Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum
Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum
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INHALTSVERZEICHNIS<br />
Geleitwort des Regens . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />
Karl Kard. Lehmann<br />
Karl Rahner <strong>und</strong> die Ökumene . . . . . . . . . . . 3<br />
Bischof Erwin Kräutler<br />
Das amazonische Gesicht Christi <strong>–</strong> Erfahrungen<br />
eines brasilianischen <strong>Bischofs</strong> . . . . . . . . . . . . 13<br />
Univ.-Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />
Das vereinigte Europa in einer<br />
multikulturellen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Neoingressi im Studienjahr 2002/03 . . . . . . 27<br />
Dr. Beate Kowalski<br />
Geistlicher Impuls zum Herz-Jesu-Fest . . . . . 28<br />
Univ.-Prof. Dr. Edward Walewander<br />
Seliger Kazimierz Gostynski <strong>–</strong> Priester<br />
<strong>und</strong> Pädagoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
Korrespondenzblatt<br />
des Collegium <strong>Canisianum</strong> Innsbruck<br />
Homepage: www.canisianum.at<br />
Eigentümer, Herausgeber <strong>und</strong><br />
für den Inhalt verantwortlich:<br />
Regens des <strong>Canisianum</strong>s<br />
P. Hans Tschiggerl SJ<br />
Tschurtschenthalerstraße 7, 6020 Innsbruck<br />
Tel. (0512) 59 4 63-25 bzw. 26<br />
E-Mail: regens.canisianum@tirol.com<br />
Redaktion:<br />
P. Hans Tschiggerl SJ, Fr. Frank Bayard OT,<br />
Matthias Mondini, Franz Gmainer-Pranzl, Alin Kausch<br />
Die Redaktion dankt all jenen, die an dieser Nummer<br />
des Korrespondenzblattes in irgendeiner Form mitgearbeitet<br />
haben.<br />
Fotos:<br />
P. Hans Tschiggerl SJ, Navin Thengapurackal<br />
Herstellung:<br />
Fred Steiner, 6074 Rinn<br />
Auflage: 1.900 Stück<br />
Heft 2 des Studienjahres 2002/2003, Jahrgang 136<br />
Herzlich Willkommen,<br />
Bischof Dr. Manfred Scheuer . . . . . . . . . . . 33<br />
Chronik: Sommersemester 2003 . . . . . . . . . 34<br />
Impressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Sponsionen <strong>und</strong> Promotionen . . . . . . . . . . . 41<br />
Beauftragungen, Weihen<br />
<strong>und</strong> Ernennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Bischof Ivo Fürer<br />
Nachruf für Altbischof Otmar Mäder . . . . . . 43<br />
Memento mori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
Briefe <strong>und</strong> Grüße aus aller Welt . . . . . . . . . . 47<br />
Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
Wir danken unseren Spendern<br />
<strong>und</strong> Förderern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
Terminkalender WS 2003/04 . . . . . . . . . . . . 59<br />
Offenlegung:<br />
Das „Korrespondenzblatt des <strong>Canisianum</strong>s“ ist ein Kommunikationsorgan<br />
des Collegium <strong>Canisianum</strong> an seine Fre<strong>und</strong>e,<br />
Förderer <strong>und</strong> ehemaligen Studenten. Es erscheint zweimal<br />
im Jahr.<br />
Bankverbindungen:<br />
1. Deutschland, falls keine Spendenquittung erforderlich:<br />
580 362 0590 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />
Bayerische Hypo- <strong>und</strong> Vereinsbank AG, BLZ 700 202 70<br />
2. Deutschland, falls Spendenquittung erwünscht:<br />
580 138 1733 (Oberdt. Provinz SJ/<strong>Canisianum</strong>)<br />
Bayerische Hypo- <strong>und</strong> Vereinsbank AG, BLZ 700 202 70<br />
3. Österreich<br />
616.326 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />
Raiffeisen-Landesbank Tirol, Innsbruck, BLZ 36000<br />
4. oder (Österreich)<br />
850-156-958/00 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />
Bank Austria Creditanstalt, Innsbruck, BLZ 12000<br />
5. Pater-Michael-Hofmann-Stiftung<br />
518-840-200/00 Pater-Michael-Hofmann-Stiftung<br />
Bank Austria Creditanstalt, Innsbruck, BLZ 12000<br />
6. Schweiz<br />
UBS AG 9001 St. Gallen PC 80-2-2<br />
zugunsten <strong>Canisianum</strong>, Pfr. Paul Hutter<br />
Konto 254-LO 274 622.0 254
<strong>Liebe</strong> Canisianer, Altcanisianer,<br />
Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer!<br />
Durch das Studienjahr hindurch<br />
ist es immer wieder eine<br />
besondere Freude, wenn wir<br />
Besuch von Altcanisianern<br />
bekommen. Persönliche Gespräche,<br />
Begegnungen, Erinnerungen<br />
<strong>und</strong> Rückmeldungen<br />
sind wertvolle Hilfen für unseren<br />
Weg hier im <strong>Canisianum</strong><br />
<strong>und</strong> geben uns auch eine<br />
Ahnung von den vielfältigen Erfahrungen im pastoralen<br />
Dienst. Immer wieder gibt es auch kleinere <strong>und</strong> größere<br />
Absolvententreffen im <strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> in den verschiedenen<br />
Ländern <strong>und</strong> Kontinenten, in denen die Canisianer<br />
tätig sind. Erfahrungsaustausch, Rückblick auf den Weg,<br />
Pflege der Fre<strong>und</strong>schaften, das alles ist hilfreich für den<br />
Weg in der Nachfolge Jesu.<br />
Im Juli 2003 konnten wir diese weltweite Gemeinschaft<br />
der Canisianer auf ganz besondere Weise erfahren. 21<br />
Bischöfe <strong>und</strong> 20 Äbte, die im <strong>Canisianum</strong> studiert haben,<br />
waren zwischen 1. <strong>und</strong> 13. Juli eingeladen zu einem<br />
Treffen. So konnten wir in dieser Zeit hohen Besuch im<br />
<strong>Canisianum</strong> begrüßen: Bischof Dr. Johannes Chang<br />
(Chunchon), Bischof Dr. Hubertus Brandenburg, Bischof<br />
Dr. Max-Georg Frhr. von Twickel, Bischof Dr. Ivo Fürer<br />
(St. Gallen), Bischof Dr. Antons Justs (Jelgava), Präl.<br />
Propst Manfred Paas (St. Augustinus), Abt Dr. Gottfried<br />
Hemmelmayr OCist. (Wilhering), Abt Dr. Odilo Lechner<br />
OSB (Abtei St. Bonifaz), Propst Mag. Gerhard<br />
Rechberger CRSA (Vorau), Bischof Dr. Viktor Josef<br />
Dammertz (Augsburg), Bischof Dr. Anthony Banzi<br />
(Tanga), Bischof Dr. Franjo Komarica (Banja Luka),<br />
Bischof Dr. Josef Homeyer (Hildesheim), Msgr. Dr. Iwan<br />
Dacko (Weyarn), Abt P. Dr. Bruno Platter OT, Abt<br />
Dr. Gregor Zasche (Schäftlarn) <strong>und</strong> Bischof Dr. Reinhold<br />
Stecher.<br />
Zum Studientag mit Kardinal DDr. Karl Lehmann<br />
(Mainz), Bischof Josef Homeyer <strong>und</strong> Dr. Heinrich<br />
Neisser haben sich viele Altcanisianer <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e der<br />
Gruppe angeschlossen. Manche, die persönlich nicht<br />
anwesend sein konnten, haben Grüße gesandt: Erzbischof<br />
em. Dr. Elmar Kredel, Bischof Myong-Ok Ahn (Masan),<br />
Altabt Präl. Bertrand Baumann OCist. (Zwettl), Bischof<br />
Dr. Donald W. Trautman (Erie), Erzbischof em. Dr. Henry<br />
Karlen CMM (Bulawayo), Administrator Dr. Janusz<br />
Kaleta (Atyrau), der frühere Diözesanbischof von<br />
Innsbruck <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> des <strong>Canisianum</strong>s Erzbischof Dr.<br />
Alois Kothgasser (Salzburg), Generalvikar Dr. Olaf<br />
Colerus-Geldern (Gurk Klagenfurt), Bischof Mons. Jorge<br />
Alberto Ossa Soto (Florencia Caquetá / Kolumbien),<br />
Bischof Dr. Philip Anyolo (Homa Bay), Bischof em. Dr.<br />
Otmar Mäder (St. Gallen † 25. 4. 2003) <strong>und</strong> Bischof<br />
Dr. Norbert Brunner (Sitten).<br />
Die Begegnungen <strong>und</strong> Gespräche untereinander <strong>und</strong> mit<br />
den Canisianern waren eine wirkliche Stärkung auf dem<br />
Weg <strong>und</strong> ich bin allen sehr dankbar, die an diesem Treffen<br />
teilgenommen haben. Eine verdichtete Erfahrung von<br />
Kirche in unserer Welt war hier bei uns zugegen: Geistlich<br />
geprägte Menschen, die in Dankbarkeit auf die Zeit im<br />
<strong>Canisianum</strong> zurückblicken. Dankbar blicken auch wir<br />
Canisianer nun zurück auf diese intensive Zeit im Haus.<br />
Gerne möchten wir etwas von dieser Erfahrung mit Ihnen<br />
allen teilen.<br />
Diese Ausgabe des Korrespondenzblattes steht im<br />
Zeichen des Konveniats vom Juli 2003 im <strong>Canisianum</strong>.<br />
Am Ende des vergangenen Studienjahres stand das Herz-<br />
Jesu-Fest: Bischof Erwin Kräutler hat uns <strong>und</strong> vielen<br />
Gästen einen engagierten Einblick in das Leben der<br />
Menschen <strong>und</strong> der Kirche in Brasilien gegeben. Dr. Beate<br />
Kowalski hat die geistliche Hinführung zum Fest geleitet.<br />
Beide Texte sind in diesem Heft abgedruckt. Im Verlauf<br />
des Symposiums haben besonders die Referate von Karl<br />
Kard. Lehmann, von Dr. Heinrich Neisser <strong>und</strong> von<br />
Bischof Josef Homeyer in den beiden Studientagen<br />
(9./10. Juli 2003) das Treffen geprägt. Die Bilder im Heft<br />
geben Ihnen Einblicke in ein buntes Programm, das wir<br />
hier gestalten konnten. Die Texte <strong>und</strong> Artikel im Heft<br />
mögen den Austausch, den wir im <strong>Canisianum</strong> gepflegt<br />
haben, verlängern über die Grenzen unseres Hauses hinweg<br />
zu Ihnen in Ihre Arbeit <strong>und</strong> Ihren Dienst in der Welt.<br />
Ich wünsche Ihnen Gottes reichen Segen. Herzlichen<br />
Dank für Ihre Verb<strong>und</strong>enheit mit dem <strong>Canisianum</strong>.<br />
Ihr<br />
P. Hans Tschiggerl SJ, Regens<br />
1
2<br />
Antons Justs, Reinhold Stecher, Johannes Chang Yik, Antony Banzi, Max-Georg Frhr. von<br />
Twickel, Hubert Brandenburg, Propst Gerhard Rechberger<br />
Bischöfe: Franjo Komarica, Johannes Chang Yik, Hubert Brandenburg, Antony Banzi,<br />
Max-Georg Frhr. von Twickel (in der 2. Reihe: PP. Josef Thorer SJ, Friedrich Prassl SJ, Michael<br />
Meßner SJ, Bernhard Bürgler SJ)
Karl Kardinal Lehmann<br />
Karl Rahner <strong>und</strong> die Ökumene<br />
Studientag im Collegium <strong>Canisianum</strong> am 10. Juli 2003 in Innsbruck<br />
Karl Kardinal Lehmann<br />
I.<br />
Karl Rahner, dessen 100. Geburtstag wir im<br />
Frühjahr 2004 feiern werden, gehört zweifellos zu<br />
den bedeutendsten Theologen des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
auf katholischer Seite. Am meisten bekannt wurde<br />
er durch sein bohrendes Fragen in theologischen<br />
Gr<strong>und</strong>fragen, das freilich nie ohne eine Antwort<br />
blieb. Er war im klassischen Sinn des Wortes Dogmatiker,<br />
d.h. er vertrat die Darlegung der Lehre des<br />
katholischen <strong>Glaube</strong>ns. Aber von diesem Zentrum<br />
aus hat er fast allen theologischen Disziplinen neue<br />
Impulse gegeben. Dies gilt z. B. für die Ethik <strong>und</strong><br />
ganz besonders für die Praktische Theologie, aber<br />
es hat auch Gültigkeit für das Kirchenrecht <strong>und</strong> die<br />
Sozialethik. Dadurch dass Karl Rahner durch seine<br />
wissenschaftsorganisatorischen Fähigkeiten, vor<br />
allem durch die Herausgabe großer Lexika <strong>und</strong><br />
Handbücher, immer wieder mit allen theologischen<br />
Fächern zu tun hatte, war er auch mit den<br />
wichtigsten Erkenntnissen vertraut. Auch da, wo er<br />
eher nützliche Einsichten anderer aufgenommen<br />
hat, wie z. B. in der Exegese <strong>und</strong> aus der Kirchen-<br />
geschichte, hat er neue Anstöße <strong>und</strong> Anregungen<br />
gegeben.<br />
In ähnlicher Weise gilt dies auch für die Ökumenische<br />
Theologie. Nun ist dies natürlich ein später<br />
<strong>und</strong> spezieller Begriff für eine Sache, die auch<br />
unter anderen Titeln geleistet wird. Es ist die theologische<br />
Reflexion auf die Voraussetzungen,<br />
Prinzipien <strong>und</strong> Ziele der Ökumene. Die Ökumenische<br />
Theologie hat sich aus der Kontrovers-Theologie<br />
heraus entwickelt. Diese ist primär an der<br />
Auseinandersetzung mit Andersgläubigen <strong>und</strong> an<br />
der kirchentrennenden Lehre <strong>und</strong> Lebenspraxis<br />
orientiert.<br />
Im Laufe der ökumenischen Bemühungen des<br />
20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist der Begriff der Kontrovers-<br />
Theologie zurückgetreten. Man hat die konfessionell<br />
verschiedenen Sprach- <strong>und</strong> Denkformen sowie<br />
die Lehrdifferenzen nicht mehr einfach gegeneinander<br />
gestellt, sondern sie in ihrem Verhältnis<br />
zueinander aufzuarbeiten versucht. Dabei ist die<br />
Frage entstanden, wie weit Verschiedenheiten<br />
zwischen den Kirchen einen legitimen Pluralismus<br />
widerspiegeln oder doch noch kirchentrennende<br />
Unterschiede existieren. Wie weit beim Stand<br />
der Ökumene der Begriff Kontrovers-Theologie<br />
überhaupt noch sinnvoll ist, kann deshalb offen<br />
bleiben.<br />
Wir reden jedenfalls heute sehr viel mehr von Ökumenischer<br />
Theologie. 1 Diese enthält natürlich die<br />
klassischen Themen der Kontrovers-Theologie<br />
(z. B. Schrift <strong>und</strong> Tradition, Rechtfertigung,<br />
Kirche, Amt, Sakramente, Autorität, Unfehlbarkeit<br />
usw.), beschäftigt sich aber zunehmend auch mit<br />
ethischen Gr<strong>und</strong>fragen in individueller <strong>und</strong> sozialer<br />
Hinsicht. Immer wichtiger sind die Zielvorstellungen<br />
der Einheit der Kirche geworden, nämlich<br />
die Frage, welche Modelle für eine Einheit<br />
maßgebend sind. 2<br />
Von der Ökumenischen Theologie wird gewöhnlich<br />
die Konfessionsk<strong>und</strong>e unterschieden, die die<br />
Kenntnis von Geschichte, Leben <strong>und</strong> Lehre der<br />
Konfessionen vermittelt. 3 Sie ist so etwas wie eine<br />
Ökumenische Realienk<strong>und</strong>e, die freilich in der<br />
3
heutigen Ökumenischen Theologie keinen wichtigen<br />
Stellenwert besitzt, was man bedauern muss.<br />
Methodisch bedient sich die Ökumenische<br />
Theologie der neueren Exegese, Dogmen- <strong>und</strong><br />
Theologiegeschichte, aber auch der anderen theologischen<br />
Disziplinen, wie Liturgiewissenschaft.<br />
Durch die Arbeit der Ökumenischen Theologie<br />
haben sich in bisher strittigen Lehr- <strong>und</strong> Lebensfragen<br />
Konvergenzen <strong>und</strong> Konsense eröffnet <strong>und</strong><br />
entwickelt. In allen Kirchen <strong>und</strong> Konfessionen<br />
haben sich dafür zu unterschiedlichen Zeiten<br />
innerhalb <strong>und</strong> außerhalb der Universitäten Lehrstühle<br />
<strong>und</strong> Institute errichten lassen, die diese Aufgabe<br />
Ökumenischer Theologie in Abhebung von<br />
anderen Disziplinen <strong>und</strong> zugleich in Kooperation<br />
mit ihnen betreiben.<br />
Karl Rahner hat sich nie mit einer solchen Ökumenischen<br />
Theologie im Sinne einer spezifischen<br />
Disziplin beschäftigt. Es gab auch kein solches<br />
Institut im Umkreis seiner akademischen Lehrtätigkeit.<br />
Dies ist vielleicht auch der Gr<strong>und</strong>, warum<br />
man bisher die ökumenische Bedeutung der<br />
Rahnerschen Theologie sehr wenig oder kaum<br />
untersucht hat. Es gibt zwar wissenschaftliche<br />
Untersuchungen über Karl Rahner aus dem ökumenischen<br />
Raum, aber eben auch hier geht es<br />
weniger um spezifisch ökumenische Fragestellungen.<br />
Dies ist eigentlich erstaunlich, denn zweifellos<br />
ist die ökumenische Dimension mehr <strong>und</strong><br />
mehr im Ganzen der Theologie Karl Rahners in<br />
den Vordergr<strong>und</strong> getreten <strong>und</strong> gewichtiger geworden.<br />
Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass<br />
der ökumenische Gesichtspunkt nicht nur in einem<br />
eigenen Fach konzentriert wurde, sondern als eine<br />
durchlaufende Perspektive so gut wie allen theologischen<br />
Disziplinen eigen ist. Dabei muss man<br />
natürlich auch Rahners theologiegeschichtlichen<br />
Ort im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert genauer betrachten <strong>und</strong> die<br />
jeweiligen Entwicklungsstadien der Theologie,<br />
gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Ökumene,<br />
im Auge behalten. Lehrstühle <strong>und</strong> Institute für<br />
Ökumenische Theologie gab es relativ spät.<br />
4<br />
II.<br />
Darum mag es zunächst im Sinne einer ersten<br />
Hinführung notwendig sein, so etwas wie verschiedene<br />
Etappen <strong>und</strong> Phasen von Rahners<br />
Beschäftigung mit der Ökumene darzustellen.<br />
Denn zweifellos gibt es hier relativ starke <strong>und</strong><br />
gewichtige Einschnitte. 4<br />
Es gibt mehrere Verzeichnisse von gelesenen<br />
Büchern aus Rahners Studienzeit, nämlich aus den<br />
Jahren 1928 bis 1933/34. Unter fast 400 Titeln findet<br />
sich keine Veröffentlichung aus dem Bereich<br />
der reformatorischen Theologie. Dies ist auch<br />
nicht verw<strong>und</strong>erlich, denn Karl Rahner hatte vor<br />
allem in der Ordenshochschule der Jesuiten in<br />
Valkenburg (Holland) eine klassische theologische<br />
Ausbildung, die sich damals auf den Umfang der<br />
katholischen Themen beschränkte. Es zeigt, wie<br />
der Ausgangspunkt der damaligen Ausbildung <strong>und</strong><br />
Studien weit entfernt war von dem, was man heute<br />
Ökumenische Theologie nennt.<br />
Eine erste Veröffentlichung ökumenischen Inhalts<br />
stellt der Aufsatz „Die deutsche protestantische<br />
Christologie der Gegenwart“ dar, den Karl Rahner<br />
im Jahr 1936 publizierte. 5 Er konzentriert sich auf<br />
die protestantische Handbuch-Literatur. Aufschlussreich<br />
sind hier verwendete Kategorien einer<br />
Christologie „von unten“, „von oben“, 6 auch wenn<br />
sich keine unmittelbare Beziehung zum Spätwerk<br />
ergibt. Der Beitrag bleibt etwas schematisch <strong>und</strong><br />
wirkt wie ein in Auftrag gegebener Literaturbericht,<br />
der etwas zusammenhanglos im<br />
Frühwerk steht. Aufschlussreich in diesem Zusammenhang<br />
ist die an diesen Text anknüpfende Einordnung<br />
des eigenen f<strong>und</strong>amentaltheologischen<br />
Entwurfs unter dem Titel „Hörer des Wortes“<br />
(1941) 7 in dem Beitrag „Religionsphilosophie <strong>und</strong><br />
Theologie“ aus dem Jahr 1937. 8 Dies ist ein<br />
Aufriss der Gedankengänge bei den Vorlesungen<br />
<strong>und</strong> Seminaren der Salzburger Hochschulwochen<br />
vom 10. bis 28. August 1937, liegt also noch relativ<br />
nahe am Bericht über die deutsche protestantische<br />
Christologie der Gegenwart. Er sieht seine<br />
eigene Religionsphilosophie als „eine höhere<br />
Synthese zwischen den beiden Gr<strong>und</strong>typen protestantischer<br />
Religionsphilosophie“, die er einerseits<br />
in den Linien von Schleiermacher <strong>und</strong> Ritschl <strong>und</strong><br />
in der dialektischen Theologie anderseits, vor<br />
allem im Ansatz von Karl Barth, erblickt.<br />
III.<br />
Diese erste Phase wirkt im Blick auf die Ökumene<br />
noch relativ schematisch <strong>und</strong> wenig interessiert an<br />
zentralen ökumenischen Fragestellungen. Dies<br />
ändert sich jedoch gr<strong>und</strong>legend mit dem großen<br />
Aufsatz „Theos im Neuen Testament“ aus dem<br />
Jahr 1942. 9 Dieser Beitrag ist in vieler Hinsicht<br />
einzigartig. Zunächst ist erstaunlich, wie viel Karl<br />
Rahner aus dem Theos-Artikel des „Theologischen
Wörterbuchs zum Neuen Testament“ einfach referiert.<br />
10 Es ist auch bemerkenswert, dass Karl<br />
Rahner sich hier, wie damals relativ selten in der<br />
katholischen Dogmatik, sehr intensiv auf den biblischen<br />
Gehalt einlässt. Es gibt kaum ähnliche<br />
Beispiele in dieser Zeit. Karl Rahner denkt damals<br />
sehr nach über einen neuen Plan einer großen<br />
Dogmatik, so dass er immer auch Überlegungen<br />
über die Folgen solcher Erkenntnisse vor Augen<br />
hat. So schreibt er: „Doch bietet die Arbeit vielleicht<br />
auch so die eine oder andere Anregung für<br />
eine bessere bibeltheologische F<strong>und</strong>ierung unserer<br />
üblichen dogmatischen Traktate ‚De Deo uno‘, die<br />
ja meist bloß Philosophie mit ein wenig Schrift<br />
garniert sind.“ 11 Eine nähere Untersuchung könnte<br />
auch zeigen, wie sehr damals ein solches theologisches<br />
Vorgehen z. B. im berühmten Gröber-<br />
Memorandum abschätzig beurteilt wird. Eine solche<br />
Bezugnahme auf reformatorische Theologie<br />
wird geradezu beklagt. Rahners Antwort auf das<br />
Memorandum „Theologische <strong>und</strong> philosophische<br />
Zeitfragen im katholischen deutschen Raum“ 12 ist<br />
deutlich. Rahner sieht hier keinen Gr<strong>und</strong> zu einer<br />
übertriebenen Sorge gegenüber dem Einfluss der<br />
protestantischen Dogmatik auf die katholische<br />
<strong>Glaube</strong>nslehre. Er stellt auch sehr bewusst die Notwendigkeit<br />
exegetischer Arbeit heraus <strong>und</strong> fordert,<br />
„dass das Interesse an der Exegese <strong>und</strong> Bibeltheologie<br />
unter den deutschen katholischen Theologen<br />
noch größer sein dürfte, als es tatsächlich ist“. 13<br />
Dieser Beitrag Rahners aus dem Jahr 1943 scheint<br />
mir zu belegen, dass Karl Rahner prinzipiell eine<br />
stärkere exegetische Gr<strong>und</strong>lage der Dogmatik fordert<br />
<strong>und</strong> dadurch fast von selbst einer ökumenischen<br />
Gemeinsamkeit näher kommt. Dies wird ja<br />
auch im schon genannten Aufriss der Dogmatik,<br />
der in derselben Zeit weiter bearbeitet wird, deutlich.<br />
Rahner weist ausdrücklich darauf hin, dass<br />
man diese Exegese nicht nur bei den eigenen Theologen<br />
lerne, sondern auch „am Zaun“ bleiben<br />
müsse, um hinüberzuschauen <strong>und</strong> miteinander zu<br />
reden. 14<br />
Die Aufsätze der Folgezeit, die von 1948 bis 1962<br />
reichen, also bis zum Konzilsbeginn, zeigen<br />
zunächst einmal, dass die Zeit des Nationalsozialismus<br />
<strong>und</strong> des Zweiten Weltkrieges auch für<br />
Rahner eine neue ökumenische Erfahrung <strong>und</strong> eine<br />
andere Qualität der ökumenischen Beziehungen<br />
gebracht hat. Dies ist ja ein allgemeines Kennzeichen<br />
der damaligen Zeit. So erklärt sich z. B.<br />
auch der keineswegs selbstverständliche Zusammenschluss<br />
von Christen verschiedener Konfessionen<br />
zu einer christlich motivierten Partei, der<br />
Franz Gmainer-Pranzl moderiert den Studientag mit<br />
Karl Kardinal Lehmann<br />
CDU bzw. CSU. Dies ist zweifellos auch ein<br />
Element, das für die stärkere Ausprägung der Ökumenischen<br />
Theologie in Rechnung gestellt werden<br />
kann. Die gemeinsame Erfahrung von Diktatur<br />
<strong>und</strong> Unrecht ließ die Christen näher zusammenrücken.<br />
In diesem Sinne hat Karl Rahner auch die<br />
bekannte Instruktion des Heiligen Officium vom<br />
20. Dezember 1949 als ein „bedeutsames Dokument“<br />
interpretiert, nämlich als Erlaubnis zum<br />
Weitergehen auf dem ökumenischen Weg, von<br />
dem er sagt: „Rom aber will, dass diese Bewegung<br />
weitergeht.“ 15 Rahner ist fest überzeugt, dass Gott<br />
selbst dieses Werk der Ökumenischen Bewegung<br />
begonnen hat <strong>und</strong> dass er eines Tages von uns<br />
Rechenschaft verlangen wird über das, was wir<br />
damit geschaffen haben. Rom ist also keineswegs<br />
nur misstrauisch <strong>und</strong> abwehrend, wie es nach der<br />
Mahnung vom 5. Juni 1948 16 aussah. Diese deutlich<br />
nach vorne weisenden Äußerungen Rahners<br />
lassen sich auch in anderen Texten dieser Zeit<br />
leicht finden, so z. B. in der Besprechung von Karl<br />
Adams Werk „Una Sancta in katholischer Sicht“<br />
(Düsseldorf 1948). So heißt es dort: „Sind wir<br />
Katholiken den getrennten Brüdern gegenüber<br />
nicht zu sehr theoretisch <strong>und</strong> zu vorsichtig, müssten<br />
wir nicht mit dem Mut der <strong>Liebe</strong>, die sich nicht<br />
vor Enttäuschung fürchtet, in all den disziplinären<br />
Dingen, die die Einigung erschweren, deutlicher<br />
<strong>und</strong> greifbarer entgegenkommen, jetzt schon <strong>und</strong><br />
nicht erst, wenn es sicher ist, dass die Entäußerung<br />
der <strong>Liebe</strong> auf der anderen Seite ihr eindeutiges<br />
Echo findet! ... Können wir auch <strong>–</strong> menschlich<br />
gesehen <strong>–</strong> in nächster Zukunft keine Einheit aller<br />
deutschen Christen in der einen heiligen Kirche<br />
hoffen, so wäre es dennoch für alle eine furchtbare<br />
5
Verantwortung, wenn wir die neuen Ansätze der<br />
letzten Jahre wieder in Gleichgültigkeit verdorren<br />
ließen <strong>und</strong> nicht alles täten, in Gebet, Theologie<br />
<strong>und</strong> Leben, was wir selber tun können, damit Gott<br />
uns Sündern die Gnade der einen Kirche aller<br />
Christen schenke.“ 17 Es ist auch bezeichnend, dass<br />
Rahner hier wiederum die Frage der Beurteilung<br />
Luthers, die offenbar mit dem großen Werk von J.<br />
Lortz „Die Reformation in Deutschland“ (2 Bände,<br />
Freiburg 1939) zusammenhängt, 18 <strong>und</strong> vor allem<br />
das Problem der Ergebnisse der neueren Exegese<br />
bewegt: „Gibt es nur eine Annäherung zwischen<br />
den deutschen Christen über Luther <strong>und</strong> seine<br />
Position oder auch, davon in etwa unabhängig,<br />
über die neuere Bibeltheologie auf beiden<br />
Seiten?“ 19<br />
6<br />
IV.<br />
Diese Ansätze, die aus den kleineren Arbeiten dieser<br />
Jahre noch verstärkt werden könnten, werden<br />
aber schon gegen Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
durch eine wichtige ökumenische Aktivität verstärkt.<br />
Der neue Paderborner Erzbischof Lorenz<br />
Jaeger, der selber aus einer konfessionsverschiedenen<br />
Ehe stammte, hat besonders im Zusammenhang<br />
mit seiner <strong>Bischofs</strong>weihe am 19. Oktober 1941<br />
<strong>und</strong> bald danach durch ein Votum für die Deutsche<br />
<strong>Bischofs</strong>konferenz sich für eine intensivere ökumenische<br />
Tätigkeit eingesetzt. Er hat dafür auch<br />
ein Programm mit der gr<strong>und</strong>sätzlichen Zustimmung<br />
der Deutschen <strong>Bischofs</strong>konferenz entworfen<br />
<strong>und</strong> in ihr eine eigene Zentralstelle mit einem<br />
Referat verlangt. Die Texte für diese Aktivitäten<br />
sind erhalten. 20 Darin heißt es aus dem Jahr 1943:<br />
„Zur Beratung <strong>und</strong> Durchführung aller dieser<br />
Aufgaben berufen die Hochwürdigsten Herren<br />
Erzbischöfe <strong>–</strong> gemeint von Paderborn <strong>und</strong> Wien <strong>–</strong><br />
einen Arbeitskreis (Studien-Kommission). Diesem<br />
Arbeitskreis werden Fachleute angehören, die in<br />
der ökumenischen Arbeit bewandert sind <strong>und</strong> über<br />
den Stand der Frage in ihrem Bereich berichten<br />
können, ferner bereit sind, ihrem Fach entsprechende<br />
Gutachten auszuarbeiten. <strong>–</strong> Die Mitarbeiter<br />
des Arbeitskreises besprechen sich je nach<br />
Notwendigkeit, wenigstens aber einmal im Jahr.<br />
Der Ort der Zusammenkunft wird jeweils bekannt<br />
gegeben.“ 21 Die Fuldaer <strong>Bischofs</strong>konferenz hat<br />
am 18. August 1943 diese Anregungen aufgegriffen<br />
<strong>und</strong> fast wörtlich beschlossen.<br />
Dieser Arbeitskreis traf sich zum ersten Mal im<br />
Januar 1944. Zu ihm gehörten u. a. Paul Simon,<br />
Robert Grosche, Romano Guardini <strong>und</strong> Karl<br />
Rahner. Sie schlossen sich zu einer „Arbeitsgemeinschaft<br />
zum Studium der die Wiedervereinigung<br />
betreffenden Fragen“ zusammen. Wegen<br />
der Kriegsereignisse konnte diese Arbeit zunächst<br />
nicht fortgesetzt werden. Auf katholische Initiative<br />
hin ist dann im Winter 1945/46 zwischen dem<br />
Erzbischof von Paderborn <strong>und</strong> dem evangelischen<br />
Bischof Wilhelm Stählin, früher Pastoraltheologe<br />
in Münster, in Oldenburg vereinbart worden, eine<br />
regelmäßige „Konferenz katholischer <strong>und</strong> evangelischer<br />
Theologen zur Erörterung kontrovers-theologischer<br />
Fragen“ zu gründen. 22 Im April 1946<br />
wurden zwei gleichberechtigte Arbeitskreise gegründet,<br />
die miteinander in Austausch treten sollten.<br />
Über die Anfangsjahre des Arbeitskreises<br />
braucht hier nicht berichtet zu werden. 23 Dieser<br />
Kreis hatte immer die Billigung beider Kirchenleitungen.<br />
Rahner war von Anfang an Mitglied.<br />
Dieser Arbeitskreis hat in den ersten Jahrzehnten<br />
sehr diskret getagt. Die einzelnen Referenten<br />
konnten auf ihre eigene Entscheidung hin ihre<br />
Referate veröffentlichen. Es gab jedoch keine<br />
Dokumentation der Tagungen <strong>und</strong> auch keine<br />
öffentlichen Stellungnahmen. So sind viele Vorträge<br />
gedruckt, ohne dass ihre Herkunft immer im<br />
Blick auf den ursprünglichen Zweck eines Referates<br />
erkennbar wird. Vom Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils her war es, wie sich später herausstellte,<br />
ganz besonders nützlich, dass wichtige Theologen<br />
aus dem deutschen Sprachgebiet sich über 15 Jahre<br />
bei ihren Tagungen nicht nur sachlich austauschten,<br />
sondern auch sich in einem geistlich <strong>und</strong> liturgisch<br />
geprägten Rahmen persönlich gut kennen<br />
lernten. Dies waren besonders günstige Voraussetzungen<br />
für ein fruchtbares Zusammenwirken<br />
der katholischen Bischöfe <strong>und</strong> Theologen mit den<br />
Konzilsbeobachtern <strong>und</strong> Gästen während des<br />
Zweiten Vatikanischen Konzils.<br />
Auch Karl Rahner hat in diesen Jahren im Ökumenischen<br />
Arbeitskreis eine engere Zusammenarbeit<br />
mit evangelischen Theologen gef<strong>und</strong>en.<br />
Aus dieser Zeit stammt auch die engere Fre<strong>und</strong>schaft<br />
mit Hermann Volk <strong>und</strong> Heinrich Fries.<br />
Wenn man sich anhand der Listen über die<br />
Tagungen <strong>und</strong> Referate einen Überblick verschafft,<br />
so hat Karl Rahner wohl von der 4. Tagung im<br />
Januar 1948 bis zur 33. Tagung im März 1972 mindestens<br />
acht Referate gehalten, die zum größten<br />
Teil veröffentlicht sind. 24 Die Themen sind aufschlussreich:<br />
Der Apostolat, Zur Geschichte <strong>und</strong><br />
Theologie des Bußsakramentes, Die Gegenwart<br />
