingungen für die Beschäftigten<br />

<strong>und</strong> ermöglichen damit mehr Flexibilität der Personalpolitik. Einige Gruppen von Mitarbeitern<br />

können dadurch zu Verlierern werden <strong>und</strong> sollten gegebenenfalls angemessen kompensiert<br />

werden. Neuaufnahmen von Mitarbeitern erfolgen nach Ausgliederungen meist auf<br />

privatrechtlicher Basis, die Arbeitsverhältnisse unterliegen damit nicht den dienst-,<br />

besoldungs- <strong>und</strong> haushaltsrechtlichen Bindungen der staatlichen Verwaltung (z.B.<br />

Stellenplan, Mitwirkungsbefugnisse Oberster Organe, bezugsmäßige Schranken) (vgl. TB<br />

2000 S 19).<br />

Für viele Fragen im Zusammenhang mit einer Ausgliederung sind die Qualität des<br />

Managements, die Organisationskultur <strong>und</strong> das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter von<br />

zentraler Bedeutung. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich das Unternehmen vorher nicht<br />

in einem kompetitiven Umfeld bewegt hat. Je weniger dies der Fall war, umso mehr müssen<br />

Bemühungen in Richtung Organisations- <strong>und</strong> Personalentwicklung unternommen werden,<br />

um die dazu vorhandenen Ressourcen zu entwickeln. Derartige Maßnahmen sollten bereits<br />

im Ausgliederungskonzept berücksichtigt werden. Zu prüfen ist, ob die Qualifikationen der<br />

ArbeitnehmerInnen in betriebswirtschaftlichen Belangen den Anforderungen eines<br />

privatwirtschaftlich ausgerichteten Unternehmens entsprechen. Damit sind Fragen nach


40<br />

Konzepten zu Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Controlling, Transparenz<br />

<strong>und</strong> Kontrolle zu stellen.<br />

Die Auswirkungen auf die Belegschaft sind möglichst detailliert darzustellen<br />

(Personalreduktion, Segmentierung der Belegschaft, flexiblerer Personaleinsatz, dienst- <strong>und</strong><br />

pensionsrechtliche Veränderungen, Fragen der Personalentwicklung, Übertrittregelungen,<br />

Rolle der Belegschaftsvertretung uam.).<br />

Dienstrechtliche <strong>und</strong> arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen, Mitbestimmungsaspekte<br />

Auch wenn durch eine Ausgliederung nicht in bestehende Verträge eingegriffen wird, sollte<br />

dennoch den Mitarbeitern die Möglichkeit der Übernahme in ein neues System gegeben<br />

werden.<br />

Um Übertritte in neue Dienstrechts- <strong>und</strong> Gehaltsschemen zu fördern wurden in bisherigen<br />

Ausgliederungen Boni (z.B. höhere Einstufung, Ausgleichszahlungen) gewährt. Allerdings<br />

wurde bisweilen eine echte Wahlmöglichkeit durch „Versteinerung“ des alten Dienstrechts<br />

eingeschränkt (vgl. Leitmüller/Rossmann 2001, S 54).<br />

Durch Ausgliederungen werden auch für die Belegschaftsvertretung andere Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

gültig. Es findet ein Wechsel vom Personalvertretungsrecht in das Arbeitsverfassungsgesetz<br />

statt, was teilweise Übergangsbestimmungen nötig macht; die<br />

Mitbestimmungsstrukturen<br />

entstehen.<br />

können dadurch komplexer werden <strong>und</strong> Unsicherheiten<br />

Kennzahlen<br />

Die mit dem Ausgliederungsvorhaben verb<strong>und</strong>enen bzw. erwarteten Entwicklungen im<br />

personalwirtschaftlichen Bereich sind durch geeignete Kennzahlen nachvollziehbar zu<br />

dokumentieren.<br />

3. Evaluierungsebene: Marktperspektive<br />

Die Marktperspektive soll den Fokus der Evaluierung auf die Wettbewerbsverhältnisse<br />

richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong> dessen Mitbewerber künftig<br />

agieren werden.<br />

Die Kriterien betreffen Marktform <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse, wirtschaftliche<br />

Auswirkungen auf Mitbewerber, Konsequenzen des Markteintrittes des neuen Unternehmens<br />

auf das Leistungsangebot (Preise, Qualität, Verfügbarkeit uam) aus dem Blickwinkel der


41<br />

Leistungsbezieher bzw Nachfrager, Veränderungen bezüglich des Beschaffungswesens<br />

auch in regionalwirtschaftlicher Hinsicht sowie Fragen der längerfristigen Sicherung des<br />

Unternehmensbestandes.<br />

3–1 Märkte <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse<br />

Marktchancen <strong>und</strong> Ertragspotentiale - privilegierte oder benachteiligte Stellung des<br />

Unternehmens<br />

Ausgliederungen sollen zu einer stärkeren K<strong>und</strong>enorientierung sowie zur Schaffung <strong>und</strong><br />

Förderung von Marktwettbewerb führen, um die Effizienz der Leistungserstellung zu steigern.<br />

Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Marktfähigkeit der Produkte <strong>und</strong> die Frage, wieweit<br />

Wettbewerb mit diesen Leistungen möglich ist.<br />

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu beachten, ob das Aufgabengebiet <strong>und</strong> der<br />

Leistungsumfang der ausgegliederten Einheit unverändert bleiben soll oder ob es sich bei<br />

Ausgliederungen um Neugründungen handelt, denen bisherige <strong>und</strong> auch neue Aufgaben<br />

übertragen werden.<br />

Bei den Aufgaben kann es sich um gewerblichen Tätigkeiten, Marktleistungen oder<br />

Leistungen für die öffentliche Hand im Rahmen von Leistungsverträgen handeln. Es ist zu<br />

prüfen, welche Wettbewerbsverhältnisse bestehen, wie die Ertragspotentiale für das<br />

ausgegliederte Unternehmen einzuschätzen sind (neue Produkte bzw. neue Märkte,<br />

Markterfahrung des Unternehmens uam.).<br />

Bei dreizehn von der FGG untersuchten Unternehmen wurden fünf dem uneingeschränkten<br />

Wettbewerb ausgesetzt (allerdings mit teilweiser Sonderstellung am Markt), drei<br />

Gesellschaften verrechnen ihre Sonderleistungen über Sätze, Gebühren oder aufgr<strong>und</strong> von<br />

festgesetzten Regeln, weitere drei Gesellschaften werden gänzlich oder in mehrheitlichem<br />

Umfang vom B<strong>und</strong> finanziert (vgl. FGG 2001, S 5f).<br />

Besonderes Augenmerk gilt der Stellung des Unternehmens am Markt (Erstausstattung,<br />

Kostenstruktur, Sonderrechte, Auflagen uam.) <strong>und</strong> bestehenden Bindungen an die<br />

öffentliche Hand im Hinblick darauf, ob das ausgegliederte Unternehmen eine privilegierte<br />

oder benachteiligte Stellung am Markt einnehmen wird.<br />

Staatliche Mitwirkungsmaßnahmen <strong>und</strong> Regulierungseingriffe<br />

Es ist zu prüfen, ob im Hinblick auf die Aufgabenstellung <strong>und</strong>/oder die Marktform (z.B.<br />

monopolitische Strukturen) künftig staatliche Interventionen erforderlich sind (z.B. zur<br />

Sicherung des Wettbewerbs oder bestimmter Leistungen). Besonders im Fall gemeinwirt


42<br />

schaftlicher Leistungen <strong>und</strong> Leistungen mit öffentlichem Gutscharakter können<br />

Regulierungsmaßnahmen erforderlich sein, damit das Angebot sichergestellt ist, der<br />

Wettbewerb funktioniert, niemand von der Nutzung ausgeschlossen wird oder bestimmte<br />

Qualitätsstandards eingehalten werden.<br />

3–2 Konsequenzen für Mitbewerber<br />

Fairer versus verzerrter Wettbewerb<br />

Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden ist zu prüfen, mit welcher Ressourcenausstattung<br />

das auszugliedernde Unternehmen in den Markt entlassen wird. Ein<br />

branchenunüblich gut ausgestattetes Unternehmen (Kapital, Standort, Rechte uam.) hat über<br />

längere Zeit günstigere Kostenbedingungen <strong>und</strong> könnte daher zu wesentlich günstigeren<br />

Konditionen anbieten als die übrigen Marktteilnehmer.<br />

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch die Art der Kalkulation der Leistungen des<br />

ausgegliederten Unternehmens (Vollkosten- versus Teilkostenkalkulation). In diesem<br />

Zusammenhang können auch Steuerprivilegien <strong>und</strong>/oder Änderungen der Steuerpflicht<br />

gegenüber der Situation vor der Ausgliederung eine Rolle für die Wettbewerbsposition<br />

spielen.<br />

Auswirkungen auf vorgelagerte Märkte<br />

Aufgr<strong>und</strong> der besonderen Vorleistungsstruktur bei manchen öffentlichen Leistungen sind die<br />

Konsequenzen einer Ausgliederung auch im Hinblick auf die Beschaffungsmärkte zu<br />

untersuchen.<br />

3–3 Konsequenzen für Leistungsabnehmer/Nachfrager<br />

Leistungsangebot, Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit, Qualitätsdimension,<br />

Preisgestaltung, K<strong>und</strong>enzufriedenheit.<br />

Durch Ausgliederungen soll eine stärkere Ausrichtung auf die Bedürfnisse <strong>und</strong> am Nutzen<br />

der Leistungsbezieher erfolgen. Neben der Preisgestaltung ist die Einhaltung von<br />

Qualitätsstandards ein wesentlicher Faktor der Beurteilung der Leistungserbringung.<br />

Eine sachgerechte Beurteilung der Auswirkungen auf die Bezieher <strong>und</strong> Konsumenten der<br />

Leistungen einer ausgegliederten Einheit muss auf den jeweiligen Einzelfall abstellen.<br />

