Schwerter „Willkommens-Ticketheft“ erschienen - Dortmunder ...
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Der 11. November war einstmals<br />
für die Landpächter der<br />
Zahltag, an dem sie ihre Zinsen<br />
entrichten mussten. Für die Kinder<br />
aber war’s ein Freudentag.<br />
Bunt verkleidet und mit bemalten<br />
Gesichtern zogen sie in kleinen<br />
Gruppen von Wirtschaft zu Wirtschaft<br />
und sangen das Martinslied.<br />
Dafür bekamen die kleinen Bettler<br />
dann Äpfel, Birnen und gedörrte<br />
Pflaumen, und wenns’s hoch kam<br />
auch ein paar Pfennige. Meistens<br />
schnitten die Kinder am besten ab,<br />
die das ganze Martinslied in Plattdeutsch<br />
singen konnten. Manchmal<br />
kam es aber auch vor, dass<br />
die kleinen Sänger leer ausgingen.<br />
Dann riefen sie: „Appelgiewer<br />
Geizhals“ Bevor wir unsere Reise<br />
durch das Tagesgeschehen fortsetzen,<br />
sei Ihnen eine Episode nicht<br />
vorenthalten, die zeigt, dass die<br />
sieben Schwaben noch nicht ausgestorben<br />
sind. Sie stammt vom<br />
30.6.1875. Sieben Gärtner aus<br />
Bamberg wollten ein Pferd beschlagen.<br />
Das Thier war muthig und<br />
sträubte sich gewaltig, da schlan-<br />
10<br />
Anzeige vom 30.06.1888<br />
gen sie ihm ein Seil um den Hals<br />
und als das nicht genug schien,<br />
auch die Hemmkette und zogen es<br />
in die Höhe. Da hielt es dann still<br />
und wurde beschlagen und mit<br />
stolzer Freude sahen die Künstler<br />
auf ihr Werk. Aber – o Schrecken !<br />
als sie das Thier los banden, machte<br />
es keine Sprünge mehr, sondern<br />
fiel um und war mausetodt. Sie<br />
hatten einem todten Pferd die Eisen<br />
angelegt.<br />
Februar 1909<br />
Der Februar gehört auch, woran<br />
in diesen Ueberschwemmungstagen<br />
wohl gerade nicht viel gedacht<br />
worden ist, zu den süßesten<br />
Monaten im Jahre. Soviel Pfannekuchen,<br />
Krapfen, Schmalzkuchen<br />
und wie sie sonst alle heißen, in<br />
diesen Faschingswochen verzehrt<br />
werden, werden wohl im ganzen<br />
Jahr nicht vertilgt. Einesteils abends<br />
auf den Ballfestlichkeiten, andernteils<br />
nachmittags zum Kaffee in<br />
der Familie, namentlich Sonntags.<br />
Der Appetit dazu liegt in der Luft,<br />
und wenn auch hier die bekann-<br />
ten nüchternen Geister erklären,<br />
eine solche Leckerei sei überflüssig<br />
oder schädlich, die Pfannekuchen<br />
schmecken doch, und zwar<br />
meistens auch mehr. Allerdings,<br />
die älteren Leute , die an die Pflaumenmusfüllung<br />
gewöhnt waren,<br />
können sich nicht recht mit der<br />
heute vielfach benützten Marmelade<br />
befreunden, aber ihrem Gusto<br />
wird ja noch immer Rechnung getragen.<br />
Zum Pfannekuchen gehört<br />
der Punsch, der vor allem zwei<br />
Glanztage im Jahr hat; der eine<br />
Sylvester, liegt hinter uns, der andere<br />
Fastnacht, kommt in ein paar<br />
Wochen. So hat der Februar seine<br />
süßen Reize, sie müssen nur über<br />
die schlechten Zeiten nicht vergessen<br />
werden. Leider haben ja die<br />
Ueberflutungen der vergangenen<br />
Woche schwere Schäden angerichtet,<br />
aber sie setzen nun auch viele<br />
Handwerker- und Arbeiterhände<br />
zur Ausbesserung der Schäden in<br />
Bewegung. Wo Brotlosigkeit bestanden<br />
hat, dürfte es wohl damit<br />
vorbei sein.<br />
17. 2. 1909<br />
Zu einem Menschenauflauf kam<br />
es gestern Vormittag auf der Hagenerstraße.<br />
Der Angestellte eines<br />