Christi im Sakrament des Herrenmahles, Was ist
Kard. Lehmann im Gespräch mit der Sekretärin von<br />
P. Karl Rahner SJ<br />
eine dogmatische Aussage?, Kirche <strong>und</strong> Parusie<br />
Christi, Die Sünde Adams, Das kirchliche Lehramt<br />
in der heutigen Autoritätskrise, Über die<br />
Verborgenheit Gottes.<br />
An diesen Aufsätzen lässt sich ein wichtiges<br />
Element der theologischen Methode erkennen, das<br />
mindestens diese ökumenisch orientierten Arbeiten<br />
Rahners kennzeichnet. Sie gehen nicht davon aus,<br />
direkte kontrovers-theologische Meinungsverschiedenheiten<br />
ins Auge zu fassen. Rahner befasst<br />
sich auch kaum mit ökumenischen Konsensdokumenten.<br />
Insofern nimmt er die üblichen Wege<br />
der ökumenischen Methode nicht in Anspruch. 25<br />
Dies mag überraschen, kennzeichnet aber gerade<br />
seine eigene Methode der Annäherung an ökumenische<br />
Probleme. Er erweist sich in dieser Fragestellung<br />
zunächst als durch <strong>und</strong> durch katholischer<br />
Theologe. Immer geht es eigentlich darum, dass er<br />
die befragten katholischen Positionen tiefer angeht<br />
<strong>und</strong> aus den Gr<strong>und</strong>sätzen her neu bedenkt. So<br />
gewinnt er nicht nur vertiefte katholische Positionen,<br />
sondern er macht diese transparenter <strong>und</strong><br />
plausibler, zugleich aber springen Gemeinsamkeiten<br />
auf, an die man vorher vielleicht gar nicht<br />
dachte. Die Vertiefung <strong>und</strong> Erneuerung der eigenen<br />
Überzeugungen schafft also eine ökumenische<br />
Weite, die zwar ganz von der katholischen Theologie<br />
her entworfen ist, aber eben tatsächlich auch<br />
noch den Partner der anderen Seite erreicht. Man<br />
könnte dies gut aufzeigen an den Beispielen der<br />
Realpräsenz <strong>und</strong> der Transsubstantiation in der<br />
Eucharistie, am Verständnis von Kirche <strong>und</strong><br />
Lehramt, von Bußsakrament <strong>und</strong> Erbsünde.<br />
Deswegen lesen sich diese Aufsätze immer wieder<br />
als „normale“ Beiträge zur katholischen<br />
Theologie, in Wirklichkeit aber haben sie einen<br />
eminenten ökumenischen Gehalt. Darum sind auch<br />
viele andere Beiträge Rahners, die weniger einen<br />
solchen ökumenischen Ursprung haben oder nicht<br />
unmittelbar einer ökumenischen Zielsetzung dienen,<br />
mehr als belangvoll für die Annäherung der<br />
Christen.<br />
Bei manchen Themen spielt es gewiss eine größere<br />
Rolle, dass Rahner sich ihnen im Verlauf seiner<br />
akademischen Lehrtätigkeit stärker gewidmet hat.<br />
Dies gilt für alle Fragen der Gnadenlehre, in der ja<br />
so etwas wie die Mitte seiner Theologie 26 ist. In<br />
diesen Kontext gehört Rahners Plädoyer für das<br />
Rechtfertigungsbuch von Hans Küng. 27 Dieser<br />
Beitrag ist ein besonders einleuchtendes Exempel<br />
dafür, wie Küngs Buch zum Anlass wird, die eigene<br />
Position zu vertiefen, woraus dann auch mehr<br />
ökumenischer Konsens zur Sache folgt. Dass dabei<br />
auch zentrale Fragen an Hans Küng gestellt werden,<br />
darf man nicht vergessen. Ähnliches gilt wiederum<br />
in Richtung der reformatorischen Kirchen,<br />
wenn Karl Rahner sich mit den Büchern von M.<br />
Lackmann zur reformatorischen Rechtfertigungslehre<br />
<strong>und</strong> von H. Asmussen zur Marienverehrung<br />
befasst. 28<br />
V.<br />
Eine neue Qualität gewinnt Karl Rahners<br />
Bemühen um ökumenische Probleme nach dem<br />
Zweiten Vatikanischen Konzil. Immer stärker<br />
wendet er sich nun ganz direkt dem Thema der<br />
Kircheneinigung zu. Dabei neigt Karl Rahner<br />
mehr <strong>und</strong> mehr auch einer ziemlich „pragmatischen“<br />
Fragestellung zu, was ja in der akademischen<br />
ökumenischen Theologie gewöhnlich nicht<br />
der Fall war <strong>und</strong> ist. Man kann diese Orientierung<br />
auch gut erkennen in dem wichtigen Festvortrag<br />
„Löscht den Geist nicht aus“ am 1. Juni 1962, also<br />
dem Vorabend des Zweiten Vatikanischen Konzils,<br />
auf dem Österreichischen Katholikentag: „Wir<br />
dürfen in ökumenischen Fragen beispielsweise<br />
nicht fragen: Was müssen wir den getrennten<br />
Brüdern zugestehen, sondern: Wie schöpfen wir<br />
alle nur sinnvollen, von unserem christlich-katholischen<br />
Gewissen nur irgendwie denkbaren Möglichkeiten<br />
eines Entgegenkommens aus, mutig <strong>und</strong><br />
unbekümmert, weil wir uns heute einfach nicht<br />
mehr leisten können, da weniger zu tun, um der<br />
7
Einheit der Christen wenigstens näher zu kommen.“<br />
29 Rahner akzentuiert <strong>und</strong> schärft diese<br />
Aspekte im Lauf der kommenden Jahre noch<br />
zusätzlich an.<br />
Ein Schlüsseltext für das gesamte Thema sind die<br />
Vorlesungen, die Karl Rahner unter dem Titel „Zur<br />
Theologie des ökumenischen Gesprächs“ in<br />
Skandinavien während des Jahres 1968 gehalten<br />
hat. 30 Sie geben wohl die tiefste <strong>und</strong> am meisten<br />
reflektierte Einsicht in Rahners reife ökumenische<br />
Theologie. So heißt es am Anfang: „Wir müssen in<br />
einer ökumenischen Theologie also darüber nachdenken,<br />
wie sie deshalb möglich ist, weil es sie<br />
faktisch vor einer reflexiven Einsicht in ihrer<br />
Möglichkeit schon als Wirklichkeit gibt.“ 31 Bald<br />
darauf sagt er: „Die letzte Voraussetzung der ökumenischen<br />
Theologie ist die in <strong>Hoffnung</strong> ergriffene<br />
Einheit eines schon auf beiden Seiten bestehenden<br />
selben, aber der Theologie samt dem begrifflich<br />
ausgesagten Bekenntnis noch vorgängigen<br />
<strong>Glaube</strong>ns in der rechtfertigenden Gnade.“ 32 Dieses<br />
Prinzip ist tragend in allen späteren Arbeiten. Es ist<br />
natürlich eine Konsequenz von Rahners Gnadenlehre.<br />
Dieser Ansatz hat im Werk Karl Rahners viele<br />
Komponenten. Ganz gewiss liegt darin, wie soeben<br />
schon erwähnt, eine gnadentheologische Gr<strong>und</strong>überzeugung,<br />
dass nämlich <strong>–</strong> wie beim anonymen<br />
Christen <strong>–</strong> die Gnade Gottes schon in vielen Bereichen<br />
oft verborgen am Werk ist, als wir es in der<br />
„kategorialen“ Realisierung wahrnehmen können.<br />
Dies hat auch etwas damit zu tun, dass im<br />
Spätwerk Rahners, besonders in manchen Phasen,<br />
die man auch an anderen Themen beobachten<br />
kann, das transzendentale Element einen Vorrang<br />
erhält gegenüber dem Kategorialen. Zugleich wird<br />
aber auch Rahners Betrachtung auf manche<br />
Strecken beinahe so etwas wie eine „religionssoziologische<br />
Betrachtung“ der faktischen Situation<br />
der Gläubigen. So kann er z. B. zu Aussagen kommen,<br />
z. B. „dass die amtlichen <strong>und</strong> offiziellen<br />
Gründe der Kirchentrennung religionssoziologisch<br />
bei den verschiedenen Kirchenvölkern nicht oder<br />
fast nicht bekannt sind <strong>und</strong> dass die faktisch religionssoziologisch<br />
kirchentrennenden Gründe theologisch<br />
<strong>und</strong> amtlich größtenteils irrelevant sind“. 33<br />
Rahner will damit nicht die Wahrheitsfrage relativieren,<br />
aber er will genauer den faktischen Bef<strong>und</strong><br />
ausleuchten. 34 Wenn die Theologie die Fragen der<br />
säkularen Welt <strong>und</strong> die Herausforderung des<br />
Christen in der Substanz aufnimmt, also immer<br />
mehr auch ihre künftige Herausforderung ins Auge<br />
8<br />
fasst, dann stimmt ihre Orientierung. 35 Immer<br />
mehr verknüpft sich die Zukunft der Theologie<br />
überhaupt für Karl Rahner mit der künftigen Gestalt<br />
eines gemeinsamen ökumenischen Bemühens<br />
um die Präsenz des Christentums in der modernen<br />
Welt.<br />
VI.<br />
An dieser Stelle kommen viele Gesichtspunkte <strong>und</strong><br />
Perspektiven zusammen. Wie in einem Brennpunkt<br />
bilden sie eine neue Sicht. Es ist nicht ganz<br />
leicht, diese Elemente auf einen Nenner zu<br />
bringen.<br />
Wir sprachen schon davon, dass Karl Rahner nicht<br />
zuletzt aufgr<strong>und</strong> seiner Theologie der Gnade die<br />
Überzeugung vertrat, dass durch die Wirksamkeit<br />
der Gnade Gottes schon vor unseren menschlichen<br />
Bemühungen auf die Einheit der Kirche drängende<br />
<strong>und</strong> sie anfangshaft auch schon realisierende<br />
Elemente am Werk sind. Dies schafft natürlich eine<br />
starke Zuversicht vom bereits wirksamen Eingreifen<br />
Gottes auf dem Weg zur Einheit der Kirche.<br />
„Es gibt viel mehr Dinge, die uns mit diesem<br />
Christen vereinen, als es trennende Aspekte gibt ...<br />
Deshalb können wir jederzeit zu unseren protestantischen<br />
Brüdern sagen, dass wir mit ihnen in der<br />
sichtbaren Einheit der katholischen Kirche vereint<br />
sein wollen, da wir ja wissen bzw. hoffen, eins zu<br />
sein im Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem<br />
Herrn <strong>und</strong> Heiland, <strong>und</strong> in der Taufe <strong>und</strong> der<br />
Gnade des Heiligen Geistes.“ 36 Aber es sind auch<br />
andere, fast gegenläufige Motive. Rahner ist der<br />
Überzeugung, dass mit der üblichen Einstellung<br />
<strong>und</strong> Erwartung eines Lehrkonsenses auf längere<br />
Sicht keine wirkliche Einheit erreichbar ist:<br />
„Zunächst strebt man dogmatisch einen Konsens<br />
an, der konkret nicht zu erzielen ist <strong>und</strong> auch in<br />
weiteren 10, 15 Jahren nicht erzielt werden kann;<br />
zweitens hat Rom kirchenrechtlich, also von der<br />
Kirchenverfassung her, noch nie deutlich erklärt,<br />
dass eine wirkliche Kircheneinigung nicht die radikale<br />
Homogenisierung aller Kirchen unter Rom<br />
bedeutet <strong>und</strong> bedeuten muss.“ 37 Schließlich ist<br />
Rahner der festen Überzeugung, dass ein solcher<br />
Konsens auch gar nicht erreicht werden muss.<br />
„Einheit in der Vielfalt“ versteht er als eine<br />
Pluralität von einzelnen „Teilkirchen“, zu denen<br />
z. B. die römisch-katholische Kirche in ihrer jetzigen<br />
Struktur <strong>und</strong> in ihrem Lebensstil, eine mit<br />
Rom unierte Ostkirche mit ihrer eigenen Tradition<br />
<strong>und</strong> schließlich eben doch die evangelischen
Kirchen, wie immer dies noch genauer verstanden<br />
wird, gehören würden. Aufgr<strong>und</strong> dieser Gesamtschau<br />
ist Rahner der Überzeugung, man könne <strong>und</strong><br />
müsse auf dem Weg zur Einheit der Kirche entschiedener<br />
vorangehen.<br />
Rahner wird auf diesem Weg immer ungeduldiger.<br />
So heißt es in einem Artikel anlässlich des<br />
Reformationsjubiläums, dass „die Kirchen auf<br />
allen Seiten auch heute faktisch noch nicht den<br />
Willen zur Einheit (haben), den sie haben müssten“.<br />
38 Die Trennung sei im faktischen Bewusstsein<br />
das, was stillschweigend doch eher als das<br />
Selbstverständliche empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vorausgesetzt<br />
wird. Wie an anderer Stelle spricht er davon, der<br />
Mut zum Wagnis sei der einzig mögliche Tutiorismus.<br />
Es sei auf allen Seiten noch <strong>–</strong> oft unbewusst<br />
<strong>und</strong> unterschwellig <strong>–</strong> zu viel Wille vorhanden, die<br />
faktische Spaltung nachträglich doch theologisch<br />
zu rechtfertigen.<br />
Hier gibt es gewiss auch Kirche in anderer<br />
Hinsicht ähnliche Einschätzungen der nachkonziliaren<br />
Situation. Es ist der Zeitpunkt (1973), zu dem<br />
Karl Rahner den Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer<br />
<strong>und</strong> katholischer Theologen verlässt. Neben<br />
der Belastung im wachsenden Alter <strong>–</strong> er geht<br />
auf das 70. Lebensjahr zu <strong>–</strong> spielt gewiss auch eine<br />
gewisse Enttäuschung in der spezifischen ökumenischen<br />
Fachtheologie eine Rolle, die ebenso<br />
wie die verfassten Kirchen von Karl Rahner<br />
gefragt wird, ob sie wirklich einen ausreichenden<br />
Willen zur Einheit hat. Es ist die Phase, in der Karl<br />
Rahners Überzeugung wächst, die nachkonziliare<br />
Erneuerung sei ins Stocken geraten. 39 In diese<br />
Situation hinein gehört auch Rahners Mitwirkung<br />
in der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland (1971<strong>–</strong>1975). Im<br />
Blick auf sie hat er auch das kleine Buch geschrieben<br />
„Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong><br />
Chance“ (Freiburg 1972 u. ö.). In dem Absatz<br />
„Ökumenische Kirche“ finden sich, zum Teil radikalisiert,<br />
die oben schon zitierten Äußerungen. So<br />
heißt es z. B. „Der realistisch erreichbare Einheitszustand<br />
in seinem empirisch greifbaren Bestand ist<br />
dem heute ökumenisch schon erreichten Verhältnis<br />
der Kirchen zueinander nicht so unähnlich, wie<br />
man oft denkt, wenn man nämlich übersieht, dass<br />
die künftige Kirche auf jeden Fall in sich viel<br />
pluralistischer sein wird, als es unsere Kirche<br />
rechtlich <strong>und</strong> religionssoziologisch greifbar seit<br />
der Reformationszeit gewesen ist.“ 40 Er schlägt in<br />
dieser Situation auch einen anderen <strong>und</strong> neuen<br />
Zugang vor, wenn er für die Unionsfrage eine<br />
Die Bischöfe Max-Georg v. Twickel, Anthony Banzi<br />
<strong>und</strong> Viktor Dammertz im Gespräch<br />
regelrechte Umkehr empfiehlt: „Kann man nicht<br />
vielleicht auch umgekehrt vorgehen? Kann man<br />
nicht die volle glaubensmäßige <strong>und</strong> theologische<br />
Einheit als eine Folge einer institutionellen Einigung<br />
betrachten, zumal eine solche ja nicht eine<br />
institutionelle Uniformität im Sinne des bisherigen<br />
CIC von dogmatischen Gründen her bedeuten<br />
müsste? ... Wenn somit die Kirchen sich in einer<br />
möglichen, auch für ein strenges dogmatisches<br />
katholisches Gewissen akzeptablen Weise institutionell<br />
einigen würden, dann würde sich der faktisch<br />
gegebene <strong>Glaube</strong>nsbewusstseinsstand praktisch<br />
kaum ändern, auch nicht in dem Teil dieser<br />
einen Kirche, der aus der römisch-katholischen<br />
Kirche stammt.“ 41<br />
Diese Äußerungen haben verständlicherweise zu<br />
einigen Kontroversen geführt. Das Klima hatte<br />
sich verändert. Die Analysen sind härter. Rahner<br />
geht von der Diaspora-Situation im Weltmaßstab<br />
aus. Es geht ihm darum, von einer defensiven<br />
Haltung der „kleinen Herde“ loszukommen, die<br />
neue Situation klar zu erkennen <strong>und</strong> die gegebene<br />
missionarische Situation zu ergreifen.<br />
VII.<br />
In dieser Einstellung verfasst Karl Rahner 1983 <strong>–</strong><br />
wenige Monate vor seinem Tod <strong>–</strong> zusammen mit<br />
dem Münchner F<strong>und</strong>amentaltheologen Heinrich<br />
Fries die Quaestio disputata „Einigung der Kirchen<br />
<strong>–</strong> reale Möglichkeit“, die mehrere Auflagen erlebte.<br />
Eine intensive Diskussion wurde ausgelöst.<br />
Heinrich Fries hat diese Diskussion nach Rahners<br />
Tod unter dem Titel „Zustimmung <strong>und</strong> Kritik. Eine<br />
9
Bilanz“ zusammengefasst. In dieser Form ist der<br />
Text auch aufgenommen worden in den Ökumene-<br />
Band der Sämtlichen Werke. 42 Das Buch stieß auf<br />
begeisterte Aufnahme <strong>und</strong> zugleich schärfste<br />
Ablehnung. So hat J. Ratzinger nicht weniger heftig<br />
geantwortet, wenn er in einer Besprechung<br />
schreibt: „Ein Parforceritt zur Einheit, wie ihn neulich<br />
Heinrich Fries <strong>und</strong> Karl Rahner mit ihren<br />
Thesen angeboten haben, ist ein Kunstgriff theologischer<br />
Akrobatik, die leider der Realität nicht<br />
standhält. Man kann die Konfessionen nicht wie<br />
auf einem Kasernenhof zueinander dirigieren <strong>und</strong><br />
sagen: Hauptsache, sie marschieren miteinander;<br />
was sie dabei denken, ist im einzelnen nicht so<br />
wichtig... Die Wahrheitsfrage durch ein paar kirchenpolitische<br />
Operationen zu überspringen, wie<br />
dies im Gr<strong>und</strong>e Fries <strong>und</strong> Rahner vorzuschlagen<br />
scheinen, wäre ein ganz <strong>und</strong> gar unverantwortliches<br />
Verhalten.“ 43<br />
In ähnlicher Weise, jedoch genauer <strong>und</strong> ausführlicher,<br />
hat Rahner schwierige ökumenische Probleme,<br />
nämlich die Fragen zum Amtsverständnis <strong>und</strong><br />
zur Interkommunion, behandelt, was hier nicht<br />
weiter dargestellt werden kann. 44<br />
Es ist nicht zu übersehen, dass Rahner in der Tiefe<br />
auch die Sorge bewegt, wie die Ökumene ihren<br />
Weg weitergeht, <strong>und</strong> zwar in <strong>und</strong> mit der verfassten<br />
Kirche. So schreibt er: „Soll aber diese<br />
Bewegung weitergehen, ohne dass es von der<br />
Basis her auch zu unüberlegten Schritten kommt,<br />
die auf die Dauer doch nicht wirklich weiterführen,<br />
sondern bei einer dritten Konfession landen würden,<br />
die auf die Dauer auch nicht lebendiger, dafür<br />
aber christlich substanzloser wäre als die bisherigen<br />
Konfessionskirchen, dann müssen die Amtsträger<br />
in allen Kirchen sich ernsthaft überlegen,<br />
wie sie diese Bewegung selbst weiterführen zu<br />
Ergebnissen, die auch der normale Christ des Alltags<br />
als solche Schritte erkennen kann.“ 45 Wer<br />
Karl Rahners Theologie kennt, weiß darum, wie<br />
wichtig ihm bei aller Kritik der konkreten Situation<br />
das Amt in der Kirche ist, das nicht von der<br />
ökumenischen Bewegung <strong>und</strong> ihrer Basis getrennt<br />
werden darf.<br />
Am Ende ist dies freilich auch für Rahner eine spirituelle<br />
Frage, ohne die alle organisatorischen <strong>und</strong><br />
kirchenpolitischen Forderungen ins Leere stoßen<br />
bzw. nur zu weiteren Verhärtungen führen: „Wo<br />
wird mit feurigen Zungen von Gott <strong>und</strong> seiner<br />
<strong>Liebe</strong> gesprochen? Wo wird von den ‚Geboten<br />
Gottes‘ nicht als von einer mühselig zu respektie-<br />
10<br />
renden Pflicht, sondern von ihnen als der herrlichen<br />
Befreiung des Menschen von versklavender<br />
Lebensangst <strong>und</strong> von frustrierendem Egoismus<br />
geredet? Wo wird in der Kirche nicht nur gebetet,<br />
sondern das Gebet auch als pfingstliche Gabe des<br />
Geistes, als herrliche Gnade erfahren? ... Wo gibt<br />
es denn noch die ‚geistlichen Väter‘, die christlichen<br />
‚Gurus‘, die das Charisma einer Einweisung<br />
in die Meditation, ja in eine Mystik haben, in der<br />
das Letzte des Menschen, seine Vereinigung mit<br />
Gott in einem heiligen Mut angenommen wird?“ 46<br />
Wer sich über Karl Rahners Ungeduld, Härte <strong>und</strong><br />
manchmal vielleicht auch Ungerechtigkeit ärgert,<br />
der sollte immer wieder zu dieser Wurzel zurückkommen,<br />
von der her diese Unruhe gespeist wird.<br />
Dann kann er mit ihm auch wieder versöhnt sein,<br />
auch wenn er ihm nicht in allem zustimmt. Dabei<br />
darf man nicht übersehen, dass Karl Rahner immer<br />
wieder Voreiligkeiten mahnt. Diese seine Sorge hat<br />
er z. B. vor dem ersten evangelisch-katholischen<br />
Kirchentag im Jahr 1970 in Augsburg deutlich zum<br />
Ausdruck gebracht. 47<br />
Noch vieles wäre darzulegen, vor allem Karl<br />
Rahners späte Gespräche <strong>und</strong> Ausführungen zum<br />
Dialog zwischen Christen <strong>und</strong> Juden. Es sind verhaltene<br />
Dialoge zweier Weiser, nämlich Pinchas<br />
Lapide <strong>und</strong> Karl Rahner, aber auch das Zwiegespräch<br />
mit Friedrich Georg Friedmann. 48 Dies bedarf<br />
einer eigenen <strong>und</strong> gesonderten Darstellung.<br />
Leider sind diese Äußerungen bisher zu wenig<br />
beachtet worden. Im Gespräch mit Friedmann geht<br />
es darum, ob <strong>und</strong> wie das Verhältnis zwischen<br />
Juden <strong>und</strong> Christen, nach allem was geschehen ist,<br />
wieder unbefangen werden kann. Ansätze zu einer<br />
Antwort aus dem Zentrum der Theologie gibt der<br />
Dialog mit Pinchas Lapide, wo es ganz besonders<br />
um das Verständnis Jesu Christi geht. Rahner hütet<br />
sich vor einer vorschnellen Versöhnung. Darum<br />
sagt er: „Ja, wir sollen weiter streiten. Trotz aller<br />
gehofften hintergründigen Einheit sind wir in unseren<br />
Überzeugungen nicht einfach identisch. Dann<br />
aber gehört es zur menschlichen Anständigkeit, zur<br />
Wahrheit <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>, dass man den Unterschied in<br />
den Überzeugungen sich gegenseitig bekennt <strong>und</strong><br />
darum gerade den Dialog nicht abbrechen lässt.“ 49<br />
Was bleibt am Ende? Karl Rahner wäre nicht Karl<br />
Rahner, wenn am Ende nicht eine äußerste theologische<br />
Konzentration stehen würde. Das Gebet<br />
nimmt bei ihm einen wichtigen Platz ein. Die<br />
Gebete sind in einem eigenen Band zu seinem 80.<br />
Geburtstag gesammelt. 50 Wenige Wochen vor seinem<br />
Tod hat Karl Rahner ein „Gebet um die
Vereinigung aller Christen“ verfasst. Dies ist ähnlich<br />
wie bei dem ökumenischen Theologen Oscar<br />
Cullmann, der auch am Ende seines Lebens gerade<br />
im Ökumenischen Kontext die Not <strong>und</strong> Hilfe des<br />
Gebetes herausstellte. 51 Das Gebet, das ich am<br />
Schluss anführen möchte, ist ähnlich <strong>und</strong> wie ein<br />
Vermächtnis, dass die Christen das Testament<br />
eines großen Lehrers nicht vergessen dürfen.<br />
„Gott, Urgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kraft aller Einheit, wir rufen<br />
dich an <strong>und</strong> bitten dich, dass du den voneinander<br />
getrennten christlichen Kirchen diejenige Einheit<br />
schenken mögest, die dem Willen unseres Herrn<br />
Jesus Christus entspricht. Wir wissen zwar, dass<br />
wir selber alles uns Mögliche tun müssen, damit<br />
diese Einheit Wirklichkeit wird. Denn von uns,<br />
nicht von dir, kommt die Spaltung unter den christlichen<br />
Kirchen. Aber eben diese unsere Aufgabe ist<br />
dennoch das Geschenk deiner Gnade, die allein das<br />
Wollen <strong>und</strong> das Vollbringen dieser Einheit schenken<br />
kann. Und darum kann all unser Bemühen<br />
doch nur immer wieder mit dem Gebet beginnen,<br />
gib, was du von uns verlangst ...<br />
Die Einheit der Kirchen ist unsere Aufgabe. Und<br />
darum bitten wir: Dein Geist möge alle Kirchen<br />
erfüllen mit einem heilsamen Schrecken darüber,<br />
was alle Kirchen (verschieden aber ohne<br />
Ausnahme) dem Leibe deines Sohnes, der die<br />
Kirche ist, angetan haben; angetan durch Herrschsucht,<br />
Überheblichkeit, Verliebtheit in die eigene<br />
Meinung, Mangel an <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> Toleranz, Enge<br />
unseres Geistes, der nicht dulden will, dass deine<br />
eine Wahrheit mit vielen Zungen verkündet wird<br />
<strong>und</strong> durch alle anderen Weisen, in denen wir Menschen<br />
Sünder sind, <strong>und</strong> uns an die Stelle deiner<br />
Wahrheit setzen...<br />
Jeder in den getrennten Kirchen muss seinen<br />
christlichen Brüdern in den anderen Kirchen den<br />
guten Willen zubilligen, die Forderung Jesu nach<br />
Einheit unter seinen Jüngern zu erfüllen <strong>und</strong> doch:<br />
Wir Sünder in allen Kirchen müssen bekennen,<br />
dass dieser Wille bei uns offenbar doch nicht so<br />
glühend, mutig <strong>und</strong> schöpferisch ist, wie er sein<br />
sollte, denn sonst müsste ja die Einheit, die unsere<br />
Aufgabe ist, schon verwirklicht sein. Gib uns, heiliger<br />
<strong>und</strong> barmherziger Gott, den vollen Willen zur<br />
Einheit, die du von uns forderst, <strong>und</strong> wenn unser<br />
Herz uns anklagt, zu wenig von dem machtvollen<br />
Geist der Einheit zu besitzen, dann dürfen wir dennoch<br />
hoffen, dass diese unsere sündige Schwachheit<br />
umfangen bleibt von deiner Vergebung <strong>und</strong><br />
jener Einheit der Christen, die du uns schon geschenkt<br />
hast. Amen.“<br />
1 Vgl. P. Lengsfeld (Hg.), Ökumenische Theologie, Stuttgart<br />
1980; P. Neuner, Ökumenische Theologie, Darmstadt 1997.<br />
Vgl. auch R. Frieling, Der Weg des ökumenischen Gedankens.<br />
Eine Ökumenek<strong>und</strong>e, Göttingen 1992 u.ö.<br />
2 Vgl. dazu vor allem H. Meyer, Ökumenische Zielvorstellungen<br />
= Ökumenische Studienhefte 78, Göttingen 1996.<br />
3 Vgl. zuletzt als Beispiel R. Frieling, E. Geldbach, R. Thöle,<br />
Konfessionsk<strong>und</strong>e (= Gr<strong>und</strong>kurs Theologie, 5,2), Stuttgart 1999.<br />
4 Karl Rahners Texte zur Ökumene werden zitiert nach der<br />
Ausgabe: Sämtliche Werke. Band 27: Einheit in Vielfalt,<br />
Schriften zur Ökumenischen Theologie. Bearbeitet von<br />
Karl Kardinal Lehmann <strong>und</strong> Albert Raffelt, Freiburg 2002.<br />
Bezugnahmen auf diesen Band werden künftig abgekürzt<br />
mit SW (= Sämtliche Werke) unter Angabe der Band- <strong>und</strong><br />
der Seitenzahl, also gewöhnlich z. B. SW 27, 59. In einzelnen<br />
Fällen müssen andere Bände oder auch Veröffentlichungen<br />
herangezogen werden, die bisher in den Sämtlichen<br />
Werken noch nicht erschienen sind.<br />
5 Der Aufsatz erschien in: Theologie der Zeit 1, 1936, 189-<br />
202, vgl. den Text jetzt in: SW 4, 299<strong>–</strong>312.<br />
6 Vgl. SW 4, 306.<br />
7 Vgl. SW 4, 2<strong>–</strong>278.<br />
8 Vgl. SW 4, 285<strong>–</strong>293.<br />
9 Vgl. den Text heute in SW 4, 346<strong>–</strong>403, ursprünglich ein<br />
Referat in einem kleineren theologischen Arbeitskreis in<br />
Wien. Zu den verschiedenen Fassungen dieses Textes vgl.<br />
ebd., XXXV.<br />
10 Bd. III, Stuttgart 1938, 65<strong>–</strong>120 (Verfasser: Kleinknecht,<br />
Quell, Stauffer <strong>und</strong> Kuhn).<br />
11 SW 4, 346, vgl. den Aufriss einer Dogmatik, ebd., 404<strong>–</strong>448,<br />
dazu die editorische Einführung dazu von A. Raffelt: XXII.<br />
Eine Erstfassung des Beitrags geht auf das Jahr 1939<br />
zurück.<br />
12 Vgl. Rahners Text in: SW 4, 497-576. Dazu vgl. den sorgfältigen<br />
Einführungstext mit Literaturangaben: SW 4,<br />
XXXVI f. Außerdem Th. Maas-Ewerdt, Die Krise der<br />
Liturgischen Bewegung in Deutschland <strong>und</strong> Österreich,<br />
Regensburg 1981; H. Wolf (Hg.), K. Rahner: Theologische<br />
<strong>und</strong> philosophische Zeitungen im katholischen deutschen<br />
Raum, Ostfildern 1994.<br />
13 SW 4, 513.<br />
14 So im Jahr 1950 in dem Offenen Brief an Hans Asmussen,<br />
vgl. in SW 27, 16.<br />
15 SW 27, 10.<br />
16 Ebd., 7, 487.<br />
17 SW 27, 6.<br />
18 Vgl. SW 27, 5, 487.<br />
19 SW 27, 6.<br />
20 Vgl. Lorenz Kardinal Jaeger, Einheit <strong>und</strong> Gemeinschaft.<br />
Stellungnahmen zu Fragen der christlichen Einheit,<br />
Paderborn 1972, 1 ff., 8 ff., 18 ff.<br />
21 Jaeger, Einheit <strong>und</strong> Gemeinschaft, 19.<br />
22 Dazu aus den Lebenserinnerungen von W. Stählin, Via<br />
Vitae, Kassel 1968, 554.<br />
11
23 Vgl. dazu B. Schwahn, Der Ökumenische Arbeitskreis<br />
evangelischer <strong>und</strong> katholischer Theologen von 1946<strong>–</strong>1975<br />
(= Forschungen zur systematischen <strong>und</strong> ökumenischen<br />
Theologie 74), Göttingen 1996, 13 ff., 17 ff.<br />
24 Vgl. die genauere Aufstellung mit Nachweisen: SW 27, XI f.<br />
25 Eine Ausnahme bildet die Rezension des Tübinger Ämtermemorandums,<br />
vgl. SW 27, 146<strong>–</strong>149, 501.<br />
26 Vgl. dazu K. Lehmann <strong>–</strong> A. Raffelt (Hg.), Rechenschaft des<br />
<strong>Glaube</strong>ns, Zürich-Freiburg 1979, 13*<strong>–</strong>53*, bes. 36* ff.<br />
27 Vgl. Fragen der Kontrovers-Theologie über die Rechtfertigung<br />
(1958), in: Schriften zur Theologie IV, Einsiedeln<br />
1960, 237<strong>–</strong>271, zu H. Küng, Rechtfertigung. Die Lehre Karl<br />
Barths <strong>und</strong> eine katholische Besinnung, Einsiedeln 1957.<br />
28 Vgl. genauere Angaben: SW 27, XII.<br />
29 Schriften zur Theologie VII, Einsiedeln 1966, 77<strong>–</strong>90, hier 85.<br />
30 Vgl. SW 27, 59<strong>–</strong>92.<br />
31 SW 27, 62.<br />
32 Ebd., 66.<br />
33 Ebd., 77, 497.<br />
34 Vgl. Genaueres SW 27, 77 ff.<br />
35 Dies wird mehr <strong>und</strong> mehr in den Aufsätzen der 70er Jahre dargelegt,<br />
z. B. SW 27, 105 ff., 119 ff., 135 ff., 189 ff., 201 ff.,<br />
211 ff.<br />
36 SW 27, 463.<br />
37 SW 27, 473.<br />
38 SW 27, 54.<br />
39 Vgl. das von K. Rahner <strong>und</strong> K. Lehmann herausgegebene<br />
Diskussionsbuch: Marsch ins Getto?, München 1973,<br />
12<br />
ursprünglich zurückgehend auf ein Editorial K. Rahners in<br />
den „Stimmen der Zeit“, Januar 1972.<br />
40 Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong> Chance, 110.<br />
41 Ebd., 112.<br />
42 Vgl. SW 27, 286<strong>–</strong>396.<br />
43 Einigung der Kirchen <strong>–</strong> Reale Möglichkeit. Erweiterte<br />
Sonderausgabe, Freiburg i. Br. 1985, 160.<br />
44 Vgl. ebd., 215 ff., 223<strong>–</strong>285, 274 ff.; Die Ausführungen zur<br />
Ämterfrage bedürften einer sehr sorgfältigen Gesamtdarstellung,<br />
die es bisher auch in Ansätzen nicht gibt.<br />
45 Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong> Chance, 114.<br />
46 Ebd., 90 f.<br />
Vgl. dazu SW 27, 468-472, 524; vgl. auch zur „Interkommunion“:<br />
SW 27, 283<strong>–</strong>285.<br />
47 Vgl. SW 27, 31<strong>–</strong>35, 43<strong>–</strong>50, 397<strong>–</strong>453.<br />
48 Vgl. auch F. G. Friedmann, Heimkehr ins Exil. Jüdische<br />
Existenz in der Begegnung mit dem Christentum, hrsg., von<br />
Ch. Wiese, München 2001 (hier nochmals der gemeinsame<br />
Text mit Rahner: 114<strong>–</strong>122).<br />
49 SW 27, 445.<br />
50 Vgl. Karl Rahner, Gebete des Lebens, hrsg. von A. Raffelt,<br />
3. erweiterte Auflage, Freiburg 1984. Das folgende Gebet<br />
steht auf den Seiten 200<strong>–</strong>202, der Text findet sich am<br />
Schluss von SW 27, 483 f.<br />
51 Das Gebet im Neuen Testament, 2. verbesserte <strong>und</strong> ergänzte<br />
Auflage, Tübingen 1997 (1. Auflage 1994).