Entsprechend den konkreten Aufgaben <strong>und</strong> Leistungen sind geeignete Indikatoren für die<br />

oben genannten Kriterien heranzuziehen. In der Praxis sind solche branchen- oder<br />

leistungsspezifischen Kennzahlen <strong>und</strong> Indikatoren in der Regel verfügbar. Ein allgemeiner


43<br />

Indikatorenkatalog kann angesichts der unterschiedlichen Leistungen ausgegliederter<br />

Unternehmungen nicht angegeben werden – die Ausgliederungen sind sehr heterogen (z.B.<br />

BIG - Statistik Austria - ÖBB).<br />

Eine veränderte Leistungserstellung nach der Ausgliederung kann zu Konflikten mit der<br />

Erfüllung sozialer Ziele führen, beispielsweise wenn Sozialtarife nicht mehr gewährt werden<br />

(können). Verteilungsfragen sollten jedenfalls in einem größeren Zusammenhang gesehen<br />

werden; dem Staat stehen neben eigenem Angebot auch andere verteilungspolitische<br />

Maßnahmen zur Verfügung (Siehe auch 6. Kap.).<br />

3–4 Längerfristige Sicherung des Bestandes des Unternehmens<br />

Unter Berücksichtigung der rechtlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Rahmenbedingungen <strong>und</strong> der<br />

Vorgaben im Ausgliederungskonzept ist zu prüfen, ob der längerfristige Bestand des<br />

Unternehmens als gesichert angesehen werden kann.<br />

Für die längerfristige Krisenfestigkeit spielt die Kapitalausstattung des Unternehmens eine<br />

wichtige Rolle. Je höher die Gefahr von Verlusten ist, desto besser sollte die<br />

Ressourcenausstattung sein. Zum anderen müssen auch die wirtschaftlichen Vorgaben<br />

geprüft werden. Es dürfen einem ausgegliederten Rechtsträger nicht Ziele vorgegeben<br />

werden, die bei realistischer Einschätzung nicht oder kaum erreichbar sind (weil z.B. keine<br />

privatwirtschaftliche Nachfrage nach den angebotenen Leistungen besteht).<br />

Im Zusammenhang mit der Ausgliederung der B<strong>und</strong>esrechenzentrum GmbH wurden die<br />

vergaberechtlichen Bestimmungen der EU nicht berücksichtigt, was die Erreichung des für<br />

den ausgegliederten Rechtsträger vorgegebenen Zieles, am freien Markt Aufträge zu<br />

akquirieren, zunichte machte (Fiedler 2001, S 30). Im Falle der Ausgliederung der B<strong>und</strong>esversuchswirtschaften<br />

wurden die Chancen, sich am Markt zu etablieren, überschätzt<br />

(Rechnungshof TB 1999, S 260, Abs.11).<br />

4. Evaluierungsebene: Politisch - administrative Perspektive<br />

Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen der geplanten<br />

Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Parlaments <strong>und</strong> anderer<br />

berufener Kontrollorgane zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur ausgegliederten Institution zu<br />

beurteilen.


44<br />

Wichtige Kriterien betreffen haushaltsrechtliche Probleme, Sicherung parlamentarischer<br />

Kontrollrechte <strong>und</strong> Aufsichtsfunktionen sowie die dauerhafte Absicherung des öffentlichen<br />

Interesses an ausgelagerten Aufgaben.<br />

4–1 Haushaltsrechtliche Aspekte<br />

Verletzung von Budgetgr<strong>und</strong>sätzen<br />

Durch Ausgliederungen werden die Budgetgr<strong>und</strong>sätze der Vollständigkeit, Klarheit, Wahrheit<br />

<strong>und</strong> Einheit verletzt (siehe dazu <strong>und</strong> im folgenden Fiedler 2001, S 10ff).<br />

Flucht aus dem Budget, Entlastung des Haushalts, Finanzschulden <strong>und</strong> Haftungen<br />

des Trägerhaushaltes<br />

Das Phänomen der Flucht aus dem Budget durch Ausgliederungen hat weitreichende<br />

Konsequenzen für die öffentlichen Haushalte <strong>und</strong> die parlamentarische Kontrolle. Wenn<br />

Gebietskörperschaften weiterhin garantieren, finanzielle Defizite zu decken, können<br />

Ausgliederungen eine Flucht in künftige Budgets oder andere Budgetbereiche bedeuten.<br />

Die zumeist mit Haftungsübernahmen des B<strong>und</strong>es langfristig eingegangenen<br />

Verbindlichkeiten der ausgegliederten Rechtsträger sind - entgegen dem Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Budgetwahrheit nicht als Finanzschulden des B<strong>und</strong>es ersichtlich gemacht ("Graue<br />

Finanzschuld“), womit die am Stand bzw. am Neuzugang der Finanzschulden des<br />

B<strong>und</strong>eshaushalts („Budgetdefizit“) ausgerichteten Kennzahlen (z.B. im Vergleich zum<br />

Bruttoinlandsprodukt) zur Beurteilung des Fortschreitens der Budgetkonsolidierung nur<br />

eingeschränkt zutreffen <strong>und</strong> tatsächlich erheblich ungünstiger sind.<br />

4–2 Kontroll- <strong>und</strong> Aufsichtsfragen<br />

Konsequenzen für die parlamentarische Kontrolle<br />

Die Auslagerung von öffentlichen Aufgaben an selbständige Rechtsträger schmälert die<br />

Rechte der allgemeinen Vertretungskörper. Ausgliederungen führen dazu, dass der<br />

Gesamtüberblick über die Haushaltsführung verloren geht <strong>und</strong> die öffentliche Kontrolle<br />

erschwert wird. Der Rechnungshof empfiehlt seit langem, „Fluchtversuche“ aus der<br />

öffentlichen Finanzkontrolle von Vornherein zu unterbinden (vgl. TB 1991). „Mit<br />

Ausgliederungen ist im Allgemeinen eine Beschränkung der parlamentarischen Budgethoheit<br />

verb<strong>und</strong>en, weil sich die Einflussnahme des Parlaments zumeist auf das Errichtungsgesetz<br />

des ausgegliederten Rechtsträgers beschränkt; sein weiteres finanzielles Handeln unterliegt<br />

nicht – wie dies beim B<strong>und</strong>eshaushalt der Fall ist – der jährlichen parlamentarischen<br />

Willensbildung bzw. Genehmigung“ (Rechnungshof, TB 1991, S 12ff). Daraus resultiert eine


45<br />

Reduzierung der parlamentarischen Kontrollrechte, da die in Art 52 des B<strong>und</strong>es-<br />

Verfassungsgesetzes verankerte Ministerverantwortung nicht zum Tragen kommt <strong>und</strong> der<br />

zuständige Ressortminister die Beantwortung der parlamentarischen Interpellationen<br />

verweigern kann (vgl. TB 1991).<br />

Mit dem Verlust der Kontrolle tritt auch eine Verlagerung der politischen Willensbildung ein<br />

von den legitimierten demokratischen Institutionen zu den neugeschaffenen Unternehmen<br />

<strong>und</strong> deren Leitungsgremien.<br />

Die mit der Durchbrechung der Einheit des B<strong>und</strong>eshaushalts einhergehende Einschränkung<br />

der Rechte des Parlaments kann auch bei wirtschaftlich zweckmäßigen Ausgliederungen<br />

nicht ungeschehen gemacht werden (TB 2000, S.19).<br />

Zuständigkeit der Volksanwaltschaft<br />

Die nicht-hoheitliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger unterliegt im Regelfall nicht der<br />

Überprüfung durch die Volksanwaltschaft.<br />

Mitwirkungsbefugnisse <strong>und</strong> Verantwortung des Staates<br />

Bei Ausgliederungen muss die der öffentlichen Hand verbleibende Verantwortung für die<br />

Erfüllung der Aufgabe in anderer Weise <strong>und</strong> mit anderen Mitteln wahrgenommen werden.<br />

Die institutionell vorgesehenen Regelungen der Ausübung von neu geschaffenen<br />

Mitwirkungsbefugnissen, Weisungs- <strong>und</strong> Aufsichtsrechten sind dahingehend zu prüfen, ob<br />

die staatlichen Verantwortungsträger in ausreichendem Ausmaß ihrer weiterhin bestehenden<br />

Aufgabenverantwortung für die ausgelagerte Aufgabenbesorgung nachkommen können. So<br />

sind etwa wirksame Instrumente für unternehmensrechtliche Vorgaben seitens des<br />

Eigentümers sicherzustellen oder Fragen der Qualifikation von Ressortvertretern in<br />

Aufsichtsräten zu prüfen.<br />

4–3 Gewährleistung des öffentlichen Interesses bei der Aufgabenerfüllung<br />

Wahrnehmung der politischen Verantwortung<br />

Unter dem Primat des Marktes entwickelt sich der Staat zunehmend weg vom<br />

Dienstleistungsproduzenten hin zum Gewährleister eines entsprechenden Angebotes.<br />

Welche Konzeptionen der öffentlichen Verwaltung das alte Staatsparadigma ablösen<br />

werden, ist offen. Das Rechtsstaatsprinzip <strong>und</strong> das Demokratieprinzip stehen jedenfalls<br />

einem Leitbild des Staates als Wirtschaftsunternehmen entgegen. Trotz der Veränderung der<br />

Aufgabenwahrnehmung zwischen öffentlich <strong>und</strong> privat bleibt die Verantwortung des Staates<br />

weiterhin bestehen.