Latrinenreinigungsinstitutes<br />
war mit dem früheren Inhaber eines<br />
derartigen Geschäftes in Meinungsverschiedenheit<br />
geraten,<br />
und da beide anscheinend recht<br />
tief ins Glas geschaut hatten, war<br />
bald die schönste Keilerei im Gange.<br />
Dabei warfen sie mit Schimpfworten<br />
und Kraftausdrücken um<br />
sich, die man sicherlich vergebens<br />
in jedem Lexikon suchen würde.<br />
Schließlich zog der eine jedoch,<br />
wohl eingedenk des weisen Spruches,<br />
daß der Klügere stets nachgibt,<br />
von dannen, während der Andere<br />
noch lange seinen Grimm in<br />
erregten Ausdrücken Luft machte.<br />
Hoffentlich haben sich die beiden<br />
„Geschäftsfreunde“ später doch<br />
wieder versöhnt.<br />
17. 2. 1909<br />
Im Restaurant „Zum Grafen Haeseler“<br />
ist für ganz kurze Zeit eine<br />
ganz seltsame Abnormanität zu<br />
sehen, ein lebendes Wesen, halb<br />
Mensch halb Pferd.<br />
Das seltsame Naturspiel ist auf vier<br />
Wochen für Castans Panoptikum in<br />
Köln zur Schaustellung verpflichtet<br />
und nur mit großer Mühe und erheblichen<br />
Kosten ist es Herrn Feit<br />
gelungen, diese Abnormanität für<br />
ganz kurze Zeit für sein Lokal zu gewinnen.<br />
500 Mark werden demjenigen<br />
versprochen, der schon ein<br />
solches Exemplar gesehen hat.<br />
18. 2. 1909<br />
Gestern hatte der kath. kaufm.<br />
Verein in seinem Vereinslokal Hotel<br />
„Zur Post“ ein karnevalistisches<br />
Kränzchen veranstaltet, welches<br />
sich eines überaus zahlreichen Besuches<br />
zu erfreuen hatte. Bei humoristischen<br />
Aufführungen aller<br />
Art, echt Kölner Büttenreden und<br />
nachherigem Tänzchen nahm die<br />
Feier einen in jeder Hinsicht befriedigenden<br />
Verlauf. – Am Sonntag<br />
Nachmittag findet im Freischütz<br />
eine karnevalistische Sitzung der<br />
„Großen Hagener Karnevals-Gesellschaft“<br />
statt, zu welcher auch<br />
mehrere hervorragende Kölner<br />
Karnevalsredner ihre Mitwirkung<br />
bestimmt zugesagt haben.<br />
22. 2. 1909<br />
Am Donnerstag, dem 25.2. veranstaltet<br />
der hiesige evangelische<br />
Frauenverein wieder seine alljährliche<br />
Verlosung zum Besten der<br />
Armen dieser Stadt. Hoffentlich<br />
werden auch in diesem Jahre die<br />
Bestrebungen des Vereins weitgehende<br />
Unterstützung in der<br />
Bürgerschaft finden, sei es durch<br />
zahlreiche Abnahme der Lose oder<br />
durch Darreichung von Gewinngeschenken.<br />
Es dürfte von Interesse<br />
sein, zu hören, daß der Frauenverein<br />
schon auf ein Bestehen von<br />
70 Jahren zurückblickt und daß er<br />
die Geldmittel für seine Tätigkeit<br />
sich durch Verlosung von Gewinngeschenken<br />
schon Mitte der 40er<br />
Jahre des vorigen Jahrhunderts<br />
verschaffte.<br />
Die Verlosungen, die jetzt im großen<br />
Saale des Herrn Schulze-Selmig<br />
abgehalten werden, haben<br />
stattgefunden, zuerst im sogen.<br />
Gesellschaftshause (spätere Duhmesche<br />
Besitzung an der Ostenstraße)<br />
dann im Gasthof Schröder,<br />
einige Male auch in der alten<br />
Schule am Markt und im Stadtkeller.<br />
Der Frauenverein hat seine<br />
Fürsorge den bedürftigen Familien<br />
der Stadt besonders zur Winterzeit<br />
und zur Weihnachtszeit zugewandt.<br />
Die jetzigen monatlichen<br />
Zusammenkünfte der Vereinsmitglieder<br />
zur Anfertigung von Näh-<br />
und Strickarbeiten für Arme finden<br />
im evangelischen Vereinshause an<br />
der Liethstraße statt.