Bischof Erwin Kräutler<br />
Das amazonische Gesicht Christi <strong>–</strong><br />
Erfahrungen eines brasilianischen <strong>Bischofs</strong><br />
Bischof Erwin Kräutler<br />
Im Jahr 1954 hatte das Katholische Bildungswerk<br />
Vorarlberg zu einem Vortrag von meinem Onkel,<br />
Pater Erich Kräutler, eingeladen. Ich besuchte<br />
damals die 4. Klasse Gymnasium <strong>und</strong> ein Plakat<br />
am Anschlagbrett im Treppenhaus der Schule<br />
beeindruckte die Schüler. „Zwanzig Jahre in der<br />
Grünen Hölle am Amazonas“ hieß der Titel, in<br />
dicken Balkenlettern gedruckt. Mitte des vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts gehörte ein Fernsehapparat<br />
noch nicht zu den unverzichtbaren Einrichtungsgegenständen<br />
eines Haushaltes. Ein Lichtbildervortrag<br />
über ferne Länder <strong>und</strong> fremde Völker<br />
konnte deshalb noch mit einer großen Besucherzahl<br />
rechnen. Mein Onkel freute sich über den zum<br />
Bersten vollen Arbeiterkammersaal in Feldkirch<br />
<strong>und</strong> war hellauf begeistert, endlich seinen Landsleuten<br />
über seine schon zwanzigjährige Tätigkeit<br />
am Xingu, einem der größen rechtsseitigen<br />
Nebenflüsse des Amazonas, berichten zu können.<br />
Pater Erich zeigte zunächst Lichtbilder der para-<br />
Vortrag zum Herz-Jesu-Fest 2003<br />
diesischen Schönheit einer Welt von Wald <strong>und</strong><br />
Wasser. Die unendlichen Wälder waren noch die<br />
„ewige“, unberührte, jungfräuliche Heimat einer<br />
ungeahnten Vielzahl von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, aber<br />
auch der Indianervölker. Die herrlichen Sonnenauf-<br />
<strong>und</strong> -untergänge in der Flusslandschaft, die<br />
mein Onkel in Farbdias festhielt, erregten immer<br />
wieder ein entzücktes geräuschvolles Staunen im<br />
Saal.<br />
„Warum aber heißt diese exotische, traumhafte,<br />
idyllische Landschaft, dieser letzte Rest Paradies<br />
‚grüne Hölle‘?“, fragte ich mich damals.<br />
Ich wiederhole diese Frage <strong>und</strong> beantworte sie aus<br />
heutiger Sicht. Ja, „grün“ ist diese Welt vorläufig<br />
noch. In einem Kleinflugzeug, in etwa tausend<br />
Metern Höhe, hat man den Eindruck, über ein endloses,<br />
eintöniges Brokkolifeld zu fliegen, das sich,<br />
wie das Meer, am Horizont verliert. „Grün“ ist<br />
diese Welt noch, so lange der Urwald nicht total<br />
der Brandrodung <strong>und</strong> rücksichtslosen Abholzung<br />
zum Opfer gefallen ist <strong>und</strong> an die Stelle des in drei<br />
Baumstockwerke gegliederten Dickichts mit bis zu<br />
70 Meter hohen Baumriesen eine Art von afrikanischem<br />
Steppengras tritt, das genügsame Zeburinder<br />
abweiden, ehe sie als Materia Prima für<br />
Hotdogs nach Nordamerika, Europa <strong>und</strong> Japan<br />
verschifft werden. Ist diese Welt aber eine<br />
„Hölle“? Warum werden die von Fremdenverkehrsagenturen<br />
angebotenen Ausflüge in den<br />
Dschungel zu Exkursionen in die „grüne Hölle“?<br />
Selbst Nachtclubs <strong>und</strong> Diskotheken in den<br />
Breitengraden von Amazonien borgen sich diesen<br />
Namen, um erlebnishungrige Touristen zu ködern.<br />
Warum „Hölle“? Ist es der Myriaden von Insekten<br />
wegen, von denen in bestimmten Regionen einige<br />
Arten den Menschen das Leben tatsächlich zur<br />
Hölle machen können? Denken wir nur an die<br />
Anopheles, die die Malaria überträgt, oder die<br />
Stegomya fasciata, der wir das Gelbfieber verdanken.<br />
In diesem Zusammenhang kann man tatsächlich<br />
Goethe zitieren: „Es wandelt niemand ungestraft<br />
unter Palmen.“ 1 Er meinte dabei zwar nicht<br />
13
Amazonien, sondern Afrika, aber die Realität ist<br />
dieselbe. Sind es die Schlangen, die plötzlich im<br />
gedämpften Licht des Dschungels als Zweige<br />
getarnt oder am immer feuchten Boden uns<br />
erschrecken <strong>und</strong> an die berühmte Laokoongruppe<br />
der alten Griechen denken lassen oder Höllengemälde<br />
barocker Künstler in Erinnerung rufen?<br />
Sind es die Krokodile in den sumpfigen Wassern,<br />
deren große Augen im Licht der Scheinwerfer drohend<br />
blitzen? Sind es die Piranhas, die imstande<br />
sind, in Sek<strong>und</strong>enschnelle ihre Opfer bis auf das<br />
Skelett zu verzehren? Sind die Affen für den<br />
Namen „Hölle“ verantwortlich, weil manche von<br />
ihnen höllisch brüllen können <strong>und</strong> sich gar nicht<br />
einverstanden zeigen, wenn andere Zweibeiner,<br />
auch nur auf einen Kurzbesuch, in ihren<br />
Lebensraum eindringen? Sind es die fauchenden<br />
Leoparden <strong>und</strong> Wildkatzen, die selbst Einheimischen<br />
eine „Höllen“angst einjagen? Oder sind<br />
es vielleicht immer noch die „wilden“ Indianer,<br />
von denen es jahrh<strong>und</strong>ertelang hieß, sie hätten<br />
keine Seele <strong>und</strong> seien wie Tiere zu behandeln, bis<br />
dann schließlich ein Papst eine Bulle erließ, in der<br />
der Pontifex maximus das Gegenteil behauptete,<br />
aber dennoch keine menschenwürdige Behandlung<br />
für die Indios erreichte?<br />
Warum soll Amazonien, der tropische Regenwald<br />
nun wirklich die „grüne Hölle“ sein? Ist das nicht<br />
alles maßlose Übertreibung? Sollte man die brütend<br />
heiße Sahara nicht auch als Hölle bezeichnen,<br />
wenn auch nicht gerade als grüne, sondern als eine<br />
gelbbraune? Sind das klirrend kalte Sibirien <strong>und</strong><br />
die vom ewigen Eis bedeckten Polarregionen nicht<br />
auch eine Hölle für die Menschen, diesmal auch<br />
keine „grüne“, wohl aber eine „weiße“? Nein,<br />
„Hölle“, die schauererregendste Realität der<br />
„eschata“, der letzten Dinge, sollte nur Amazonien<br />
kennzeichnen, <strong>und</strong> dies längst vor dem Jüngsten<br />
Tag.<br />
Woher dieser Begriff stammt <strong>und</strong> wer ihn wirklich<br />
prägte, habe ich bislang nicht eruieren können.<br />
Vielleicht war es einer jener Deutschen wie Von<br />
Humboldt, Von Martius oder Von den Steinen, die<br />
im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert von Belém aus ins Landesinnere<br />
vordrangen <strong>und</strong> dann, zurück im alten<br />
Kontinent, ihre abenteuerlichen Expeditionen eindrücklich<br />
beschrieben. Oder handelt es sich um<br />
eine düstere Zukunftsvision eines dieser Herren?<br />
Ich denke dabei weniger an das Adjektiv „grün“,<br />
sondern an die „Hölle“. Hölle wird spätestens seit<br />
Matthäus 25,41 „Hinweg von mir, ihr Verfluchten,<br />
in das ewige Feuer“ oder Markus 9,44, wo vom<br />
14<br />
„unauslöschlichen Feuer“ die Rede ist, eben mit<br />
„Feuer“ assoziiert. Und es ist schrecklich, dieses<br />
von Gott paradiesisch geschaffene Amazonien<br />
plötzlich als Hölle erleben zu müssen, von rücksichtslosen<br />
Menschen dazu verdammt. Ich erinnere<br />
mich, wie mir im südlichen Teil meines Bistums<br />
Tag <strong>und</strong> Nacht die Augen vom Rauch brannten.<br />
Während der heiligen Messe <strong>und</strong> Firmung bekomme<br />
ich bei der Predigt Atemnot. Die Sonne ist den<br />
ganzen Tag über nur als rote Scheibe zu sehen. Sie<br />
steht zwar mittags am Zenit, aber es ist Dämmerung.<br />
Ich war im Jeep zu den Gemeinden unterwegs.<br />
So weit das Auge reicht, alles Asche <strong>und</strong><br />
verkohltes Astwerk. Einige Bäume stehen noch.<br />
Aber sie glühen <strong>und</strong> brennen <strong>und</strong> werden in der<br />
Nacht zur rot leuchtenden, schaurigen Anklage der<br />
Gotteslästerung an die Menschen, die die Natur<br />
vergewaltigen, Gottes Schöpfung missbrauchen<br />
<strong>und</strong> zerstören. Der jahrtausendealte <strong>und</strong>urchdringliche<br />
Urwald wird in Brand gesteckt. Menschen<br />
machen Amazonien zur Hölle des Feuers.<br />
„Lacrimosa dies illa,<br />
Qua resurget ex favilla<br />
Judicandus homo reus.“<br />
Die letzten Takte, die Mozart für das „Dies irae“<br />
seines Requiems auf dem Totenbett komponierte.<br />
Ein suggestives Crescendo lässt den Satz „Voll der<br />
Tränen jener Tag, an dem aus Asche zum Gericht<br />
sich erheben wird“ von Silbe zu Silbe immer eindringlicher<br />
werden. Dann der verurteilende<br />
Forteausbruch bei den Worten „Homo reus“ <strong>–</strong> „der<br />
schuldbeladene Mensch“!<br />
In den vergangenen Jahrzehnten sind tausende<br />
Quadratkilometer tropischer Regenwald niedergebrannt<br />
worden. Jedes Jahr kommen weitere dazu.<br />
Wer kennt nicht die Fernsehspots, die darauf aufmerksam<br />
machen, dass in Amazonien alle zwei<br />
Minuten eine Fläche in der Größe eines<br />
Fußballfeldes abgebrannt oder abgeholzt wird. Ja,<br />
die Tropenwälder werden schneller zerstört als<br />
jeder andere Lebensraum. Vor 150 Jahren bedeckten<br />
sie noch 12 % der Erdoberfläche. Mehr als die<br />
Hälfte hat der Mensch bereits zerstört. R<strong>und</strong><br />
200.000 km 2 Wald werden jährlich niedergebrannt.<br />
Dazu kommt noch die rücksichtslose Schlägerung<br />
der tropischen Edelhölzer. Dabei gibt es nun<br />
Holzfirmen, die meinen, den Regenwald zu schützen,<br />
wenn sie nur ganz gezielt Mahagonibäume<br />
fällen, deren Holz für den Export bestimmt ist.<br />
Aber sie vergessen dabei, dass ein umstürzender
Baum eine Schneise in den Urwald schlägt. Ein<br />
Holzfäller erklärte mir einmal, dass jeder<br />
Urwaldriese, der gefällt wird, sechs weitere Bäume<br />
mit sich niederreißt, ganz abgesehen von den H<strong>und</strong>erten<br />
von abgeschlagenen Bäumen, Bäumchen<br />
<strong>und</strong> Sträuchern, die das Dickicht eben ausmachen.<br />
Dazu kommen noch die schweren Bulldozer, die<br />
den Zugang zu den Edelhölzern schaffen <strong>und</strong> den<br />
Urwald durch ein kapillares Straßennetz<br />
„erschließen“, vom Flugzeug aus selbstverständlich<br />
unsichtbar. Straßen, wenn sie auch noch so<br />
prekär <strong>und</strong> nur für den Holztransport bestimmt<br />
sind, öffnen immer <strong>und</strong> überall den Urwald. Bald<br />
werden Siedler kommen <strong>und</strong> den restlichen Wald<br />
roden <strong>und</strong> abbrennen. Die staatlichen Agrar- <strong>und</strong><br />
Umweltbehörden erfahren davon oder wollen es<br />
erst erfahren, wenn bereits ein ganzes Dorf entstanden<br />
<strong>und</strong> es praktisch unmöglich geworden ist,<br />
an eine geordnete Besiedlung <strong>und</strong> die Nutzung des<br />
Waldes im Einklang mit der Natur zu denken. Der<br />
tropische Regenwald birgt so viele Reichtümer, die<br />
genutzt werden könnten, ohne dass auch nur ein<br />
Baum gefällt werden muss. Ich denke an die Paranussbäume,<br />
an den Havea-Baum für die Gummiherstellung,<br />
ich denke an die Vielzahl der ölhaltigen<br />
Fruchtkerne, die Harze <strong>und</strong> Essenzen <strong>und</strong> die<br />
alle Arten von Arzneimitteln liefernden Bäume<br />
<strong>und</strong> tropischen Pflanzen.<br />
Das amazonische Gesicht Christi.<br />
Sie werden vielleicht schon ungehalten sein <strong>und</strong><br />
fragen, was hat denn das alles mit dem Thema zu<br />
tun. An die Stelle einer Betrachtung des Antlitzes<br />
Jesu Christi ist eine Höllenpredigt getreten. Aber<br />
es geht ja jetzt nicht um das Antlitz Jesu, wie es<br />
beispielsweise Velazquez gemalt hat, oder das<br />
formschöne himmlische Antlitz Jesu, wie wir es<br />
beim Abendmahl von Leonardo da Vinci bew<strong>und</strong>ern.<br />
Es geht um das „amazonische“ Gesicht<br />
Christi, das Antlitz von Menschen also, mit denen<br />
sich Jesus zutiefst identifiziert, wenn er sagt: „Ich<br />
war hungrig, durstig, ein Fremdling, ohne<br />
Gewand, krank, im Gefängnis ...“ (cf. Mt 25,31<strong>–</strong><br />
46). Jesus sagt nicht „Ihr wart hungrig, durstig,<br />
krank ...“. Er sagt bewusst: „ICH war.“ Jeder<br />
Mensch lebt jedoch in einer „Umgebung“, unter<br />
bestimmten Umständen, in einer „Umwelt“. Es<br />
handelt sich dabei nicht um eine anonyme Welt,<br />
einen sterilen Raum, sondern um die Welt, in die er<br />
hineingeboren wurde oder die ihn aufgenommen<br />
hat. Es ist „seine“ Welt, seine „MIT“-Welt, die ihn<br />
prägt <strong>und</strong> charakterisiert. Sein Wohl <strong>und</strong> Wehe<br />
Bischof Erwin Kräutler im Gespräch mit<br />
Jozef Niewiadomski<br />
hängt von seiner Mit-Welt ab <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
beeinflusst er sie. Er kann seine Mit-Welt umgestalten<br />
<strong>und</strong> verändern, ja sogar zerstören. Die<br />
schrecklichen Folgen der Verantwortungslosigkeit<br />
hat der Schweizer Nebelspalter einmal so auf den<br />
Punkt gebracht: „Da der Mensch von heute sich so<br />
benimmt, als ob es die Natur nicht gäbe, ist zu<br />
befürchten, dass die Natur von morgen sich so<br />
benimmt, als ob es den Menschen nicht gäbe!“<br />
Diese Mit-Welt ist nicht uneingeschränktes Eigentum.<br />
Sie gehört uns nicht im Sinne des Verbums<br />
„haben“, „besitzen“. Wir tragen Verantwortung für<br />
sie, auch gegenüber den kommenden Generationen.<br />
Wer die Mit-Welt zerstört, wird schuldig an<br />
den Mit-Menschen. Sehen wir auch das „amazonische“<br />
Gesicht Christi, das uns in den Menschen<br />
anblickt <strong>und</strong> herausfordert, deren Mit-Welt zerstört<br />
wurde <strong>und</strong> deren Kinder im Überleben gefährdet<br />
sind?<br />
Die Bewahrung der Mit-Welt muss uns als Kirche<br />
ein besonderes Anliegen sein. Gott hat uns seine<br />
Schöpfung anvertraut, als Heimat <strong>und</strong> Lebensraum<br />
für Menschen, Pflanzen <strong>und</strong> Tiere. Was können<br />
<strong>und</strong> müssen wir als Christen aus unserem <strong>Glaube</strong>n<br />
heraus tun? Welche ethischen Normen <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>sätze bestimmen unser Handeln, wenn es<br />
um ökologische Fragen <strong>und</strong> Probleme geht?<br />
Amazonien 2 , die Welt von Wald <strong>und</strong> Wasser, die<br />
„grüne Hölle“, ist der größte Regenwald der Welt,<br />
der in neun Ländern Südamerikas eine Fläche von<br />
4 Millionen km 2 bedeckt. Brasilien hat einen<br />
Anteil von zwei Dritteln. Das Flusssystem ist das<br />
größte Süsswasserreservoir der Erde. Neben dem<br />
Amazonas selbst gibt es 1.100 Zuflüsse, von denen<br />
15
17 länger sind als 1600 km. An manchen Stellen ist<br />
das Flussbett des Amazonas über 10 km breit. Im<br />
Durchschnitt liegen die Jahrestemperaturen zwischen<br />
25 <strong>und</strong> 27°C, die Höchsttemperaturen übersteigen<br />
selten 35°C. Die Niederschläge haben<br />
Werte von mehr als 3600 mm/a im Nordwesten,<br />
sinken am Unterlauf bei Óbidos auf unter 1800<br />
mm/a ab <strong>und</strong> steigen dann wieder bei Belém im<br />
Mündungsgebiet auf 2500 mm/a an. Die Luftfeuchtigkeit<br />
ist ganzjährig sehr hoch.<br />
Spanier <strong>und</strong> Portugiesen nahmen seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Amazonien in Besitz, begannen mit seiner<br />
Erschließung <strong>und</strong> errichteten militärische Stützpunkte.<br />
Die katholischen Missionare kamen schon<br />
mit den ersten Schiffen aus Spanien <strong>und</strong> Portugal<br />
nach Amazonien.<br />
Wirtschaftlich bedeutungsvoll wurde Amazonien,<br />
als der milchig-weiße Saft des Havea-Baumes zur<br />
Gummiherstellung entdeckt wurde. Wurden 1840<br />
nur 388 t Kautschuk produziert, waren es im Jahr<br />
1900 ganze 27650 t. Bis 1910 kamen über eine<br />
halbe Million Arbeiter aus dem Nordosten (Nordestinos)<br />
ins südwestliche Amazonasgebiet, wo sie<br />
teilweise noch bis in die Fünfzigerjahre des vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts mit ihren Familien in permanenter<br />
sklavenähnlicher Abhängigkeit von reichen<br />
Gummibaronen lebten <strong>und</strong> ein klägliches Dasein<br />
fristeten. Von diesen armen Gummisammlern<br />
erzählte Pater Erich ausführlich beim Lichtbildervortrag<br />
1954 in Feldkirch. Vielleicht wählte er<br />
auch den Ausdruck „grüne Hölle“ gerade ihretwegen,<br />
denn sie lebten tatsächlich schon hier auf<br />
Erden in einer Hölle. Sie kamen nie aus dem<br />
Teufelskreis der Verschuldung heraus, noch bekamen<br />
sie die Farbe eines Geldscheines zu Gesicht.<br />
An eine Flucht war nicht zu denken. Diese Barone,<br />
gewissermaßen die Vorfahren der heutigen<br />
Großgr<strong>und</strong>besitzer, waren selbstverständlich<br />
katholisch <strong>und</strong> pflegten auch den Priester in ihrem<br />
groß angelegten Anwesen zu empfangen <strong>und</strong> einen<br />
geräumigen Saal für Taufen <strong>und</strong> Hochzeiten zur<br />
Verfügung zu stellen. Sie setzten viel auf den<br />
Besuch des Priesters, der alle paar Jahre bei seiner<br />
„desobriga“ vorbeikam. Der Priester sollte den<br />
armen Arbeitern „mores“ lehren, „gute Sitten“ beibringen.<br />
Das erlebte ich selbst, als ich Ende der<br />
Sechzigerjahre noch auf „desobriga“ war. Der<br />
„patrão“ empfing mich als jungen Pater mit allen<br />
Ehren <strong>und</strong> rief mich auch bald zu einem persönlichen<br />
Gespräch zur Seite. Er wies mich darauf hin,<br />
dass alle ihm untergebenen Familien bereits am<br />
frühen Morgen da sein werden. Es sei sein aus-<br />
16<br />
drücklicher Wunsch, dass ich allen die Beichte<br />
abnehme, um sie bei dieser Gelegenheit auf die<br />
Pflichten ihrem „patrão“ gegenüber hinzuweisen.<br />
Sie hätten mehr zu produzieren, mehr zu liefern,<br />
um ihre Schulden wenigstens teilweise zu tilgen,<br />
schärfte er mir ein. Auf keinen Fall dürften sie<br />
Gummiballen an vorbeireisende Händler verkaufen.<br />
Das sei Diebstahl. Er allein sei unumschränkter<br />
Herr dieser Region <strong>und</strong> habe das absolute Recht<br />
auf alle <strong>und</strong> jede Produktion, denn er finanziere ja<br />
schließlich den Lebensunterhalt seines Personals.<br />
Die Leute kamen anderntags tatsächlich sehr zahlreich<br />
zur Beichte. Welcher Sünden sie sich anklagten<br />
<strong>und</strong> welchen Zuspruch ich ihnen damals gab,<br />
ist durch das Beichtgeheimnis in alle Ewigkeit<br />
geschützt. Es fiel mir auf, dass der „patrão“ zwar<br />
auch seine Frau <strong>und</strong> seine Töchter zur Beichte<br />
schickte, er selbst aber das Sakrament nicht in<br />
Anspruch nahm. Als selbst ernannter „Herr über<br />
Leben <strong>und</strong> Tod“ aller Menschen in dem von ihm<br />
beanspruchten Gebiet, das locker der Fläche eines<br />
österreichischen B<strong>und</strong>eslandes entsprach, wähnte<br />
er sich auch „jenseits von Gut <strong>und</strong> Böse“ <strong>und</strong><br />
bedurfte nicht der Lossprechung irgendwelcher<br />
Sünden.<br />
Als im Jahr 1915 die Kautschukwirtschaft in Amazonien<br />
zusammenbrach, entstanden viele Siedlungen<br />
vor allem an den schiffbaren Wasserläufen.<br />
Die Gummisammler wurden von ihren Baronen im<br />
Stich gelassen <strong>und</strong> fretteten sich durch wie sie<br />
konnten, lebten vom Fischfang <strong>und</strong> den Früchten,<br />
die der Urwald bot, pflanzten Reis, Mais <strong>und</strong> Bohnen<br />
<strong>und</strong> vor allem Maniok. Das Amazonastiefland<br />
blieb dennoch so gut wie unerschlossen. Es gab<br />
keine Straßen, bestenfalls Waldwege. Die Flüsse<br />
waren die Verkehrsadern.<br />
So blieb es in Amazonien bis Anfang der Siebzigerjahre,<br />
als die Militärregierung, mehr aus geopolitischen<br />
Erwägungen als aus <strong>Liebe</strong> zu den<br />
armen, von der Welt abgeschlossenen Familien<br />
von Amazonien oder den von den Dürreperioden<br />
ausgemergelten landlosen Bauern des Nordostens,<br />
beschloss, die 5.600 km lange Transamazônica zu<br />
bauen. Damit begann eine Völkerwanderung, wie<br />
sie Brasilien noch nie erlebte, <strong>und</strong> die Regierung<br />
winkte auch mit allen möglichen Vergünstigungen.<br />
Tausende Familien kamen aus dem Nordosten,<br />
dann aus Zentralbrasilien <strong>und</strong> aus dem Süden.<br />
Amazonien änderte schlagartig seine Identität.<br />
Bisher lebte hier ein Mischvolk aus Nachfahren<br />
von Indianern, afrikanischen Negersklaven <strong>und</strong><br />
Portugiesen. Alle hatten sie eine mehr oder weni-
ger dunkle Hautfarbe. Die Gesichtszüge <strong>und</strong> tiefschwarzen<br />
langen Haare bewiesen bei vielen die<br />
indigene Abstammung. Jetzt plötzlich sind in einer<br />
Schulklasse alle Rassen <strong>und</strong> Hautschattierungen zu<br />
finden. Neben einem kaffeebraunen Mädchen mit<br />
großen schwarzen Augen sitzt eine Blondine mit<br />
Sommersprossen im Gesicht <strong>und</strong> in der nächsten<br />
Bank wieder ein kohlschwarzer Bub, der seine<br />
weißen Zähne blitzen lässt. Städte <strong>und</strong> Dörfer verdoppeln<br />
<strong>und</strong> verdreifachen ihre Einwohnerzahl in<br />
wenigen Jahren.<br />
Mit dem „Programm der Nationalen Integration“<br />
versuchte die staatliche Behörde für Kolonisation<br />
<strong>und</strong> Agrarreform (INCRA) Familien aus dem dürregeplagten<br />
Nordosten an dem 64.000 km 2 großen<br />
Streifen der Transamazônica anzusiedeln. Die 10<br />
Kilometer beiderseits der Straße waren für landwirtschaftliche<br />
Familienbetriebe von etwa 100 ha<br />
bestimmt. Die Hälfte des Besitzes hatte als Waldreserve<br />
intakt zu bleiben. Hinter diesem Kleingr<strong>und</strong>besitz<br />
waren Mittelbetriebe von bis zu 3000<br />
ha, bis in eine Entfernung von 100 km zur Straße,<br />
vorgesehen. Auch hier galt die 50-%-Klausel. Erst<br />
dann, in einem Abstand von mehr als 100 km zur<br />
Straße, konnten sich private Großprojekte der Rinderzucht<br />
<strong>und</strong> Forstwirtschaft von bis zu 50.000 ha<br />
niederlassen. Auch hier waren die 50 % Waldreserve<br />
verpflichtend. Die 50 %-Klausel wurde nur<br />
in den ersten Jahren mehr oder weniger ernst<br />
genommen. Heute sind die 64.000 km 2 alle längst<br />
abgeholzt oder abgebrannt. Und es ist nicht dabei<br />
geblieben. Tausende von km 2 kamen dazu. Immer<br />
mehr Urwald wurde in Weideflächen verwandelt.<br />
Das Traurige an dieser Geschichte ist, dass dieses<br />
Programm der Nationalen Integration sich schön<br />
langsam als ein Fehlschlag erwies. Die Neuankömmlinge<br />
hatten nur mangelhafte landwirtschaftliche<br />
Kenntnisse <strong>und</strong> erhielten auch kaum eine<br />
fachgerechte Beratung durch Agronomen. Die<br />
Bodenbeschaffenheit <strong>und</strong> Fruchtbarkeit wurde<br />
falsch eingeschätzt. Das vom Staat gelieferte<br />
Saatgut erwies sich als für Amazonien ungeeignet.<br />
Missernten waren die Folge. Die miserablen<br />
Verhältnisse der Nebenstraßen verhinderten die<br />
Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte.<br />
Dazu kamen Tropenkrankheiten wie Malaria <strong>und</strong><br />
Amöbenruhr.<br />
Ende der Siebziger <strong>und</strong> Anfang der Achtzigerjahre<br />
beginnt die „Erschließung“ weiter Teile des<br />
Südens meines Bistums. Völlig unkontrolliert<br />
dringen Landsuchende aus allen Teilen Brasiliens<br />
auch in diese Region. Neue Gemeinden entstehen,<br />
wo bislang noch keines Menschen Fuß getreten<br />
war. In Kürze steigt die Bevölkerungszahl einer<br />
jeden dieser Gemeinden auf über 30.000. Der<br />
Großgr<strong>und</strong>besitz breitet sich rasant aus. H<strong>und</strong>erte<br />
von Kilometern weit gibt es keinen Wald mehr.<br />
Seit einem Jahrzehnt haben auch in dieser Gegend<br />
kahle Hügel <strong>und</strong> trostloses Grasland den Regenwald<br />
ersetzt.<br />
Neben den zahlreichen Rinderfarmen, oft auch von<br />
ausländischen Kapitalanlegern gegründet, breiten<br />
sich auch große Bergbauunternehmen aus, die die<br />
Rohstoffe von Amazonien systematisch abbauen.<br />
Es kommt zu Landkonflikten zwischen neuen<br />
Großgr<strong>und</strong>besitzern <strong>und</strong> alten Siedlern, wobei<br />
natürlich der Schwächere unterliegt. Oft werden<br />
die kleinen Siedler von Großgr<strong>und</strong>besitzern mit<br />
Waffengewalt vertrieben. „Nichts Neues unter der<br />
Sonne!“ (Koh 1,9). Schon der Prophet Micha wetterte<br />
gegen die Habsucht der Reichen: „Sie wollen<br />
Felder haben <strong>und</strong> reißen sie an sich (...). Sie wenden<br />
Gewalt an gegen den Mann <strong>und</strong> sein Haus,<br />
gegen den Besitzer <strong>und</strong> sein Eigentum“ (Mi 2,2).<br />
„Sie fressen mein Volk auf, sie ziehen den Leuten<br />
die Haut ab <strong>und</strong> zerbrechen ihnen die Knochen“<br />
(Mi 3,3). Auch staatliche Stellen sind mitschuldig<br />
an den Landkonflikten. Gr<strong>und</strong>bücherliche Eintragungen<br />
werden gefälscht. Würden alle Vermerke<br />
im Gr<strong>und</strong>buch legale Eigentümer ausweisen,<br />
müsste beispielsweise der B<strong>und</strong>esstaat Acre<br />
zweistöckig sein. Neben der direkten Vertreibung<br />
gibt es auch indirekte Verdrängungsprozesse.<br />
Missernten, Krankheiten oder eben mangelnde<br />
Kenntnisse der Bodenbeschaffenheit stürzen viele<br />
in Schulden. Weil sie mit zu vielen Problemen zu<br />
kämpfen haben, sehen sich gar manche gezwungen,<br />
Teile oder das gesamte Land um einen<br />
Bananenpreis zu verkaufen. Die Abwanderung aus<br />
den ländlichen Gebieten lässt die Randbezirke der<br />
Städte wie Geschwülste anschwellen. Die Großgr<strong>und</strong>besitzer<br />
profitieren von den Schulden der<br />
verzweifelten Siedler. Längst blickten sie mit<br />
Argusaugen auf die bereits urbar gemachten<br />
Landflächen <strong>und</strong> heimsen sie nun billigst ein. Die<br />
enorme Landkonzentration in ihren Händen macht<br />
sie zu Mega- oder Super-Großgr<strong>und</strong>besitzern.<br />
So entstand in Brasilien seit ein paar Jahrzehnten<br />
eine eigene Kategorie verarmter Familien, die so<br />
genannten Bauern ohne Land. Es sind dies inzwischen<br />
Millionen von Menschen, die nach Gr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Boden suchen <strong>und</strong> manchmal auch die eine<br />
oder andere Fazenda besetzen. Immer wieder<br />
kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwi-<br />
17
schen Landlosen <strong>und</strong> der Polizei oder den Privatmilizen<br />
der Großgr<strong>und</strong>besitzer. Brachte früher<br />
Indianermord keine Haft, scheint sich heute dieselbe<br />
Praxis bei der Ermordung von Landlosen, von<br />
Vertretern der Landarbeitergewerkschaft oder<br />
anderer Organisationen zur Verteidigung der<br />
Rechte der Landlosen zu wiederholen. Kaum einmal<br />
kommt es zu einer Gerichtsverhandlung <strong>und</strong><br />
die Verurteilung der Auftraggeber für die Mordkommandos<br />
ist so selten, dass sie eine echte Ausnahme<br />
bilden. Besonders Frauen <strong>und</strong> Kinder sind<br />
die wehrlosesten Opfer der Landkonzentration in<br />
den Händen einiger weniger Privilegierter! Es<br />
bleibt zu hoffen, dass es der neuen brasilianischen<br />
Regierung gelingt, der Bodenspekulation <strong>und</strong> in<br />
dem in konzentrischen Kreisen sich ausbreitenden<br />
Größtgr<strong>und</strong>besitz einen Riegel vorzuschieben <strong>und</strong><br />
endlich die seit Jahrzehnten versprochene <strong>und</strong><br />
immer wieder aufgeschobene Agrarreform durchzuführen.<br />
1954 sprach mein Onkel aber nicht nur von den<br />
armen Gummisammlern <strong>und</strong> Fischern, den Vorfahren<br />
der heutigen so benachteiligten Siedler oder<br />
Bauern ohne Land. Einen großen Teil seiner<br />
Ausführungen widmete Pater Erich den, wie es damals<br />
noch hieß, „wilden“ Indianern. Entsprechende<br />
Dias untermalten seine Ausführungen <strong>und</strong><br />
ließen einen bleibenden Eindruck zurück. Die Missionare<br />
sahen diese Kinder des Urwaldes natürlich<br />
nur aus der Sicht der Gummisammler, die unendliche<br />
Angst vor ihnen hatten, <strong>und</strong> dies nicht ohne<br />
Gr<strong>und</strong>. Jederzeit konnten sie angreifen <strong>und</strong> tödliche<br />
Pfeile durch die Luft schwirren lassen oder<br />
dann im Nahkampf mit einem einzigen Keulenschlag<br />
ein menschliches Leben auslöschen. Der<br />
Xingu war berühmt-berüchtigt ob solch grausamer<br />
Szenen. Die Indios widersetzten sich mit allen<br />
Mitteln, ihr angestammtes Land den Christen abzutreten,<br />
<strong>und</strong> beantworteten das Eindringen der<br />
Weißen mit Totschlag aus dem Hinterhalt <strong>und</strong><br />
Frauenraub. Keinem Menschen kam es damals in<br />
den Sinn, dass die Indianer, wenn auch auf sehr<br />
grausame Art, im Gr<strong>und</strong>e nur ihr angestammtes<br />
Gebiet vor unbefugten Eindringlingen verteidigten.<br />
Noch weniger wurden die Massenmorde an<br />
den Indios der Weltöffentlichkeit bekannt <strong>und</strong> die<br />
dafür verantwortlichen Gummibarone zur Rechenschaft<br />
gezogen, verurteilt <strong>und</strong> eingesperrt. Ganze<br />
Volksgruppen wurden ausgelöscht. „Matar índio<br />
não traz cadeia“ hieß es: Indianermord bringt keine<br />
Haft! Einer, der diese Szene sehr gut kannte, hat<br />
einmal ausgerufen: „Ich w<strong>und</strong>ere mich, dass das<br />
Wasser des Xingu immer noch grün ist. Es müsste<br />
18<br />
längst rot sein vom Blut der ermordeten Indios!“<br />
Dabei war es ein ungleicher Kampf zwischen den<br />
Weißen <strong>und</strong> den Indios. Während die Indios mit<br />
Pfeil <strong>und</strong> Bogen <strong>und</strong> ihren Holzkeulen gegen die<br />
Gummisammler Krieg führten, hatten die<br />
Gummibarone ihre Milizen längst mit Feuerwaffen<br />
ausgestattet. Über kurz oder lang mussten die<br />
Indios den Kürzeren ziehen. Dennoch, sie gaben<br />
nie auf.<br />
Die Missionare waren ausgesandt, die Indianervölker<br />
zum wahren <strong>Glaube</strong>n zu führen. Ohne dass<br />
wir nun Steine auf die heroischen Ordensleute der<br />
Vergangenheit werfen wollen, sahen diese es dennoch<br />
als ihre erste Aufgabe an, die Indianer zu<br />
„zivilisieren“, um sie in der Folge taufen zu können.<br />
Von vornherein wurde den Indios entweder<br />
jede Art von Religion abgesprochen oder die indigenen<br />
religiösen Ausdrucksformen waren als<br />
Teufelskult <strong>und</strong> Aberglaube auszurotten. Bei dem<br />
Unternehmen der Zivilisierung, oder auch Pazifizierung,<br />
konnten die <strong>Glaube</strong>nsboten mit der Unterstützung<br />
aller Barone rechnen, seien es Gummi-,<br />
Edelmetall- oder Zuckerbarone. Sie waren sich<br />
alle in der Überzeugung eins, dass nur die Kirche<br />
einigermaßen Aussichten hatte, diese Völker zu<br />
„zähmen“, das heißt, sie untertänig, willfährig,<br />
ergeben zu machen. Nur so sei es letztendlich<br />
möglich, an die Naturreichtümer heranzukommen,<br />
ohne allzu hohen Blutzoll bezahlen zu müssen.<br />
Darum ging es den politisch <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
Mächtigen damals <strong>und</strong> geht es im Gr<strong>und</strong>e auch<br />
heute noch.<br />
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann die<br />
Kirche schön langsam, ihre Missionsarbeit zu<br />
überdenken <strong>und</strong> neue Wege zu suchen. Die II.<br />
Lateinamerikanische <strong>Bischofs</strong>konferenz in<br />
Medellín 3 hatte das Ziel, die Beschlüsse <strong>und</strong><br />
Inhalte des Zweiten Vatikanischen Konzils in den<br />
lateinamerikanischen Kontext zu stellen. Auf dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> einer umfassenden Sicht der Realität<br />
Lateinamerikas sollte die theologische Reflexion<br />
im Lichte des Evangeliums <strong>und</strong> des Konzils die<br />
Kirche auf diesem Kontinent zu entsprechenden<br />
pastoralen Schwerpunkten <strong>und</strong> Aktivitäten führen.<br />
Im Schlussdokument 4 hat Medellín den neuen Weg<br />
<strong>und</strong> einen Standortwechsel vorgezeichnet. Die<br />
Kirche Lateinamerikas erklärt ihre Option für die<br />
Armen: „Als Bischöfe möchten wir in Ehrlichkeit<br />
<strong>und</strong> aufrichtiger Brüderlichkeit den Armen immer<br />
mehr näherkommen (...). Das Bewusstsein der<br />
Verpflichtung zur Solidarität mit den Armen muss<br />
unter uns immer stärker werden. Diese Solidarität
Prof. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, Prof. Herwig Büchele<br />
SJ <strong>und</strong> Bischof Erwin Kräutler (v. l. n. r.)<br />
bedeutet, dass wir ihre Probleme <strong>und</strong> ihren Einsatz<br />
zu den unseren machen <strong>und</strong> für sie einzutreten wissen.<br />
Diese Haltung wird sich konkretisieren, wenn<br />
wir im Kampf gegen eine unerträgliche Situation,<br />
in der sich die Armen so oft befinden, Ungerechtigkeit<br />
<strong>und</strong> Unterdrückung anprangern“ (DM<br />
14, 9<strong>–</strong>10).<br />
Medellín inspiriert die lateinamerikanischen<br />
Kirchen, zu „Kirchen der Armen <strong>und</strong> Unterdrückten“<br />
zu werden. Das vom Konzil entflammte<br />
neue Pfingsten fängt Feuer. Die befreiende<br />
Dimension des Evangeliums kommt zum Tragen.<br />
Eine Kirche entfaltet sich, die auf Dialog zwischen<br />
<strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben, zwischen Evangelium <strong>und</strong><br />
Gerechtigkeit gründet. Anstelle einer unterwerfenden<br />
Missionierung trat die liebende Solidarität, das<br />
entschiedene Eintreten für das Leben dieser<br />
Schwestern <strong>und</strong> Brüder. Durch den bewussten<br />
Einsatz der katholischen Kirche gelang es 1987/88<br />
die Indianerrechte in der Brasilianischen Charta<br />
Magna zu verankern. Das erste Mal in der Geschichte<br />
des Landes hat Brasilien eine Verfassung,<br />
die den Indianern volle Rechtspersönlichkeit zugesteht.<br />
Der brasilianische Staat hat künftig die<br />
Aufgabe, den indigenen Völkern schützenden<br />
Beistand zu gewähren, ohne sie dabei in die so<br />
genannte „nationale Gesellschaft“ eingliedern zu<br />
wollen <strong>und</strong> sie zur Aufgabe ihrer Kultur <strong>und</strong><br />
Identität zu zwingen, wie dies bisher der Fall war.<br />
Das Recht der Indianer auf ihr angestammtes<br />
Land, auf die Anerkennung ihrer kulturellen<br />
Eigenart <strong>und</strong> ihrer traditionellen Organisationsformen<br />
ist nun in der Verfassung verankert. 5<br />
Die Forderungen der Verfassung haben jedoch<br />
nicht sofort ein nationales Umdenken, eine<br />
„Bekehrung“, zur Folge. Die neuen Bestimmungen<br />
im Gr<strong>und</strong>gesetz haben im Ausland zwar mit Recht<br />
zur Verbesserung des brasilianischen Image in der<br />
Indianerfrage beigetragen. Leider aber werden die<br />
entsprechenden Artikel nur sehr zaghaft in die<br />
Wirklichkeit umgesetzt. Das zeigt sich besonders<br />
bei der in der Verfassung vorgesehenen Demarkierung<br />
aller Indianergebiete. Die 1988 festgelegte<br />
Frist betrug fünf Jahre <strong>und</strong> ist längst abgelaufen.<br />
Keine Regierung hat bisher tatsächlich den politischen<br />
Willen aufgebracht, diese Gesetzesbestimmungen<br />
tatsächlich zu erfüllen. Somit ist in vielen<br />
Indianergebieten immer noch Tür <strong>und</strong> Tor geöffnet<br />
für alle möglichen Invasionen. Die indigenen Völker<br />
sind nach wie vor in ihrem Überleben bedroht.<br />
Wir hoffen weiter, dass die Verfassung nicht toter<br />
Buchstabe bleibt, sondern ihre Prinzipien tatsächlich<br />
in eine indianerfre<strong>und</strong>liche Politik <strong>und</strong> Praxis<br />
umgesetzt werden.<br />
Angesichts so vieler Todesmechanismen, die<br />
ganze Völker an den Rand des Abgr<strong>und</strong>es drängen,<br />
sehen wir den Einsatz für das Leben der Indios als<br />
unsere Sendung an. Es ist ein Gr<strong>und</strong>anliegen der<br />
Botschaft Jesu, menschliches Leben zu verteidigen<br />
<strong>und</strong> zu fördern. Wenn wir sehen <strong>und</strong> spüren, dass<br />
Leben bedroht ist, dann ist der Widerstand gegen<br />
alle Form von Zwang <strong>und</strong> Unterdrückung christliches<br />
Zeugnis. Wir müssen uns die Frage stellen,<br />
wie die Frohe Botschaft Jesu für Völker aussieht,<br />