46<br />

Damit ist die gr<strong>und</strong>sätzliche verfassungsrechtliche Problematik jeder Ausgliederung von<br />

hoheitlichen <strong>und</strong> gemeinwohlorientierten Aufgaben angesprochen (vgl. Korinek 2000,<br />

Holoubek 2000). Im Hinblick auf den Umfang <strong>und</strong> die Art des Ausgliederungsvorhabens <strong>und</strong><br />

der betroffenen Aufgabe sind die spezifischen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

Konsequenzen im konkreten Fall zu beurteilen.<br />

5. Evaluierungsebene: Volkswirtschaftliche Perspektive<br />

Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind wirtschaftlich relevante Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu<br />

bewerten, die über den engeren (einzelwirtschaftlichen) Bereich der von der Ausgliederung<br />

unmittelbar betroffenen Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.<br />

Wichtige Aspekte betreffen mögliche Konsequenzen von Ausgliederungsvorhaben im<br />

Hinblick auf die Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs, insbesondere die Erfüllung<br />

der Maastricht-Kriterien, die Beachtung der Wettbewerbsvorschriften sowie die Einhaltung<br />

des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Interesse <strong>und</strong> von Unversaldienstleistungen, auf andere öffentliche Haushalte, die von<br />

Ausgliederungen über den föderalen Verb<strong>und</strong> indirekt betroffen sein können sowie auf die<br />

Folgen für die (verringerten) wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen<br />

Hand auf b<strong>und</strong>esweiter als auch auf regionaler Ebene, die aus der Auslagerung <strong>und</strong><br />

Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse resultieren können.<br />

5–1 Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs<br />

Erfüllung der Maastricht-Kriterien<br />

Die Ausgliederung an sich stellt kein taugliches haushaltspolitisches Gestaltungsmittel zur<br />

Erfüllung der fiskalischen Konvergenzkriterien dar.<br />

Bei Ausgliederungen, die vorwiegend einen Beitrag zur Erfüllung der Maastricht-Kriterien<br />

leisten sollen, sollte im vorhinein geklärt werden, ob diese die vom Statistischen Zentralamt<br />

der Europäischen Union (EUROSTAT) gestellten Anforderungen erfüllen <strong>und</strong> auch als<br />

Maastricht-konform anerkannt werden.<br />

Beachtung der Wettbewerbsvorschriften <strong>und</strong> des Vergaberechts<br />

Ausgegliederte Rechtsträger unterliegen unabhängig von ihrer Rechtsform <strong>und</strong><br />

Eigentümerstruktur dem Wettbewerbsrecht der EU. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist auch bei<br />

Ausgliederungen sicherzustellen, dass die relevanten Vorschriften eingehalten <strong>und</strong> nicht<br />

unzulässige Wettbewerbsvorteile eingeräumt werden.


47<br />

Bei öffentlichen Unternehmen, die sowohl gemeinwirtschaftliche als auch erwerbswirtschaftliche<br />

Leistungen erbringen, ist insbesondere das Verbot der Quersubventionierung des<br />

erwerbswirtschaftlichen Bereiches von wettbewerbsrechtlicher Relevanz.<br />

Einhaltung des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinen<br />

wirtschaftlichen Interesse <strong>und</strong> von Unversaldienstleistungen<br />

Zunehmende Bedeutung gewinnen die Vorschriften der EU hinsichtlich der Leistungen der<br />

Daseinsvorsorge (vgl. KOM(2001)598). Einige Ausgliederungsvorhaben betreffen auch das<br />

Angebot von derartigen gemeinwohlorientierten Leistungen.<br />

Für einzelne Sektoren, die mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen ausgestattet sind<br />

(Telekommunikation, Postwesen, Verkehr, Energie) sind neben den allgemeinen<br />

wettbewerbsrechtlichen Vorgaben spezifische Bestimmungen (teilweise Ausnahmen) zu<br />

beachten, die Wettbewerb mit der Aufrechterhaltung einer Gr<strong>und</strong>versorgung gewährleisten<br />

sollen (vgl. TB 2001, S 16).<br />

5–2 Föderalistische Dimension<br />

Angesichts der bedeutenden finanziellen Verflechtungen im föderalen Verb<strong>und</strong> sollte bei<br />

Ausgliederungen geprüft werden, ob nicht vermeintliche Einsparungen an anderen Stellen<br />

des Budgets wieder auftauchen (z.B. höhere Sozialausgaben) oder nur Aufgaben <strong>und</strong><br />

Belastungen zu anderen öffentlichen Haushalten verlagert werden. Auch die Vereinbarungen<br />

des Stabilitätspaktes sollten beachtet werden.<br />

5-3 Folgen für die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen<br />

Hand<br />

Instrumentalfunktion <strong>und</strong> Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse<br />

Die frei verfüg- bzw. einsetzbare Wirtschaftskraft („Manövriermasse“) der öffentlichen Hand<br />

wird entgegen dem Budgetgr<strong>und</strong>satz der Budgeteinheit zunehmend vom B<strong>und</strong>eshaushalt<br />

auf die von ihm ausgegliederten Rechtsträger verlagert. Damit nimmt die Bedeutung des<br />

Budgets als Instrument zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes durch<br />

Ausgliederungen ab (Art 13 Abs 2 B-V6). Besonders problematisch ist es, wenn die<br />

finanziellen Verpflichtungen der ausgegliederten Rechtsträger zeitversetzt auf den<br />

B<strong>und</strong>eshaushalt zurückfallen, womit sich der vermeintliche Ausweg aus der Budgetenge<br />

vielfach nur als Umweg in spätere Budgets darstellt.


48<br />

6. Gesellschaftspolitische Perspektive<br />

6.1 Vorbemerkung zur Erfassung von Kosten <strong>und</strong> Nutzen<br />

Ausgliederungen zielen in erster Linie auf Entlastungen der Budgets von<br />

Gebietskörperschaften (fiskalischer Zweck) <strong>und</strong> auf Einsparungen an Ressourcen bzw.<br />

Kostensenkungen bei der Leistungserbringung (Effizienzsteigerungen). Diese<br />

Gesichtspunkte werden durch die betriebliche <strong>und</strong> die volkswirtschaftliche Betrachtung voll<br />

abgedeckt. Aber die Auswirkungen von so einschneidenden Systemveränderungen wie sie<br />

Ausgliederungen nun einmal darstellen, gehen über jene hinaus, die die<br />

wirtschaftswissenschaftliche <strong>und</strong> wirtschaftspolitische Perspektive betreffen. Dabei handelt<br />

es sich vor allem um Veränderungen in der Verteilung von Einkommensströmen,<br />

Kostenbelastungen <strong>und</strong> Vermögensständen. Aber auch die Institutionen <strong>und</strong> politischen<br />

Interessen können berührt werden. Schließlich können sich verschiedene Nebeneffekte für<br />

Einzelentscheidungen ergeben, die Beachtung verdienen. Die nunmehr zu behandelnden<br />

gesellschaftlichen Wirkungen liegen demgemäß zum Teil außerhalb der wirtschaftlichen<br />

Aspekte im engeren Sinn, lassen sich aber teilweise durchaus mit den Mitteln der Ökonomie<br />

näher untersuchen.<br />

Die gesellschaftspolitische Perspektive macht zunächst eine Erweiterung der<br />

herkömmlichen Kosten-Nutzen-Betrachtung zweckmäßig. Dort, wo im Zuge oder im Gefolge<br />

der Ausgliederung Personengruppen zugunsten anderer Gruppen wirtschaftlich belastet<br />

werden, ist sicherzustellen, dass die bewerteten Vorteile so groß sind, dass im Prinzip eine<br />

Entschädigung der belasteten Gruppen möglich wäre (Kompensation gemäß dem "Kaldor-<br />

Hicks-Test"). Dieser Beurteilungsmassstab hat den Vorteil, die zwei gr<strong>und</strong>legenden<br />

Wirkungen von verändernden Maßnahmen gemeinsam zu erfassen, nämlich<br />

Effizienzsteigerungen auf der einen <strong>und</strong> Umverteilungswirkungen auf der anderen Seite.<br />

6.2 Drei besondere Aspekte der Ermittlung gesellschaftlicher Kosten<br />

1. Aspekt: Reibungsverluste der Umstellung<br />

Es ist besonders zu bedenken, dass die Ausgliederung eine Änderung der<br />

Organisationsform der Bereitstellung eines Gutes oder einer Leistung mit sich bringt. Aber


49<br />

die Umstellung von Organisationsformen <strong>und</strong> die Anlaufphase des Betrieb es in einer neuen<br />

Organisationsform können mit teilweise enormen „Reibungsverlusten“ verb<strong>und</strong>en sein, weil<br />

es ja oft mehr von der Erfahrung, Übung <strong>und</strong> Schulung der (leitenden) Mitarbeiter abhängt,<br />

ob eine Reform gelingt, als von der Wahl der Organisationsform selbst. Soweit dann<br />

Organisationsänderungen im Interesse von Staat <strong>und</strong> Gesellschaft erfolgen, ist es<br />

problematisch, Kosten der Anlaufschwierigkeiten (verspätete <strong>und</strong> qualitativ nicht<br />

entsprechende Leistungsabgabe, zusätzliche Schulungen usw.) dem ausgegliederten<br />

Unternehmen anzulasten. Im Gr<strong>und</strong>e handelt es sich ja dabei um "Overhead-Kosten" der<br />

Umstellung, die durch die ausgliedernde Gebietskörperschaft hervorgerufen werden. Ihre<br />

korrekte Zuordnung bedarf einer sorgfältigen Prüfung.<br />

2.Aspekt: Richtige Wahl des Erhebungszeitpunktes für Kosten<br />

Nicht selten werden vor der Ausgliederung Investitionen getätigt oder eine Entschuldung<br />

vorgenommen, um die wirtschaftliche Potenz eines Betriebes zu stärken. Die Aufbringung<br />

der Mittel erfolgt dabei aus öffentlichen Einnahmen. Diese Verwendung hat Alternativkosten<br />

(entgangene Möglichkeiten der Verwendung) <strong>und</strong> Verteilungseffekte insofern, als<br />

Steuerzahler Mittel dazu beisteuern, um ein später ausgegliedertes Unternehmen rentabel<br />

zu machen, wobei der allfällige Rückfluss an (Netto-)Erträgen geringer sein kann als die<br />

