Broschüre 700 Jahre Peppenkum - Gemeinde Gersheim
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Der Geißbockritt von <strong>Peppenkum</strong><br />
Dort unten in der Parr, nahe der Dreiländergrenze, liegt das kleine<br />
Dorf <strong>Peppenkum</strong>, still und friedlich wie seine Bewohner, und selten<br />
nur stört diese beschauliche Ruhe ein Ereignis wie das, das wegen seiner<br />
Komik festgehalten zu werden verdient.<br />
Weidete da im goldenen Glanz der Sonne an einem schönen Tage ein<br />
tatenfroher Geißbock „uff de Dorfwiese“ in der Nähe des<br />
Dorfkirchleins und ließ sich der Wiesen saftiges Grün gütlich munden.<br />
Er war zahmen Gemütes, trotz seines spitzen Gehörns und seines<br />
männlich betonten Bockbartes. Nur eines konnte er schlecht vertragen:<br />
Das waren Nebenbuhler in seinem Bereich, und gar manchen<br />
hatte er schon mit Kraft und Schwung von dannen gejagt. Aber heute<br />
war die Luft rein und behaglich. Die saftigen Kräuter und Blätter der<br />
Weide rupfend, zog der Geißbock dahin, immer weiter zum Kirchlein,<br />
in dessen hellen Fenstern sich die Sonne spiegelte. Müde geworden,<br />
wollte der Herr der Weide sich einem Kirchenfenster gegenüber zur<br />
Ruhe niedertun, als er stutzte und mit unbehaglichem Staunen sein<br />
Spiegelbild im Fenster sah. Stolz richtete er sich zur vollen Größe auf<br />
und sah, wie mit gleich gravitätischer Haltung der Nebenbuhler im<br />
Fenster ein Gleiches tat. Da senkte er voll Zorn und mit wilder<br />
Drohung sein Gehörn, erboste sich noch einmal, als sein Spiegelbild<br />
dasselbe tat, und mit mächtigem Sprung setzte er hinüber ins<br />
Kirchenfenster und zerfetzte zugleich mit Glas und Sprossenkreuz<br />
des Nebenbuhlers Bild. Als der Bock, noch halb betäubt vom Sturz,<br />
seine Sinne wieder gefunden hatte, spürte er sich in den<br />
Glockenseilen gefangen und riss nun wild und immer wilder an den<br />
Stricken, darob die Dorfglocken lustig ihr Geläut begannen.<br />
Der Küster aber, der schon unterwegs zum Ave-Läuten war, verwunderte<br />
sich nicht schlecht, als ihm der Glocken Ruf entgegenkam und<br />
schloss mit Vorsicht und geheimer Scheu das schwere Schloss des<br />
Glockenturmes auf. Doch kaum ersah der Bock der Freiheit hellen<br />
Schein im offenen Tor, da setzte er erneut zum mächtigen Sprung an,<br />
58 | <strong>700</strong> JAHRE PEPPENKUM<br />
ward auch der Stricke Fesseln los und rannte, prustend wie noch nie,<br />
unter des Küsters Beinen durch, den er, gelähmt von Angst, auf seinen<br />
Rücken nahm. Vorbei am Herrn Pastor, den ebenfalls der Glocken<br />
früher Ruf herbeigelockt, ging wie der Blitz die tolle Fahrt, und nur<br />
des Küsters weher Ruf erreichte noch das Ohr des geistlichen Herrn:<br />
„Grüßen Sie Weib und Kind von mir, Herr Pastor, der Teufel hat mich<br />
jetzt geholt!“ Wie weit der Geißbock noch ging und ob des Küsters<br />
armer Leib noch Schaden nahm, verschweigt der Chronist.<br />
Anmerkung: Diese Erzählung erschien in der Beilage der Saarbrücker<br />
Zeitung – Geschichte und Landschaft der Saar – im April 1950. Es<br />
lässt sich trefflich darüber spekulieren, wer bei welcher Gelegenheit<br />
und wo (z. B. beim Zeitvertreib in einem Handwerksbetrieb oder im<br />
damaligen <strong>Peppenkum</strong>er Gasthaus) diese Geschichte einem<br />
Lokalreporter als wahre Begebenheit aufgetischt hat.<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: <strong>Gemeinde</strong> <strong>Gersheim</strong><br />
Redaktion: verantwortlich für die Zusammenstellung: Wolfgang Degott,<br />
Wolfgang Mann, Silke Schöndorf<br />
Autoren: Dr. Gerhard Mörsch, Rainer Lagall<br />
Layout: Elke Birkelbach, Seyweiler<br />
Druck: Druckerei Wollenschneider, Ensheim<br />
Quellen (Texte und Fotos): <strong>Gemeinde</strong> <strong>Gersheim</strong>, Landesarchiv Saarbrücken,<br />
Privat, S. 41 Ausschnitt aus „Wegekreuze im Saarpfalz-Kreis“, Dr. Bernhard<br />
Becker<br />
Nachdruck und Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des<br />
Herausgebers