die in ihrem physischen oder kulturellen Überleben<br />
gefährdet sind. Sie muss jedenfalls eine Botschaft<br />
des Lebens sein, wo andere den Tod säen.<br />
„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben<br />
<strong>und</strong> es in Fülle haben.“ (Joh 10,10).<br />
Der Schrei „Wir wollen leben!“ dringt in Amazonien<br />
immer noch an unser Ohr. Wenn auch immer<br />
wieder anklagende Stimmen laut werden, die hinterfragen,<br />
warum sich die Kirche für die Rechte<br />
der Indianer einsetzt <strong>und</strong> ihre kulturelle Identität<br />
verteidigt, was denn dieser Schrei mit der Kirche<br />
zu tun habe, die sich auf ihre „religiöse Sendung“<br />
besinnen möge, so belehrt uns die Realität der<br />
Indianervölker, dass es unmöglich ist, den christlichen<br />
<strong>Glaube</strong>n weitab von den Nöten <strong>und</strong> Sorgen<br />
der Menschen zu leben. Wenn unser <strong>Glaube</strong> keinen<br />
konkreten Bezug hat zum Heute der Geschichte,<br />
wenn unser <strong>Glaube</strong> die Angriffe auf die Indianervölker<br />
<strong>und</strong> ihre Mit-Welt, auf das Heim <strong>und</strong> die<br />
Heimat, die Gott für uns alle geschaffen hat, ausklammert,<br />
dann wird der <strong>Glaube</strong> zur Illusion <strong>und</strong><br />
19
hat sich von Jesus, dem menschgewordenen Sohn<br />
Gottes abgewandt.<br />
Die Kirche hat in der Vergangenheit leider viel zu<br />
oft geschwiegen. Im Endeffekt bedeutet Schweigen<br />
immer eine Zustimmung zu dem, was die politisch<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlich Mächtigen für gut <strong>und</strong><br />
erstrebenswert halten. <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben, Evangelisierung<br />
<strong>und</strong> Förderung menschlichen Lebens<br />
können nicht auseinander gerissen, getrennt werden,<br />
wie dies der berühmte Jesuitenpater <strong>und</strong><br />
Apostel von Amazonien, Antônio Vieira, bereits<br />
1662 verurteilt hat. <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben müssen<br />
eine Einheit bilden!<br />
Die Worte des Jesuitenpaters in der denkwürdigen<br />
Epiphaniepredigt vor dem portugiesischen Hof<br />
haben an Aktualität <strong>und</strong> Gültigkeit bis in unsere<br />
Tage nichts verloren: „Man möchte, dass wir die<br />
Eingeborenen zum <strong>Glaube</strong>n bringen <strong>und</strong> sie dann<br />
der Gier überlassen; man möchte, dass wir die<br />
Könige zu Christus bringen <strong>und</strong> sie dann Herodes<br />
überlassen. Und wenn wir diese Sinnlosigkeit aufdecken,<br />
sind wir die Dummen. Wenn wir gegen die<br />
Ungerechtigkeit auftreten, sind wir in ihren Augen<br />
die Ungerechten. Wenn wir ihnen Grausamkeit<br />
vorwerfen, sagen sie, dass wir übertreiben. (...) Die<br />
Diener des Evangeliums sollen sich lediglich um<br />
die Seelsorge kümmern. Knechtschaft <strong>und</strong> Hörigkeit<br />
sind Sache der königlichen Diener. (...) Aber<br />
diese Wege <strong>und</strong> Sorgen trennen, heißt weder Sorgen<br />
noch Wege wollen! (...) Die Seele vom Leib<br />
trennen, heißt töten <strong>und</strong> diese Sorgen auseinander<br />
zu reißen, heißt vernichten. Deshalb sind in kürzester<br />
Zeit auch so viele Gegenden zerstört <strong>und</strong> entvölkert<br />
worden. Von so zahlreichen Dörfern, von<br />
denen nur noch die Namen geblieben sind, sieht<br />
man heute nichts mehr als Ruinen <strong>und</strong> Friedhöfe.“<br />
6<br />
Das amazonische Gesicht Christi.<br />
Es ist oft das von Dornen gekrönte Haupt voll Blut<br />
<strong>und</strong> W<strong>und</strong>en, das uns fragend <strong>und</strong> herausfordernd<br />
anblickt <strong>und</strong> nicht nur Mitleid, sondern liebende<br />
Solidarität verlangt. „Ich war hungrig, durstig, ein<br />
Fremdling, ohne Gewand, krank, im Gefängnis ...“<br />
(cf. Mt 25,31<strong>–</strong>46) schreit Jesus im Namen so vieler<br />
Menschen, die die Welt verachtet, die die heutige<br />
Gesellschaft für überflüssig hält <strong>und</strong> zum<br />
Abfall werfen will. In den vom Elend entstellten<br />
Gesichtern aller Kinder, Jugendlichen, der Indios<br />
<strong>und</strong> Afrobrasilianer, der Frauen <strong>und</strong> Betagten, der<br />
20<br />
kranken, hungernden, obdachlosen, vertriebenen<br />
Menschen, sehen wir immer wieder das Antlitz des<br />
misshandelten Herrn.<br />
Ich denke allerdings noch an ein anderes amazonisches<br />
Gesicht Christi, nämlich an die Kirche Jesu<br />
Christi mit einem amazonischen Antlitz. In den<br />
vergangenen Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten wurde viel<br />
über eine „Evangelisierung der Kulturen“ geschrieben<br />
<strong>und</strong> gesprochen. Eine Evangelisierung<br />
außerhalb oder jenseits der Kulturen ist unmöglich.<br />
„Die Kirche ist von Christus gesandt, die<br />
<strong>Liebe</strong> Gottes allen Menschen <strong>und</strong> Völkern zu verkünden<br />
<strong>und</strong> mitzuteilen“ (AG 10). Die Menschen<br />
<strong>und</strong> Völker, denen wir die „<strong>Liebe</strong> Gottes verkünden<br />
<strong>und</strong> mitteilen“ wollen, befinden sich nicht in<br />
einem aseptischen Raum oder sind „tabula rasa“.<br />
Wenn wir von „Evangelisierung der Kulturen“<br />
sprechen, vergessen wir immer wieder, dass unsere<br />
Kirche einem Kulturkreis angehört, der sich seit<br />
Jahrh<strong>und</strong>erten dominierend über andere erhebt.<br />
Sicher kann es der römischen Kirche nicht als<br />
Schuld angelastet werden, dass ihr kulturelles<br />
Substrat, die abendländische, europäische Kultur,<br />
zur dominierenden der Welt geworden ist. Aber<br />
Amazonien ist nun einmal nicht Europa! Nicht<br />
jede im abendländisch europäischen Kulturkreis<br />
gewachsene Ausdrucksform, Tradition oder rituelle<br />
Handlung wird im Amazonien der indigenen<br />
Völker <strong>und</strong> Afrobrasilianer, in den kleinen kirchlichen<br />
Basisgemeinden entlang der Flüsse <strong>und</strong><br />
Straßen, in den Städten <strong>und</strong> Siedlungen verstanden.<br />
Es geht um die Inkulturation. Das Problem ist<br />
dabei nicht theologischer, sondern praktischer Art.<br />
Es wird in unserem südamerikanischen Kontinent<br />
noch seine Zeit brauchen, bis allen bewusst wird,<br />
dass wir trotz der Option für die Armen immer<br />
noch der seit Jahrh<strong>und</strong>erten dominierenden Kultur<br />
verhaftet sind. Dabei handelt es sich nicht einmal<br />
um ein spezifisches Problem der Indianerpastoral.<br />
Es ist ein Problem der gesamten Kirche. Die Vierte<br />
Lateinamerikanische <strong>Bischofs</strong>konferenz in Santo<br />
Domingo, 1992, <strong>und</strong> die Amerika-Synode im<br />
Vatikan, 1997, haben die historische Chance verpasst,<br />
mutig neue Wege aufzuzeigen, mit dem<br />
Abbau anachronistischer Strukturen zu beginnen<br />
<strong>und</strong> die jahrh<strong>und</strong>ertealten kulturellen Ausformungen<br />
anderer Völker als Substrat der Frohen Botschaft<br />
zu respektieren. Warum soll es in der einen,<br />
heiligen, katholischen <strong>und</strong> apostolischen Kirche<br />
nicht Gemeinden geben, die aztekisch-katholisch,<br />
maya-katholisch, guarani-katholisch, mapuche-
katholisch oder afroamerikanisch-katholisch sind,<br />
um nur einige dieser Völker <strong>und</strong> Kulturen anzuführen.<br />
Erst wenn das möglich wird, hat unsere<br />
Kirche die „Option für die Armen“ tatsächlich zur<br />
„Option für die kulturell Anderen“ erweitert <strong>und</strong><br />
legt Zeugnis ab, dass sie wirklich nur „dies eine<br />
will: unter Führung des Geistes, des Trösters, das<br />
Werk von Christus weiterzuführen“ (GS 3).<br />
Es geht um den geschwisterlichen Dialog <strong>und</strong> um<br />
die Achtung des religiösen Empfindens der<br />
Indianer. Die Kirche hat die indigenen Religionen<br />
als Formen der Gotteserfahrung zu akzeptieren<br />
<strong>und</strong> zu schätzen. Sie soll mit diesen Religionen in<br />
einen authentischen Dialog treten. Die Ursprünge<br />
der Indianerreligionen reichen Jahrtausende zurück.<br />
Sie sind heilsträchtig in ihren kulturellen <strong>und</strong><br />
historischen Ausdrucksweisen <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
Achse <strong>und</strong> Quelle der Identität <strong>und</strong> des Widerstandes<br />
dieser Völker. Das religiöse Leben der<br />
Indianer bezeugt die Authentizität ihrer Gotteserfahrung,<br />
der zutiefst empf<strong>und</strong>enen Harmonie mit<br />
der Mit-Welt, den Mitmenschen <strong>und</strong> dem Heiligen,<br />
der Transzendenz. Religion, tiefster Ausdruck <strong>und</strong><br />
Kern einer Kultur, ist für die indigenen Völker eine<br />
Frage ihrer Identität <strong>und</strong> <strong>Hoffnung</strong> für ihre<br />
Zukunft. Die Religion verbindet, umfasst, vereint<br />
<strong>und</strong> gibt letzten Sinn der familiären Struktur, dem<br />
Gemeinschaftsleben, der Erziehung, der wirtschaftlichen<br />
Organisation <strong>und</strong> dem politischen<br />
System. Die in ihrem ureigenen Wesen religiösen<br />
Indianervölker bringen ihren <strong>Glaube</strong>n in Riten,<br />
Gesängen <strong>und</strong> Tänzen zum Ausdruck. Feste, als<br />
religiöser Ort <strong>und</strong> Moment, sind Höhepunkt ihres<br />
Gemeinschaftslebens. Es ist die Mutter-Erde, mit<br />
der die Indianergemeinschaft verwurzelt lebt. Von<br />
daher kommen auch die meisten ihrer Mythen <strong>und</strong><br />
Riten. Es handelt sich mehr um eine religiöse<br />
Erfahrung, um eine Spiritualität, als um ein systematisch<br />
ausgearbeitetes theologisches Gebäude.<br />
Als Ideal streben wir autochthone Kirchen mit<br />
eigenem Gesicht <strong>und</strong> Herzen an. Es wird ein neues<br />
Pfingsten sein, wenn Gemeinschaften erblühen,<br />
die durch das Band der <strong>Liebe</strong> mit der Kirche „kath’<br />
hólon“, auf der ganzen Welt verb<strong>und</strong>en, Gott in<br />
ihren Sprachen loben <strong>und</strong> preisen <strong>und</strong> den Menschen,<br />
ihren Geschwistern mit indigenen, afroamerikanischen<br />
<strong>und</strong> mestizischen Ausdrucksweisen,<br />
Gebräuchen, Riten <strong>und</strong> Symbolen das Ja Gottes<br />
zum Leben verkünden können: „Der Herr ist wahrhaft<br />
auferstanden ...“ (Lk 24,34).<br />
Eine Kirche, die nicht nur „Kulturen evangelisiert“,<br />
sondern die Frohe Botschaft des Lebens <strong>und</strong><br />
der <strong>Liebe</strong>, der Gerechtigkeit <strong>und</strong> des Friedens, der<br />
Befreiung zur Freiheit der Kinder Gottes „in <strong>und</strong><br />
von den Kulturen aller Völker der Erde ausgehend“<br />
verkündet, in denen Gott seit Anbeginn gegenwärtig<br />
ist, wird der Welt ein neues Licht erstrahlen<br />
lassen, „um allen zu leuchten, die in<br />
Finsternis sitzen <strong>und</strong> im Schatten des Todes, <strong>und</strong><br />
unsere Schritte zu lenken auf den Weg des<br />
Friedens“ (Lk 1,79). Dieses Licht wird neue Kraft<br />
<strong>und</strong> <strong>Hoffnung</strong> bringen <strong>und</strong> wird Zeichen des<br />
„Reiches Gottes“ unter den Menschen aller<br />
Sprachen, Rassen, Völker <strong>und</strong> Nationen sein, des<br />
„Reiches Gottes“, das bei den Gekreuzigten der<br />
Geschichte beginnt <strong>und</strong> die Welt zu neuem Leben<br />
erweckt.<br />
Dies alles ist zwar noch ein Traum! Der Traum von<br />
einer Kirche mit einem spezifisch amazonischen<br />
Gesicht! Dom Hélder Câmara hat einmal gesagt:<br />
„Wenn einer träumt, dann ist es nur ein Traum.<br />
Wenn viele träumen, dann beginnt eine Wende.“<br />
1 Johann W. von Goethe, Die Wahlverwandtschaften, II, 7,<br />
1809.<br />
2 Ein wertvoller Beitrag, den ich für geographische <strong>und</strong> historische<br />
Angaben <strong>und</strong> die Analyse des Programms der Nationalen<br />
Integration teilweise benutzte, ist die Seminararbeit<br />
„Chancen <strong>und</strong> Probleme der Agrarkolonisation im Amazonas“<br />
von Andreas Nagl, Proseminar „Regionale Agrargeographie“,<br />
Universität Erlangen, Geographisches Institut,<br />
SS 1993.<br />
http://www.naan.de/geographie/amazonas.html<br />
3 Medellín (Kolumbien): 24. August bis 6. September 1968.<br />
4 Das Schlussdokument gliedert sich in drei Abschnitte:<br />
Förderung menschlicher Entwicklung. Evangelisierung <strong>und</strong><br />
Wachstum des <strong>Glaube</strong>ns. Die sichtbare Kirche <strong>und</strong> ihre<br />
Strukturen.<br />
5 Vgl. Art 22, XIV <strong>und</strong> Art. 231 sowie Art. 67 des „Ato de<br />
Disposições Constitucionais Transitórias“ in der Brasilianischen<br />
Verfassung von 1988.<br />
6 VIEIRA, Antônio, Sermões, tomo II, Sermão da Epifania,<br />
n. 5, Ed. Anchieta, São Paulo: 1943 (Faksimile-Ausgabe der<br />
Edition von 1679).<br />
21
Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />
Von Jean Monnet, dem Mentor des europäischen<br />
Einigungsprozesses, wird eine bemerkenswerte<br />
Episode berichtet. Als er in den späteren Jahren<br />
seines Lebens gefragt wurde, womit er beginnen<br />
würde, sollte er nochmals mit der europäischen<br />
Einigung anfangen müssen, soll seine Antwort<br />
gelautet haben: mit der Kultur. Diese Anekdote ist<br />
nicht eindeutig bewiesen. Wenn sie aber schon<br />
nicht bewiesen werden kann, ist sie dennoch gut<br />
erf<strong>und</strong>en, bringt sie doch in unmissverständlicher<br />
Weise zum Ausdruck, dass die europäische<br />
Einigung kultureller Gr<strong>und</strong>lagen bedarf. Das<br />
Bewusstsein einer gemeinsamen europäischen<br />
Kultur ist ein unverzichtbares Element einer<br />
europäischen Identität. Die Orientierung an<br />
Wirtschaftszielen reicht nicht aus, um ein europäisches<br />
Bewusstsein zu erzeugen. Der europäische<br />
Bürger soll nicht nur Marktbürger, sondern auch<br />
Kulturträger sein.<br />
22<br />
Univ.-Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />
Das vereinigte Europa in einer<br />
multikulturellen Welt<br />
Studientag im Collegium <strong>Canisianum</strong> am 10. Juli 2003<br />
Die Internationalisierung der modernen Welt hat<br />
auch die kulturellen Beziehungen zwischen<br />
Staaten <strong>und</strong> Gesellschaften erheblich dynamisiert.<br />
Die oft beschworene Globalisierung hat nicht nur<br />
ökonomische Auswirkungen, sie vermittelt auch<br />
der Kultur bzw. den einzelnen Kulturen neue<br />
Wirksamkeiten <strong>und</strong> Rollen. Die folgenden<br />
Ausführungen beschränken sich auf europäische<br />
Perspektiven, eine weltweit umfassende kulturelle<br />
Analyse wäre eine in einem Vortrag nicht zu<br />
bewältigende Herausforderung. Demgemäß sind<br />
die Fragen, die formuliert werden müssen,<br />
Kernfragen des kulturellen Zusammenhangs <strong>und</strong><br />
des europäischen kulturellen Zusammenhalts:<br />
• Ist Europa eine Kulturgemeinschaft?<br />
• Was sind seine kulturellen Kräfte <strong>und</strong> Gemeinsamkeiten,<br />
was sind seine Unterschiede?<br />
• Europa ist ein Kontinent, dessen kulturelle Geschichte<br />
stets eine religiöse Dimension hatte.<br />
Welche Rollen spielten <strong>und</strong> spielen heute noch<br />
Religionsgemeinschaften?<br />
Seit dem Vertrag von Maastricht ist die Europäische<br />
Union eine politische Union. Damit sind<br />
zentrale Fragen verb<strong>und</strong>en, die auch die Zukunft<br />
des europäischen Einigungsprozesses prägen<br />
werden:<br />
• Was ist die geistig-kulturelle Klammer dieser<br />
politischen Union?<br />
• Was bedeutet europäische Identität?<br />
• Was ist das Angebot der Union an ihre Bürger?<br />
Jean Monnet hat die Herausforderung wie folgt<br />
formuliert: „Wir verbinden nicht Staaten, sondern<br />
wir vereinigen Menschen.“<br />
Alle diese Fragen markieren auch den Hintergr<strong>und</strong><br />
der Diskussion über eine europäische Verfassung,<br />
die im Rahmen eines Zukunftskonventes soeben<br />
beendet wurde <strong>und</strong> die ein wesentlicher Schritt in<br />
einer Weiterentwicklung der europäischen Integration<br />
ist.
Die Kulturpolitik der Europäischen Union<br />
Durch den Vertrag von Maastricht 1 wurde die<br />
Kulturpolitik eine Gemeinschaftsaufgabe. Sie ist<br />
allerdings nicht ausschließlich Politik der Gemeinschaft;<br />
letztere „unterstützt <strong>und</strong> ergänzt erforderlichenfalls“<br />
die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten.<br />
Artikel 151 des Vertrages über die Europäische<br />
Gemeinschaft 2 gibt der Kulturpolitik der Gemeinschaft<br />
lediglich einen subsidiären Charakter, er<br />
verpflichtet allerdings die Gemeinschaft, einen<br />
Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten<br />
unter zwei Prämissen zu leisten: zum einen<br />
unter Wahrung der nationalen <strong>und</strong> regionalen<br />
Vielfalt <strong>und</strong> zum anderen bei gleichzeitiger<br />
Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen<br />
Erbes.<br />
Diese beiden Orientierungen sind Aspekte für die<br />
Förderung <strong>und</strong> Wahrung der europäischen Kulturen,<br />
die vor allem folgenden Zwecken dienen<br />
sollen:<br />
• der Verbesserung der Kenntnis <strong>und</strong> Verbreitung<br />
der Kultur <strong>und</strong> Geschichte der europäischen<br />
Völker,<br />
• der Erhaltung <strong>und</strong> dem Schutz des kulturellen<br />
Erbes von europäischer Bedeutung,<br />
• dem nicht kommerziellen Kulturaustausch,<br />
• dem künstlerischen <strong>und</strong> literarischen Schaffen,<br />
einschließlich im audiovisuellen Bereich.<br />
Eine große Zahl von Förderungsprogrammen versucht<br />
diese Ziele umzusetzen. In der politischen<br />
Praxis wird dieser so genannte Kulturartikel als<br />
Gr<strong>und</strong>norm einer europäischen Kulturförderung<br />
verstanden. In Wirklichkeit reicht er jedoch darüber<br />
hinaus. Er reflektiert die Komplexität europäischer<br />
Kulturpolitik <strong>und</strong> betont die gemeinsamen<br />
geistigen Wurzeln der europäischen Völker, die<br />
eine Gr<strong>und</strong>lage einer europäischen Identität bilden<br />
sollen. Diese Identität basiert auf einer existenziellen<br />
Spannungslage zwischen Zugehörigkeit <strong>und</strong><br />
Rivalität.<br />
Der Hinweis auf das gemeinsame kulturelle Erbe<br />
betont das symbolische Universum (nach E.<br />
Cassirer), das aus einer Verschmelzung des<br />
Christentums mit der griechischen Philosophie <strong>und</strong><br />
dem römischen Recht entstand. Die mannigfachen<br />
Kulturen der Mitgliedsstaaten begegnen sich in der<br />
Überzeugung von gemeinsamen rechtlichen, politischen<br />
<strong>und</strong> geistigen Werten <strong>und</strong> Prinzipien.<br />
Die europäische Wertegemeinschaft<br />
Die gegenwärtige europäische Diskussion unterstreicht<br />
immer mehr die Tatsache, dass Europa<br />
mehr ist als ein Zustand ökonomischer Prosperität<br />
<strong>und</strong> technologischer Innovation, es ist vielmehr ein<br />
Raum kultureller Produktivität <strong>und</strong> kreativer<br />
Innovation. Das Bild <strong>und</strong> die Inhalte der europäischen<br />
Integration haben sich seit den Anfängen in<br />
den Jahren 1951 <strong>und</strong> 1957 erheblich verändert. 3<br />
Die ursprünglich rein ökonomisch konzipierten<br />
sektoriellen Gemeinschaften <strong>–</strong> die Europäische<br />
Gemeinschaft für Kohle <strong>und</strong> Stahl, die Europäische<br />
Wirtschaftsgemeinschaft <strong>und</strong> die Europäische<br />
Atomgemeinschaft <strong>–</strong> sind Teil der durch den<br />
Vertrag von Maastricht gegründeten politischen<br />
Union geworden. Die Union ist eine politische<br />
Gemeinschaft, die sich den Gr<strong>und</strong>sätzen der<br />
Freiheit, der Gleichheit, der Menschenrechte <strong>und</strong><br />
der Demokratie sowie des Rechtsstaates verpflichtet<br />
fühlt, 4 aber ebenso Subsidiarität <strong>und</strong> Solidarität<br />
als bindende Gr<strong>und</strong>sätze anerkennt.<br />
Diese Prinzipien spiegeln jene Werte wider, die die<br />
Mitgliedsstaaten der Union miteinander verbinden.<br />
Sie sind gleichzeitig das geistig-kulturelle Rahmenwerk<br />
der europäischen Vielfalt. Der europäische<br />
Einigungsprozess ist durch das Paradigma<br />
„Vielfalt in der Einheit“ geprägt. Erhaltung der<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Schaffung von Einheit <strong>–</strong> das scheint<br />
das politische Paradoxon zu sein, das auch in<br />
einem allgemein politischen Sinne interpretiert<br />
wird. Es kann als politisches Programm verstanden<br />
werden, das den dynamischen Charakter des<br />
europäischen Einigungsprozesses charakterisiert.<br />
Konrad Adenauer, der erste deutsche B<strong>und</strong>eskanzler<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg, hat den Auftrag,<br />
Vielfalt mit Einheit zu verbinden, in sehr<br />
plakativer Weise beschrieben:<br />
„Manche scheinen sich das so vorzustellen, als hätten<br />
wir einen Schmelztiegel, aus dem eine graue<br />
einförmige Masse hervorgehen müsste, <strong>und</strong> das sei<br />
dann Europa. Dagegen wehrt sich nicht nur der<br />
viel geschmähte Nationalismus, sondern der<br />
ges<strong>und</strong>e Sinn für Eigenes <strong>und</strong> Überliefertes. Aber<br />
Europa soll gar nicht gleichgeschaltet werden.<br />
Sein größter Reiz <strong>und</strong> Reichtum liegt in der<br />
Mannigfaltigkeit. Das Gemeinsame in der Mannigfaltigkeit<br />
herauszuarbeiten, das Verschiedene<br />
zu einer Einheit zu verbinden, das ist die Aufgabe.<br />
Das ist ja gerade das Ges<strong>und</strong>e an einem richtig verstandenen<br />
Föderalismus, dass es weiter Franzosen,<br />
Italiener, Deutsche, Holländer, Belgier <strong>und</strong><br />
23
Prof. Lawrence Milby, Prof. Paul Weß, Wolf Zielinski<br />
<strong>und</strong> Bischof Johannes Chang Yik beim Studientag<br />
Luxemburger geben wird in der größeren europäischen<br />
Heimat. Hier entsteht etwas Neues, ohne<br />
dass das Alte vernichtet wird. Das Nationale bleibt,<br />
nur ist es nicht mehr das Höchste <strong>und</strong> Letzte.“ 5<br />
Nach Adenauers Vorstellungen sollen in der<br />
Europäischen Gemeinschaft föderale Strukturen<br />
mit dem Fortbestand des Nationalelementes als<br />
soziokulturelle <strong>und</strong> politische Einheit verb<strong>und</strong>en<br />
werden. Die Vielfalt der Sprachen, Religionen <strong>und</strong><br />
Kulturen ist ein wesentlicher Teil des Gesamtspektrums<br />
der Diversivität.<br />
Das Paradigma der Vielfalt<br />
Europa besitzt eine Vielfalt von Mentalitäten <strong>und</strong><br />
Traditionen. Sie wurden durch fortwährende Teilungen<br />
geprägt. Teilung bedeutet Gegensätzlichkeit,<br />
sie ist aber auch Wandel <strong>und</strong> Veränderung. Im<br />
Folgenden seien nur einige historische Merkmale<br />
dieses europäischen Teilungsprozesses erwähnt:<br />
• Im Jahr 395 kam es zur Teilung des Ost- <strong>und</strong><br />
Weströmischen Reiches.<br />
• Im Jahr 1054 führte der Bruch zwischen Rom<br />
<strong>und</strong> Konstantinopel zur Teilung zwischen Ost<strong>und</strong><br />
Westkirche.<br />
24<br />
• Im Augsburger Religionsfrieden des Jahres<br />
1555 wurde eine Teilung in katholische <strong>und</strong><br />
protestantische Regionen vorgenommen<br />
(„Cuius regio eius religio“).<br />
• Der Westfälische Friede führte im Jahr 1648 zu<br />
einer Neuordnung Europas durch Teilung.<br />
• Ähnliches ereignete sich am Wiener Kongress<br />
im Jahr 1814.<br />
• Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert führte die Entstehung der<br />
Nationalstaaten zu einem immer stärker werdenden<br />
<strong>und</strong> überbordenden Nationalismus, der<br />
eine wesentliche Ursache der zwei Weltkriege<br />
des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts bildete.<br />
• Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden<br />
durch die so genannten Pariser Vororte-Verträge<br />
(Friedensverträge) neue Teilungen festgeschrieben.<br />
• Am Ende des Zweiten Weltkrieges haben die<br />
Konferenzen der Alliierten in Jalta <strong>und</strong> Potsdam<br />
eine Teilung der Einflusssphären der<br />
Großmächte vorgesehen, die wenige Jahre später<br />
auch die Zonen des Kalten Krieges<br />
bestimmten.<br />
Vor diesem geschichtlichen Hintergr<strong>und</strong> erscheint<br />
das Jahr 1989 in der Tat als ein „annus mirabilis“.<br />
Es brachte den früheren kommunistischen Satellitenstaaten<br />
in Zentral- <strong>und</strong> Osteuropa demokratische<br />
Regierungsformen, führte zur Wiedervereinigung<br />
Deutschlands <strong>und</strong> bewirkte schließlich auch<br />
den Zerfall des Sowjetimperiums. Die führenden<br />
Politiker der europäischen Gemeinschaften jener<br />
Zeit, vor allem Francois Mitterand <strong>und</strong> Helmut<br />
Kohl, nützten die Gunst der St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> bereiteten<br />
ein Einigungswerk vor, das den Westen <strong>und</strong> Osten<br />
Europas zusammenführte. Mit dem Neueintritt von<br />
10 Mitgliedern am 1. Mai 2004 wird der europäische<br />
Kontinent weitgehend vereint sein. Die vielfach<br />
beschworene „Vielfalt in der Einheit“ steht<br />
vor neuen Herausforderungen. Sie wird vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> unterschiedlicher historischer Erfahrungen<br />
ein europäisches Gestaltungsprinzip werden,<br />
das gestützt auf den Subsidiaritätsgr<strong>und</strong>satz<br />
ein Gegenprogramm zum Brüssler Zentralismus<br />
<strong>und</strong> Uniformismus sein soll.<br />
Dieser Prozess braucht ein starkes europäisches<br />
Bewusstsein, das sich auf dem Wissen um die<br />
Reichhaltigkeit der europäischen Gesellschaften<br />
<strong>und</strong> die Vielfalt der spirituellen Ressourcen gründet.<br />
Es sollte die Arroganz überwinden, die sich in<br />
Hegemonie <strong>und</strong> Dominanz äußert. Europa muss<br />
seine Traditionen erkennen, die im Regelfall vielschichtig<br />
<strong>und</strong> reich an fruchtbaren Mehrdeutig-
Prof. Neisser <strong>und</strong> Bischof Josef Homeyer gestalten<br />
den Studientag: Europa <strong>und</strong> die Weltkirche<br />
keiten sind. Alle monotheistischen Religionen<br />
Europas <strong>–</strong> das Judentum, das Christentum <strong>und</strong> der<br />
Islam <strong>–</strong> stammen aus dem Orient; sie beinhalten<br />
einen Prozess beträchtlicher Transformationen, die<br />
über lange Zeiträume hinweg stattfanden. Diese<br />
Traditionen stehen auf dem Prüfstand einer zunehmenden<br />
Globalisierung.<br />
Globalisierung <strong>und</strong> Kultur<br />
Phänomene einer Globalisierung existieren in der<br />
Geschichte seit langem. So waren die Missionstätigkeiten<br />
der Konfessionen in den vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erten ein wesentliches Element einer kulturell-moralischen<br />
Globalisierung. Die heutigen<br />
Bestrebungen, Demokratie <strong>und</strong> Marktwirtschaft<br />
sowie Menschenrechte zu universellen Werten zu<br />
machen, verstärken die Tendenzen zu offenen<br />
Gesellschaften. Die Rolle der Zivilgesellschaften<br />
wird bedeutend. Damit werden die Kulturen der<br />
Völker <strong>und</strong> Gesellschaften in den Mittelpunkt<br />
gerückt. Samuel Huntington hat in seinem<br />
Bestseller „Kampf der Kulturen“ 6 darauf hingewiesen,<br />
dass im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert die schlimmsten<br />
Bedrohungen der internationalen Sicherheit nicht<br />
wirtschaftlicher oder politischer, sondern kultureller<br />
Natur sein werden. Dieser Kampf der Kulturen<br />
spiegelt die konfrontative Gr<strong>und</strong>einstellung „wir<br />
<strong>und</strong> die anderen“ wider.<br />
Globalisierung bedeutet keineswegs eine zwangsläufige<br />
Homogenisierung kultureller Strukturen.<br />
Sie provoziert in verstärktem Maße auch Tendenzen<br />
einer Lokalisierung: Sie stärkt das Empfinden<br />
<strong>und</strong> das Zugehörigkeitsgefühl im Bezug auf die<br />
lokale Ebene. Neigungen zu ursprünglichen Bindungen<br />
werden wirksam <strong>und</strong> setzen neue Akzente<br />
in der Suche nach Identität. Elmar Johnson, ein<br />
amerikanischer Zukunftsdenker, hat diese Entwicklung<br />
sehr einprägsam formuliert: „Es kann<br />
sein, dass die Globalisierung die Autorität des<br />
Staates untergräbt <strong>und</strong> die Bedeutung von Souveränität<br />
<strong>und</strong> Nationalbewusstsein verändert, aber<br />
sie steigert die Bedeutung der Identität. Je globaler<br />
die Welt wird, umso vitaler ist das Streben nach<br />
Identifikation.“<br />
Die Alternative zum Kampf der Kulturen im Sinne<br />
der Gestaltung einer friedlichen Weltordnung ist<br />
die Konvergenz der Kulturen. Sie bedeutet ihrem<br />
Wesen nach die Entdeckung gemeinsamer<br />
Gr<strong>und</strong>werte, die als Maßstab für politisches <strong>und</strong><br />
gesellschaftliches Handeln akzeptiert werden.<br />
Kulturelle Konvergenz findet durch einen permanenten<br />
Dialog statt. Die dialogischen Beziehungen<br />
verlangen Partner, die bestimmte intellektuelle,<br />
mentale <strong>und</strong> spirituelle Voraussetzungen erfüllen.<br />
Die Basis dieses Dialogs ist die Gleichheit der<br />
Partner, ohne die es keinen gemeinsamen Boden<br />
für ein Gespräch gibt. Die Dialogteilnehmer erfahren<br />
die multikulturelle Begegnung durch die<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Akzeptanz von Unterschiedlichkeiten<br />
<strong>und</strong> Gemeinsamkeiten sowie durch die<br />
Erkenntnis gemeinsamer Perspektiven.<br />
Die europäische Erfahrung<br />
Die Europäer müssen darüber nachdenken, was sie<br />
legitimerweise in diesen Dialogprozess einbringen<br />
können. Europa ist nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
als Westeuropa entstanden, das heißt als westliche<br />
Wertegemeinschaft. Im Jahr 1989 fielen die<br />
Bastionen der kommunistischen Welt, ein Transitionsprozess<br />
setzte ein, der die früheren totalitären<br />
Systeme des Ostens immer mehr in Richtung<br />
Westen führte. Mit der Erweiterungsentscheidung<br />
der Europäischen Union für 10 neue Mitgliedsstaaten<br />
hat diese dem Prozess der Zusammenführung<br />
eine neue Qualität gegeben. Das vereinigte<br />
Europa ist Wirklichkeit geworden. Unterschiedliche<br />
Welten finden zueinander; neue Generationen<br />
erfahren die Europäisierung unseres Kontinents.<br />
Dieser Europäisierungsprozess bringt eine neue<br />
Vielfalt, vor allem auch in der Kultur. Wie die<br />
Europäische Union darauf reagieren wird, erscheint<br />
noch ungewiss. Es ist jedenfalls eine faszi-<br />
25
nierende Aufgabe, dieses vereinte Europa als<br />
Kultur- <strong>und</strong> Wertegemeinschaft zu verwirklichen.<br />
Eine der Kernfragen ist dabei, ob Europa mehr ist<br />
als ein geographischer Begriff. In der Diskussion<br />
über die mögliche Mitgliedschaft der Türkei ist<br />
diese Frage ein zentrales Thema.<br />
Die Europäische Union hat in den vergangenen<br />
Jahren viel getan, um ihre Werteordnung zu vertiefen<br />
<strong>und</strong> zu etablieren. Dazu gehört die Verankerung<br />
von allgemeinen Prinzipien, wie bereits<br />
vorher erwähnt wurde, vor allem aber auch die<br />
Akzeptanz einer Gr<strong>und</strong>rechtscharta, die erstmals<br />
einen Katalog der Freiheitsrechte <strong>und</strong> der sozialen<br />
Gr<strong>und</strong>rechte enthält. Die Suprema Lex dieses<br />
Dokumentes ist die im Artikel 1 verankerte Würde<br />
des Menschen: „Die Würde des Menschen ist<br />
unantastbar. Sie ist zu achten <strong>und</strong> zu schützen.“<br />
Allerdings ist die europäische Werteordnung noch<br />
ein Netz mit vielen Löchern. In entscheidenden<br />
Fragen, wie etwa wann das menschliche Leben<br />
beginnt <strong>und</strong> wann es endet oder welcher Begriff<br />
der Familie <strong>und</strong> der Ehe anzuwenden ist, gibt es<br />
keine allgemeine Akzeptanz unter den Mitgliedsstaaten.<br />
Die Vermittlung des geistig-kulturellen Erbes<br />
Europas ist weltweit ein stärker werdender Prozess<br />
einer kulturellen Verflechtung. Die Frage, was<br />
durch eine europäische Kultur vermittelt werden<br />
kann, wird zum Kernthema. Die westliche Geistesart<br />
wurzelt in der jüdisch-christlichen Überlieferung<br />
des europäischen Kontinents. Sie ist bestimmt<br />
durch Christentum <strong>und</strong> Kapitalismus sowie<br />
durch Naturwissenschaft <strong>und</strong> Technik, durch das<br />
Rechtssystem des römischen Rechts <strong>und</strong> des Code<br />
Napoleons, durch bürgerlich urbane Lebensformen,<br />
durch Demokratie <strong>und</strong> Menschenrechte <strong>und</strong><br />
schließlich durch die Säkularisierung von Staat<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft. Alles das ist zu reflektieren,<br />
wenn man von der europäischen Identität als dem<br />
spricht, was Europa unverwechselbar macht.<br />
Identität wurzelt in Historischem; in sich ständig<br />
Verwandelndem. Europa ist in seiner Geschichte<br />
ein Kontinent des Mittelalters ebenso wie des<br />
Humanismus <strong>und</strong> der Aufklärung sowie der<br />
Kolonialisten. Es war nie eine abgeschlossene<br />
Einheit, kein Ganzes, sondern ein Erdteil mit vielen<br />
Unterschieden, Brücken <strong>und</strong> Differenzen. Es<br />
eignet sich, in einer Art „Patchwork“-Identität dar-<br />
26<br />
gestellt zu werden, nämlich als Versuch, aus vielen<br />
auch sehr heterogenen Einzelteilen etwas weder<br />
Vollkommenes noch Abgeschlossenes zu machen,<br />
jedoch etwas, das dennoch eine halbwegs tragfähige<br />
Gr<strong>und</strong>lage für soziales Handeln sein kann.<br />
Chancen für eine Kultur der Menschlichkeit.<br />
Der an der katholisch-theologischen Fakultät der<br />
Universität Salzburg lehrende Clemens Sedmak<br />
hat vor kurzem darauf hingewiesen, dass Europas<br />
Chance im Aufbau einer Kultur der Menschlichkeit<br />
liege, 7 dafür gebe es drei Indikatoren:<br />
1. Die Existenz von Bausteinen von Gr<strong>und</strong>überzeugungen,<br />
die in der jüdisch-christlichen <strong>und</strong><br />
der philosophischen Tradition, der Rechtstradition<br />
sowie der Tradition der Menschenrechte<br />
begründet sind <strong>und</strong> die eine Kultur der<br />
Menschlichkeit als Wert <strong>und</strong> Chance erkennen<br />
lassen.<br />
2. Eine weitere Chance liege in der nachhaltigen<br />
Differenzierung, die zu einem Teppich von<br />
regionalen Minoritäten <strong>und</strong> politischen<br />
Pluralismen führe, wodurch der Schutz der<br />
Vielfalt <strong>und</strong> Minoritäten notwendig werde.<br />
3. Die dritte Chance liege in einem starken<br />
„Mittelstand“, der ein „Frei sein“ <strong>und</strong> „Frei<br />
sein für“ ermögliche: Der Mittelstand sei nämlich<br />
nicht mit der Sicherung seines Reichtums<br />
beschäftigt, wie dies bei den sehr reichen<br />
Menschen der Fall sei, er sei aber auch nicht so<br />
arm, dass er um sein Leben kämpfe müsse.<br />
Dieser Hinweis auf die Rolle des Mittelstandes<br />
erinnert mich an einen Vortrag, den vor vielen<br />
Jahren der damalige Dekan der Gregoriana,<br />
Pater Schasching, in Wien gehalten hat: Er vertrat<br />
damals die Auffassung, dass Italien, das in<br />
den letzten Jahrzehnten durch viele Regierungskrisen<br />
gegangen ist, nur deshalb bestehen<br />
konnte, weil der Mittelstand „funktionierte“.<br />
Dieses eben beschriebene Konzept ist kein operatives<br />
Programm, es bedeutet aber das Aktivieren<br />
von geistig-kulturellen Kräften, die Europa in<br />
einer multikulturellen Weltordnung ein Profil vermitteln<br />
können, das respektiert wird <strong>und</strong> Wirkung<br />
zeigt. Europa ist keine Festung, die sich permanent<br />
gegen Einflüsse von außen zu verteidigen hat, es<br />
ist vielmehr ein weltoffener Kontinent mit starker<br />
Überzeugungskraft.