Zuflüsse vorher. Die Belastungen sind höher als die späteren Erträge; längerfristig führt die<br />

Nettobelastung dazu, dass die erwartete Rentabilität eines ausgegliederten Betriebes erst zu<br />

einem späteren Zeitpunkt eintritt.<br />

Entscheidend dabei ist aber, dass ja in aller Regel volkswirtschaftliche Kosten <strong>und</strong> Nutzen<br />

jeweils ab dem Entscheidungszeitpunkt errechnet werden. Zum Entscheidungszeitpunkt<br />

bereits getätigte Aufwendungen werden als unwiederbringlich eingestuft (man spricht von<br />

"versunkenen Kosten"). Die ausgewiesene Belastung der Bürger (der Volkswirtschaft) kann<br />

also im Prinzip durch die Wahl des Entscheidungszeitpunktes manipuliert werden.<br />

Um zu verhindern, dass tatsächliche ursächlich mit der Ausgliederung verb<strong>und</strong>ene<br />

Belastungen nur wegen des nach dem Anfall dieser Belastungen bestimmten<br />

Entscheidungszeitpunktes keine Beachtung mehr finden (Prinzip der "versunkenen Kosten"),<br />

ist es angemessen, den Entscheidungszeitpunkt bis zu den Sanierungsmassnahmen vor<br />

Ausgliederung rückzuverlegen, um Transparenz bezüglich der tatsächlichen Kosten zu<br />

erreichen.


50<br />

3.Aspekt: Ungewisse Prognostizierbarkeit von Auswirkungen<br />

Vor allem bei den noch näher zu erläuternden Verteilungswirkungen ist eine vorherige<br />

Abschätzung oft mit großen Unsicherheiten verb<strong>und</strong>en. Das gilt vor allem für die<br />

Überwälzung von Kosten, bis zu einem gewissen Grad aber auch für die Treffsicherheit<br />

bezüglich der angezielten Nutznießer.<br />

In solchen Fällen, in denen sich eine derartige Ungewissheit bezüglich bestimmter<br />

Wirkungen abzeichnet, wäre zu prüfen, ob nicht die bindende politische Entscheidung erst<br />

nach einer gewissen Erprobungsphase getroffen werden sollte, wenn dies der<br />

organisatorische Aufwand erlaubt. Allerdings leiden Ausgliederungen an dem Problem, dass<br />

sie letztlich irreversibel sind.<br />

6.3 Gesellschaftspolitische Einzelaspekte<br />

1. Umverteilungswirkungen<br />

Eine tatsächliche Klärung von Wohlfahrtseffekten setzt voraus, dass wenigstens alle von der<br />

Größenordnung her ins Gewicht fallenden Umverteilungswirkungen erfasst werden.<br />

Umverteilung wird durch Überwälzungsvorgänge in Gang gebracht: Diese können als<br />

vorhersehbare Reaktion auftreten: Bei Steuererhöhungen von Verbrauchssteuern reagiert<br />

die Nachfrage entsprechend der Preiselastizität <strong>und</strong> damit geht ein Teil der Mehrbelastung<br />

quasi automatisch von den Nachfragern (Destinataren der Steuer) auf die Anbieter über;<br />

oder aber es erfolgt der strategische Versuch einer Weitergabe, z.B.: Die Übernahme von<br />

Beschäftigten mit Arbeitsplatzgarantie (d.h. Vertragsbruch käme den neuen Arbeitgeber zu<br />

teuer) führt nach Maßgabe der Möglichkeiten zur Einstellung von Zulagen <strong>und</strong> freiwilligen<br />

Sozialleistungen.<br />

2. Ursachen <strong>und</strong> Wirkungen von Preisänderungen<br />

Die Preisänderungen selbst sind jeweils daraufhin zu prüfen, ob sie wettbewerbsinduziert<br />

sind oder volkswirtschaftliche Kosten widerspiegeln, die vor der Ausgliederung nicht korrekt<br />

verrechnet worden sind. Diesbezüglich ist zu bedenken, dass Preisvorteile für Leistungen,<br />

die sich als Folge von Kostensenkungen ergeben, nur dann ohne zusätzlich erforderliche<br />

Maßnahmen weitergegeben werden, wenn zugleich mit der Ausgliederung auch<br />

entsprechend starker Wettbewerb greift.<br />

Der Wohlfahrtseffekt ergibt sich aus der monetären Bewertung von Ausgabeneinsparungen<br />

auf Seiten der Konsumenten/Klienten/K<strong>und</strong>en.


51<br />

Bei (natürlichen) Monopolen sind entsprechende Preissenkungen nur durch eine<br />

Regulierungsbehörde erzwingbar, was deren Einrichtung voraussetzt.<br />

Aber nicht jede Preissteigerung ist als Auslöser für Wohlfahrtsverluste zu buchen! Die<br />

Leistungen der Austro-Control z.B. bei der Zuweisung von Luftkorridoren wurden teurer.<br />

Aber sie waren ursprünglich volkswirtschaftlich höchstwahrscheinlich zu niedrig. Sie deckten<br />

m.a.W. die „Wegekosten“ des Flugverkehrs nicht ab. Es bestand eine versteckte<br />

Subventionierung. Die Lasten wurden anderweitig getragen, mußten also vielleicht sogar bei<br />

unbeteiligten Dritten zu laufenden Wohlfahrtseinbussen führen!<br />

Wenn man also im Zuge von Preiserhöhungen den Schluss ziehen zu müssen glaubt, dass<br />

ein Wohlfahrtsverlust eintritt, dann muss man zuerst fragen, ob nicht zuerst der Preis<br />

volkswirtschaftlich deshalb zu niedrig war, weil darin entweder negative Externalitäten noch<br />

nicht eingerechnet oder versteckte Subventionen noch nicht herausgerechnet waren. Das<br />

nämlich würde u.U. sogar bedeuten, dass es ungerechtfertigt Begünstigte gab; die Korrektur<br />

der Verteilung als Folge der Ausgliederung diente dann der Effizienz!<br />

3. Beabsichtigte Lenkungswirkungen<br />

Tritt beispielsweise an die Stelle der unentgeltlichen Abgabe ( � Sonderfall, bei dem ein Preis<br />

auf Null gesetzt wird <strong>und</strong> die Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln erfolgt) die Abgabe<br />

einer Leistung gegen einen Preis (oder auch eine „marktentsprechende“ Gebühr nach dem<br />

sogenannten Äquivalenzprinzip), so kann die (Über-)Beanspruchung von Leistungen <strong>und</strong><br />

Ressourcen eingedämmt werden. Aber dabei ist nicht auszuschließen, dass zugleich ein<br />

meritorisches Interesse verletzt oder ein sozialpolitisch motivierter Aspekt übersehen<br />

werden.<br />

Es ist daher immer auch zu prüfen, ob nicht die Möglichkeiten zur Korrektur der Nachfrage<br />

nach unten oder auch nach oben durch sogenannte meritorische Lenkungswirkungen<br />

aufgegeben werden, sodass letztlich aus dem verringerten staatlichen Einfluß für die<br />

Gesellschaft insgesamt nachteilige Folgen erwachsen.<br />

4. K<strong>und</strong>enwunsch ist Verfügbarkeit, nicht Nutzung<br />

Ehe Leistungen der Bereitstellung nach rein betriebswirtschaftlichen Maßstäben überlassen<br />

werden, muss bedacht werden, dass Nutzer eine gewisse Zahlungsbereitschaft für die<br />

prinzipielle Verfügbarkeit von Leistungen an den Tag legen können, um die Option auf die<br />

Inanspruchnahme zu sichern (Naturreservate, öffentlicher Nahverkehr).


52<br />

In gleicher Weise können auch die Kriterien für die "K<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lichkeit" von<br />

Dienstleistungseinrichtungen gesehen werden. Als Kriterien bieten sich an:<br />

Zugänglichkeit (z.B. Dichte an Postannahmestellen, Haltestellenabstände); Verfügbarkeit<br />

(z.B. Einstellung bestimmter lokaler oder regionaler Dienste; örtliche Zusammenlegung von<br />

Gerichten); Bedienungshäufigkeit (Zugsfrequenzen, Öffnungszeiten); Qualität ("Komfort",<br />

Zahl der Annahmestellen je Leistungseinheit <strong>und</strong> damit Wartezeit, Einfachheit der<br />

Abwicklung der Inanspruchnahme; Fehleranfälligkeit der empfangenen Leistungen), sowie<br />

Sicherheit (Risiko der Verletzung bzw. eines Unfalls im Gefolge von kostenbedingten<br />

Einsparungen bei der Wartung <strong>und</strong> /oder Ersatzinvestitionen)<br />

Auch in diesen Fällen ist eine Korrektur der angebotsseitigen Maßnahmen auf Gr<strong>und</strong> einer<br />

entsprechenden Zahlungswilligkeit gerechtfertigt <strong>und</strong> daher im Einzelfall zu prüfen.<br />

5. Neue Märkte nicht unübersichtlich werden lassen<br />

Der folgende Umstand wird häufig unterschätzt bzw. übersehen: Die Öffnung von traditionell<br />

als Monopol bestehenden Dienstleistungseinrichtungen für weitere (konkurrierende) Anbieter<br />

kann für die K<strong>und</strong>en zu erheblichen Zusatzkosten führen: Die Vielfalt der Angebote kann,<br />

wenn eine differenzierte Preispolitik betrieben wird (Beispiele: Tarifpolitik beim Festnetz,<br />

Mobiltelefone, Elektrizität, Gas, in Großbritannien auch Eisenbahntarife), für bestimmte<br />

K<strong>und</strong>enschichten Verunsicherung zur Folge haben. Es gibt eine gewisse Grenze für die<br />

Übersichtlichkeit von Märkten für Dienstleistungen!<br />

Im Sinne des Konsumentenschutzes ist daher vor der Umsetzung von Maßnahmen zur<br />

Marktöffnung zu fragen, welche Zusatzbelastungen bzw. Verunsicherungen für K<strong>und</strong>en<br />

dadurch entstehen können, <strong>und</strong> das Erfordernis von Vorkehrungen zur gleichmäßigen<br />

Versorgung mit Informationen zu bedenken.<br />

6. "Konsumentenschutz"<br />

Bei der Prüfung der Frage, ob Bürger- (bzw. K<strong>und</strong>en-) Interessen gewahrt werden, ergeben<br />

sich zwei Gesichtspunkte. Es stellt zunächst ein generelles demokratiepolitisches Problem<br />

dar, dass Ausgliederungen von der Politik in einer Weise vorgenommen werden, als läge es<br />

in ihrer Kompetenz, die Organisationsform der Bereitstellung von Gütern <strong>und</strong> Diensten frei zu<br />

bestimmen. Ein "Mitspracherecht" der betroffenen Bürger kommt nur im Zuge von<br />

allgemeinen, in relativ großen Abständen stattfindenden Wahlen zum Tragen. Es besteht<br />

somit ein gewisses gr<strong>und</strong>legendes Legitimationsdefizit.


53<br />

Unmittelbare gesellschaftspolitische Bedeutung kommt dem unmittelbaren Schutz der<br />

Konsumenten/K<strong>und</strong>en/Klienten zu.<br />

Bei behördlichen Akten bestehen in aller Regel die folgenden Schutzmechanismen:<br />

Berufung im Instanzenzug; ev. Beschwerdestelle innerhalb der Behörde, des Ressorts;<br />

Befassung der Volksanwaltschaft; Befassung der politischen Vertretung; Gerichte.<br />

Die meisten genannten Schutzmechanismen sind abgesehen von einem gewissen<br />

Zeitaufwand <strong>und</strong> Ausgaben für Kommunikation ohne größere Kosten verfügbar<br />

Werden im Zuge von Ausgliederungen Leistungen nur mehr auf privatrechtlicher<br />

vertraglicher Basis zugänglich, so fallen gerade die kostengünstigen Schutzmechanismen<br />

weg.<br />

Zwar bilden Haftungsregimes für die Anbieter gewisse Anreize zum Wohlverhalten, aber<br />

Mängel in der Vertragserfüllung können oft nur über Gerichtsentscheidungen geltend<br />

gemacht werden.<br />

Einerseits sind dann die Kapazitäten von Gerichten zu überprüfen <strong>und</strong> allenfalls anzupassen,<br />

was als Folgekosten der Ausgliederung zu Buche schlägt, andererseits ist zu bedenken,<br />

dass Schutzmechanismen für Betroffene nur mehr zu höheren Kosten verfügbar sind.<br />

7. Standortwirkungen<br />

Ausgliederungen können unterschiedliche nationale <strong>und</strong> regionale stabilitäts- <strong>und</strong><br />

beschäftigungspolitische Auswirkungen haben. Darüber hinaus verdienen aber<br />

Gesichtspunkte der Globalisierung <strong>und</strong> des weltweiten Standortwettbewerbs besondere<br />

Beachtung.<br />

Hier bestehen zweifellos einige Vorteile der Ausgliederung insoferne, als privatrechtliche<br />

Unternehmensformen, adäquate Kostenrechnung <strong>und</strong> marktkonforme Leistungskennziffern<br />

Vergleichsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit die Effektuierung eines Wettbewerbs, zugleich aber auch<br />

Orientierungen <strong>und</strong> Kooperationen erleichtern.<br />

Es bestehen aber auch erhebliche Risiken. Ausgliederungen eröffnen die Möglichkeiten für<br />

Beteiligungen <strong>und</strong> Partnerschaften, die aber letztlich z.B. von ausländischen Partnern zu<br />

unerwünschten Eingriffen führen können. Übernahmen können nur zu dem Zweck erfolgen,<br />

um der eigenen Überschussproduktion des neuen Eigners Absatzchancen zu erschließen<br />

oder den hinzugewonnenen Betrieb anderweitig für eigene Zwecke einzusetzen, bei denen


54<br />

Beschäftigung <strong>und</strong> ursprünglich hohe Umweltstandards verloren gehen können <strong>und</strong> das<br />

Vertrauen der Bürger in die Versorgungssicherheit leidet.<br />

Es ist also jeweils zu prüfen, ob in der betreffenden Branche besonders aggressive<br />

Übernahmepraktiken herrschen, welche die Einhaltung von Beschäftigung <strong>und</strong> Standards<br />

der Qualität <strong>und</strong> der Umweltverträglichkeit etc. ausgegliederter Unternehmen in Frage stellen<br />

können.


55<br />

7. Zusammenfassung der <strong>Hauptergebnisse</strong><br />

1. Zielsetzung der Studie<br />

Das Ziel der vorliegenden Studie ist ein Beitrag zur Verbesserung der Beurteilungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

von künftigen Ausgliederungen. Zugleich soll damit ein Beitrag zur<br />

Versachlichung der Ausgliederungsdiskussion geleistet werden. Zu einer umfassenden<br />

Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben wird eine Beurteilung aus sechs verschiedenen<br />

Blickwinkeln vorgeschlagen. Darüber hinaus werden Evaluierungsberichte für geplante <strong>und</strong><br />

bereits realisierte Ausgliederungen gefordert.<br />

Obwohl seit Anfang der 90er Jahre mehr als dreißig Ausgliederungen aus dem<br />

B<strong>und</strong>eshaushalt realisiert wurden <strong>und</strong> für die laufende Legislaturperiode weitere dreißig<br />

Ausgliederungen geplant sind, fehlt bis heute ein an den Erfordernissen der Praxis<br />

orientiertes Evaluierungskonzept, das aus einer umfassenden „weiten“ Perspektive Kriterien<br />

zur Beurteilung geplanter Ausgliederungen benennt. Im Gegensatz dazu werden heutzutage<br />

üblicherweise bei der Beurteilung von Ausgliederungen nur Teilaspekte der wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigt. Es erscheint aber aus vielen<br />

Gründen unabdingbar, die Rechtfertigung jeder Ausgliederung <strong>und</strong> der mit ihr verb<strong>und</strong>enen<br />

wirtschaftlichen, gesellschaftlichen (<strong>und</strong> politischen) Erwartungen vorweg kritisch zu prüfen.<br />

Die Auswertung von vorliegenden Untersuchungen <strong>und</strong> Prüfungen von Ausgliederungsvorhaben,<br />

von Erfahrungsberichten <strong>und</strong> der fachspezifischen Ausgliederungsdiskussion der<br />

letzten Jahre führt zu einer Reihe von Feststellungen <strong>und</strong> <strong>Schlussfolgerungen</strong>, die bei einer<br />

Evaluierung von Ausgliederungsvorhaben in Zukunft beachtet werden sollten.<br />

Dementsprechend präsentiert die nunmehr vorliegende, im Auftrag der Standortpartnerschaft<br />

WKÖ – <strong>GÖD</strong> erstellte Studie einen systematisch entwickelten Katalog von Kriterien zur<br />

Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben im vorhinein („ex ante Evaluierung“). Sie kann als<br />

"Pflichtenheft" für Ausgliederungen, in weiterer Folge aber auch für noch weitergehende<br />

Privatisierungen verstanden werden.<br />

Während das Hauptaugenmerk solchen Vorhaben gilt, die auf der B<strong>und</strong>esebene angesiedelt<br />

sind, können die Empfehlungen durchaus auch für die Landesebene <strong>und</strong> die in hohem Maße<br />

betroffene Ebene der Gemeinden herangezogen werden.


56<br />

Dem Auftrag entsprechend enthält sich die Arbeit eines eigenen Urteils über den Erfolg oder<br />

Misserfolg einzelner Ausgliederungen in der Vergangenheit. Es erfolgt auch keine Bewertung<br />

angekündigter Ausgliederungsvorhaben.<br />

2. Erfahrungen mit bisherigen Ausgliederungen<br />

Abgesehen von einigen f<strong>und</strong>ierten, meist jedoch auf bestimmte Schwerpunkte gerichtete<br />

Einzel-Prüfungen des Rechnungshofes <strong>und</strong> einer Untersuchung von Rossmann (Rossmann<br />

1995) sind bis in jüngste Zeit keine detaillierten Untersuchungen von Ausgliederungsvorhaben<br />

vorgenommen worden. Erst vor kurzem folgte einer Arbeit des KDZ<br />

(„Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum“) (1999) die Publikation der<br />

umfangreichen Untersuchung von fünf größeren Ausgliederungen von Leitsmüller/Rossmann<br />

(2001) <strong>und</strong> der Zusammenfassung der Studie der FGG („Finanzierungsgarantiegesellschaft“)<br />

(2001) mit dreizehn untersuchten ausgegliederten Rechtsträgern.<br />

Schon aus diesen Untersuchungen sind wichtige Anforderungen abzuleiten, die in einem<br />

systematisch <strong>und</strong> umfassend angelegten Kriterienkatalog zur Beurteilung von Ausgliederungsvorhaben<br />

enthalten sein sollten.<br />

Auch ein Rückblick des Rechnungshofes auf die von ihm geprüften Ausgliederungen der<br />

letzten Jahre zeichnet ein heterogenes Bild – „die bisherigen Ausgliederungen waren teils<br />

erfolgreich, teils weniger erfolgreich <strong>und</strong> teils nicht erfolgreich“ (Fiedler 2001/39).<br />

Der Rechnungshof nennt folgende Vorteile von Ausgliederungen (TB 2000/18ff)<br />

- flexiblere Haushaltsführung<br />

- beschleunigte Entscheidungsprozesse<br />

- raschere Modernisierung<br />

- erhöhte Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz<br />

- flexiblere Personalpolitik.<br />

Als Nachteile werden genannt<br />

- eingeschränkte parlamentarische Kontrolle<br />

- Entstehung grauer Finanzschuld<br />

- Fehlende Entlastung des B<strong>und</strong>eshaushalts<br />

- Höherer Personal- <strong>und</strong> Verwaltungsaufwand<br />

- weiterbestehender staatlicher Einfluss.<br />

Der Rechnungshof hat im Zuge seiner Prüfungshandlungen weiters zahlreiche Mängel <strong>und</strong><br />

Unzulänglichkeiten festgestellt (Fiedler 2001).