1 Dieser Vertrag wurde am 7. Februar 1992 unterzeichnet <strong>und</strong><br />
trat nach Durchführung des Ratifikationsverfahrens am<br />
1. November 1993 in Kraft.<br />
2 Durch den Vertrag von Amsterdam wurden die einzelnen<br />
Vertragsbestimmungen neu nummeriert, der frühere Artikel<br />
128 ist nunmehr als Artikel 151 Bestandteil des Vertrages.<br />
3 Die Gründungsverträge waren der am 18. April 1951 unterzeichnete<br />
Vertrag über die Gründung der Europäischen<br />
Gemeinschaft für Kohle <strong>und</strong> Stahl (er ist nach 50 Jahren<br />
ausgelaufen) sowie die am 25. März 1957 in Rom unterzeichneten<br />
Verträge zur Gründung der Europäischen<br />
Wirtschaftsgemeinschaft <strong>und</strong> der Europäischen Atomgemeinschaft.<br />
4 Art. 6 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Union hat<br />
folgenden Wortlaut: „Die Union beruht auf den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der<br />
Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit;<br />
diese Gr<strong>und</strong>sätze sind allen Mitgliedsstaaten<br />
gemeinsam.“<br />
5 Dieses Zitat stammt aus einem Interview, das der Nordwestdeutsche<br />
R<strong>und</strong>funk am 6. März 1953 mit Konrad<br />
Adenauer führte <strong>und</strong> das in der Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung vom 5. Jänner 2001 abgedruckt wurde.<br />
6 Samuel P. Huntington, Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung<br />
der Weltpolitik im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert (1998).<br />
7 Vorrang für „alte“ Werte, in: „Die Furche“ vom 19. Juni<br />
2003, Seite 8.<br />
Neoingressi im Studienjahr 2002/03<br />
1. Reihe (v. l. n. r.):<br />
1. Davydov Oleg, Fr. Daniel OCist.<br />
2. Kaviyil Philip<br />
3. P. Friedrich Prassl SJ, Subregens <strong>und</strong><br />
Studienpräfekt<br />
4. P. Hans Tschiggerl SJ, Regens<br />
5. P. Michael Meßner SJ, Superior<br />
6. P. Bernhard Bürgler SJ, Spiritual<br />
7. James Anthuvan Dass<br />
8. Holovchak Ihor<br />
2. Reihe (v. l. n. r.):<br />
9. Montoya Florez Efrain<br />
10. Loono Lorok Peter<br />
11. Gmainer Pranzl Dr. Franz<br />
12. Ordaz Salazar Francisco Javier<br />
13. Radic´ Stjepan<br />
14. Tuor Andri OSB<br />
15. Roduit David<br />
16. Moling Markus<br />
17. Kalathiparambil Antony<br />
18. Terletskyy Petro<br />
19. Chung Jin-Man Angelus<br />
20. Alvarez Blanco Juan Carlos<br />
27
Dr. Beate Kowalski<br />
Einige Worte von Teilhard de Chardin, die er während<br />
einer wissenschaftlichen Expedition in der<br />
Wüste wahrscheinlich am Fest der Verklärung verfasst<br />
hat, als es ihm unmöglich war, die Messe zu<br />
feiern, mögen auch einem geistlichen Impuls zum<br />
Herz-Jesu-Fest hilfreich sein:<br />
Teilhard de Chardin schreibt zum Herz-Jesu-Fest:<br />
„Seltsame Schritte Deines Geistes, mein Gott! <strong>–</strong> Als<br />
vor zwei Jahrh<strong>und</strong>erten in Deiner Kirche sich die<br />
klar umrissene Anziehungskraft Deines Herzens<br />
bemerkbar zu machen begann, mochte es scheinen,<br />
was die Seelen verführte, sei die Entdeckung eines<br />
bestimmteren, umschriebeneren Elements in Dir als<br />
Dein Menschsein selbst. Jetzt aber wird in plötzlicher<br />
Umkehr sichtbar, dass Du, Jesus, durch die<br />
‚Offenbarung‘ Deines Herzens unserer <strong>Liebe</strong> vor<br />
allem das Mittel geben wolltest, dem zu entkommen,<br />
was allzu eng, allzu scharf umrissen, allzu<br />
begrenzt an dem Bild war, das wir uns von Dir<br />
machten.<br />
28<br />
Dr. Beate Kowalski<br />
Geistlicher Impuls zum Herz-Jesu-Fest<br />
Ausschnitte aus den Punkten zum Herz-Jesu-Fest 2003<br />
Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts anderes<br />
als einen Glutofen; <strong>und</strong> je mehr ich dieses brennende<br />
Feuer ansehe, umso mehr scheint es mir, dass<br />
überall um es herum die Umrisse Deines Leibes zerschmelzen,<br />
dass sie über alles Maß hinaus größer<br />
werden, bis ich in Dir keine anderen Züge mehr<br />
erkenne als die Gestalt einer entflammten Welt.<br />
Glorreicher Christus; verborgen im Schoß der Materie<br />
ausgebreiteter Einfluss <strong>und</strong> blendendes Zentrum,<br />
in dem die zahllosen Fasern der Vielheit verb<strong>und</strong>en<br />
sind; Macht, unbarmherzig wie die Welt <strong>und</strong> warm<br />
wie das Leben; Du, Dessen Stirn wie Schnee,<br />
Dessen Augen wie Feuer, Dessen Füße strahlender<br />
sind als schmelzendes Gold; Du, Dessen Hände die<br />
Sterne gefangen halten; Du, Der Du der Erste <strong>und</strong><br />
der Letzte, der Lebendige, der Tote <strong>und</strong> der<br />
Auferstandene bist; Du, Der Du in Deiner überströmenden<br />
Einheit allen Zauber, alle Lust, alle Kräfte,<br />
alle Zustände sammelst; Dich rief mein Sein mit<br />
einem ebenso großen Verlangen wie das Universum:<br />
Du bist wahrhaft mein Herr <strong>und</strong> mein Gott!“ 1<br />
„Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts<br />
anderes als einen Glutofen“: In mystischer Sprache<br />
spricht Teilhard de Chardin von seiner Begegnung<br />
mit Jesus. Er beschreibt ihn als Glutofen <strong>und</strong> brennendes<br />
Feuer; dazu gebraucht er Bilder der<br />
Berufungsvision des Propheten Johannes aus der<br />
Apokalypse. Das brennende Herz ist Bild für die<br />
übergroße <strong>Liebe</strong>, die aus ihm hervorströmt <strong>und</strong> in<br />
dem die ganze Welt Platz findet. Darum lohnt es,<br />
biblischen Bildern vom Feuer Christi nachzugehen,<br />
sie auf uns einwirken zu lassen <strong>und</strong> uns von Ihm<br />
entflammen zu lassen.<br />
Jesus als Glutofen <strong>und</strong> brennendes Feuer<br />
„Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts anderes<br />
als einen Glutofen; <strong>und</strong> je mehr ich dieses brennende<br />
Feuer ansehe, umso mehr scheint es mir, dass<br />
überall um es herum die Umrisse Deines Leibes zerschmelzen,<br />
dass sie über alles Maß hinaus größer<br />
werden, bis ich in Dir keine anderen Züge mehr<br />
erkenne als die Gestalt einer entflammten Welt.“
Das waren die Worte Teilhard de Chardins ... Neben<br />
dem biblischen Motiv des Herzens gebraucht er in<br />
seiner mystischen Sprache das des Feuers, um Seine<br />
Begegnung mit Jesus Christus auszudrücken. Es ist<br />
für ihn Ausdruck Seiner übergroßen <strong>Liebe</strong>, in der<br />
die ganze Welt Platz findet <strong>und</strong> in die ein Mensch<br />
hineintauchen kann. Es ist ein Bild, das im AT mehrfach<br />
zur Beschreibung der Begegnung mit Gott<br />
gebraucht wird. Eine der bekanntesten Stellen ist die<br />
Begegnung zwischen Mose <strong>und</strong> JHWH auf dem<br />
Berg in Ex 24. Es lohnt, in diesen Text einmal tiefer<br />
hineinzuhorchen. Insbesondere die Voraussetzungen<br />
einer Begegnung mit Gott werden hier beschrieben.<br />
Sie können uns eine Hilfe sein, uns auf die<br />
Begegnung mit dem Heiligsten Herzen Jesu vorzubereiten.<br />
Hören wir zunächst auf den Text:<br />
Ex 24,9<strong>–</strong>18: Begegnung zwischen Mose<br />
<strong>und</strong> JHWH auf dem Berg<br />
Wie geschieht Gottesbegegnung nach der Darstellung<br />
dieses Textes aus dem Buch Exodus? Der Text<br />
besteht aus zwei Abschnitten: Im ersten Teil ist von<br />
einer gemeinschaftlichen Erfahrung der Herrlichkeit<br />
Gottes die Rede, im zweiten Teil von einer individuellen,<br />
stellvertretenden Begegnung des Mose.<br />
Der erste Schritt auf dem Weg zur Gottesbegegnung<br />
wird als Aufstieg beschrieben. Mose, Aaron, Nadab,<br />
Abihu <strong>und</strong> siebzig der Ältesten Israels steigen auf<br />
den Berg <strong>und</strong> sehen den Gott Israels. Gottes<br />
Gegenwart wird ehrfurchtsvoll in Bildern beschrieben;<br />
die LXX spricht noch vorsichtiger davon, dass<br />
sie den Ort sahen, an dem Gott stand. Nicht Gottes<br />
Aussehen kommt zur Sprache, sondern Sein Abglanz<br />
auf seine Umgebung: die Fläche unter seinen<br />
Füßen wird mit Saphiren verglichen <strong>und</strong> der<br />
Himmel über ihm glänzt. Es sind die Auswirkungen<br />
des Glanzes <strong>und</strong> Feuers Gottes, das sich ausbreitet<br />
<strong>und</strong> nicht in Ihm Halt macht. Gottes Ausstrahlung<br />
verbreitet sich in alle Richtungen, sowohl nach<br />
unten als auch nach oben. Himmel <strong>und</strong> Erde, der<br />
ganze Kosmos empfängt etwas von diesem göttlichen<br />
Licht.<br />
Ganz menschlich dagegen ist die zweite Aussage,<br />
dass Gott seine Hand nicht gegen die Israeliten ausstreckt,<br />
sondern sie Gott sehen, essen <strong>und</strong> trinken<br />
dürfen. Gott sehen bedeutet nach atl. Vorstellung<br />
den Tod. Niemand kann Gott schauen, ohne zu sterben.<br />
Doch hier erlaubt JHWH der Abordnung<br />
Israels, Seine Gegenwart lebendig zu überstehen.<br />
Essen <strong>und</strong> Trinken sind Ausdruck dafür, dass sie am<br />
Leben bleiben. Die Begegnung mit JHWH geschieht<br />
im vollständigen Schweigen.<br />
Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />
Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, müssen wir<br />
uns auf Ihn zubewegen, aufsteigen aus dem Alltag<br />
<strong>und</strong> uns Ihm zuwenden. Freilich bedeutet das nicht<br />
ein Abheben aus den Realitäten dieser Welt, wir dürfen<br />
<strong>und</strong> sollen Menschen bleiben <strong>und</strong> Bodenhaftung<br />
behalten. Das Bild vom Aufstieg bedeutet vielmehr<br />
eine geistliche Kraftanstrengung, die sich in allen<br />
Mühsalen des Alltags <strong>und</strong> in aller Alltäglichkeit<br />
Jesus Christus zuwendet, den Blick auf Ihn nicht aus<br />
den Augen verliert <strong>und</strong> in Allem versucht, Ihn zu<br />
finden. Wie man bei einer Bergtour das Ziel nicht<br />
aus dem Auge verlieren sollte, von Zeit zu Zeit<br />
innehält, um den Blick nach oben auf den Gipfel zu<br />
richten, so sollten wir es auch in unserem geistlichen<br />
Leben halten. Und ebenso wie eine Bergtour<br />
eine Kraftanstrengung bedeutet, den ganzen<br />
Menschen herausfordert, große Aufmerksamkeit<br />
beim Gehen der einzelnen Schritte auf ungesicherten<br />
Wegen verlangt, so sollte es auch in unserem<br />
Weg auf Jesus Christus zu sein:<br />
<strong>–</strong> unsere ganze Aufmerksamkeit auf Ihn richten,<br />
<strong>–</strong> auf ungesicherten Wegen Ihn im Blick behalten,<br />
<strong>–</strong> uns von Seiner Ausstrahlung anziehen lassen.<br />
Eine Gemeinschaft von Mitwandernden auf dem<br />
Weg zu Christus hin schadet dabei der Gottesbegegnung<br />
nicht. Im Gegenteil: gemeinschaftlich wird<br />
der Abordnung aus dem Haus Israels Gottes<br />
Gegenwart geschenkt. Eine Begegnung mit dem<br />
Feuer Gottes wird niemals einem Menschen exklusiv<br />
geschenkt, dafür ist die Ausstrahlungskraft<br />
Gottes viel zu groß, als dass sie sich auf einen<br />
Einzelnen beschränken ließe.<br />
Eine besondere Form der Gottesbegegnung wird<br />
Mose zuteil, der von JHWH aufgefordert wird<br />
(V.12), zu Ihm zu kommen <strong>und</strong> bei Ihm zu bleiben.<br />
Mose hört <strong>und</strong> gehorcht dieser Aufforderung (V.15)<br />
<strong>und</strong> steigt auf den Berg, der zunächst von einer<br />
Wolke <strong>–</strong> ein Theophaniezeichen <strong>–</strong> bedeckt ist. Sechs<br />
Tage werden ihm geschenkt, um sich auf die eigentliche<br />
Gottesbegegnung vorzubereiten. Langsam,<br />
Schritt um Schritt kann er sich Gottes Gegenwart<br />
nähern. Nachdem er zunächst eintaucht in die<br />
Wolke, die die Gegenwart andeutet. Erst am siebten<br />
Tag, dem Höhepunkt der Woche, wird er von<br />
JHWH herbeigerufen. Erst dann zeigt sich Gottes<br />
Herrlichkeit wie ein verzehrendes Feuer. Und noch<br />
einmal betont der Text, dass Mose anschließend in<br />
die Wolke hineintaucht <strong>und</strong> den Berg weiter auf-<br />
29
steigt. Einerseits ist das eine Spannung oder Wiederholung<br />
zu der vorangegangenen Aussage, andererseits<br />
bereitet sie das Bleiben des Mose vierzig Tage<br />
<strong>und</strong> Nächte auf dem Berg in der Gegenwart Gottes<br />
vor.<br />
Diese besondere Begegnung mit dem Feuer Gottes,<br />
von dem der zweite Abschnitt der Perikope spricht,<br />
geht auf die besondere Initiative Gottes zurück. Hier<br />
ist nicht mehr die menschliche Kraftanstrengung<br />
Voraussetzung der Gottesbegegnung, sondern einzig<br />
die Antwort des Menschen auf den Ruf Gottes<br />
zu kommen <strong>und</strong> zu bleiben. Es ist eine weitere Stufe<br />
auf dem Weg zu Gott; nicht mehr Eigeninitiative<br />
<strong>und</strong> Bemühen, Gottes Gegenwart zu finden, sondern<br />
das Empfangen eines Wortes, das Hören <strong>und</strong><br />
Gehorchen, letztlich das Ihm Ge-hörig sein, wird<br />
hier verlangt. Doch auch diese Form der Begegnung<br />
mit Gott, auch wenn sie hier einem Einzelnen in<br />
besonderer Weise zuteil wird, hat nichts Enges oder<br />
Exklusives. Mose wird gerufen, um die Steintafeln<br />
zu empfangen <strong>und</strong> das Volk Israel zu unterweisen.<br />
Der Ruf in die Gegenwart Seines Feuers führt Mose<br />
nicht in die Exklusivität, sondern sendet ihn mit<br />
einem Auftrag in die Weite.<br />
Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />
Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, müssen wir<br />
nicht nur Kraftanstrengungen unternehmen, sondern<br />
als Empfangende auch auf Seinen Ruf in Seine<br />
Gegenwart hören. Neben der äußeren Aufmerksamkeit<br />
auf den Weg verlangt es eine innere<br />
Wachsamkeit <strong>und</strong> Aufmerksamkeit auf Seinen persönlichen<br />
Ruf, zu Ihm zu kommen <strong>und</strong> bei Ihm zu<br />
bleiben. Neben der actio ist die contemplatio<br />
gefragt, das Ganzsein in der Nähe Gottes, das Sich-<br />
Ihm-überlassen nach allen persönlichen<br />
Anstrengungen <strong>und</strong> Bemühungen, Ihm begegnen zu<br />
wollen. Dabei wird von uns verlangt,<br />
<strong>–</strong> unsere ganze Aufmerksamkeit auf Ihn zu richten,<br />
<strong>–</strong> unsere Sinne, Augen <strong>und</strong> Ohren für Seinen Ruf<br />
zu öffnen<br />
<strong>–</strong> <strong>und</strong> hineinzutauchen in Seine Gegenwart.<br />
Wenn auch die Gemeinschaft von Mitwandernden<br />
auf diesem Weg zu Christus nicht erwähnt ist, sie<br />
kommt nach der Begegnung mit dem Feuer Gottes<br />
zum Tragen. Das Feuer der Gottesbegegnung wird<br />
auch bei der contemplatio niemals einem Menschen<br />
exklusiv geschenkt; vielmehr beinhaltet sie einen<br />
Auftrag für die Menschen <strong>–</strong> doch das nicht sofort,<br />
sondern nach einem längeren Verweilen in Gottes<br />
Gegenwart; der Text spricht von 40 Tagen <strong>und</strong> 40<br />
Nächten. Es braucht eine Zeit der Prüfung.<br />
30<br />
Auch im Neuen Testament ist vom Feuer die Rede,<br />
wenn von Jesus Christus gesprochen wird. Teilhard<br />
de Chardin spielt auf die Berufungsvision des<br />
Propheten Johannes in der Offenbarung des<br />
Johannes 1,9<strong>–</strong>20 an. In diesem Text wird uns ein<br />
weiterer Aspekt der Begegnung mit dem brennenden<br />
Feuer Jesu Christi vermittelt. Hören wir<br />
zunächst auf den Text:<br />
Offb 1,9<strong>–</strong>20: Die Beauftragung des Johannes<br />
Die Perikope ist die Berufungsvision des Propheten<br />
Johannes auf Patmos. Um seine Christusvision zu<br />
verstehen, lohnt ein genauer Blick in den Text, der<br />
auf zwei größeren Teilen besteht: einer Audition <strong>und</strong><br />
einer Vision:<br />
Johannes erfährt als Erstes eine Audition (1,9-11).<br />
Diese wird ihm in einer besonderen Situation zuteil,<br />
nicht im normalen Alltag: Er befindet sich in der<br />
Verbannung auf der Insel Patmos <strong>–</strong> um des Wortes<br />
Gottes willen. Er selbst versteht sich als Bruder <strong>und</strong><br />
Mitgenosse an der Bedrängnis, der Königsherrschaft<br />
<strong>und</strong> der Geduld in Christus. Mit diesen drei<br />
Begriffen beschreibt er sein Leben realistisch: Er<br />
nimmt sowohl seine Verheißungen in den Blick als<br />
auch die Schwierigkeiten. Seine gegenwärtige<br />
Situation, die sich in der Spannung zwischen<br />
Bedrängnis <strong>und</strong> Verheißung bewegt, bewältigt er<br />
durch Geduld <strong>–</strong> eine höchst aktive innere Haltung,<br />
die ein festes Vertrauen in Gottes Handeln voraussetzt.<br />
Seine Begegnung mit Christus wird am Tag<br />
des Herrn, an dem er sich besonders in die<br />
Gegenwart Gottes hineinversetzt, durch das<br />
Ergreifen des Geistes vorbereitet (V.10). Er empfängt<br />
Worte von einer gewaltigen Stimme, die ihm<br />
einen Schreibbefehl erteilt (V.11). Johannes ist in<br />
erster Linie als Geistbegabter <strong>und</strong> Hörender<br />
beschrieben, der sich ganz mit allen Sinnen in der<br />
Realität seiner Lebensumstände Christus öffnet.<br />
Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />
Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, kommt es<br />
wesentlich auf unsere innere Haltung an. Sie darf<br />
sich der Verheißung, die wir als Christen in der Taufe<br />
empfangen haben, aber auch der realen Bedrängnisse,<br />
denen wir täglich ausgesetzt sind, bewusst<br />
sein. Beides gehört zum Leben dazu. Es gilt, zwischen<br />
beiden Polen die Waagschale des Lebens in<br />
der Mitte zu halten durch das Ausharren in Geduld<br />
im festen Vertrauen auf Gottes Mitsein. Johannes<br />
kann uns für die Feier des Herz-Jesu-Festes als<br />
Vorbild dienen, ganz Ohr zu sein für Sein Wort.
Im zweiten Teil erfährt Johannes eine Vision<br />
(V.12<strong>–</strong>20). Dazu muss er sich zweimal umwenden<br />
(V.12). Erst eine doppelte Kehrtwendung ermöglicht<br />
eine andere Perspektive auf die Wirklichkeit.<br />
Die Realität dieser Welt bleibt erhalten <strong>und</strong> auch der<br />
Blick dafür. Aber dem Seher Johannes wird der<br />
Blick für eine weitere, oft scheinbar unsichtbare<br />
Realität geöffnet: der Blick auf Jesus Christus.<br />
Dieser wird in der Visionserzählung mit einem<br />
Menschensohn beschrieben, ein Bild, das eschatologische<br />
<strong>Hoffnung</strong>en weckt. Angefangen vom Kopf<br />
bis hin zu den Füßen wird er in seiner außergewöhnlichen<br />
Wirkung beschrieben. Insbesondere seine<br />
Augen sind hervorzuheben: Sie werden wie eine<br />
Feuerflamme beschrieben, von denen ein ungeheurer<br />
Glanz, eine Wärme <strong>und</strong> Ausstrahlungskraft ausgehen.<br />
Bei Teilhard de Chardin löst dieses Bild<br />
einen Lobpreis aus, der die Universalität seines<br />
Geistes verrät. Wenn Augen Spiegelbild der Seele<br />
eines Menschen sind, um wie viel mehr ist es die<br />
Beschreibung der Augen dieser Christusvision: Sie<br />
sind Abbild der sich von <strong>Liebe</strong> verzehrenden<br />
Feuersglut Gottes, die den Propheten so fesselt, dass<br />
sie ihre Wirkung nicht verfehlt. Er lässt sich in<br />
Dienst nehmen für den Auftrag, den er erhält: den<br />
Gemeinden Kleinasiens die Einsichten in die<br />
Zusammenhänge zwischen ihrer Lebenssituation<br />
Dank für Ihre Unterstützung<br />
<strong>und</strong> dem Wirken Gottes offen zu legen <strong>und</strong> ihnen<br />
damit Kraft <strong>und</strong> Stärke, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> Ausdauer zu<br />
vermitteln.<br />
Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />
Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, bedarf es einer<br />
doppelten Umkehr, die sich ganz, in aller Radikalität<br />
Ihm zuwendet <strong>und</strong> dabei zugleich die Realität<br />
dieser Welt nicht vergisst. Die Begegnung mit<br />
Seinem Herzen ist die Begegnung mit Ihm selbst,<br />
mit Seinem innersten Wesen, so wie Er ist <strong>und</strong> unser<br />
Denken <strong>und</strong> Vorstellungsvermögen vollständig<br />
übersteigt. Mit der Feier Seines Heiligsten Herzens<br />
feiern wir Ihn, den Lebendigen <strong>und</strong> Auferstandenen,<br />
der auch für unsere Zeit heute in der Kirche eine<br />
Botschaft der <strong>Hoffnung</strong> bereit hält. Johannes kann<br />
uns für die Feier des Herz-Jesu-Festes als Vorbild<br />
dienen, ganz Auge zu sein für Seine Gegenwart.<br />
1 Pierre Teilhard de Chardin, Lobgesang des Alls (darin: Die<br />
Messe über die Welt), Olten/Freiburg 1961, 36<strong>–</strong>38. Diese<br />
Meditation wurde während einer wissenschaftlichen<br />
Expedition in der Ordos-Wüste verfasst, als es ihm nicht<br />
möglich war, die Messe zu feiern. Wahrscheinlich war der<br />
Tag der Verklärung der Abfassungstag.<br />
Herzlichen Dank an alle Canisianer, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer des Hauses. Wir brauchen Ihre Hilfe: Die<br />
Patenschaften, Studienplätze <strong>und</strong> Projektförderungen <strong>und</strong> jede einzelne Spende geben uns den ökonomischen<br />
Boden für unseren Dienst an der Weltkirche. Ihre Investition in die Ausbildung von<br />
Priestern ist eine Langzeithilfe für die Kirche in der Welt von heute. Danke.<br />
„Vergelt’s Gott!“<br />
Hans Tschiggerl SJ<br />
Regens<br />
31
Seliger Kazimierz Gostynski<br />
Der Altcanisianer Kazimierz Gostynski (1884<strong>–</strong><br />
1942) wurde durch Johannes Paul II. während<br />
seiner 8. Polenreise am 13. Juni 1999 in Warschau<br />
selig gesprochen. Kazimierz Gostynski, bekannter<br />
Priester <strong>und</strong> Pädagoge der polnischen Erzdiözese<br />
Lublin, <strong>Glaube</strong>nsmärtyrer des Zweiten Weltkrieges,<br />
der sein Leben für die christlichen <strong>und</strong> menschlichen<br />
Werte bis zur letzten Konsequenz hingegeben<br />
hat.<br />
Gostynski ist in Warschau am 8 April 1884 als<br />
Sohn einer Industriellenfamilie adliger Herkunft<br />
mit patriotischen Traditionen geboren. Sein Vater<br />
nahm in den Jahren 1863/64 am Januaraufstand<br />
gegen die Russen teil <strong>und</strong> war auch Mitgründer der<br />
bekannten Warschauer Polytechnischen Oberschule.<br />
In der Familie bekam der zukünftige Selige<br />
eine solide geistige, intellektuelle <strong>und</strong> patriotische<br />
Erziehung. Das Gymnasium hat er in Warschau in<br />
den Jahren 1896<strong>–</strong>1904 besucht <strong>und</strong> mit dem Abitur<br />
abgeschlossen. Danach studierte er 1904<strong>–</strong>1908<br />
32<br />
Univ.-Prof. Dr. Edward Walewander<br />
Seliger Kazimierz Gostynski <strong>–</strong><br />
Priester <strong>und</strong> Pädagoge<br />
Theologie im Priesterseminar Lublin <strong>und</strong> nicht in<br />
Warschau. Die Priesterweihe erhielt er in Lublin<br />
am 14. Juni 1908.<br />
Direkt nach der Priesterweihe wurde er zum Spezialstudium<br />
auf dem Gebiet der Moraltheologie an<br />
die Innsbrucker Theologische Fakultät geschickt.<br />
Nach dem Studium in Innsbruck war er in der Zeit<br />
vom 12. September 1912 bis 1920 Rektor der Lubliner<br />
St.-Petrus-Kirche. Zugleich wirkte er als<br />
Religions- <strong>und</strong> eine Zeit lang sogar als Deutschlehrer<br />
im Staszic-Gymnasium. Außerdem war er<br />
1913<strong>–</strong>1918 als Lateinlehrer im Lubliner Priesterseminar<br />
tätig.<br />
Die eigentliche Sternst<strong>und</strong>e Gostynskis kommt<br />
allerdings erst im Schuljahr 1915<strong>–</strong>1916, als er in<br />
Lublin das bis heute noch bestehende <strong>und</strong> recht<br />
bekannte Jan-Zamoyski-Gymnasium gegründet<br />
hat <strong>und</strong> bis 1933 als sein Direktor wirkte. Als<br />
Schulleiter entwickelt er seine pädagogischen<br />
Begabungen <strong>und</strong> wird im ganzen Lubliner Land<br />
bekannt. Zuerst hat er dafür gesorgt, dass die<br />
Schule ein entsprechendes modernes Gebäude bekommt.<br />
Die Schüler konnten ihre Eigenschaften in<br />
Verbänden <strong>und</strong> verschiedenen Organisationen entwickeln.<br />
Gostynskis Sorge galt vor allem armen<br />
Schülern, denen er immer Hilfe geleistet hat.<br />
Seine Schule bekam wegen ihres besonders hohen<br />
Niveaus allgemeine Anerkennung. Ein Zeichen<br />
der Anerkennung war unter anderem sogar der<br />
Besuch von Achille Ratti, des späteren Pius XI., im<br />
Jahre 1918. Schon als Papst hat er 1922 den<br />
Lubliner Pädagogen zu seinem Ehrenhausprälaten<br />
ernannt. Drei Jahre danach kam die Ernennung<br />
Gostynskis durch den Bischof Marian Leon<br />
Fulman zum residierenden Kapitular im Lubliner<br />
Domkapitel.<br />
1933<strong>–</strong>1935 war der Selige Kazimierz Leiter des<br />
Lubliner Knabenseminars. Von 1935 bis zu seiner<br />
Verhaftung durch die Deutschen wirkte er als<br />
Rektor der Lubliner Marienkirche. Hier scharte<br />
sich die Intelligenz Lublins um ihn. Allgemein<br />
bekannt wurde er als guter Beichtvater. Die
Marienkirche wurde zugleich zur Schulkirche der<br />
Gymnasialjugend.<br />
Seine Schüler sprechen von ihm als einem zwar<br />
strengen Pädagogen mit starker Disziplin <strong>und</strong> traditioneller<br />
Weltanschauung, aber zugleich sehen<br />
sie in Gostynski einen herzlichen <strong>und</strong> jugendliebenden<br />
Seelsorger. „Mir <strong>und</strong> meiner Familie hat er<br />
immer geholfen, vor allem, als wir in großer Not<br />
waren“, schreibt einer seiner ehemaligen Schüler.<br />
Der Selige hat auch unbekannten Menschen Hilfe<br />
geleistet. Er hat immer gut mit anderen Pädagogen<br />
zum Wohle der Jugend zusammenarbeiten können.<br />
Bekannt waren sein Charme <strong>und</strong> seine hohe Kultur<br />
in Bezug auf alle Menschen. Sein Leben lang<br />
charakterisierte ihn eine schöpferische Kraft in<br />
Selbstarbeit an seiner Weiterbildung <strong>und</strong> in<br />
Hingabe für die anderen Menschen. Kein W<strong>und</strong>er,<br />
dass Gostynski sogar immer wieder an ein Leben<br />
in einer Ordensgemeinschaft dachte, was aber der<br />
Bischof abgelehnt hatte.<br />
Schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges<br />
hat er die Gläubigen durch patriotische Predigten<br />
gestärkt. Diese Wirkung hat er auch nach Beginn<br />
des Krieges fortgesetzt. Am Nationalfeiertag, am<br />
11. November 1939, hat er ebenfalls die Messe für<br />
die Heimat gefeiert <strong>und</strong> eine entsprechende Ansprache<br />
gehalten. In Folge der Ereignisse wurde er<br />
durch die Fre<strong>und</strong>e gemahnt, zu fliehen. Seine Antwort<br />
war ruhig <strong>und</strong> gelassen: „Wenn meine Brüder<br />
leiden, darf ich nicht versteckt leben“. So wurde er<br />
durch die Deutschen am 11. Januar 1940 verhaftet,<br />
nachdem schon mehrere Priester der Diözese <strong>und</strong><br />
Lubliner Laienintelligenz brutal verhaftet worden<br />
waren. Zuerst saß er sechs Monate lang im Gefängnis<br />
des Lubliner Schlosses. Danach wurde er ins<br />
Konzentrationslager Sachsenhausen abtransportiert.<br />
Am 14. Dezember 1940 war er im 56. Lebensjahr<br />
schon im berüchtigten Dachau als Nummer 22 414.<br />
Als Gefangener war er die ganze Zeit starken<br />
Torturen ausgesetzt. Im Lubliner Gefängnis wurden<br />
ihm z. B. stark die Ohren gezogen. Damit<br />
wurde er als Beichtvater ausgespottet <strong>und</strong> gefoltert.<br />
In Dachau musste er große Sand- <strong>und</strong> Zementsäcke<br />
tragen, was seine sowieso schwache Ges<strong>und</strong>heit<br />
schnell stark angegriffen hat. Infolgedessen<br />
wurde er arbeitsunfähig geschrieben <strong>und</strong><br />
wurde in die Gaskammer geschickt, wo er am<br />
6. Mai 1942 gestorben ist.<br />
Nach seinem Tode wurde schon unter den Mitgefangenen<br />
klar, dass Kazimierz Gostynski als<br />
Märtyrer für den <strong>Glaube</strong>n, die Kirche <strong>und</strong> sein<br />
Vaterland gestorben ist. Es wurde zugleich immer<br />
betont, dass er dem ihm von der Vorsehung verordneten<br />
Tod bewusst entgegenging. Kurz vor seiner<br />
Sterbest<strong>und</strong>e hat er noch unterstrichen: „Gerne<br />
würde ich in meinem Land sterben, aber wenn Gott<br />
so will, dann geschehe sein Wille.“<br />
Herzlich Willkommen, Bischof Dr. Manfred Scheuer<br />
Am 21. Oktober erfolgte im Vatikan die offizielle Bekanntgabe der Ernennung von<br />
Dr. Manfred Scheuer zum Bischof von Innsbruck. Dr. Manfred Scheuer kommt aus<br />
der Diözese Linz. Von 1988 bis 1996 war er Spiritual im Priesterseminar. Als<br />
Professor lehrte er an der Katholischen Theologischen Hochschule Linz, in<br />
Freiburg im Breisgau, in Salzburg <strong>und</strong> St. Pölten. Seit dem Wintersemester<br />
2000/01 war Dr. Manfred Scheuer Professor für Dogmatik <strong>und</strong> Dogmengeschichte<br />
an der Theologischen Fakultät Trier.<br />
Am 14. Dezember 2003 wird er im Dom zu Innsbruck zum Bischof geweiht.<br />
Wir wünschen Gottes Segen im Dienst als guter Hirte <strong>und</strong> freuen uns auf eine<br />
lebendige Zusammenarbeit.<br />
33
9.<strong>–</strong>15. Februar 2003<br />
Die Neoingressi fahren mit P. Friedrich Prassl SJ<br />
auf Schikurs. Herzlichen Dank an Frau Tolpeit für<br />
die gastfre<strong>und</strong>liche Aufnahme.<br />
2. März 2003<br />
Wie sollte es anders sein: Wir beginnen das Semester<br />
mit der Vesper. Fast alle Konviktoren sind<br />
aus der „vorlesungsfreien Zeit“ zurückgekehrt <strong>und</strong><br />
das neue Semester liegt erwartungsvoll vor uns.<br />
3. März 2003<br />
Rosenmontag im <strong>Canisianum</strong>:<br />
Weit weg von rheinischem Frohsinn <strong>und</strong> Humor.<br />
Schließlich geht die priesterliche Ausbildung vor.<br />
Also gibt’s auch an diesem Montag, ziemlich fade,<br />
geistlichen Abend, da kennt der Regens keine<br />
Gnade.<br />
Statt Party <strong>und</strong> witzigen Reden<br />
Bettruh um 10 nach intensiven Gebeten.<br />
4. März 2003<br />
Die Gesellschaft Jesu bekommt benediktinische<br />
Anflüge <strong>und</strong> die Patres sind heute nicht nur eifrig<br />
beim „ora“, sondern ausnahmsweise auch mal der<br />
Versuch von ein wenig „labora“. Die Hausleitung<br />
übernimmt heute, kostümiert, den Tischdienst, was<br />
von den Canisianern unter großem Gelächter leidlich<br />
genutzt wird.<br />
34<br />
Alltagsnotizen<br />
Chronik des Sommersemesters 2003, Fr. Frank Bayard OT<br />
Stehend: Friedrich Prassl SJ, Efrain Montoya,<br />
Philip Kaviyil, Phil Jacobs, Angelo Chung;<br />
im Vordergr<strong>und</strong>: Juan Carlos Alvarez Blanco,<br />
Ihor Holovchak, Francisco Javier Salazar<br />
8./9. März 2003<br />
Georg Schärmer, der Direktor der Caritas Innsbruck,<br />
geleitet uns durch diesen Einkehrtag, der<br />
unter dem Motto „Unser täglich Brot gib uns<br />
heute“ steht. Direktor Schärmer gelingt es, mit<br />
sehr persönlichen biographischen Impulsen das<br />
Thema zu beleuchten <strong>und</strong> in unsere Zeit zu transformieren.<br />
Er verweist unter der Fragestellung<br />
„Unser tägliches Brot ... ist nicht ... das der<br />
Armen“ auf die sozialen Brennpunkte in Tirol, vor<br />
unserer Haustür quasi. In einem weiteren Teil geht<br />
er, emotional wiederum sehr packend, darauf ein,<br />
dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt,<br />
dass es vielmehr auch der <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> der<br />
Zuwendung bedarf. Als zentralen Satz des<br />
Christentums stellt er die Aussage „Fürchte dich<br />
nicht“ heraus.<br />
24. März 2003<br />
Der Dekan der Theologischen Fakultät, Univ.-Prof.<br />
Dr. P. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, ist Gast des 3. Jahrgangs.<br />
Er erzählt von seiner Jugend in der Schweiz,<br />
berichtet von seinen Erfahrungen als Internatspräfekt<br />
in Feldkirch <strong>und</strong> gibt einen persönlichen<br />
Einblick in sein Werden als Theologe. Zum Schluss<br />
zeigt er eindrücklich auf, wo <strong>und</strong> wie die Theologie<br />
in der heutigen Zeit gefragt ist.<br />
28. März 2003<br />
Pater Meßner SJ steht der Versöhnungsfeier unserer<br />
Gemeinschaft vor.<br />
29./30. März 2003<br />
Der 1. Jahrgang begibt sich auf Ausflug: Samstagmorgens<br />
um 8.30 Uhr ging’s mit dem Kleinbus,<br />
von unserem Pater Regens höchstselbst chauffiert,<br />
los. Ziel der Reise war Stift Schlierbach in<br />
Oberösterreich, Heimat unseres Mitbruders Fr.<br />
Daniel Davydov OCist., wo wir vom Hochwürdigsten<br />
Herrn Abt <strong>und</strong> einigen Mitbrüdern auf das<br />
Herzlichste begrüßt wurden. Nachdem wir unsere<br />
teilweise mit museumswürdigen Möbeln <strong>und</strong><br />
Gemälden ausgestatteten Zimmer bezogen hatten,<br />
versammelten wir uns zum gemeinsamen Mittagsgebet.<br />
Nach dem Mittagessen <strong>und</strong> einer notwendigen<br />
Siesta führte uns Abt Altmann persönlich<br />
durch das Stift, das ursprünglich ein Zisterzien-
serinnenkloster war, <strong>und</strong> erst im Zuge der Gegenreformation<br />
von Patres besiedelt wurde. Höhepunkte<br />
der Führung waren die Barockkirche (in<br />
der sensationellen Zeit von 10 Jahren erbaut, was<br />
bei der überreichen Ausschmückung nur schwer zu<br />
glauben ist), die Glasmalerei (die sogar für das<br />
ferne Korea Kirchenfenster herstellt) <strong>und</strong>, was besonders<br />
unseren Schweizer Mitbruder glückselig<br />
machte, die Käserei, wo wir die mehrfach prämierten<br />
Käse probieren konnten (die Käserei wurde<br />
1929 von einem Laienbruder begründet <strong>und</strong> ist<br />
heute ein hochtechnischer Schaubetrieb, dessen<br />
Produkte eine rege Nachfrage genießen). Den<br />
Abend verbrachten wir mit den Patres in geselliger<br />
R<strong>und</strong>e.<br />
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, wollten<br />
wir doch alle am Morgengebet der Zisterzienser<br />
um 5.55 Uhr teilnehmen. Nach dem Frühstück<br />
hieß es auf nach Kremsmüster. Die riesige<br />
Barockanlage, deren Gründung auf das Jahr 777<br />
zurückgeht, vermittelt schon von weitem einen<br />
Eindruck der Macht <strong>und</strong> des Reichtums der ehemaligen<br />
freien Reichsabtei <strong>und</strong> ihrer Fürstäbte. Ein<br />
deutsch-kroatischer Familiengottesdienst in der<br />
Klosterkirche eröffnete unseren Besuch bei den<br />
benediktinischen Mitbrüdern. Es folgte eine überaus<br />
kenntnisreiche <strong>und</strong> unterhaltsame Führung<br />
durch Fischkalter (eine barocke Anlage mit Fischbecken<br />
zur Zwischenlagerung der Fische bis zum<br />
Verzehr), Kaisersaal <strong>und</strong> Museumsräume. Absolutes<br />
Highlight hierbei war ohne Zweifel der berühmte<br />
„Tassilokelch“ aus dem 8. Jahrh<strong>und</strong>ert, der<br />
auch heute noch bei liturgischen Feiern Verwendung<br />
findet. Die Zeit war allerdings viel zu kurz,<br />
Zu Gast im Stift Schlierbach:<br />
Peter Kim Ill-Du, Abt Altmann Hofinger OCist.<br />
Joseph Bae Hyun-Chul, Fr. Frank Bayard OT,<br />
Thomas Kutty Samuel, Navin Thengapurackal,<br />
Theophilo Jung Ji-Won, David Roduit<br />
um alle Sehenswürdigkeiten sehen zu können. Wir<br />
versprachen wiederzukommen, um insbesondere<br />
auch die Sternwarte zu besichtigen, das erste<br />
„Hochhaus“ mit 7 Stockwerken, das in Europa<br />
gebaut wurde <strong>und</strong> dessen Sammlung von den<br />
Mineralien über die niederen Lebewesen bis zum<br />
Menschen Stockwerk um Stockwerk aufsteigt, von<br />
einer Kapelle bekrönt wird <strong>und</strong> damit auch verdeutlicht,<br />
dass man mittels der Wissenschaft zu<br />
Gott aufsteigen kann.<br />
Am selben Wochenende ist auch der 3. Jahrgang<br />
unterwegs. Fr. Andri Tuor OSB fasst zusammen:<br />
Der 3. Jahrgang machte über das Wochenende vom<br />
29./30. März 2003 eine Frühlingsfahrt nach<br />
Bayern. Ziel war das Kloster Weyarn, wo wir vom<br />
Deutschen Orden herzlich empfangen <strong>und</strong> großartig<br />
bewirtet wurden. Zuvor besuchten wir Andechs<br />
<strong>und</strong> wohnten in der Klosterkirche dem Jahresgedächtnis<br />
für Carl Orff bei. Danach besichtigten wir<br />
die Innenstadt von München <strong>und</strong> erfreuten uns an<br />
den milden Temperaturen. Spätnachmittags suchten<br />
wir vergeblich nach Weißwürsten <strong>und</strong> mussten<br />
uns mit Brezen begnügen, da diese traditionell nur<br />
bis mittags serviert werden. <strong>–</strong> Die Rückreise führte<br />
uns am Sonntag von Weyarn über Bad Tölz <strong>und</strong><br />
Benediktbeuren nach Ettal. Dort beteten wir<br />
zusammen mit den Benediktinern die Vesper.<br />
Bevor wir nach Innsbruck zurückkehrten, erfreuten<br />
wir uns bei einem letzten Halt in Garmisch der<br />
„asiatischen Küche“.<br />
5./6. April 2003<br />
Einkehrtag mit Sr. Christa Baich, Kongregation<br />
der Helferinnen. Sie hat den schwierigen Part des<br />
Vaterunsers, der sich mit der Schuld, eigener <strong>und</strong><br />
fremder, befasst. In zwei tief theologisch-sprachwissenschaftlichen<br />
Vorträgen gelingt es ihr aber,<br />
diese Aufgabe gut zu meistern <strong>und</strong> wertvolle Impulse<br />
für die Gruppengespräche zu liefern. Wie<br />
gewohnt zelebriert unser Pater Spiritual, wohl zum<br />
letzten Mal, da er uns mit Ende des Sommers verlässt,<br />
um sich in Australien seiner weiteren ordensinternen<br />
Ausbildung zu widmen, die Messe.<br />
27. April 2003<br />
Traditionellerweise feiern wir unseren Hauspatron,<br />
den hl. Petrus Canisius, mit <strong>und</strong> in der gleichnamigen<br />
Pfarre in Innsbruck. Anschließen herrschte<br />
noch eine gelöste <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>liche Stimmung bei<br />
der Agape.<br />
35
29.<strong>–</strong>31. Mai 2003<br />
Der Altherrenpräsident der AV Helvetia Oenipontana,<br />
Josef Manser, <strong>und</strong> die Aktivitas in Innsbruck<br />
laden zum 143. Stiftungsfest. Der Festgottesdienst<br />
wird in der Karlskirche in Volders<br />
gefeiert <strong>und</strong> der Festkommers im Rittersaal im<br />
Stiftskeller abgehalten.<br />
Paul Hutter <strong>und</strong> Alfons Sonderegger beim Treffen<br />
der Helvetia Oenipontana<br />
10./11. Mai 2003<br />
Der letzte Einkehrtag im Studienjahr <strong>und</strong> zum<br />
Thema „Vaterunser“ wird begleitet von P. Prof. Dr.<br />
Raim<strong>und</strong> Schwager SJ, Dekan <strong>und</strong> Dogmatiker an<br />
der hiesigen Universität. Getreu der von ihm entfalteten<br />
dramatischen Dogmatik geht er, im Lichte<br />
des Bösen in der Welt, der Frage nach, ob Gott in<br />
Versuchung führen könne. Die Fragen <strong>und</strong> Impulse<br />
von P. Schwager waren anschließend heftige Diskussionsgr<strong>und</strong>lagen<br />
in den Spiritualitätsgruppen.<br />
17./18. Mai 2003<br />
Alex Masangu, Tumaini Ngonyani, Markus Moling<br />
<strong>und</strong> Georg Windegger nehmen als Canisianer teil<br />
am österreichischen Seminaristentreffen in Salz-<br />
Vertreter der Priesterseminare Innsbruck, Vorarlberg,<br />
Brixen <strong>und</strong> des <strong>Canisianum</strong>s beim Treffen in<br />
Salzburg<br />
36<br />
burg. Ein kulturelles Programm <strong>und</strong> ein sportlicher<br />
Nachmittag ermöglichen viele Begegnungen.<br />
6. Juni 2003<br />
Eigentlich ein ganz normaler Kulturgruppenabend.<br />
Allerdings brach am frühen Abend ein Unwetter<br />
über Innsbruck herein <strong>und</strong> innerhalb kurzer Zeit<br />
waren Teile des Speisesaals <strong>und</strong> der Bar sowie die<br />
Vorhalle zur Aula mit reichlich Wasser gefüllt. Mit<br />
vereinten Kräften <strong>und</strong> unter tätiger Mithilfe unseres<br />
P. Regens, der sogleich mutig den Kampf gegen<br />
die „Fluten“ aufgenommen hatte, konnten wir<br />
das Wasser sehr schnell zumindest in die Kellerräume<br />
ableiten. Dort sorgte dann unser Hausmeister<br />
Markus Oberhauser am nächsten Tag wieder für<br />
Trockenheit.<br />
12. Juni 2003<br />
Das Haus wählt. Trotz des Fehlens einer Vielzahl<br />
von Canisianern war die Vollversammlung beschlussfähig<br />
<strong>und</strong> nach einleitenden Worten des<br />
Konviktsprechers Tumaini Ngonyani konnte zur<br />
Wahl des neuen Sprechers <strong>und</strong> seines Stellvertreters<br />
geschritten werden. Zum neuen Konviktsprecher<br />
wurde ein Seminarist der Diözese Bozen-<br />
Brixen, Markus Moling, gewählt. Er arbeitet derzeit<br />
an seiner Promotion in Philosophie <strong>und</strong> am<br />
Abschluss des fachtheologischen Studiums. Zum<br />
Stellvertreter wurde Fr. Andri Tuor OSB, Mönch<br />
der Abtei Engelberg in der Schweiz, gewählt. Beide<br />
Wahlen wurden vom Regens mit Freude bestätigt<br />
<strong>und</strong> der Abend fand seinen Ausklang feuchtfröhlich<br />
in der Bar des <strong>Canisianum</strong>s.<br />
„Die Alten <strong>und</strong> die Neuen“: Fr. Frank Bayard OT,<br />
Tumaini Ngonyani, Markus Moling, Fr. Andri Tuor<br />
OSB
13. Juni 2003<br />
Sommerfest im <strong>Canisianum</strong>. Ein Ort zum Feiern<br />
<strong>und</strong> zum Dank, insbesondere unseren Angestellten,<br />
die uns das ganze Jahr umsorgen <strong>und</strong> das Leben<br />
leichter machen. Das traditionelle Fußballturnier<br />
konnte seit Jahren einmal wieder für das Seminar<br />
des <strong>Canisianum</strong>s entschieden werden. Die Studenten<br />
des Traktes mussten sich durch die Comboni-<br />
Missionare auf den 3. Platz verweisen lassen. Beim<br />
Essen wurde uns der übliche Platzregen zuteil, denn<br />
aber alle recht gut überstanden <strong>und</strong> der der<br />
Stimmung keinen Abbruch tat. Der Abend ging mit<br />
Stimmimitationen unseres neuen Konviktsprechers<br />
<strong>und</strong> erstklassiger Gitarrenmusik von Louis Campos<br />
zu Ende.<br />
27. Juni 2003<br />
Den Abschluss des Studienjahres bildete das Herz-<br />
Jesu-Fest. Es hat für die Bewohner den Charakter<br />
eines Einkehrtages <strong>und</strong> gewährt uns im Semesterendstress<br />
noch einmal Momente zum Verschnaufen.<br />
Die Heranführung erfolgte an zwei Abenden durch<br />
Frau Dr. Kowalski, fast schon so etwas wie eine<br />
Altcanisianerin, die uns in fachlich versierter, liebenswürdiger<br />
<strong>und</strong> sehr spiritueller Art in die Herz-<br />
Jesu-Frömmigkeit einführte. Ausgehend von alt<strong>und</strong><br />
neutestamentlichen Stellen wurde das Sujet<br />
vertieft. Den Höhepunkt des Triduums bildete der<br />
Festvortrag von Bischof Erwin Kräutler zum Thema<br />
„Das amazonische Gesicht Jesu“. Unglaublich authentisch<br />
<strong>und</strong> mit sprühender Energie brachte er den<br />
Zuhörern die W<strong>und</strong>er des Dschungels, aber auch die<br />
Aspekte näher, die den Ausdruck einer „grünen<br />
Hölle“ rechtfertigen. Deutlich wurde, dass die<br />
Pastoral in Südamerika völlig andere Brennpunkte<br />
birgt als die hiesige. Beim anschließenden<br />
Festgottesdienst ging Bischof Kräutler nochmals<br />
auf das Thema „Herz Jesu“ ein, das er vom<br />
Gesichtspunkt der <strong>Liebe</strong> her erläuterte. Das<br />
Triduum klang mit einem üppigen Festmahl in<br />
geselliger R<strong>und</strong>e aus.<br />
1.<strong>–</strong>13. Juli 2003<br />
Bischöfe <strong>und</strong> Äbte, die im <strong>Canisianum</strong> studiert<br />
haben, treffen sich zu einem Symposium: Begegnungen<br />
mit der Theologischen Fakultät in Innsbruck,<br />
mit der Diözese Innsbruck <strong>und</strong> Bozen-Brixen, erholsame<br />
Ausflüge <strong>und</strong> Gespräche prägen die gemeinsamen<br />
Tage. Die Studientage zum Thema „Europa <strong>und</strong><br />
die Weltkirche“ bilden den Abschluss des Symposiums.<br />
Herzlichen Dank allen, die an der Vorbereitung<br />
<strong>und</strong> Durchführung teilgenommen haben.<br />
18. August 2003<br />
Der Deutschkurs der Neoingressi beginnt. 18 neue<br />
Studenten sind in das <strong>Canisianum</strong> aufgenommen.<br />
Zehn von ihnen machen zuerst den Deutschkurs im<br />
<strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> an der Universität Innsbruck. Die<br />
internationale Gruppe findet bald zu gemeinsamen<br />
Unternehmungen zusammen.<br />
Unsere Sprachstudenten: Munian Anthony Samy,<br />
Owuor Anthony Onyango, Choi Jonghoon Thomas,<br />
Derick Andrady Sebastian, Langat Richard,<br />
Mbawala Chotti Valentine, Palchynskyy Vasyl,<br />
Park Hyung-Soon Paul, Shepetiak Oleg mit<br />
Sprachschülern der Combonis <strong>und</strong> Herz-Jesu-<br />
Missionare<br />
5.<strong>–</strong>7. September 2003<br />
Eine Gruppe von Canisianern fährt zur Diakonenweihe<br />
von Fr. Andri Tuor OSB nach Engelberg in<br />
der Schweiz. Wir besuchen auf der Hinfahrt Pfr.<br />
Franz Näscher in Liechtenstein. Im Kloster Einsiedelen<br />
bekommen wir eine Führung <strong>und</strong> können mit<br />
den Mönchen zu Mittag essen. In Engelberg nehmen<br />
uns Fr. Andri Tuor OSB <strong>und</strong> Abt Dr. Berchtold<br />
Müller OSB gastfre<strong>und</strong>lich auf. Wir verbrin-<br />
Fortsetzung auf Seite 40<br />
Zu Gast in Engelberg bei der Diakonenweihe:<br />
Tumaini Ngonyani, Fr. Andri Tuor OSB, Karlo<br />
Sµimek, Peter Loono Lorok, Juan Carlos Alvarez<br />
Blanco, Oscar Perez Tirado, Angelo Chung,<br />
Francisco Javier Salazar, Georg Windegger<br />
37
Besuch an der Theologischen Fakultät: Abt Gottfried<br />
Hemmelmayr OCist., Bischof Dr. Johannes Chang Yik<br />
P. Theo Beirle SJ im Gespräch mit Karl Kard. Lehmann<br />
Im Vordergr<strong>und</strong>: Dompropst Prälat Gotthard Egger <strong>und</strong><br />
Propst Gerhard Rechberger CRSA beim Auszug nach der<br />
Festmesse im Dom<br />
38<br />
Impressionen vom Bischöfe- u<br />
Bischöfe Franjo Komarica, Dr. Johannes Chang Yik, Dr.<br />
Hubert Brandenburg, Dr. Anthony Banzi, Dr. Max-Georg<br />
von Twickel<br />
2. Reihe: Rektor P. Josef Thorer SJ, PP. Friedrich Prassl<br />
SJ, Michael Meßner SJ, Bernhard Bürgler SJ<br />
Bischof Dr. Anthony Banzi mit Alex Masangu<br />
Bischöfe Dr. Reinhold Stecher <strong>und</strong> Dr. Johannes Chang Yik<br />
vor der Festmesse im Dom
<strong>und</strong> Äbte-Treffen in Innsbruck<br />
Empfang im Rathhaus: v. l. n. r. Bischöfe Johannes Chang<br />
Yik, Hubert Brandenburg, Franjo Komarica, Bgm. Hilde<br />
Zach, Anthony Banzi, Max-Georg von Twickel, Msgr.<br />
Milenko Anicǐ`c´, PP. Bernhard Bürgler SJ, Michael<br />
Meßner SJ, Rektor Josef Thorer SJ, Friedrich Prassl SJ,<br />
Hans Tschiggerl SJ<br />
Bischof Dr. Ivo Fürer bei der Rekreation<br />
Regens Dr. Ivo Muser führt uns durch das Priesterseminar<br />
Brixen<br />
Wallfahrt auf den Georgenberg: Abt Anselm Zeller OSB,<br />
P. Friedrich Prassl SJ, Bischöfe Dr. Antons Justs, Dr.<br />
Hubert Brandenburg, Dr. Max-Georg von Twickel, Propst<br />
Manfred Paas, Abt Dr. Odilo Lechner OSB, P. Michael<br />
Meßner SJ<br />
Bischof Dr. Antons Justs mit Theologinnen bei der Agape<br />
vor dem Innsbrucker Dom<br />
Diözesanadministrator Dr. Ernst Jäger <strong>und</strong> Propst<br />
Gerhard Rechberger CRSA<br />
39
gen beeindruckende Tage in der Mönchsgemeinschaft<br />
von Engelberg. Pfr. Helmut Sorgenfrei begleitet<br />
uns auf der Heimreise in den Ranft zum<br />
hl. Nikolaus von der Flüe.<br />
P. Gerwin Komma SJ, Abt Dr. Gregor Zasche OSB beim<br />
Studientag<br />
P. Prof. Dr. Otto Muck SJ mit Hochmeister Abt Dr. Bruno<br />
Platter OT<br />
40<br />
26./27. September 2003<br />
Klausur der Gruppensprecher im Priesterseminar<br />
Brixen.<br />
Fr. Frank Bayard OT<br />
Bei der Klausur der Gruppensprecher in Brixen:<br />
P. Friedrich Prassl SJ, Fr. Andri Tuor OSB, Peter<br />
Loono Lorok, Markus Moling, Alex Masangu,<br />
Joseph Bae Hyun-Chul, Thomas Kutty Samuel,<br />
Stjepan Radicˇ, Ihor Holovchak, Petro Terleckyy<br />
Fortsetzung Impressionen<br />
Konzelebration mit Diözesanbischof Dr. Wilhelm Egger<br />
beim Besuch in Brixen<br />
Bischof Dr. Max-Georg von Twickel, OStR Joachim Kettel,<br />
Bischof Dr. Hubert Brandenburg
Zum Magister der Theologie<br />
wurden spondiert:<br />
David Bolaños Villanueva<br />
Thema der Arbeit:<br />
Laizistische Erziehung in Mexiko im Rahmen des<br />
Verhältnisses von Staat <strong>und</strong> Kirche. Zur Frage <strong>und</strong><br />
Möglichkeit von Religionsunterricht in den öffentlichen<br />
Schulen.<br />
David K. Cheruiyot<br />
Thema der Arbeit:<br />
Ist die Kindertaufe eine echte, volle Taufe? Eine<br />
sakramententheologische <strong>und</strong> ökumenische Untersuchung<br />
zur Situation in Kenia.<br />
Jesús Cordero Guzmán<br />
Thema der Arbeit:<br />
„Die Dämonen von Gerasa“: Eine Analyse von<br />
Gut <strong>und</strong> Böse in der Moderne im Lichte der Mimetischen<br />
Theorie R. Girards.<br />
Thomaskutty Kalathil<br />
Thema der Arbeit:<br />
Opfercharakter der Eucharistie.<br />
Sponsionen <strong>und</strong> Promotionen<br />
Ahlonko Kouassi Kouanvih<br />
Thema der Arbeit:<br />
Kirchen- <strong>und</strong> Frauenrechte in den Südtogolesischen<br />
Traditionen <strong>und</strong> Sitten.<br />
Joseph Lee Jae-Hyun<br />
Thema der Arbeit:<br />
Eine Erforschung der Christlichen Laiengemeinden<br />
als basiskirchliches Modell. <strong>–</strong> Ein Zusammenhang<br />
mit der koreanischen kirchlichen Gemeinde.<br />
Joseph Mujuni<br />
Thema der Arbeit:<br />
Christian Evangelization in Uganda. A pastoral<br />
approach to the challenges faced by the church.<br />
Timothy Nam Jae Hyun<br />
Thema der Arbeit:<br />
Die Wassersymbolik im Johannesevangelium.<br />
Ibrahim Nyang’ate<br />
Thema der Arbeit:<br />
Structural Violence and Poverty. A Kenyan<br />
Christian Perspective.<br />
Robert Shako Lokeso<br />
Thema der Arbeit:<br />
L’église d’Abraham chez Louis Bouyer a la<br />
lumière de la theologie dramatique.<br />
Chelestine Thazhuppil<br />
Thema der Arbeit:<br />
Jugend <strong>und</strong> Jugenderziehung. Ansätze eines praktischen<br />
Modells für die Jugendarbeit in der modernen<br />
Welt <strong>und</strong> im indischen B<strong>und</strong>esstaat Kerala.<br />
Pascal Tshombokongo Otshumbe<br />
Thema der Arbeit:<br />
Les monitions dans l’assemblée liturgique et<br />
l’éveil de la participation active.<br />
Zum Doktor der Theologie<br />
wurden promoviert:<br />
Juan Carlos Fuentes Ortiz<br />
Thema der Arbeit:<br />
„Befreiung“ im christologischen Denken von Jon<br />
Sobrino. Aspekte zum Begriff „Erlösung“.<br />
Bernhard von Rohrscheidt<br />
Thema der Arbeit:<br />
Bittet also den Herrn der Ernte. Die Bestimmungen<br />
über die Priesterausbildung in den Dokumenten<br />
des Zweiten Vatikanischen Konzils <strong>und</strong> in der<br />
nachkonziliaren Gesetzgebung.<br />
P. Johannes Zollner SJ<br />
Thema der Arbeit:<br />
Trost <strong>–</strong> Zunahme an <strong>Hoffnung</strong>, <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>.<br />
Zum theologischen Ferment der ignatianischen<br />
„Unterscheidung der Geister“.<br />
41
42<br />
Beauftragungen, Weihen <strong>und</strong> Ernennungen<br />
Lektorat in der Hauskapelle des Collegium<br />
<strong>Canisianum</strong>, Donnerstag, 20. November 2003,<br />
18.10 Uhr, durch Dr. Ivo Muser, Regens in<br />
Brixen:<br />
Alvarez Blanco Juan Carlos, Zamora/Mexiko<br />
Kalathiparambil Antony, Verapoly/Indien<br />
Moling Markus, Bozen-Brixen/Südtirol<br />
Ordaz Salazar Francisco J., Zamora/Mexiko<br />
Weihen außerhalb des Hauses<br />
Diakonenweihe<br />
Tuor Fr. Andri OSB, 06. 09. 2003,<br />
OSB Engelberg/CH<br />
Priesterweihe<br />
Pollithy Joachim, 04. 05. 2003,<br />
Augsburg/Deutschland<br />
Shako Lokeso Robert, 14. 09. 2003,<br />
Tshumbe/RDC<br />
Tshombokongo Otshumbe Pascal, 14. 09. 2003,<br />
Tshumbe/RDC<br />
Nam Jae Hyun Timothy, 27. 06. 2003,<br />
Inchon/ROK<br />
Lee Jae Hyun Joseph, 19. 09. 2003, Suwon/ROK<br />
Wir gratulieren den Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Absolventen<br />
zu Ernennungen:<br />
P. Josef Thorer SJ ist der neue Rektor des Jesuitenkollegs<br />
in Innsbruck. Er war von 1992 bis 1997<br />
Regens des Collegium <strong>Canisianum</strong>. Anschließend<br />
war er als Novizenmeister für die Ausbildung des<br />
Ordensnachwuchses der Jesuiten in Österreich <strong>und</strong><br />
der Schweiz zuständig. Zum neuen Dienst wünschen<br />
wir Gottes Segen.<br />
Für Bischof Paulus Rusch (1903<strong>–</strong>1986) wurde am<br />
1. Oktober 2003 ein Symposium abgehalten. Paulus<br />
Rusch war von 1927<strong>–</strong>1934 im <strong>Canisianum</strong>. Er führte<br />
die katholische Kirche in Tirol ab 1938 durch die<br />
Zeit des Nationalsozialismus. Nach Kriegsende<br />
widmete sich der junge, fortschrittliche Bischof<br />
ganz dem inneren <strong>und</strong> äußeren Wiederaufbau der<br />
Kirche. Mit der Erhebung der „Apostolischen<br />
Administratur Innsbruck-Feldkirch“ zur Diözese<br />
Innsbruck im Jahr 1964 wurde Rusch zum ersten<br />
Innsbrucker Diözesanbischof ernannt.<br />
Bischof Paulus Rusch<br />
Mit Frau Monika Lackner haben wir ihr 25-jähriges<br />
Dienstjubiläum gefeiert. Monika Lackner<br />
wurde am 14. 6. 1978 als Buchhalterin im <strong>Canisianum</strong><br />
angestellt. Herzlichen Dank für Ihren engagierten<br />
Einsatz.<br />
Herzlichen Dank sagen wir Herrn Meinhard<br />
Sarg, der seit 10 Jahren Elektriker <strong>und</strong> Techniker<br />
im <strong>Canisianum</strong> ist.<br />
P. Bernhard Bürgler SJ geht im November 2003<br />
ins Terziat. In seinem Dienst als Spiritual hat er uns<br />
allen Geschmack am geistlichen Leben <strong>und</strong> Freude<br />
an der Beziehung zu Jesus Christus vermittelt.<br />
P. Michael Meßner SJ ist der neue Spiritual im<br />
<strong>Canisianum</strong>. Er ist ein erfahrener geistlicher Begleiter<br />
<strong>und</strong> war schon einige Jahre Spiritual im<br />
<strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> in anderen Priesterseminaren.<br />
P. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, der Dekan der Theologischen<br />
Fakultät, gehört seit Juli 2003 zur Jesuitenkommunität<br />
im <strong>Canisianum</strong>. Wir freuen uns<br />
über seine Präsenz in unserer Gemeinschaft.<br />
Hochwürdigstem Abt Dr. Odilo Lechner OSB<br />
wurde am 6. November 2003 die Ehrendoktorwürde<br />
durch die Katholisch-Theologische Fakultät<br />
der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />
verliehen.
† Bischof Dr. theol. Otmar Mäder<br />
Bischof Ivo Fürer<br />
<strong>Glaube</strong>, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Bischofs</strong>- <strong>und</strong> Lebensmotto<br />
Nachruf auf Bischof Otmar Mäder<br />
Nach der zweiten Herzoperation verzichtete Altbischof<br />
Otmar Mäder auf einen weiteren Eingriff.<br />
Er war bereit, zu sterben. Am Freitagnachmittag,<br />
25. April, hat ihn nun Gott im 82. Altersjahr zu sich<br />
gerufen, durfte er eingehen in den ewigen Frieden,<br />
den er sich so sehr gewünscht hat. Mit seinen Angehörigen<br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en trauert das ganze Bistum St.<br />
Gallen. Krankheit <strong>und</strong> Erschöpfung gehörten nicht<br />
erst in den letzten Jahren zum Leben von Otmar<br />
Mäder. Trotz ges<strong>und</strong>heitlicher Störungen entschied<br />
er sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der<br />
Theologischen Fakultät der Jesuiten von ihrem<br />
Exilort Sitten nach Innsbruck zu ziehen, wo ihm die<br />
mangelnde Ernährung zusätzliche Probleme machte.<br />
Dort lernte ich ihn auch kennen <strong>und</strong> staunte<br />
schon damals über seine Fähigkeit, komplizierte<br />
Dinge <strong>–</strong> beispielsweise den damaligen Stand der<br />
Atomforschung <strong>–</strong> einfach darzulegen. Als Vikar in<br />
Flawil <strong>und</strong> St. Otmar-St. Gallen arbeitete er oft,<br />
ohne Rücksicht auf seine Kräfte, Tag <strong>und</strong> Nacht bis<br />
zum Zusammenbruch. Davon erholen konnte er<br />
sich in der ihm sehr lieb gewordenen Pfarrei Alt St.<br />
Johann. Als Pfarrer in Ricken musste er viele<br />
Wochen im Dunkeln verbringen <strong>und</strong> Teile seines<br />
Gedächtnisses intensiv trainieren. Ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Störungen hatten ihn 1994 dazu bewogen, nach 18jähriger<br />
Amtszeit seinen Rücktritt als Bischof einzureichen.<br />
Der verstorbene Bischof erlebte aber<br />
auch ges<strong>und</strong>heitlich gute Jahre. Jahre, in denen er<br />
als begeisterter Bergsteiger herausfordernde Hochtouren<br />
machen <strong>und</strong> sich auf dem Weg zu den<br />
4000er-Gipfeln im Wallis von den Alltagslasten<br />
befreien <strong>und</strong> Kraft für seine Aufgaben schöpfen<br />
konnte.<br />
Der Liturgiker<br />
Otmar Mäder pflegte als Vikar <strong>und</strong> Pfarrer schon<br />
vor dem Konzil die Liturgie in vorbildlicher Weise.<br />
Seine Erfahrungen <strong>und</strong> Einsichten gab er in<br />
Kursen <strong>und</strong> Vorträgen gerne weiter. Noch heute<br />
denken viele Seelsorgerinnen <strong>und</strong> Seelsorger<br />
dankbar an seine Hilfeleistungen zurück. Mit praktischen<br />
Anregungen <strong>und</strong> Kursangeboten setzte er<br />
sich für eine gute, in die Tiefe gehende Reform der<br />
Liturgie im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils<br />
ein. Die Anfänge der heute sehr wichtigen <strong>und</strong><br />
ausgebauten Ministrantenseelsorge hat Otmar<br />
Mäder als junger Seelsorger stark mitgeprägt.<br />
Der Katechet<br />
Altbischof Otmar Mäder wird vor allem als begabter<br />
Katechet in die Geschichte des Bistums eingehen.<br />
Seine große Gabe war es, <strong>Glaube</strong>nsinhalte<br />
so weiterzugeben, dass die Adressaten, ob Primarschüler,<br />
Eltern oder Senioren, sie verstehen <strong>und</strong><br />
sich dafür begeistern lassen konnten. Legendär ist<br />
seine Moltonwand <strong>–</strong> damals das aktuellste didaktische<br />
Hilfsmittel <strong>–</strong> geworden, auf die er im Unter-<br />
43
icht <strong>und</strong> bei Vorträgen seine Figuren aufsetzte.<br />
Wie sehr Otmar Mäder Menschen in ihrem Innersten<br />
ansprechen konnte, wurde Kindern, Paten <strong>und</strong><br />
Eltern an den von ihm gespendeten Firmungen<br />
bewusst. Als hervorragender Katechet schuf Otmar<br />
Mäder den katechetischen Lehrplan für die<br />
deutschsprachige Schweiz. Er war ein gefragter<br />
Referent an Tagungen der von ihm mitgegründeten<br />
Schweizerischen Katechetenvereinigung, des<br />
Deutschen Katechetenvereins oder am Europäischen<br />
Kongress in München. Mit beeindruckender<br />
Sachkompetenz vertrat er die Schweizerische<br />
<strong>Bischofs</strong>konferenz an der Welt-<strong>Bischofs</strong>-Synode<br />
über Katechese. Er hat damals auch die ökumenische<br />
Zusammenarbeit im Unterricht betont.<br />
Der Prediger<br />
Otmar Mäders Fähigkeit, sich der Zuhörerschaft<br />
anzupassen, zeigte sich auch in seinen Predigten,<br />
in denen er seine präzis <strong>und</strong> überlegt gewählten<br />
Worte oft mit weit ausholenden Gesten verdeutlichte.<br />
Beliebt waren seine Fastenpredigten in der<br />
stets übervollen Kathedrale über Themen wie<br />
Buße, Gebet, Eucharistie, Bibel, aber auch über<br />
<strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> Vertrauen. Sonntägliche Abendr<strong>und</strong>en<br />
mit den Mitarbeitenden im Klosterhof erheiterte<br />
er mit Anekdoten, mit fröhlichen Begebenheiten.<br />
Selber konnte er dabei ebenfalls herzlich<br />
lachen.<br />
Der Jugendseelsorger<br />
Als ein Beitrag des Bistums zum Jahr der Jugend<br />
war 1985 ein diözesanes Jugendfestival mit r<strong>und</strong><br />
2000 Teilnehmenden in Appenzell durchgeführt<br />
worden. Dieses Ereignis förderte die Jugendarbeit<br />
im Bistum. 1991 wurde die Daju, die Diözesane<br />
Arbeitsstelle für Jugendseelsorge, gegründet, die<br />
dann ihrerseits ab 1993 die ökumenischen Jugendbegegnungstage<br />
im Klosterbezirk St. Gallen organisierte.<br />
Kostbar waren Otmar Mäder die Erinnerungen<br />
an seine frühere praktische Arbeit in der<br />
Jugendseelsorge <strong>und</strong> insbesondere an die Ferienlager<br />
mit den Jungwächtlern.<br />
Der Beter <strong>und</strong> Briefschreiber<br />
Den Schluss seiner Sommerferien verbrachte er<br />
immer mit ein paar stillen Tagen im Flüeli-Ranft,<br />
denn der hl. Bruder Klaus bedeutete ihm sehr viel,<br />
44<br />
weil er, wie er einmal sagte, „ein Leben lang ein<br />
ringender, ein suchender <strong>und</strong> oft auch ein sehr leidender<br />
Mensch war, der aber nie seine <strong>Hoffnung</strong><br />
verloren hatte“. Otmar Mäder war ein großer<br />
Beter. Dass wir zu Beginn der Ordinariatssitzungen<br />
zum Hl. Geist beteten, war ihm ein wichtiges<br />
Anliegen. Er verband dieses Gebet mit einer geistlichen<br />
Einführung. In sein Gebet schloss Otmar<br />
Mäder die vielen Anliegen der Gläubigen ein, vor<br />
allem auch jener, die sich persönlich an ihn wandten.<br />
Die vielen Briefe, welche er als Bischof geschrieben<br />
hat, sind Zeugnis für sein Bemühen, die<br />
Nöte der Menschen zu verstehen.<br />
Der Seelsorger<br />
War Josephus Hasler der Bischof des Konzils <strong>und</strong><br />
der Synode 72, war Otmar Mäder Bischof in der<br />
Zeit, da die grossen kirchlichen Weichenstellungen<br />
in den Pfarreien verwirklicht werden mussten. Als<br />
Pfarrer <strong>und</strong> Seelsorger hatte er die Synode 72<br />
(1972-1975) aktiv mitgestaltet. In der Vorbereitung<br />
war er Sekretär der Interdiözesanen Kommission<br />
„<strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Glaube</strong>nsverkündigung“. Unermüdlich<br />
informierte er die Gläubigen <strong>und</strong> motivierte sie<br />
zum Mitdenken <strong>und</strong> Mittragen. Als Bischof machte<br />
er dann den Gläubigen die Synodentexte in jährlich<br />
wechselnden pastoralen Schwerpunktsetzungen<br />
zugänglich. Die Churer Bistumswirren<br />
hatten Otmar Mäder während seiner Zeit als<br />
Präsident der Schweizer <strong>Bischofs</strong>konferenz sehr zu<br />
schaffen gemacht. Vor allem aber belastete den<br />
Seelsorger, der er auch als Bischof blieb, der zunehmende<br />
Priestermangel. Zu Beginn seiner Amtszeit<br />
1976 waren im Bistum 308 Priester tätig, am Ende<br />
waren es noch 230 <strong>und</strong> davon ein großer Teil<br />
bereits im Pensionsalter. Glücklicherweise nahm in<br />
dieser Zeit die Zahl der Laien im kirchlichen Dienst<br />
von 27 (1976) auf 170 (1995) zu. Daraus ergaben<br />
sich allerdings auch neue Probleme. Bischof Otmar<br />
bemühte sich intensiv um eine gute Zusammenarbeit<br />
zwischen Priestern <strong>und</strong> Laien im kirchlichen<br />
Dienst. Im Jahr 1993 führte er die Weihe von<br />
ständigen Diakonen im Bistum ein.<br />
Diener an der Einheit<br />
Für Otmar Mäder war der Dienst des <strong>Bischofs</strong> vor<br />
allem ein Dienst an der Einheit <strong>und</strong> an der Zuversicht.<br />
Das nach längerer Vorbereitungszeit im<br />
September 1987 in St. Gallen durchgeführte<br />
Bistumstreffen zum Thema „ufbreche“ war für ihn
ein Lichtblick, bewies es doch, dass das Bistum<br />
über alle Unterschiede hinweg eine Einheit bildete.<br />
Bereits nach seinem Rücktritt als Bischof hatte<br />
sich Otmar Mäder ins Private zurückziehen wollen,<br />
denn so wie er mit aller Konsequenz für alle<br />
öffentlich Bischof war, so wollte er mit der gleichen<br />
Konsequenz wieder einer unter allen sein.<br />
Auf Wunsch des Personalchefs wirkte er dann aber<br />
doch noch einige Jahre als Primissar an seinem<br />
früheren Wirkungsort in Muolen <strong>–</strong> bis sein Herz<br />
nicht mehr mitmachte.<br />
„In <strong>Glaube</strong>, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>“ war der Wahlspruch<br />
von Bischof Otmar. Der Verkündigung des<br />
Hall Francis<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1929<strong>–</strong>1933<br />
gest. am 13. Feber 1997<br />
Reitz P. Othmar (Josef)<br />
Maria OSM<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1946<strong>–</strong>1947<br />
gest. am 26. März 2003<br />
<strong>Glaube</strong>ns stellte er sein ganzes Geschick <strong>und</strong> seine<br />
vollen Kräfte zur Verfügung. Er bemühte sich, dem<br />
Jammer über gegenwärtige Entwicklungen zu<br />
widerstehen <strong>und</strong> aus einer tiefen <strong>Hoffnung</strong> auf das<br />
anbrechende Reich Gottes seine Aufgabe zu erfüllen.<br />
In allem sah er sich als Zeuge der <strong>Liebe</strong> Gottes<br />
zu den Menschen. Nach seinem 80. Geburtstag<br />
schrieb er in einem Dankesbrief: „Alles Schöne,<br />
das ich erleben, <strong>und</strong> alle <strong>Liebe</strong>, die ich erfahren<br />
durfte, haben in mir den <strong>Glaube</strong>n an das Gute<br />
gestärkt <strong>und</strong> ließen mich meinen Weg in zuversichtlicher<br />
<strong>Hoffnung</strong> gehen.“ Diese <strong>Hoffnung</strong> hat<br />
ihn auch auf dem Weg vom Leben in den Tod<br />
begleitet.<br />
Memento mori <strong>–</strong> Unsere Verstorbenen<br />
Benediktinerabtei Marienberg<br />
Krypta (1160)<br />
Weiser Hans<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1931<strong>–</strong>1936<br />
gest. am 28. März 2003<br />
Besondere Bekanntheit erlangte Präl. Weiser als<br />
Propst der Innsbrucker Dompfarre St. Jakob<br />
(1979<strong>–</strong>1988) <strong>und</strong> durch seine pionierhaften Leistungen<br />
auf dem Gebiet des katholischen Journalismus.<br />
Er gründete die Jugendzeitschrift „Pfeil“,<br />
die er 50 Jahre lang (1938 bis 1988) redigierte. Mit<br />
einer Auflage von 30.000 Stück war sie eine der<br />
größten Jugendzeitschriften Österreichs. Von 1967<br />
bis zu seiner Ernennung zum Dompropst war<br />
Weiser zudem Chefredakteur der Tiroler Kirchenzeitung.<br />
Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt<br />
wurde Weiser auch durch seine Radiopredigten<br />
<strong>und</strong> Kommentare.<br />
Im Seung-Phil Dr. Joseph<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1975<strong>–</strong>1979<br />
gest. am 24. März 2003<br />
Strasser Johann<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1945<strong>–</strong>1947<br />
KBC1, 2002/03 zurück verst.<br />
Girstmair Peter<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1947<strong>–</strong>1951<br />
KBC1, 2002/03 zurück verst.<br />
45
Kostial Dr. Stefan<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1935<strong>–</strong>1938<br />
gest. am 5. April 2003<br />
Mäder Dr. Otmar, Bischof em. v. St. Gallen<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1944<strong>–</strong>1946, 1947<strong>–</strong>1950<br />
gest. am 25. April 2003<br />
Durrer Hugo<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1947<strong>–</strong>1950<br />
gest. am 22. April 2003<br />
Rother Hans<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1931<strong>–</strong>1933<br />
gest. am 18. Mai 2003<br />
Prohaska Josef Heinrich<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1945<strong>–</strong>1948<br />
gest. am 24. Juni 2003<br />
46<br />
Chrepta Stephen, Msgr.<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1939<strong>–</strong>1940<br />
gest. am 16. Mai 2003<br />
Thaler Dr. Anton<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1965<strong>–</strong>1969<br />
Generalvikar v. St. Gallen, verunglückt am<br />
24. Juni 2003 auf einer Wanderung.<br />
Anton Thaler, am 5. Mai 1938 geboren, ist in<br />
Bazenheid zusammen mit fünf Geschwistern aufgewachsen.<br />
Er begann in Innsbruck im <strong>Canisianum</strong><br />
das Theologiestudium <strong>und</strong> schloss es in Rom<br />
ab. In Bazenheid wurde Anton Thaler 1972 zum<br />
Priester geweiht. Während seiner Zeit als Vikar in<br />
Buchs (1972-80) promovierte er zum Dr. theol. am<br />
Pontificium Sant’Anselmo in Rom. Von 1980 bis<br />
1986 wirkte er als Arbeiterseelsorger <strong>und</strong> Diözesanpräses<br />
der KAB St. Gallen <strong>und</strong> teilzeitlich als<br />
Seelsorger in der Pfarrei St. Gallen-Bruggen sowie<br />
zwei Jahren als Religionslehrer an der Kantonsschule<br />
Heerbrugg. Mit der Schrift „Gemeinde <strong>und</strong><br />
Eucharistie <strong>–</strong> Gr<strong>und</strong>legung einer eucharistischen<br />
Ekklesiologie“ habilitierte er 1986 an der<br />
Theologischen Fakultät Luzern, wo er dann einen<br />
Lehrauftrag als Privatdozent für Dogmatik hatte.<br />
Als Pfarrer von Lichtensteig (1986<strong>–</strong>90) war er von<br />
1987 bis 1990 Mitglied des Katholischen Kollegiums.<br />
Am 1. Oktober 1990 wurde er zum<br />
Professor für Liturgiewissenschaft an der Theologischen<br />
Fakultät Fulda ernannt. Er führte die<br />
Studenten in die Wissenschaft der Liturgie <strong>und</strong> die<br />
Diakone <strong>und</strong> Priesteramtskandidaten in die liturgische<br />
Praxis ein <strong>–</strong> eine Aufgabe, die er sehr liebte.<br />
Im November 1997 ernannte ihn Bischof Ivo Fürer<br />
zum Generalvikar des Bistums St. Gallen <strong>und</strong> im<br />
Februar 1998 zum Residentialkanonikus des Domkapitels.<br />
Im April 1998 trat er sein Amt als<br />
Personalleiter an. Er blieb auch Präsident der diözesanen<br />
<strong>und</strong> Mitglied der überdiözesanen Liturgiekommission.<br />
Meier Maria<br />
Wohltäterin des<br />
<strong>Canisianum</strong>s<br />
gest. am 6. Juli 2003<br />
Moser P. Anton<br />
OCist. Jequitibá<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1933<strong>–</strong>1937<br />
gest. am 30. Juli 2003<br />
Gämperle-Vetter Lukas<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1948<strong>–</strong>1949<br />
verstorben lt. Mitteilung per E-Mail vom 31. 08. 2003.