Diese betreffen insbesondere folgende Punkte (Reihung gemäß Fiedler)<br />

57<br />

- Fehleinschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

- zu großer Zeitdruck bei der Vornahme von Ausgliederungen<br />

- fehlendes Ausgliederungskonzept<br />

- fehlende Prüfung von Alternativen<br />

- Mangel an klaren Zielvorgaben für den ausgegliederten Rechtsträger<br />

- Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

- systemfremde Motive für Ausgliederungen<br />

- Unterlassung einer Kosten-Nutzen-Analyse<br />

- Vernachlässigung der Verlierer von Ausgliederungen.<br />

Auch andere Untersuchungen konkreter Ausgliederungsvorhaben weisen auf einige dieser<br />

Kritikpunkte hin, kommen jedoch in einzelnen Punkten auch zu abweichenden Beurteilungen<br />

(Leitsmüller/Rossmann 2001, FGG 2001).<br />

3. Kritische Aufgabenanalyse<br />

Die eben beispielhaft genannten Punkte legen als Beginn aller Ausgliederungsüberlegungen<br />

eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung nahe. Es ist offenzulegen,<br />

welches (öffentliche) Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der Erfüllung einer bestimmten<br />

Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in welcher Form von der öffentlichen<br />

Hand wahrgenommen werden soll.<br />

Für eine derartige Überprüfung der (unverzichtbaren) Staatsfunktionen am besten geeignet<br />

sind Kataloge derjenigen Merkmale von Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen, die - aus<br />

ökonomischen aber auch sozialen Erwägungen - eine Übertragung der Bereitstellung auf<br />

den Markt entweder völlig ausschließen oder nur in Verbindung mit erheblichen<br />

Eingriffsmöglichkeiten durch den Staat sinnvoll erscheinen lassen – sogenannte "Öffentliche<br />

Güter".<br />

Weit verbreitet aber völlig unbefriedigend sind hingegen Aufzählungen von sogenannten<br />

Kernaufgaben des Staates (Verteidigung, Gerichtsbarkeit, Schule uam.), denen dann<br />

allenfalls noch eine Aufzählung von Gewährleistungsaufgaben angefügt wird. Wenig<br />

praktikabel sind für den vorliegenden Zweck auch politikwissenschaftliche Ansätze zur<br />

Erk<strong>und</strong>ung der "gesellschaftlichen Performance", bei denen ein Fragenkatalog für bestimmte<br />

gesellschaftliche Gr<strong>und</strong>funktionen abzuarbeiten ist.<br />

Die umfassende Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens umfasst im Idealfall zwei<br />

Schritte:


58<br />

- Die kritische Erhebung der Notwendigkeit <strong>und</strong> der Form der Aufgabenerfüllung <strong>und</strong> deren<br />

mögliche Alternativen.<br />

- Die Untersuchung des geplanten Vorhabens aus den bereits erwähnten sechs<br />

Beurteilungsperspektiven.<br />

Im ersten Schritt sollte eine kritische Untersuchung der öffentlichen Aufgabenerfüllung<br />

erfolgen. Dabei wird der status quo erhoben <strong>und</strong> dann im Sinne einer Aufgabenkritik<br />

untersucht, welche sachliche Notwendigkeit, welches Interesse <strong>und</strong> welcher Bedarf an der<br />

Erfüllung einer bestimmten Aufgabe besteht <strong>und</strong> ob diese Aufgabe weiterhin <strong>und</strong> in der<br />

bisherigen Form von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden muss bzw. soll.<br />

Außerdem dient der Schritt auch der Suche nach den möglichen Verbesserungen in der<br />

Leistungserfüllung der öffentlichen Hand. Daher sollte das gesamte Spektrum der bekannten<br />

Formen der Aufgabenerfüllung geprüft werden – von verwaltungsnahen Lösungen, etwa in<br />

Form einer internen Reorganisation (New Public Management), bis hin zur vollständigen<br />

Auslagerung an private Bereitsteller oder Produzenten (im Sinne von Leitsmüller/Rossmann<br />

2001/62) - also allenfalls auch einer vollständigen "Privatisierung".<br />

Dabei wäre aber – allenfalls nach einer Abklärung im politischen Prozess – explizit<br />

festzuhalten, welchen Charakter die dem ausgegliederten Rechtskörper übertragenen<br />

Aufgaben zugeschrieben erhalten. Daraus ergibt sich die Abstufung der staatlichen Einflussnahme.<br />

Es kann sich um dabei handeln um<br />

- die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben,<br />

- Aufgaben, an deren Erfüllung ein öffentliches Interesse besteht, dh um Leistungen, die<br />

mit einer Gemeinwohlverpflichtung verb<strong>und</strong>en sind oder<br />

- um (rein) privatwirtschaftliche Aufgabenstellungen.<br />

Erst die Durchführung der kritischen Aufgabenanalyse einschließlich der Prüfung alternativer<br />

Formen der Aufgabenerfüllung in der vorgeschlagenen Form erlaubt es nachvollziehbar<br />

darzulegen, warum eine vorgeschlagene bzw. geplante Ausgliederung aus dem öffentlichen<br />

Haushalt die vergleichsweise beste Form der künftigen Aufgabenerfüllung darstellt. Der<br />

Nachweis wäre in jedem einzelnen Fall zu führen.<br />

Die offenk<strong>und</strong>igen Vorteile einer systematischen Aufgabenanalyse liegen darin, daß Alternativen<br />

vorweg geprüft werden müssen <strong>und</strong> damit aufwändige oder risikoreiche Ausgliederungsexperimente<br />

vermieden werden können.


59<br />

Wird eine Ausgliederung als beste Lösung angesehen, sollte im zweiten Schritt die<br />

eigentliche Evaluierung des Ausgliederungsvorhabens erfolgen. Zweckmäßigerweise sollte<br />

die Beurteilung einer geplanten Ausgliederung aus verschiedenen Blickwinkeln erfolgen, um<br />

die Vielfalt der Auswirkungen der Realisierung differenziert darlegen zu können.<br />

4. Evaluierungskriterien für geplante Ausgliederungsvorhaben<br />

Alle größeren Ausgliederungsvorhaben sind mit weitreichenden institutionellen,<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Veränderungen verb<strong>und</strong>en. Von einer Ausgliederung werden<br />

verschiedene Interessen berührt <strong>und</strong> die Folgen der geplanten organisatorischen<br />

Veränderungen werden – je nach Betroffenheit - unterschiedlich erfahren <strong>und</strong> bewertet.<br />

In der Studie wird gezeigt, daß die vielschichtigen Auswirkungen einer Ausgliederung<br />

bestimmte Gruppen von Akteuren - heutzutage gerne unter dem Begriff "Stakeholder"<br />

zusammengefasst - besonders stark tangieren. Involviert sind vorrangig<br />

- die (Verwaltung der) Gebietskörperschaft, die beabsichtigt, eine bisher von ihr wahrgenommene<br />

Aufgabe im Wege einer Ausgliederung aus ihrem Haushalt auszulagern;<br />

- das zuständige gesetzgebende Organ (Parlament, Landtag, Gemeinderat), das<br />

entsprechende rechtliche Voraussetzungen schaffen soll;<br />

- der im Zuge der Ausgliederung entstehende Rechtsträger, in der Regel ein Unternehmen<br />

des privaten oder öffentlichen Rechts, einschließlich Management <strong>und</strong> Belegschaft vor<br />

<strong>und</strong> nach der Umwandlung;<br />

- die Marktteilnehmer, das sind Mitbewerber <strong>und</strong> Konsumenten, denen das ausgegliederte<br />

Unternehmen künftig seine Leistungen anbieten wird, einschließlich der Lieferanten bzw.<br />

Erbringer von Vorleistungen.<br />

Im Hinblick auf das Ziel einer problemadäquaten differenzierten Beurteilung der geplanten<br />

Ausgliederung erscheint es zweckmäßig, verschiedene Evaluierungsebenen zu unterscheiden.<br />

1. Evaluierungsebene: Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der<br />

ausgliedernden Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen<br />

untersucht werden.<br />

Kriterien betreffen die mit der Ausgliederung angestrebten Ziele, den Ausgliederungsprozess,<br />

die politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers, die erwarteten


60<br />

budgetären Konsequenzen <strong>und</strong> die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach<br />

erfolgter Ausgliederung.<br />

2. Evaluierungsebene: Untersuchung des ausgegliederten Rechtsträgers <strong>und</strong> seiner<br />

Leistungserbringung aus betriebswirtschaftlicher Perspektive.<br />

Kriterien betreffen Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung, Unternehmensführung<br />

<strong>und</strong> Managementaufgaben, Konsequenzen auf Personalwirtschaft <strong>und</strong><br />

Mitarbeiterbeziehungen.<br />

3. Evaluierungsebene: Die Marktperspektive soll den Fokus der Evaluierung auf die<br />

Wettbewerbsverhältnisse richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong><br />

dessen Mitbewerber künftig agieren werden.<br />

Kriterien betreffen Marktform <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse, wirtschaftliche Auswirkungen<br />

auf Mitbewerber, Konsequenzen des Markteintrittes des neuen Unternehmens auf das<br />

Leistungsangebot (Preise, Qualität, Verfügbarkeit uam) aus dem Blickwinkel der<br />

Leistungsbezieher bzw. Nachfrager, Veränderungen bezüglich des Beschaffungswesens<br />

auch in regionalwirtschaftlicher Hinsicht sowie Fragen der längerfristigen Sicherung des<br />

Unternehmensbestandes.<br />

4. Evaluierungsebene: Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen<br />

der geplanten Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des<br />

Parlaments <strong>und</strong> anderer berufener Kontrolleinrichtungen zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur<br />

ausgegliederten Institution zu beurteilen.<br />

Kriterien betreffen haushaltsrechtliche Probleme, Sicherung parlamentarischer<br />

Kontrollrechte <strong>und</strong> Aufsichtsfunktionen sowie die dauerhafte Gewährleistung des<br />

öffentlichen Interesses an ausgelagerten Aufgaben.<br />

5. Evaluierungsebene: Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind jene wirtschaftlich<br />

relevanten Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu bewerten, die über den engeren<br />

(einzelwirtschaftlichen) Bereich der von der Ausgliederung unmittelbar betroffenen<br />

Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.<br />

Kriterien betreffen mögliche Konsequenzen von Ausgliederungsvorhaben im Hinblick auf<br />

die Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs, insbesondere die Erfüllung der<br />

Maastricht-Kriterien, die Beachtung der Wettbewerbsvorschriften sowie die Einhaltung<br />

des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen<br />

Interesse <strong>und</strong> von Universaldienstleistungen, auf andere öffentliche Haushalte, die von


61<br />

Ausgliederungen über den föderalen Verb<strong>und</strong> indirekt betroffen sein können sowie auf<br />

den (verengten) wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum der öffentlichen Handsowohl<br />

auf b<strong>und</strong>esweiter als auch auf regionaler Ebene - der aus der Auslagerung <strong>und</strong><br />

Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse resultieren kann.<br />

6. Evaluierungsebene: Aus gesellschaftspolitischer Perspektive werden – gewissermaßen<br />

ebenenübergreifend - ergänzend einige sensible Beurteilungskriterien behandelt,<br />

die wichtige verteilungspolitische Konsequenzen sowie weitere gesellschaftlich relevante<br />

Aspekte von Ausgliederungsvorhaben betreffen.<br />

Ein angemessener Forderungskatalog für die gesellschaftspolitische Überprüfung <strong>und</strong><br />

Beurteilung sollte die folgenden Punkte umfassen:<br />

- Die Unterscheidung von zwei Arten von Verteilungswirkungen, nämlich erstens solchen,<br />

die sich als Reaktionen im Wirkungszusammenhang ergeben (Beispiel Preisänderungen<br />

auf Gr<strong>und</strong> geänderter Angebotsbedingungen), sowie zweitens solche, die als Ergebnis<br />

gezielter Strategien angesehen werden können (Beispiel Kostenüberwälzung). Diese <strong>und</strong><br />

alle weiteren Veränderungen sind nach Möglichkeit jeweils für alle Stakeholder gesondert<br />

auszuweisen.<br />

- Die Preisänderungen selbst sind jeweils daraufhin zu prüfen, ob sie wettbewerbsinduziert<br />

sind oder volkswirtschaftliche Kosten widerspiegeln, die vor der Ausgliederung nicht<br />

korrekt verrechnet worden sind.<br />

- Es ist zu prüfen, ob nicht die Möglichkeiten zur Korrektur der Nachfrage nach unten oder<br />

auch nach oben durch sogenannte meritorische Lenkungswirkungen aufgegeben<br />

werden, sodass letztlich aus dem verringerten staatlichen Einfluß für die Gesellschaft<br />

insgesamt nachteilige Folgen erwachsen.<br />

- Ehe Leistungen der Bereitstellung nach rein betriebswirtschaftlichen Maßstäben<br />

überlassen werden, muss bedacht werden, dass Nutzer eine gewisse<br />

Zahlungsbereitschaft für die prinzipielle Verfügbarkeit von Leistungen an den Tag legen<br />

können, um die Option auf die Inanspruchnahme zu sichern (Naturreservate, öffentlicher<br />

Nahverkehr).<br />

- Preisdifferenzierungen <strong>und</strong> zunehmender Wettbewerb dürfen die neuen "Märkte" für<br />

K<strong>und</strong>en nicht unübersichtlich machen.<br />

- Der institutionelle Schutz der Konsumenten durch Beschwerdemöglichkeiten etc. darf im<br />

Zuge von Ausgliederungen nicht nachhaltig beschränkt oder erheblich verteuert werden.


62<br />

- Nachhaltige gesellschaftliche Auswirkungen können sich ferner aus der allenfalls<br />

erforderlichen Schaffung neuer Regulierungsorgane ergeben.<br />

- Es ist schließlich auch darauf Bedacht zu nehmen, daß Ausgliederungen für die<br />

betroffenen Einrichtungen den Standortwettbewerb <strong>und</strong> die Globalisierung voll zur<br />

Geltung bringen <strong>und</strong> als Folge branchenspezifisch die Marktmacht verschieben <strong>und</strong><br />

letztlich die Standorte ausgegliederter Unternehmen gefährden können.<br />

Mit diesem analytischen Ansatz liefert die Studie einen umfassenden, an praktischen<br />

Erfordernissen orientierten Katalog von Evaluierungskriterien, mit dessen Hilfe<br />

Anforderungen <strong>und</strong> Konsequenzen einer geplanten Ausgliederung im einzelnen geprüft <strong>und</strong><br />

diskutiert werden können - <strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>e auch müssen.<br />

Die Vorteile eines solchen – bisher nicht vorliegenden - Kriterienkataloges liegen auf der<br />

Hand. Wie in einer politischen Kosten-Nutzen-Analyse können die wirtschaftlichen, sozialen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftspolitischen Folgen der Ausgliederung systematisch dargestellt <strong>und</strong> die vor<strong>und</strong><br />

nachteiligen Konsequenzen nachvollziehbar beurteilt werden.<br />

5. Verpflichtung der Regierung zu regelmäßigen Ausgliederungsberichten an das<br />

Parlament<br />

Alle bereits realisierten Ausgliederungen sollten regelmäßig <strong>und</strong> systematisch evaluiert<br />

werden. Ein kritischer Rückblick ist unverzichtbar um festzustellen, ob die mit einer<br />

Ausgliederung angestrebten Ziele erreicht wurden <strong>und</strong> wie die längerfristige Entwicklung der<br />

ausgegliederten Rechtsträger beurteilt wird <strong>und</strong> wie sie politisch gerechtfertigt werden kann.<br />

Auf B<strong>und</strong>esebene sollten die Ergebnisse des laufenden verwaltungsinternen Beteiligungs<strong>und</strong><br />

Finanzcontrollings, ergänzt um weitere vorgegebene Berichtspunkte, in Form eines<br />

jährlichen Ausgliederungsberichtes von der Regierung dem Parlament bzw. der<br />

Öffentlichkeit vorgelegt werden. Mindesterfordernisse hinsichtlich des Inhaltes <strong>und</strong> des<br />

Umfanges eines solchen Ausgliederungsberichtes sollten gesetzlich geregelt werden <strong>und</strong><br />

könnten sich an dem hier vorgeschlagenen Kriterienkatalog orientieren.<br />

Darüber hinaus bliebe es weiterhin Aufgabe des Rechnungshofes, im Zuge von<br />

Gebarungsprüfungen auch die Durchführung <strong>und</strong> Entwicklung von Ausgliederungen zu<br />

prüfen <strong>und</strong> zu kommentieren.


63<br />

6. Verpflichtende Vorlage von Evaluierungsberichten zu geplanten Ausgliederungen<br />

an das Parlament<br />

Nicht zuletzt im Hinblick auf die große Zahl von geplanten Ausgliederungen wäre die<br />

Verwaltung künftig zu verpflichten, bereits im Zuge der Vorbereitung eines Ausgliederungsvorhabens<br />

einen Evaluierungsbericht nach standardisierten Kriterien vorzulegen.<br />

Ähnlich der Verpflichtung des § 14 BHG könnte auch für Ausgliederungsvorhaben gesetzlich<br />

geregelt werden, dass zu einem Gesetzesentwurf über ein Ausgliederungsvorhaben einem<br />

vorgegebenen Katalog von Kriterien entsprechend Daten, Fakten <strong>und</strong> Stellungnahmen<br />

vorzulegen sind. Diese Informationen sollten - über die in § 14 BHG geforderte Darstellung<br />

der finanziellen Auswirkungen auf den B<strong>und</strong>eshaushalt hinausgehend - die Beurteilung der<br />

geplanten Ausgliederung im Hinblick auf wirtschaftliche, rechtliche, soziale <strong>und</strong> gesellschaftspolitische<br />

Kriterien erleichtern.<br />

Ein erheblicher Teil der bei Ausgliederungen in der Vergangenheit festgestellten<br />

Unzulänglichkeiten hätte nämlich durch eine gründliche <strong>und</strong> systematische Evaluierung der<br />

Vorhaben vor der Entscheidung bzw. Beschlussfassung über die Ausgliederung erkannt <strong>und</strong><br />

in vielen Fällen wohl auch vermieden werden können!<br />

Die Vorteile der geforderten Maßnahmen sind evident. Eine transparente <strong>und</strong> nachvollziehbare<br />

Darstellung von Abtauschbeziehungen - "trade-offs" - zwischen wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Zielen, von erwarteten spezifischen Vorteilen <strong>und</strong> Nachteilen für<br />

Betroffene <strong>und</strong> von offengelegten politischen Präferenzen zu einzelnen Ausgliederungskonsequenzen<br />

könnte zur Versachlichung der politischen Diskussion beitragen <strong>und</strong> die<br />

demokratische Entscheidungsfindung verbessern.<br />

Eine frühzeitige <strong>und</strong> sorgfältige Evaluierung ermöglicht eine verbesserte Gestaltung von<br />

Ausgliederungsvorhaben in der Vorbereitungsphase <strong>und</strong> die Vermeidung von<br />

Ausgliederungsflops – mit klar erkennbaren Vorteilen für den Staat, die Wirtschaft <strong>und</strong> die<br />

Konsumenten.