Mészarós Tibor<br />
im <strong>Canisianum</strong> 1937<strong>–</strong>1943<br />
gest. am 6. September 2003<br />
Tibor Mészáros wurde 1919 in Ungarn geboren.<br />
Nach der Priesterweihe im Jahr 1943 trat er in den<br />
<strong>Liebe</strong>r Pater Regens ...<br />
<strong>Liebe</strong> Canisianer ...<br />
Am 19. 8. 2002 habe ich das <strong>Canisianum</strong> verlassen,<br />
um nach Paris zu fahren. Ich wohne jetzt im<br />
Priesterseminar von St. Sulpice. Nach einem intensiven<br />
Sprachkurs studiere ich am Institut Catholique<br />
de Paris. Obwohl ich hier in Paris bin, erinnere<br />
ich mich immer ans <strong>Canisianum</strong>, wo ich<br />
mit Ihnen <strong>und</strong> den Canisianern 10 Monate<br />
(30. 10. 2001<strong>–</strong>19. 8. 2002) zusammengelebt habe.<br />
Ich hoffe, dass ich in der Zukunft die Gelegenheit<br />
habe, nach Innsbruck zu fahren, um das <strong>Canisianum</strong><br />
zu besuchen.<br />
Cor unum et anima una<br />
F. X. Nguyen Van Can, Paris<br />
***<br />
Seit meinem 70. Geburtstag habe ich täglich darum<br />
gebetet, dass die mir noch verbleibenden Jahre<br />
fruchtbar sein mögen. Die Art <strong>und</strong> Weise dieser<br />
Fruchtbarkeit überlasse ich gern der Vorsehung,<br />
die mich mein ganzes Leben lang so liebevoll<br />
begleitet hat. Der amerikanische Priester <strong>und</strong><br />
Soziologe Andrew Greeley schrieb: “Priests who<br />
like being priests are among the happiest men in<br />
the world.”<br />
Das kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung<br />
bestätigen.<br />
Dr. John Jay Hughes, Münster/Deutschland<br />
***<br />
Zum neuen Semesterbeginn möchte ich dir <strong>und</strong> der<br />
Hausleitung alles Gute wünschen <strong>und</strong> mich bei<br />
euch noch einmal für die fre<strong>und</strong>liche Aufnahme im<br />
Canis im letzten Jahr bedanken. Wie der Friedrich<br />
Dienst der Kirche in Ungarn. Die Wirren der Zeit,<br />
durch die Nazi <strong>und</strong> die Kommunisten, gingen an<br />
ihm nicht vorüber. Nach langer Gefangenschaft in<br />
Sibirien kam er in die Schweiz. In Basel war er<br />
Pfarrer in Don Bosco, Seelsorger im St.-Clara-<br />
Spital <strong>und</strong> im Hildegard-Hospiz.<br />
Briefe <strong>und</strong> Grüße aus aller Welt<br />
einmal den Neoingressi sagte: Man soll sich im<br />
<strong>Canisianum</strong> zu Hause fühlen ... <strong>und</strong> für ein zweites<br />
Mal in meinem Leben habe ich diese Erfahrung<br />
gehabt. Ein lebendes Zeichen von dem Spruch: in<br />
corde uno et anima una. Danke!<br />
Phil Jacobs, Prag<br />
***<br />
Als ich von Innsbruck nach Tuxtla Gutiérrez, Chiapas,<br />
Mexiko zurückkam, wollte ich mit Gottes<br />
Hilfe eine Hochschule gründen. Im Jahr 1978 hat<br />
mir Gott durch den Stadthalter von Chiapas diese<br />
Gelegenheit geboten <strong>–</strong> <strong>und</strong> so habe ich für die<br />
Jugend von Chiapas die erste Sozial-Arbeit-Schule<br />
gegründet. Am 26. <strong>und</strong> 27. September haben wir<br />
das Silberjubiläum gefeiert <strong>und</strong> die Studenten<br />
haben mit echtem christlichen Sinn das Motto der<br />
Schule erneuert. Es lautet in etwa so: „Bewusstsein<br />
schaffen, Dienen <strong>und</strong> Umbilden“ (Concientizar,<br />
servir y transformar).<br />
Dr. Juan Jesús Aquino, Tuxtla/Mexiko<br />
***<br />
Seit Juni 2000 bin ich hier im Mutter-Vaterhaus<br />
Steyl, Holland, im Spiritualitätsteam tätig, das bis<br />
vor kurzem die Aufgabe hatte, 10 Provinzen mit<br />
Seminaren, Workshops, Exerzitien etc. zu versorgen.<br />
Wir haben inzwischen eine neue Struktur erarbeitet<br />
<strong>und</strong> somit geht das alte Modell zu Ende <strong>und</strong><br />
es wird nun Animatoren innerhalb der Provinzen<br />
geben, die von zwei Koordinatoren geleitet werden,<br />
welche die Verbindung zur Provinzialleitung<br />
herstellen. Dieses Jahr bleibe ich sicher noch in<br />
Steyl, da unsere Gründer P. Arnold Janssen <strong>und</strong> P.<br />
Josef Freinademetz am 5. Oktober heilig gesprochen<br />
werden.<br />
P. Rudi Pöhl SVD, Steyl/Niederlande<br />
47
Gott gibt den Seinen manchmal unerwarteten Trost.<br />
So erhielt ich heute, am zweiten Osterfesttag, auch<br />
einen Trost. Ich habe in der Nummer des letzten<br />
Korrespondenzblattes die E-Mail-Adresse von<br />
Ihnen gef<strong>und</strong>en. In meinem 89. Lebensjahr erinnere<br />
ich mich noch an einen hochtalentierten<br />
Mitbruder aus dem Deutschen Orden, der alle<br />
Sprachen, auch Ungarisch, sprach. Er machte ständig<br />
Witze auf Lateinisch, die damals noch unsere<br />
Studiumssprache war. So sagte er immer:<br />
„Tempores mutuntur et nos mutimur in illibus.“<br />
Der Satz ist freilich fürchterlich, voll von Fehlern,<br />
aber inhaltlich sehr wahr. Wissen Sie, was in meinem<br />
Leben meine allergrößte Gnade war? Den<br />
<strong>Glaube</strong>n nie verloren zu haben <strong>und</strong> in den bittersten<br />
Leiden, Enttäuschungen <strong>und</strong> Widersprüchen, das<br />
Kreuz der Erlösung entdeckt zu haben.<br />
Georg Kis, Bakonyszentlászló/Ungarn<br />
48<br />
***<br />
Mit Ihrer Gratulation zum 65. Priesterjubiläum haben<br />
Sie mich überrascht. Sind doch über 50 Jahre<br />
vergangen, seit ich 1947 in das <strong>Canisianum</strong> kam.<br />
Ich danke herzlich dafür <strong>und</strong> bitte um Ihr Gebet.<br />
Gerne denke ich zurück an die Jahre in Innsbruck.<br />
Damals konnte ich die besten Professoren hören:<br />
Die Brüder Rahner, Josef Jungmann, P. Lakner <strong>und</strong><br />
in lieber Hilfsbereitschaft Prof. Gaechter, bei dem<br />
ich die Dissertation machte. Ich danke dem Herrn,<br />
dass ich in diesen vielen Jahren kaum einmal krank<br />
war <strong>und</strong> so 12 Jahre Philosophie bei den Theologen<br />
<strong>und</strong> Religionsunterricht in den oberen Klassen<br />
ausüben konnte.<br />
Dr. Karl Schmidhofer, Brixen/Südtirol<br />
***<br />
Zur Vollendung meines neunzigsten Lebensjahres<br />
hat mich eine Fülle liebevoller Zeichen des Gedenkens<br />
<strong>und</strong> der Verb<strong>und</strong>enheit erreicht. ... Diese<br />
Erweise der Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> der Erinnerung an<br />
gemeinsam erlebte <strong>und</strong> gestaltete Wegstrecken haben<br />
mich in der Zuversicht gestärkt, die verbleibende<br />
Lebenszeit geduldig <strong>und</strong> hoffnungsvoll zu<br />
erwarten.<br />
Anton Josef Wäckers,<br />
Abtei Mariendonk/Kempen<br />
***<br />
Der Gedenktag des Seligen Wilhelm Apor ist für<br />
mich Gr<strong>und</strong>, mich wieder einmal an das Collegium<br />
<strong>Canisianum</strong> zu erinnern: Gerne denke ich an das<br />
Semester zurück, in dem ich mit Ihnen/Euch<br />
zusammenleben durfte. Diese Zeit war nicht nur<br />
für mein Theologiestudium, speziell meine<br />
Diplomarbeit, eine fruchtbare Zeit. Diese <strong>–</strong> wenn<br />
auch kurze <strong>–</strong> Zeit hat mich auf meinem Weg des<br />
Priesterwerdens nachhaltig geprägt. Dafür bin ich<br />
sehr dankbar. Es freut mich besonders, dass ich<br />
über das Korrespondenzblatt weiter Anteil am<br />
Leben in Ihrem/eurem Haus haben darf. Danke<br />
dafür!<br />
Christian Rütten, Diakon, Bochum/Deutschland<br />
***<br />
Durch die offene Ausbildung im <strong>Canisianum</strong>, die<br />
ich in den Jahren von 1971 bis 1977 erlebte, konnte<br />
ich mich gut auf meinen priesterlichen Dienst<br />
einstellen. Heute bin ich sehr dankbar für die Jahre<br />
unter dem Dach des <strong>Canisianum</strong>s.<br />
Willi Gasser, Pfr., Giswil/Schweiz<br />
***<br />
Un commosso „grazie“ per lo spontaneo cordialissimo<br />
ricordo, con tutto il mio affetto.<br />
Adrian Meile, Sac., Tegna/Svizzera<br />
***<br />
Herzlichen Dank für Konveniatsgrüße ...<br />
... aus Mexiko City:<br />
Zwei Altcanisianer erinnern sich an die schöne<br />
Zeit in Innsbruck. Von hier aus senden wir Ihnen/<br />
euch die besten Wünsche.<br />
Jesús Aquino Juan <strong>und</strong><br />
Roberto Javier Ruiz Velasco<br />
***<br />
... aus dem Kloster Wernberg:<br />
Wernberg ist einfach ein Treffpunkt <strong>–</strong> <strong>und</strong> das ohne<br />
Jubiläum! Wir freuen uns darüber <strong>und</strong> denken gern<br />
an das Canis.<br />
Hubert Puchberger, Sr. Pallotti Findenig CPS,<br />
Max Strasser<br />
***<br />
... aus dem Bregenzer Wald:<br />
Von einem Altcanisianertreffen herzliche Grüße:<br />
Cor unum et anima una.<br />
Wolf Zielinski, Antony Payyapilly,<br />
Elanjimittam Mathew
Girard, René:<br />
Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen<br />
Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums.<br />
Mit einem Nachwort von Peter Sloterdijk. Aus dem<br />
Französischen von Elisabeth Mainberger-Ruh.<br />
Carl-Hanser-Verlag, München-Wien 2002.<br />
ISBN 3-446-20230-7, 254 Seiten.<br />
In dieser deutschen<br />
Ausgabe des 1999<br />
erschienenen Werks Je<br />
vois Satan tomber<br />
comme l’éclair stellt<br />
Girard seinen Ansatz,<br />
der sich mit dem<br />
Phänomen des „mimetischen<br />
Zyklus“ <strong>und</strong><br />
seinen religiös-kulturell-gesellschaftlichen<br />
Konsequenzen auseinandersetzt,<br />
auf kompakte<br />
Weise dar, mehr<br />
noch: Die Einsicht in die Opfer- <strong>und</strong> Gewaltmechanismen<br />
<strong>–</strong> so der Anspruch des Buches <strong>–</strong><br />
führt zu einer besseren Kenntnis des Anspruchs<br />
des Christentums.<br />
Girard ordnet seine Analyse, die er in vierzehn<br />
Kapiteln vorlegt, „in die Anthropologie des<br />
Religiösen <strong>und</strong> nicht in die Theologie“ (13) ein; er<br />
will <strong>–</strong> so weit es geht <strong>–</strong> auf der Ebene einer „neutestamentlichen<br />
Anthropologie“ argumentieren,<br />
„ohne dabei die Realität des christlichen Gottes<br />
vorauszusetzen“ (239). Was sind nun die wichtigsten<br />
Elemente der Theorie von René Girard? Die<br />
Gewalt, die unter Menschen ausgeübt wird, ist das<br />
Ergebnis einer Dynamik der Rivalität, die Girard<br />
das „mimetische Begehren“ (24) nennt. Diese<br />
Mimesis bildet einen Zyklus mit einer dreistufigen<br />
Sequenz: 1. Die Anhäufung von konfliktiven Rivalitäten<br />
<strong>und</strong> Ärgernissen führt zu einer Krise in der<br />
menschlichen Gemeinschaft. 2. Aufgr<strong>und</strong> der Unfähigkeit,<br />
der Ansteckung durch diese Aufschaukelung<br />
der Gewalt zu entgehen, kommt es zu einer<br />
kollektiven Gewalttat, bei der sich das „Allegegen-Alle“<br />
in ein „Alle-gegen-Einen“ (38) verwandelt;<br />
die Ausstoßung <strong>und</strong> Vernichtung des<br />
Opfers hat die <strong>–</strong> auf den ersten Blick paradoxe <strong>–</strong><br />
Rezensionen<br />
Konsequenz, „in einer noch kurz zuvor verstörten<br />
<strong>und</strong> scheinbar durch nichts zu beruhigenden<br />
Gemeinschaft die Ruhe wiederherstellen zu können“<br />
(55). 3. Schließlich kommt es zu einer<br />
religiösen Epiphanie, bei der das Opfer (der<br />
„Sündenbock“) ins Positive, ja Göttliche verwandelt<br />
wird <strong>und</strong> sogar dem „Wiederaufbau der<br />
Lebenswelt“ (96) dient, die er kurz zuvor <strong>–</strong> als<br />
„Übeltäter“ <strong>–</strong> angeblich noch radikal bedroht hatte.<br />
Die These dieses Buches besteht zum einen in der<br />
Überzeugung, dass die biblischen Texte im Allgemeinen<br />
<strong>und</strong> die Berichte über die Passion Jesu im<br />
Besonderen diesen (anthropologisch universalen)<br />
Opfermechanismus beschreiben, der die Menschheitsgeschichte<br />
von Anfang an in der Form eines<br />
mimetischen Zyklus prägt, ja sogar die menschliche<br />
Kultur begründet („Mord <strong>und</strong> Ursprung sind<br />
identisch“ [114]). Zum anderen zeigt sich eine f<strong>und</strong>amentale<br />
Differenz: Während mythische Texte<br />
den mimetischen Gewaltmechanismus verschleiern<br />
<strong>und</strong> die Verfolgung der Opfer rechtfertigen,<br />
decken die biblischen Texte <strong>–</strong> vor allem die<br />
Passionserzählungen <strong>–</strong> diese Struktur kollektiver<br />
Gewalt auf. Mythen sind vom „Illusionsprinzip“<br />
(184) des Opfermechanismus beherrscht; die Bibel<br />
hingegen legt die verborgene Struktur von<br />
Ausstoßung <strong>und</strong> Verklärung des „Sündenbocks“<br />
offen. Auf diesem Hintergr<strong>und</strong> erklärt sich auch<br />
die Bedeutung von „Satan“: Er ist das „Subjekt<br />
der Strukturen der mimetischen Gewalt“ (239; vgl.<br />
auch 62, 93,188), dessen Macht im Neuen<br />
Testament aufgedeckt <strong>und</strong> <strong>–</strong> im Bild eines gewaltigen<br />
Sturzes (Lk 10,18) <strong>–</strong> beendet wird.<br />
Die Einzigartigkeit der jüdisch-christlichen <strong>Glaube</strong>nsüberlieferung<br />
sieht Girard in der revolutionären<br />
Fähigkeit, die mythische Einmütigkeit in der<br />
Verschleierung von Gewalt aufzusprengen: „Die<br />
Umkehrung des Verhältnisses von Unschuld <strong>und</strong><br />
Schuld zwischen Opfern <strong>und</strong> Henkern ist der<br />
Eckstein der biblischen Inspiration“ (152). Auch<br />
wenn das Christentum lange Zeit „von ‚opferkultischen‘<br />
Überresten kontaminiert wurde“ (223), ist<br />
es Träger einer unvergleichlich wertvollen Überzeugung:<br />
„Die Evangelien selbst lenken unsere<br />
Aufmerksamkeit darauf, dass überall dort, wo<br />
Jesus eingreift, die mythische Einmütigkeit verlorengeht“<br />
(192).<br />
49
Der im Untertitel dieses Buches erhobene<br />
Anspruch, eine kritische Apologie des Christentums<br />
zu leisten, ist wohl etwas zu hoch gegriffen,<br />
<strong>und</strong> manche Polemik Girards (z. B. die Bezeichnung<br />
der linguistischen Methoden als „harmlose<br />
strukturalistische Spielereien [101]) erscheint unnötig.<br />
Nichtsdestoweniger stellt diese Selbstvergewisserung<br />
des christlichen <strong>Glaube</strong>ns anhand einer<br />
„Lehre von der conditio mimetica des Menschen“<br />
<strong>–</strong> so Peter Sloterdijk in seinem Nachwort<br />
(241<strong>–</strong>254; 249) <strong>–</strong> einen unersetzlichen Beitrag im<br />
gegenwärtigen theologischen Diskurs dar.<br />
50<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Gruber, Franz:<br />
Das entzauberte Geschöpf.<br />
Konturen des christlichen Menschenbildes.<br />
(Topos plus Taschenbücher, Band 486).<br />
Pustet-Verlag, Regensburg 2003.<br />
ISBN 3-7867-8486-8, 158 Seiten.<br />
Der Linzer Dogmatiker<br />
Franz Gruber legt mit<br />
diesem Taschenbuch<br />
einen übersichtlichen<br />
Entwurf der theologischen<br />
Anthropologie<br />
vor. Ausgangspunkt der<br />
Überlegungen <strong>–</strong> wie<br />
es in der Einführung<br />
(9<strong>–</strong>11) heißt <strong>–</strong> ist der<br />
„entzauberte Mensch“<br />
(10), der seine eigene<br />
Identität im Schnittpunkt<br />
von wissenschaftlicher<br />
Erforschung,<br />
existenzieller Sinnfrage <strong>und</strong> religiöser Deutung<br />
sucht.<br />
Das erste Kapitel (Der Mensch, das Wesen auf der<br />
Suche nach sich selbst [12<strong>–</strong>33]) führt in verschiedene<br />
Menschenbilder ein. In den vielfältigen Gegensätzen<br />
<strong>und</strong> Grenzsituationen des Lebens, in<br />
denen immer wieder eine „existenzielle Ortlosigkeit“<br />
(29) zum Ausdruck kommt, erweist sich die<br />
Gottesfrage als „die tiefste Frage des Menschen<br />
nach sich selbst“ (27). Das zweite Kapitel (Theologische<br />
Anthropologie in der christlich-biblischen<br />
Tradition [34<strong>–</strong>81]) beginnt mit der Unterscheidung<br />
zwischen wissenschaftlicher Beobachtung <strong>und</strong><br />
teilnehmender Einstellung, also der „Erklärung<br />
eines Naturphänomens“ einerseits <strong>und</strong> der Interpretation<br />
der eigenen Existenz „am Maßstab existenziellen<br />
Sinns“ (35) andererseits <strong>–</strong> eine Klärung,<br />
die für das Verständnis schöpfungstheologischer<br />
Aussagen von entscheidender Bedeutung ist. In<br />
der Folge geht Gruber auf das biblische Verständnis<br />
des Menschen sowie auf maßgebliche Paradigmen<br />
der theologischen Anthropologie ein. Im<br />
dritten Kapitel (F<strong>und</strong>amente des Lebens:<br />
Leiblichkeit, Beziehung, Arbeit <strong>und</strong> Sinn [82<strong>–</strong>111])<br />
kommen prägende Konstanten des Menschseins<br />
zur Sprache. Angesichts des Scheiterns von <strong>Liebe</strong><br />
<strong>und</strong> Solidarität, von sozialer Integration <strong>und</strong><br />
persönlichen Lebensentwürfen ist eine „Kultur der<br />
Anerkennung“ erforderlich, „die sich am Maßstab<br />
der unbedingten Würde jedes Menschen ausrichtet“<br />
(95). Die spezifisch religiöse Sinngebung verdankt<br />
sich der Erfahrung, dass Gott den Menschen<br />
begleitet <strong>und</strong> bedingungslos annimmt: „Das Individuum<br />
muss nicht die Last der Selbst-Begründung<br />
tragen, sondern kann sich einem letzten tragfähigen<br />
Gr<strong>und</strong> anvertrauen“ (110). Das vierte<br />
Kapitel (Leben an schmerzvollen Grenzen<br />
[112<strong>–</strong>131]) zeigt die Kontingenz des Menschseins<br />
<strong>–</strong> erfahrbar durch Tod, Leid, Sünde <strong>und</strong> Sinnlosigkeit<br />
<strong>–</strong> auf. Gerade diese f<strong>und</strong>amentalsten Bedrohungen<br />
machen bewusst, worin der <strong>Hoffnung</strong>sgr<strong>und</strong><br />
biblisch-christlicher Anthropologie besteht:<br />
in der „Anerkennung des Menschen um seiner<br />
selbst willen“ (129). Das fünfte Kapitel (Die Zukunft<br />
des Menschen [132<strong>–</strong>139]) plädiert für eine<br />
„neue Ethik des Lebens“ (135), die <strong>–</strong> in Anlehnung<br />
an einen Entwurf von Leonardo Boff <strong>–</strong> von Achtsamkeit,<br />
Solidarität, Verantwortung, Dialog <strong>und</strong><br />
Holismus geprägt ist. Das abschließende sechste<br />
Kapitel (Das bildlose Geheimnis <strong>–</strong> ein philosophisch-theologischer<br />
Epilog [140<strong>–</strong>144]) ermutigt<br />
dazu, das „unbestimmbare Wesen“ (140) des<br />
Menschseins auszuhalten <strong>und</strong> in einer mystischen<br />
<strong>und</strong> liebenden Lebenshaltung je neu zu verwirklichen.<br />
Franz Gruber hat in diesem Büchlein die „Konturen<br />
des christlichen Menschenbildes“ prägnant<br />
<strong>und</strong> theologisch gehaltvoll nachgezeichnet. Die<br />
Gr<strong>und</strong>these, welche die Überlegungen leitet: „Im<br />
Unbedingtheitsanspruch der liebenden Anerkennung<br />
wird der Mensch heil“ (53) kann als „Kurzformel<br />
des <strong>Glaube</strong>ns“ verstanden werden.<br />
Franz Gmainer-Pranzl
Kriegner, Maria:<br />
Ob das <strong>Liebe</strong> ist?<br />
Dem Geheimnis einer Begegnung auf der Spur.<br />
Eigenverlag der Schwestern der Heiligen Klara,<br />
Bregenz-Isny 2003.<br />
(Bestelladressen: klara_schwestern@tiscali.at /<br />
spiritualitaet@dioezese-linz.at)<br />
143 Seiten.<br />
Die aus Oberösterreich<br />
stammende Ordensfrau<br />
Maria Kriegner hat ein<br />
ungewöhnliches Buch<br />
vorgelegt, in dem sie<br />
ihren geistlichen Weg dokumentiert:<br />
Angefangen<br />
von den Auseinandersetzungen<br />
der Jugendzeit<br />
über ihre Tätigkeit als<br />
Sozialarbeiterin <strong>und</strong> Religionslehrerin<br />
bis hin<br />
zum Eintritt in die neu<br />
gegründete Gemeinschaft der „Schwestern der Heiligen<br />
Klara“. In fünf Abschnitten, die in eine Einleitung<br />
(„Aus der Lebensgeschichte“), eine Hinführung<br />
(„Gedanken“) <strong>und</strong> die eigene geistliche<br />
Biographie („Hinwege“) gegliedert sind, lässt Maria<br />
Kriegner die Leser an Erfahrungen teilhaben, die<br />
betroffen <strong>und</strong> aufmerksam machen.<br />
Das Besondere dieser Veröffentlichung besteht in<br />
der Sicht des christlichen Lebens im Allgemeinen<br />
<strong>und</strong> des Ordenslebens im Besonderen. Maria<br />
Kriegner redet nicht einfach von „Spiritualität“<br />
<strong>und</strong> beschreitet dabei nicht geebnete Wege, sondern<br />
spricht von einem schmerzhaften Prozess der<br />
Suche nach sich selbst, nach den Menschen <strong>und</strong><br />
nach Gott. Den Aufbruch im <strong>Glaube</strong>n vergleicht<br />
sie mit einem „Sterbevorgang“ (28), der den Menschen<br />
„durch seine Lebensw<strong>und</strong>e“ (32) hindurch<br />
führt. So heißt es an einer Stelle: „<strong>Liebe</strong>r die Trostlosigkeit<br />
als das Zuschütten mit menschlichem<br />
Trost. Wach bleiben. Schmerzhaft geöffnet bleiben.<br />
Ungestillt bleiben. Nur kein Trost, der in den<br />
Vordergr<strong>und</strong> verlockt. Mit dem äußersten Fünklein<br />
meines Seins <strong>–</strong> das ist wohl auch der äußerste<br />
Punkt meiner Sehnsucht <strong>–</strong> den Weg gehen“ (92).<br />
Das bewusste Leben als Christin, als Ordensfrau<br />
ist keine „professionelle“ Handhabung religiöser<br />
Vollzüge, kein „routiniertes“ Leben in der Kirche,<br />
sondern eine ungesicherte Antwort auf den Ruf<br />
„Komm“ (111), das existenzielle Dasein „für eine<br />
Erwartung“ (118), der Mut zum „Vakuum“, zur<br />
„Leere, vor der man auch erschauern kann“ (140).<br />
Mit diesen Formulierungen enttäuscht Maria<br />
Kriegner wohl traditionell kirchlich Denkende <strong>und</strong><br />
modisch-„spirituelle“ Zeitgenossen gleichermaßen,<br />
weil sie die Sehnsucht, die im Menschen liegt,<br />
durch nichts anderes „beantwortet“ sein lässt als<br />
durch Gott allein. Daraus ergibt sich eine anspruchsvolle,<br />
aber heilsame Ermutigung: „Alles an<br />
sich selber wahrnehmen, an der eigenen Geschichte.<br />
Nur: auf die letzte Interpretation verzichten“<br />
(129).<br />
Es ist ein trockenes Stück Brot, das Sr. Maria<br />
Kriegner ihren Lesern zu kauen gibt <strong>–</strong> das Zeugnis<br />
eines mühsamen Ringens um die Wahrheit der<br />
eigenen Berufung <strong>und</strong> zugleich ein Baustein zu<br />
einer zeitgemäßen Theologie des Ordenslebens.<br />
Allen, die sich einer solchen „Zumutung“ aussetzen<br />
wollen, sei dieses Buch nachdrücklich empfohlen.<br />
Newberg, Andrew, D’Aquili,<br />
Eugene <strong>und</strong> Rause, Vince:<br />
Der gedachte Gott.<br />
Wie <strong>Glaube</strong> im Gehirn entsteht.<br />
Piper Verlag, München 2003.<br />
ISBN 3-492-04427-1, 271 Seiten.<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Newberg, Professor für<br />
Radiologie an der<br />
Universität von Pennsylvania<br />
(USA), D’Aquili,<br />
ehemals Professor für<br />
Psychiatrie an derselben<br />
Universität, sowie Rause,<br />
freier Journalist, haben<br />
ein Buch geschrieben,<br />
das „den Zusammenhang<br />
zwischen religiöser<br />
Erfahrung <strong>und</strong><br />
Gehirnfunktion“ (10) erläutern<br />
möchte. Sie greifen auf Gespräche mit<br />
Menschen zurück, die bereit waren, ihre spirituelle<br />
(Meditations-)Praxis einer neurobiologischen<br />
Untersuchung auszusetzen, <strong>und</strong> weisen eine große<br />
Kompetenz in Fragen der Gehirnforschung auf.<br />
51
Ihre Ausführungen wecken Spannung <strong>und</strong> Interesse,<br />
wie z. B. die Darstellung der vier „Assoziationsfelder“,<br />
die dem Bewusstsein mystische<br />
Erfahrungen eröffnen (vgl. 43<strong>–</strong>50), oder der acht<br />
„kognitiven Operatoren“, die dem Menschen<br />
Orientierung in seiner komplexen Umwelt ermöglichen<br />
(vgl. 71<strong>–</strong>78). Die Gr<strong>und</strong>these lautet:<br />
„Mystische Erfahrung ist biologisch real <strong>und</strong><br />
naturwissenschaftlich wahrnehmbar“ (17).<br />
Das Buch liefert allerdings nicht nur einen Beitrag<br />
zur Gehirnforschung oder zur Erklärung der<br />
Genese des menschlichen Bewusstseins (derzufolge<br />
„das Gehirn gar nicht anders kann, als die<br />
Gedanken <strong>und</strong> Gefühle zu erzeugen, welche die<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Geistes bilden“ [51]), sondern <strong>–</strong> wie<br />
ja der Titel zum Ausdruck bringt <strong>–</strong> eine Theorie<br />
der Entstehung von Religion. Auch wenn durchgehend<br />
betont wird, dass religiöse Erfahrungen nicht<br />
einem Irrtum oder Wahn entspringen (wie das die<br />
klassische Religionskritik behauptete), „sondern<br />
das einwandfreie, erwartbare neurologische Resultat<br />
eines klaren, gefestigten Geistes [sind], der<br />
nach einer höheren spirituellen Ebene strebt“<br />
(158), wird Religion in ihrem Anspruch <strong>und</strong> Vollzug<br />
konsequent neurobiologisch interpretiert. So<br />
verdanken sich Mythen, die die uralte (Todes-)<br />
Angst des Menschen durch erklärende Geschichten<br />
bewältigen möchten, einer „neurologischen<br />
Verankerung“ (109); die wesentlichen Elemente<br />
des Rituals werden „von gr<strong>und</strong>legenden biologischen<br />
Funktionen erzeugt“ (135), <strong>und</strong> Mystik hat<br />
„ihre biologischen Wurzeln in der Maschinerie der<br />
Transzendenz ..., über die der Geist verfügt“ (171).<br />
Für den (F<strong>und</strong>amental-)Theologen entsteht bei der<br />
Lektüre dieses Buches ein Dilemma. Zum einen ist<br />
das Anliegen, die neurobiologischen Dimensionen<br />
einer religiöser Lebenseinstellung aufzuzeigen, zu<br />
würdigen; der Einblick in die „Gehirnarchitektur“<br />
(55) des Menschen ist ja wirklich lehrreich <strong>und</strong><br />
spannend. Zum anderen aber erweist sich das<br />
Verständnis von „Religion“, das Newberg, D’Aquili<br />
<strong>und</strong> Rause <strong>–</strong> explizit oder implizit <strong>–</strong> entwickeln, aus<br />
Sicht der christlichen Offenbarungstheologie als<br />
ungenügend. Die Problematik zeigt sich vor allem<br />
an folgender These: „Wenn Gott tatsächlich existiert,<br />
so ist das Gewirr der neuronalen Leitungen<br />
<strong>und</strong> physiologischen Strukturen des Gehirns der<br />
einzige Ort, an dem er seine Existenz offenbaren<br />
kann“ (79). Im Rahmen der jüdisch-christlichen<br />
Überlieferung hat sich Gott vor allem in der<br />
Geschichte <strong>und</strong> Gemeinschaft von Menschen mitgeteilt,<br />
<strong>und</strong> zwar nicht nur „innerlich“ oder<br />
52<br />
„mystisch“, sondern immer auch durch äußere<br />
Zeichen, <strong>und</strong> vor allem im Wort. Kein W<strong>und</strong>er<br />
also, wenn dieses Buch die Geschichte Jesu als<br />
„Mythos“ interpretiert (vgl. 84, 91).<br />
Auch die Meinung, dass religiöse Menschen „gesünder“<br />
seien als Nichtglaubende (vgl. 179 f.),<br />
dass sich eine gelebte Spiritualität „als absolut<br />
nützlich erwiesen“ (179) habe oder „einen entscheidenden<br />
Vorteil im evolutionären Überlebenskampf“<br />
(190) geboten hätte, erweist sich aus der<br />
Perspektive der jüdisch-christlichen <strong>Glaube</strong>nsgeschichte<br />
als verfehlt. Ohne die medizinisch-neurologische<br />
Kompetenz der Autoren in Frage zu stellen,<br />
muss doch angemerkt werden, dass hier eine<br />
theologische Grenzüberschreitung begangen<br />
wurde; aus christlicher Sicht stellt immer noch die<br />
menschliche Freiheitsgeschichte die „Grammatik“<br />
einer möglichen Selbstmitteilung Gottes dar, <strong>und</strong><br />
nicht bloß der „Geist“ des Menschen, der (neurobiologisch)<br />
als „zwangsläufig mystisch“ (58)<br />
angesehen wird.<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Niewiadomski, Józef <strong>–</strong> Wandinger, Nikolaus (Hg.):<br />
Dramatische Theologie im Gespräch.<br />
Symposion/Gastmahl zum 65. Geburtstag<br />
von Raym<strong>und</strong> Schwager<br />
(Beiträge zur mimetischen Theorie, Band 14).<br />
LIT-Verlag / Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Thaur,<br />
Münster 2003. ISBN 3-8258-6701-3, 252 Seiten.<br />
Was ist denn eigentlich „Dramatische Theologie“?<br />
Diese Frage stellen sich nicht nur Theologen im<br />
<strong>Canisianum</strong>, die sich vermeintlichen (oder tatsächlichen)<br />
„Girardisten“ gegenüber wähnen, sondern<br />