64<br />

Checkliste - Relevante Perspektiven <strong>und</strong> Kriterien der Evaluierung<br />

1. Evaluierungsebene: Beziehungen zwischen dem Trägerhaushalt <strong>und</strong> dem<br />

auszugliedernden/ ausgegliederten Unternehmen<br />

Auf dieser Ebene können vorrangig die Beziehungen zwischen der ausgliedernden<br />

Gebietskörperschaft <strong>und</strong> dem auszugliedernden Unternehmen untersucht werden.<br />

1–1 Ausgliederungsziele<br />

▪ Politische Motive <strong>und</strong> Ziele der Ausgliederung<br />

▪ Daten <strong>und</strong> Kennzahlen zur Evaluierung der Zielerreichung<br />

1–2 Ausgliederungsprozess<br />

▪ Zeitrahmen zur Planung <strong>und</strong> Durchführung der Ausgliederung<br />

▪ Ausgliederungskonzept<br />

▪ Unternehmenskonzept<br />

▪ Einbindung der Belegschaft in die Vorbereitung des Ausgliederungsprozesses<br />

▪ Gesetzliche Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Wahl der Rechtsform<br />

▪ Monitoring <strong>und</strong> Evaluierung des Ausgliederungsprozesses<br />

1–3 Politische Steuerung des ausgegliederten Rechtsträgers<br />

▪ Steuerungsmodell <strong>und</strong> Rollenverteilung<br />

▪ Leistungsauftrag an das ausgegliederte Unternehmen<br />

▪ Steuerungsinstrumente<br />

1–4 Budgetäre Konsequenzen für den Trägerhaushalt<br />

▪ Einmalige Budgeteffekte<br />

▪ Erwartete zeitliche Entwicklung der Budgeteffekte<br />

▪ Nachhaltigkeit der Budgetentlastung<br />

1–5 Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen nach erfolgter Ausgliederung<br />

▪ Eigenkapitalzufuhr <strong>und</strong> Haftungen<br />

▪ Zahlungsströme durch Gewinne <strong>und</strong> Verluste<br />

▪ Sonstige Eigentümerrisiken<br />

2. Evaluierungsebene: Betriebswirtschaftliche Perspektive<br />

Auf dieser Ebene wird der ausgegliederte Rechtsträger <strong>und</strong> seine Leistungserbringung aus<br />

betriebswirtschaftlicher Perspektive untersucht.<br />

2–1 Effizienz <strong>und</strong> Effektivität der Leistungserstellung<br />

▪ Vorgegebenes <strong>und</strong> erwartetes Leistungsangebot<br />

▪ Erwartete Leistungsverbesserungen <strong>und</strong> Potenziale für Effizienzsteigerungen<br />

▪ Rentabilitätskriterien <strong>und</strong> Erfolgsindikatoren<br />

▪ Kosten- <strong>und</strong> Leistungstransparenz<br />

2–2 Unternehmensführung<br />

2–3 Personalwirtschaft / Mitarbeiterbeziehung <strong>und</strong> Konsequenzen der Ausgliederung<br />

▪ Flexibilität der Personalpolitik <strong>und</strong> Förderung der Humanressourcen<br />

▪ Dienstrechtliche <strong>und</strong> arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen,<br />

Mitbestimmungsaspekte


▪ Kennzahlen<br />

3. Evaluierungsebene: Marktperspektive<br />

65<br />

Die Marktperspektive als 3. Evaluierungsebene soll den Fokus der Evaluierung auf die<br />

Wettbewerbsverhältnisse richten, unter denen das ausgegliederte Unternehmen <strong>und</strong> dessen<br />

Mitbewerber künftig agieren werden.<br />

3–1 Märkte <strong>und</strong> Wettbewerbsverhältnisse<br />

▪ Marktchancen <strong>und</strong> Ertragspotenziale - privilegierte oder benachteiligte Stellung des<br />

ausgegliederten Unternehmens<br />

▪ Staatlicher Mitwirkungsmaßnahmen <strong>und</strong> Regulierungseingriffe<br />

3–2 Konsequenzen für Mitbewerber/ Anbieter<br />

▪ Fairer versus verzerrter Wettbewerb<br />

▪ Auswirkungen auf vorgelagerte Märkte<br />

3–3 Konsequenzen für Leistungsabnehmer/ Nachfrager<br />

▪ Leistungsangebot, Verfügbarkeit, Versorgungssicherheit, Qualitätsdimension,<br />

Preisgestaltung, K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />

3–4 Längerfristige Sicherung des Bestandes des Unternehmens<br />

4. Evaluierungsebene: Politisch - administrative Perspektive<br />

Aus politisch-administrativer Perspektive sind die Konsequenzen der geplanten<br />

Ausgliederung insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Parlaments <strong>und</strong> anderer<br />

berufener Kontrollorgane zur ausgliedernden <strong>und</strong> zur ausgegliederten Institution zu<br />

beurteilen.<br />

4–1 Haushaltsrechtliche Aspekte<br />

▪ Verletzung von Budgetgr<strong>und</strong>sätzen<br />

▪ Flucht aus dem Budget, Entlastung des Haushaltes, Finanzschulden <strong>und</strong> Haftungen<br />

des Trägerhaushaltes<br />

4–2 Kontroll- <strong>und</strong> Aufsichtsfragen<br />

▪ Konsequenzen für die parlamentarische Kontrolle<br />

▪ Zuständigkeit der Volksanwaltschaft<br />

▪ Mitwirkungsbefugnisse <strong>und</strong> Verantwortung des Staates<br />

4–3 Gewährleistung des öffentlichen Interesses bei der Auftragserfüllung<br />

▪ Wahrnehmung der politischen Verantwortung<br />

5. Evaluierungsebene: Volkswirtschaftliche Perspektive<br />

Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive sind wirtschaftlich relevante Fragen zu stellen <strong>und</strong> zu<br />

bewerten, die über die engeren einzelwirtschaftlichen Beziehungen der von der<br />

Ausgliederung unmittelbar betroffenen Instanzen <strong>und</strong> Einheiten hinausreichen.


66<br />

5–1 Konformität mit EU-Verpflichtungen Österreichs<br />

▪ Erfüllung der Maastricht-Kriterien,<br />

▪ Beachtung der Wettbewerbsvorschriften <strong>und</strong> des Vergaberechts<br />

▪ Einhaltung des EU-Rechts beim Angebot von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge<br />

5–2 Föderalistische Dimension<br />

5–3 Folgen für die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand<br />

▪ Instrumentalfunktion <strong>und</strong> Verselbständigung von finanzpolitischer Manövriermasse<br />

6. Evaluierungsebene: Gesellschaftspolitische Perspektive<br />

Auf der sechsten Evaluierungsebene werden einerseits gr<strong>und</strong>legende Fragen der<br />

anzuwendenden Verfahren zur Beurteilung von Ausgliederungen angesprochen,<br />

andererseits aber Auswirkungen von Ausgliederungen, die über rein wirtschaftliche Aspekte<br />

hinausgehen, das Gesamtergebnis der Evaluierung eines Ausgliederungsvorhabens aber<br />

nachhaltig zu beeinflussen vermögen.<br />

6–1 Gr<strong>und</strong>sätzliche Schwierigkeiten bei der Messung <strong>und</strong> Beurteilung von Ausgliederungen<br />

▪ Zuordnung der Kosten von "Reibungsverlusten" bei der Umstellung einer<br />

Organisationsform<br />

▪ Rückverlagerung des Berechnungszeitpunktes für Kosten (<strong>und</strong> Nutzen), wenn vor<br />

der Ausgliederung eine Sanierung erfolgte<br />

▪ Endgültige Entscheidung nach Möglichkeit erst dann treffen, wenn die tatsächlichen<br />

Umverteilungswirkungen messbar sind<br />

6–2 Einzelaspekte<br />

▪ Umverteilungswirkungen von Überwälzungsvorgängen als Reaktion auf<br />

Preisänderungen<br />

▪ Umverteilungswirkungen auf Unternehmen, Belegschaft <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en in Folge<br />

gezielter Kostenüberwälzung<br />

▪ Ursachen <strong>und</strong> Folgewirkungen von Preisanhebungen/Senkungen<br />

▪ Sicherstellung, dass gewünschte Lenkungswirkungen nicht verloren gehen<br />

▪ Zahlungswilligkeit der K<strong>und</strong>en für nur potentielle Leistungsbereitschaft erheben<br />

▪ Zahlungswilligkeit der K<strong>und</strong>en für Qualitätskomponenten abschätzen<br />

▪ Sicherstellung, dass neue Märkte für die K<strong>und</strong>en nicht unübersichtlich werden<br />

▪ Sicherstellung, dass der Konsumentenschutz im weiteren Sinn nicht geringer wird<br />

▪ Abschätzung der Auswirkung von Ausgliederungen auf den Standortwettbewerb<br />

▪ Risikoabschätzung, dass ausgegliederte Unternehmen ungewollt Opfer der<br />

Konkurrenz werden


Literaturverzeichnis<br />

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B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen, Vortrag an den Ministerrat am 9. Oktober 2000<br />

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11.Juni 2001<br />

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des B<strong>und</strong>esministerium für Finanzen (Zusammenfassung), 2001<br />

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Referat zum Symposion „Ausgliederung – Privatisierung – Beleihung“, der<br />

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Anschrift der Autoren<br />

70<br />

Univ.Prof. Dr. Gabriel Obermann a.o.Univ.Prof. Dr. Wolfgang Weigel<br />

Univ.Ass. Mag. Anna Obermair Institut für Wirtschaftswissenschaften<br />

Institut für Finanzwissenschaft Universität Wien<br />

Wirtschaftsuniversität Wien

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