natürlich auch viele andere. Dieser Sammelband,<br />
der auf ein Symposion zum 65. Geburtstag von<br />
Raym<strong>und</strong> Schwager an der Theologischen Fakultät<br />
der Universität Innsbruck am 10./11.November<br />
2000 zurückgeht, gibt darauf eine vielgestaltige<br />
Antwort.<br />
Józef Niewiadomski weist in seinem Beitrag darauf<br />
hin, dass bereits Schwagers Dissertation Das<br />
dramatische Kirchenverständnis bei Ignatius von<br />
Loyola (Zürich 1970) die spannungsreichen<br />
Begegnungen <strong>und</strong> Konfrontationen von glauben-
den <strong>und</strong> hoffenden Menschen in der Kirche reflektiert<br />
(vgl. 9). Mit Hilfe des Modells des Dramas,<br />
das Schwager in seinen Veröffentlichungen Der<br />
w<strong>und</strong>erbare Tausch. Zur Geschichte <strong>und</strong> Deutung<br />
der Erlösunglehre (München 1986) <strong>und</strong> Jesus im<br />
Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre<br />
(Innsbruck-Wien 1990) entwickelte, lässt<br />
sich <strong>–</strong> wie Dietmar Regensburger hervorhebt <strong>–</strong><br />
„die biblische Offenbarungsgeschichte mit ihren<br />
vielfältigen Handlungsträgern <strong>–</strong> Jahwe, Volk, politische<br />
<strong>und</strong> religiöse Führergestalten, Propheten,<br />
Götzendiener, fremde Völker etc. <strong>–</strong> durch verschiedene<br />
geschichtliche Phasen hindurch verfolgen,<br />
ohne dass einerseits die Vielfalt der Erfahrungen<br />
gewaltsam auf eine einzige Perspektive<br />
reduziert werden muss <strong>und</strong> ohne dass andererseits<br />
die eine Geschichte in eine Vielfalt zusammenhangsloser<br />
Einzelepisoden zerfällt“ (87). So erweisen<br />
sich die fünf Akte des Dramas Jesu Christi<br />
(Verkündigung der Reich-Gottes-Botschaft,<br />
Ablehnung der Botschaft <strong>und</strong> Gerichtsworte,<br />
Kreuzigung, Auferstehung, Geistsendung) als<br />
kohärenter Neuansatz einer biblisch-systematischen<br />
Soteriologie <strong>und</strong> darüber hinaus als Kritik<br />
an Hauptströmungen der neuzeitlichen Anthropologie,<br />
welche die Autonomie des Subjekts über<strong>und</strong><br />
den Anspruch der jüdisch-christlichen Botschaft<br />
unterbewerteten (vgl. 16 f.).<br />
Was nun der Ansatz der „Dramatischen Theologie“<br />
für die einzelnen theologischen Disziplinen besagt,<br />
haben Józef Niewiadomski, Herwig Büchele,<br />
Gerhard Leibold, Roman Siebenrock, Wilhelm<br />
Guggenberger, Dietmar Regensburger, Wolfgang<br />
Palaver, Willibald Sandler, Nikolaus Wandinger,<br />
Andreas Vonach, Martin Hasitschka <strong>und</strong> Matthias<br />
Scharer aufschlussreich <strong>und</strong> kritisch-weiterführend<br />
gezeigt. So zeigt sich etwa <strong>–</strong> um den<br />
Beitrag von Roman Siebenrock herauszugreifen <strong>–</strong>,<br />
dass die Methode der „Korrelation“ im Licht der<br />
Dramatischen Theologie auf entscheidende Weise<br />
weiterentwickelt wird: Die Beziehung zwischen<br />
der Situation des Menschen <strong>und</strong> der Botschaft des<br />
<strong>Glaube</strong>ns versteht sich nicht als harmonische<br />
Verbindung, sondern als dramatischer Prozess:<br />
„Das Evangelium bejaht den Menschen gerade<br />
dadurch, dass es ihm eine gr<strong>und</strong>sätzliche Bekehrung<br />
zumutet <strong>und</strong> abverlangt“ (58).<br />
Das Buch schließt mit einer vollständigen Bibliografie<br />
(219<strong>–</strong>249), die Dietmar Regensburger<br />
erstellt hat. Somit liegt eine wichtige Dokumentation<br />
des theologischen Weges von Raym<strong>und</strong><br />
Schwager vor, das inzwischen für mehr als eine<br />
Generation von Theologiestudierenden in Innsbruck<br />
richtungweisend geworden ist. Dramatische<br />
Theologie <strong>–</strong> <strong>und</strong> Theologie überhaupt! <strong>–</strong> soll ja<br />
„ins Gespräch gebracht werden“, <strong>und</strong> genau dazu<br />
dient der vorliegende Band.<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Raatzsch, Richard:<br />
Eigentlich Seltsames.<br />
Wittgensteins Philosophische Untersuchungen.<br />
Band I: Einleitung <strong>und</strong> Kommentar PU 1-64.<br />
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2003.<br />
ISBN 3-506-76000-9, 490 Seiten.<br />
Vorliegendes Werk kommentiert<br />
einen zentralen<br />
Text der Spätphilosophie<br />
von Ludwig Wittgenstein<br />
(1889<strong>–</strong>1951): die „PhilosophischenUntersuchungen“<br />
(PU). Wittgenstein<br />
hatte daran von 1936 bis<br />
1949 gearbeitet <strong>und</strong> dadurch<br />
eine Veränderung<br />
seiner Auffassung von<br />
„Sprache“ zum Ausdruck<br />
gebracht: Wurden im „Tractatus Logico-Philosophicus“<br />
(1918) <strong>–</strong> vereinfacht ausgedrückt <strong>–</strong> Sätze<br />
als „Abbild“ der Wirklichkeit verstanden, sehen die<br />
PU den Gebrauch der Sprache in einem regelgeleiteten<br />
„Spiel“ als entscheidend an.<br />
In der Einleitung (21<strong>–</strong>185) stellt Richard Raatzsch<br />
die Eigenart der zu interpretierenden Texte heraus:<br />
Die 693 Abschnitte des ersten Teils sowie die<br />
Ausführungen des zweiten Teils der PU weisen<br />
sowohl eine Präzision der Formulierung als auch<br />
eine locker-aphoristische Reihenfolge der Gedanken<br />
auf. „Es ist gewissermaßen die Unklarheit des<br />
Klaren, mit der wir es zu tun haben“ (46), bemerkt<br />
Raatzsch. Wittgensteins Texte sind eine Art „Schattenriss“<br />
(102), in denen sich <strong>–</strong> entgegen dem ersten<br />
Eindruck <strong>–</strong> durchaus eine Ordnung findet, „nur eben<br />
keine einfache lineare, sondern eine verschachtelte,<br />
wo sich zuweilen die Elemente überlappen“ (148).<br />
Das „Große Thema“ der ersten 65 Bemerkungen<br />
der PU, die in diesem Buch exegetisiert werden,<br />
53
esteht in der „Frage nach dem ‚Wesentlichen des<br />
Sprachspiels, <strong>und</strong> also der Sprache‘“ (171);<br />
Raatzsch geht es in seiner Auslegung darum, „dem<br />
Leser das Spiel zu erläutern, das im Text gespielt<br />
wird <strong>und</strong> welches der Leser nicht selbst erkennt“<br />
(101). In diesem Sinn erfolgt im zweiten Teil des<br />
Buches (187<strong>–</strong>465) die Auslegung von Nr. 1<strong>–</strong>65 der<br />
PU, die <strong>–</strong> in akribischer <strong>und</strong> kritischer Auseinandersetzung<br />
mit den Texten <strong>–</strong> vor allem die<br />
Charakteristik des „Sprachspiels“ (erstmals in Nr.<br />
7 der PU) sowie das pragmatische Verständnis von<br />
Sprache als solcher (Nr. 43 der PU: „Die Bedeutung<br />
eines Wortes ist sein Gebrauch in der<br />
Sprache“) zum Thema haben. Immer wieder zeigt<br />
sich, dass verfestigte (<strong>und</strong> hypostasierte) Vorstellungen,<br />
Begriffe <strong>und</strong> Denkhorizonte auf alltägliche<br />
Gebrauchsweisen von „Sprache“ zurückgehen,<br />
dass aber auch vieles in dieser alltäglichen Sprachverwendung<br />
gar nicht so selbstverständlich ist, wie<br />
es auf den ersten Blick erscheint, sondern „eigentlich<br />
Seltsames“ voraussetzt. Was Richard Raatzsch<br />
mit Blick auf Wittgensteins PU schreibt, gilt für<br />
den philosophischen Diskurs insgesamt: „Die Rede<br />
des Philosophen ist seltsam; wenn er so redet,<br />
wie wir gewöhnlich reden, sagt er Falsches <strong>und</strong><br />
Unsinniges, wenn wir sein Reden dagegen nicht so<br />
auffassen wollen, dann meint er nicht das, was er<br />
sagt; es scheint fast so, als versuche er, mit gewöhnlichen<br />
Worten etwas zu sagen, was sich mit<br />
diesen nicht sagen lässt“ (401).<br />
Wer sich näher mit der (Spät-)Philosophie Ludwig<br />
Wittgensteins beschäftigten möchte, findet in diesem<br />
Werk, von dem nun der erste Band vorliegt,<br />
eine hervorragende Interpretationshilfe.<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Raberger, Walter <strong>–</strong> Sauer, Hanjo (Hg.):<br />
Vermittlung im Fragment.<br />
Franz Schupp als Lehrer der Theologie.<br />
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2003.<br />
ISBN 3-7917-1847-9, 319 Seiten.<br />
Franz Schupp war von 1971 bis 1975 Ordinarius<br />
für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen<br />
Fakultät der Universität Innsbruck <strong>und</strong> entwickelte<br />
in den wenigen Jahren seiner Lehrtätigkeit einen<br />
innovativen Neuansatz theologischer Gr<strong>und</strong>lagen-<br />
54<br />
reflexion. Schupps Bemühen<br />
bestand darin,<br />
angesichts der Herausforderungen<br />
durch die<br />
analytische (Sprach-)<br />
Philosophie <strong>und</strong> die kritische<br />
Theorie der<br />
Frankfurter Schule den<br />
Anspruch christlichtheologischen<br />
Denkens<br />
zu bewähren <strong>und</strong> auf<br />
hohem theoretischen<br />
Niveau neu zu durchdenken.<br />
Der Entzug der Lehrerlaubnis 1974 <strong>und</strong><br />
die darauf folgenden Turbulenzen führten zu einer<br />
radikalen Scheidung der Geister: Für die einen war<br />
Schupp ein genialer Denker, welcher der katholischen<br />
Theologie den Anschluss an zeitgemäße Fragen<br />
eröffnete; für die anderen war er ein gefährlicher<br />
Theologe, dessen Dogmatik „ein Schaden<br />
für die Priesterausbildung“ (300) sei.<br />
Mit diesem Buch versuchen Walter Raberger<br />
(1971 bis 1974 Assistent Schupps) <strong>und</strong> Hanjo<br />
Sauer (Promovent bei Schupp 1974) <strong>–</strong> heute<br />
Professoren an der Katholisch-Theologischen<br />
Privatuniversität Linz <strong>–</strong> einen Einblick in das theologische<br />
Schaffen von Franz Schupp zu geben;<br />
dieses könnte <strong>–</strong> so die Einführung der Herausgeber<br />
(7<strong>–</strong>21) <strong>–</strong> als „diskursiv vorgetragener Einspruch<br />
gegen alle Versuchungen eines Versöhnungsdenkens<br />
begriffen werden, welches das<br />
geschichtlich Widerständige <strong>und</strong> das Unabgegoltene<br />
wahren Lebens unter der Perspektive einer<br />
schon vermittelten Ganzheit <strong>und</strong> Identität ignoriert“<br />
(16).<br />
Der Sammelband vereint zwölf Beiträge aus den<br />
Jahren 1968 bis 1976 (22<strong>–</strong>212) sowie <strong>–</strong> als kleine<br />
Kostbarkeit <strong>–</strong> eine gemeinsame Vorlesung von<br />
Franz Schupp <strong>und</strong> Karl Rahner vom WS 1972/73<br />
zum Begriff „Offenbarung“ (213<strong>–</strong>270). In den<br />
Gedankengängen, die von den Methoden der Geschichtsphilosophie,<br />
Sprachkritik <strong>und</strong> Symboltheorie<br />
geprägt sind, kommt Schupps Anliegen<br />
zum Tragen: durch die konsequente Kritik eines<br />
verdinglichten <strong>und</strong> mythischen <strong>Glaube</strong>nsbewusstseins<br />
die fragmentarische Identität glaubender<br />
Existenz <strong>und</strong> theologischer Vermittlung zu erweisen.<br />
Die christologische Studie „Vermittlung<br />
im Fragment“ <strong>–</strong> von der dieses Buch seinen Titel<br />
erhielt <strong>–</strong> bringt diese Überzeugung auf den Punkt:<br />
„Theologie hat die geschichtlich-reale Versöhnung,<br />
die Verwirklichung von Vernunft <strong>und</strong>
Freiheit nicht als Gegenstand, sondern nur als<br />
regulatives Prinzip vor sich. Die jeweils erreichbare<br />
kategoriale Gestalt als jeweils erreichbare Form<br />
ist aber wie das in ihr Reflektierte Fragment“<br />
(141).<br />
Die Betonung der eschatologischen Struktur systematisch-theologischer<br />
Aussagen (vgl. 37, 40<strong>–</strong>41,<br />
92, 162), die metatheoretische <strong>–</strong> <strong>und</strong> nicht naivdeskriptive<br />
<strong>–</strong> Interpretation des Begriffs „Offenbarung“<br />
(vgl. 97, 234, 240<strong>–</strong>243), die theologische<br />
Kritik vorgeblicher „Unmittelbarkeit“ <strong>und</strong> „glücklicher<br />
Klarheit“ durch die Denkform der Nichtidentität<br />
(vgl. 91, 128<strong>–</strong>130, 141, 159, 173) sowie<br />
die Analyse der Funktion mythischer Aussagen<br />
(vgl. 167<strong>–</strong>169, 173<strong>–</strong>174, 199, 202) bringen „jene<br />
qualitative Differenz“ (159) zum Ausdruck, welche<br />
die reale Geschichte nicht mit der erhofften,<br />
aber ausstehenden Wirklichkeit „wahren Lebens“<br />
(120) zusammenfallen lässt.<br />
Im abschließenden, sehr interessanten biographischen<br />
Interview (271<strong>–</strong>314) <strong>–</strong> geführt von Hanjo<br />
Sauer im Juli 2002 im Freiburg <strong>–</strong> findet sich die<br />
nachdenkliche Äußerung von Franz Schupp: „So<br />
irgendwie frage ich mich, ob es mein ‚Schicksal‘<br />
ist, Dinge zu beginnen <strong>und</strong> mit Erfolg zu gestalten,<br />
die aber dann nach mir nicht weitergeführt werden“<br />
(310). Eine Antwort auf diese Frage ist wohl<br />
noch nicht möglich; es bleibt allerdings die <strong>Hoffnung</strong>,<br />
dass nicht der „Schein der Totalität“ (127),<br />
sondern die „Gestalt der Identität als Fragment“<br />
(141) den Weg theologischen Denkens prägen<br />
wird. Zu dieser <strong>Hoffnung</strong> hat Schupp bleibend<br />
Gültiges beigetragen.<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Schwager, Raym<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Niewiadomski, Józef (Hg.):<br />
Religion erzeugt Gewalt <strong>–</strong> Einspruch!<br />
Innsbrucker Forschungsprojekt „Religion <strong>–</strong><br />
Gewalt <strong>–</strong> Kommunikation <strong>–</strong> Weltordnung“.<br />
(Beiträge zur mimetischen Theorie, Band 15)<br />
LIT-Verlag / Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Thaur,<br />
Münster 2003. ISBN 3-8258-6764-1, 379 Seiten.<br />
Die Anschläge vom 11. September 2001 rückten<br />
den Anspruch <strong>und</strong> die Motivationskraft religiöser<br />
Überzeugungen <strong>–</strong> wenngleich<br />
auch in Form terroristischer<br />
Gewalt <strong>und</strong><br />
f<strong>und</strong>amentalistischer Einstellungen<br />
<strong>–</strong> schockartig<br />
ins Bewusstsein der westlichen<br />
Gesellschaft, in<br />
der Religion faktisch privatisiert<br />
<strong>und</strong> banalisiert<br />
war. In der Auseinandersetzung<br />
mit dieser Erfahrung<br />
religiös begründeter<br />
Gewalt vertraten nicht wenige die Auffassung, das<br />
Konzept des Monotheismus als solchen sowie die<br />
Berufung auf „Offenbarung“ seien schuld an der <strong>–</strong><br />
schlummernden oder eskalierenden <strong>–</strong> Gewalterzeugung.<br />
Die Innsbrucker Forschungsgruppe<br />
„Religion <strong>–</strong> Gewalt <strong>–</strong> Kommunikation <strong>–</strong> Weltordnung“<br />
möchte mit diesem Sammelband einen<br />
Beitrag zur Reflexion dieser Problematik leisten<br />
<strong>und</strong> vor allem das „intellektuelle Dogma des<br />
‚unverdaulichen Monotheismus‘ <strong>und</strong> des ‚bekömmlichen<br />
Polytheismus‘“ (Józef Niewiadomski/<br />
Raym<strong>und</strong> Schwager, Einführung [9<strong>–</strong>38; 13]) einer<br />
kritischen Revision unterziehen.<br />
Der erste gemeinsame Text (Dramatische Theologie<br />
als Forschungsprogramm [40<strong>–</strong>77]) formuliert<br />
eine zentrale Überzeugung der Forschungsgruppe:<br />
„Ein tiefer, echter <strong>und</strong> dauerhafter Friede<br />
zwischen Menschen, die nicht auf Opferung<br />
Dritter aufgebaut ist <strong>und</strong> ohne Polarisierung auf<br />
Feinde auskommt, ist sehr schwer erreichbar, ja<br />
übersteigt menschliche Kräfte. Wenn er dennoch<br />
Wirklichkeit wird, ist dies ein klares Zeichen, dass<br />
Gott selber (der Hl. Geist) in den Menschen am<br />
Wirken ist. Diese inkarnatorische Logik ist sowohl<br />
an der biblischen Botschaft als auch an den zahlreichen<br />
ekklesialen ‚Zeichen der Zeit‘ in der<br />
menschlichen Geschichte ablesbar“ (64). Eine<br />
Konkretion dieser These bietet Willibald Sandler<br />
in seinem Beitrag über das Friedensgebet der<br />
Religion in Assisi (78<strong>–</strong>97), der hervorhebt, dass<br />
„die Botschaft vom wahren, (friedlichen!) Gott<br />
sich nur gegen mannigfache Widerstände <strong>und</strong><br />
Missverständnisse der Menschen behaupten konnte“<br />
(83).<br />
Der zweite gemeinsame Text (Pluralismus <strong>–</strong> ethische<br />
Gr<strong>und</strong>intuition <strong>–</strong> Kirche [100<strong>–</strong>142]) arbeitet<br />
die „Perspektivenumkehr“ (120) der biblischen<br />
Texte heraus: Aus der Sicht der Opfer wird das<br />
gewaltsame Geschehen des Sündenbockmechanismus<br />
aufgedeckt. Erst von dieser Offenlegung ver-<br />
55
steckter Gewaltstrukturen her ist verständlich, warum<br />
sich die spezifisch christliche Moral als „Ethik<br />
des Weges <strong>und</strong> gemeinsamen Gehens“ (126) versteht<br />
<strong>und</strong> in der Feier des eucharistischen Gedächtnisses<br />
ein gr<strong>und</strong>legendes „Gegenkonzept zur<br />
Sündenbockstruktur“ (133) zum Ausdruck kommt.<br />
In seinen Ausführungen zum kirchlichen Schuldbekenntnis<br />
am Ersten Fastensonntag 2000 verknüpft<br />
Nikolaus Wandinger (143<strong>–</strong>179) die Fähigkeit<br />
zur Vergebung <strong>–</strong> als Stehen zu vergangener<br />
Schuld <strong>und</strong> Umkehr der gesellschaftlichen Amnesietendenz<br />
<strong>–</strong> mit der Identität der Kirche als<br />
solcher.<br />
Der dritte gemeinsame Text (Der 11. September<br />
2001 <strong>und</strong> die Theologie der Zeichen der Zeit<br />
[182<strong>–</strong>196]) plädiert für ein ehrliches Benennen<br />
konkreter Spannungen <strong>und</strong> Differenzen im Dialog<br />
der Kulturen <strong>und</strong> Religionen, vor allem der „Frage<br />
der Gewalt“ (195). Dietmar Regensburger rät in<br />
seinem Aufsatz über die Zerstörung der „Twin<br />
Towers“ (197<strong>–</strong>216) zur Zurückhaltung, was religiöse<br />
Deutungen <strong>und</strong> eine <strong>–</strong> vor allem von den<br />
USA betriebene <strong>–</strong> „Schwarz-Weiß-Rhetorik“ (207)<br />
betrifft, <strong>und</strong> Wolfgang Palaver lenkt in seiner<br />
Analyse des Terrorismus (217<strong>–</strong>232) den Blick auf<br />
das „Ansteigen von Rivalitäts- <strong>und</strong> Neidpotentialen“<br />
(220) sowie auf die „pseudoreligiöse Seite“<br />
(222) des aktuellen Terrorismus.<br />
Der vierte gemeinsame Text (Israel <strong>und</strong> Palästina.<br />
<strong>Hoffnung</strong> in hoffnungsloser Situation [234<strong>–</strong>252])<br />
betont <strong>–</strong> angesichts dieses schier unlösbaren<br />
Konflikts <strong>–</strong>, dass letztlich wohl nur der „<strong>Glaube</strong> an<br />
den einen Schöpfergott“ (249) die Überzeugung<br />
von der Universalität der Menschenrechte begründen<br />
könne. Andreas Vonach arbeitet auf diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> die symbolische Bedeutung der Stadt<br />
Jerusalem für Judentum, Christentum <strong>und</strong> Islam<br />
heraus (253<strong>–</strong>269).<br />
Zwei Beiträge befassen sich mit dem Universitätslehrgang<br />
„Kommunikative Theologie“: Matthias<br />
Scharer (272<strong>–</strong>286) macht sein Anliegen deutlich:<br />
„Kommunikative Theologie versucht kommunikative<br />
Prozesse in Kirche <strong>und</strong> Gesellschaft theologisch<br />
zu verstehen“ (275), <strong>und</strong> Franz Weber<br />
(287<strong>–</strong>301) beschreibt dieses Konzept in weltkirchlichem<br />
Zusammenhang als einen „Prozess ständiger<br />
‚Ekklesiogenese‘“ (294). Abschließend erörtern<br />
Herwig Büchele <strong>und</strong> Erich Kitzmüller<br />
(304<strong>–</strong>363) die Möglichkeit einer gerechten, nichthegemonialen<br />
Weltordnung. Ihr Bef<strong>und</strong> lautet:<br />
„Unsere Weltgesellschaft verfügt über keine zen-<br />
56<br />
trale Autorität, die das weltweit-öffentliche<br />
gemeinsame Leben aus bewusster Entscheidung<br />
mitgestalten <strong>und</strong> mit-formen könnte“ (328 f.).<br />
Anzustreben sei eine „Wir-Gestalt der europäischen<br />
Integration“ (354), die ohne Opfer <strong>und</strong><br />
„Sündenbockstruktur“ (351) auskomme. Und in<br />
einem sehr gr<strong>und</strong>sätzlichen Sinn interpretiert<br />
Werner E. Ernst in seiner Sicht der biblischen<br />
Sündenfallserzählung (364<strong>–</strong>379) Gewalt als narzisstisch<br />
entfremdete Mimesis, die <strong>–</strong> gegen das<br />
Verbot, vom „Baum der Erkenntnis“ zu essen <strong>–</strong><br />
danach strebt, alles Nichtidentische anzugleichen;<br />
nur im Aushalten dieser Spannung ist Humanität<br />
möglich: „Erst des Guten Dominanz über das Böse<br />
bildet die Lösung, nicht aber Trennung“ (378).<br />
Der vorliegende Sammelband enthält ein reiches<br />
Potenzial an theologischer Inspiration <strong>und</strong> interdisziplinären<br />
Verknüpfungen; er bietet nicht einen<br />
glatten „Einspruch“ gegen die These, Religion erzeuge<br />
Gewalt, aber eine sorgfältige <strong>und</strong> differenzierte<br />
Herausarbeitung des gr<strong>und</strong>sätzlichen Anspruchs<br />
der biblischen Botschaft, Versöhnung <strong>und</strong><br />
Frieden zu ermöglichen <strong>–</strong> <strong>und</strong> das ist von<br />
unschätzbarer Bedeutung.<br />
Veröffentlichungen von Canisianern<br />
Franz Gmainer-Pranzl<br />
Joachim Kettel (Hg.)<br />
Josef Kardinal Frings.<br />
Leben <strong>und</strong> Wirken des Kölner Erzbischofs in<br />
Anekdoten.<br />
J. P. Bachern Verlag, Köln 2003,<br />
ISBN 3-7616-1670-8, 96 Seiten<br />
Bernd Elmar Koziel<br />
Kritische Rekonstruktion der Pluralistischen<br />
Religionstheologie John Hicks vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> seines Gesamtwerks.<br />
Bamberger Theologische Studien, Band 17,<br />
Peter Lang, Frankfurt am Main 2001,<br />
ISBN 3-631-38039-9, 891 Seiten
Karl-Josef Gierlichs SJ<br />
Zeitansage, Katholizität zwischen Anpassung<br />
<strong>und</strong> Moderne, Informationen <strong>–</strong> Meditationen <strong>–</strong><br />
Auseinandersetzungen.<br />
Verlag Norbert M. Borengässer Bonn, 2002,<br />
ISBN 3-923946-60-0, 312 Seiten<br />
John F. Schulz<br />
Confessions of a Priest, An in-depth look at the<br />
roman catholic faith.<br />
SterlingHouse Publisher 2003,<br />
ISBN 1-58501-045-6, 259 Seiten<br />
Wir danken unseren Spendern <strong>und</strong> Förderern:<br />
Ackerman D.<br />
Alge H.<br />
Allmer A.<br />
Ambre J.<br />
Amt der OÖ<br />
Landesregierung<br />
Amt des Hochmeisters<br />
des Deutschen Ordens,<br />
Wien<br />
Andris E.<br />
Angerer S.<br />
Arnold W.<br />
Auer K. H., DDr.<br />
Augustyn J.<br />
Averbeck W.<br />
Bargehr G., Dr.<br />
Barthuber J.<br />
Baumann A., Dr.<br />
Bender Ch.<br />
Bereuter E.<br />
Bigelow B.<br />
Bischof H.<br />
Blattmann W.<br />
Bock H.<br />
Boes C.<br />
Boob E.<br />
Brandenburg H.,<br />
Bischof<br />
Brandl M., DDr.<br />
Brinkmann F.<br />
Brottrager<br />
Brühwiler G.<br />
Bsteh P.<br />
Bucher M.<br />
Buchmann J.<br />
Burri G.<br />
Canisiuswerk Wien<br />
Chang J., Bischof<br />
Cupich B. J., Bischof<br />
Dacko I., Dr.<br />
Dähler F.<br />
Darlap A., Dr.<br />
Decristoforo B.<br />
Denk St., Dr.<br />
Deny H.<br />
Dick F.<br />
Dressel J.<br />
Eberle F.<br />
Eberle R.<br />
Eder G., Dr.<br />
Edler Th., Sr.<br />
Egelseder B.<br />
Eggenschwiler K.<br />
Eitel W.<br />
Enderli M.<br />
Endress J.<br />
Enthofer A.<br />
Erlacher<br />
Erlmoser<br />
Ernst E.<br />
Feyrer F.<br />
Fink B.<br />
Fink St., Sr.<br />
Finley J.<br />
Fischer F.<br />
Fischer H.<br />
Föhr B. J.,<br />
Fonteyne R. L.<br />
Förch G., Dr.<br />
Forster C.<br />
Forster G.<br />
Fox J.<br />
Fraling B., Dr.<br />
Franz Xaver Stiftung,<br />
Zürich<br />
Fröhlich M.<br />
Gallacchi P., Dr.<br />
Galvin J.<br />
Gasser O.<br />
Gasser U., Dr.<br />
Gattermeyer F.<br />
Geiger G., Dr.<br />
Gemperli B.<br />
Gersbach M., Dr.<br />
Gewert M.<br />
Gfellner A.<br />
Göbel E.<br />
Grabner Ch.<br />
Grasböck J.<br />
Grimme G.<br />
Grögli B.<br />
Groiss W.<br />
Gröpl Fam.<br />
Gruber H.<br />
Gr<strong>und</strong>ler J.<br />
Güntschl E.<br />
Gusmer Ch.<br />
Hafner L.<br />
Haider A.<br />
Häne F.<br />
Hänggi J.<br />
Hannak W.<br />
Haunschmidt A., Dr.<br />
Hehman L.<br />
Hemmelmayr G., Abt<br />
Herr K.<br />
Hilber A.<br />
Hochmuth A.<br />
Hochstratter J.<br />
Hofer A.<br />
Holenstein A.<br />
Holzer E., Sr.<br />
Huberty F.<br />
Hübner S., Dr.<br />
Hug R.<br />
Hurtz K.<br />
Jansen A.<br />
Janson M.<br />
Jossen E.<br />
Kader G.<br />
Kaiser A.<br />
Karlinger A., Dr.<br />
Kaspar P.<br />
Kath. Kirchengemeinde<br />
Weisstannen<br />
Kath. Pfarramt Amras<br />
Kath. Pfarramt<br />
Bernhardzell<br />
Kath. Pfarramt<br />
Bütschwil<br />
Kath. Pfarramt Gedern<br />
Kath. Pfarramt<br />
Höbersdorf<br />
Kath. Pfarramt<br />
Jochberg<br />
Kath. Pfarramt St.<br />
Johann<br />
Kath. Pfarramt St.<br />
Norbert, Ibk.<br />
Kath. Pfarramt St.<br />
Otmar, St. Gallen<br />
Kath. Pfarramt Wenns<br />
Kellner J.<br />
Kern R.<br />
Kettel J.<br />
Kiesel L.<br />
Kleinenbroich K.<br />
Kneisl K.<br />
Knitel A.<br />
Kobler A.<br />
Kofler E.<br />
Konzili J.<br />
Körbling E.<br />
Kösters R.<br />
Kovács L.<br />
Kress R.<br />
Kriech J.<br />
Kronbichler Th.<br />
Kühne A.<br />
Kunzenmann W., Dr.<br />
Kupper T., Dr.<br />
Kutter B.<br />
Lamirande E.<br />
Lampl P.<br />
Lane F.<br />
Lane F. P.<br />
Lechner O., Abt<br />
Ledergerber I.<br />
Lee M.<br />
Lehenhofer H., Dr.<br />
Lell R.<br />
Lenz H.<br />
Leprêtre N./La<br />
Valsainte<br />
Leutgeb H.<br />
Linser W.<br />
Lohmann F., Dr.<br />
Mabillard O.<br />
Magg A.<br />
Manser J.<br />
Matzner A., DDr.<br />
Mayr B., Dr.<br />
Mayrl A.<br />
McCarthy E. Th.<br />
Melnick G.<br />
Merkel C., Dr.<br />
Mészáros T.<br />
Meulemann A.<br />
Michler A.<br />
Middeler H. L.<br />
Milby L.<br />
Mitterdorfer A.<br />
Morscher H.<br />
Moser J.<br />
Muller W.<br />
Müller G.<br />
Müller P., Dr.<br />
Musger J., Dr.<br />
Naab L.<br />
Natter K.<br />
Nauerz Th.<br />
Neill J.<br />
Neumüller L.<br />
Neuner H.<br />
Nickles R.<br />
Nimmervoll K.<br />
Nimmervoll M., Abt<br />
Noirjean Roger<br />
Oppitz A.<br />
Ösch J., Dr.<br />
Österr.<br />
<strong>Bischofs</strong>konferenz,<br />
Wien<br />
Öttl P.<br />
Panas J.<br />
Patigler A.<br />
Pech G.<br />
Pfefferkorn F.<br />
Pfeiffer Ch.<br />
Pfeil W.<br />
Pilz W., Dr.<br />
Posch W.<br />
Preis H. J.<br />
Prohaska H.<br />
Prosch A.<br />
Raberger W., DDr.<br />
Ramsauer W.<br />
Ranacher S., Sr.<br />
Rauscher G.<br />
Reber U., Dr.<br />
Redinger G.<br />
Riegler M., Dr.<br />
Riegler P.<br />
Riepe Ch.<br />
Rizzoli O., Dr.<br />
Rohleder E.<br />
Rohringer J.<br />
Roschger P.<br />
Röthlin E., Dr.<br />
Röttig P., Dr.<br />
Rüberg A.<br />
Rumler A.<br />
Ruppert R., Dr.<br />
Rütten Ch.<br />
Salzman J. M.<br />
Schaller F.<br />
Schandera G.<br />
Schardt E.<br />
Scherer P., Dr.<br />
Scherrer G.<br />
Scherrer-Niedermann A.<br />
Schimöller K.<br />
Schmidinger J.<br />
Schmitt H.<br />
Schneider W.<br />
Schnell J.<br />
Schomacker M., Dr.<br />
Schönberger A.<br />
Schopper S., Dr.<br />
Schörghuber R.<br />
Schramm H.<br />
Schroeder E.<br />
Schroeder G.<br />
Schroering F.<br />
Schuler F., Dr.<br />
Schulz J.<br />
Schwarz R.<br />
Schweizer<br />
Sherman A.<br />
Shin Jeong-Hun M.<br />
Sieben G., DDr.<br />
Siemes R.<br />
Sinz R.<br />
Sommaruga A.<br />
Sonderegger A.<br />
Stadler A.<br />
Stan J. <strong>und</strong> H., Dr.<br />
Stanzel M. J.<br />
Steiner F.<br />
57
Stieger Th., Dr.<br />
Stift Schlägl<br />
Stift Schlierbach<br />
Suntinger J.<br />
Terihay M.<br />
Tiefengrabner H.<br />
Thaler A.<br />
Thali F.<br />
Tomitza G.<br />
Tóth J., Dr.<br />
Tschiggerl J.<br />
Tschurtschenthaler H.<br />
Tschurtschenthaler M.<br />
Tüttö G.<br />
Twickel M. G. von<br />
Uller M.<br />
Ullrich A.<br />
Unold A.<br />
Virt G.<br />
Vogler R.<br />
Vollmann F.<br />
Vonbank W.<br />
Wäckers A.<br />
Wagner Eu.<br />
Wagner O.<br />
Wangler D.<br />
Weber O.<br />
Weber St.<br />
Wehrle P.<br />
Weibel W.<br />
Weimann D.<br />
Weinhandl E.<br />
Wenk-Schlegel Ch.<br />
Weß P., DDr.<br />
Wieder M.<br />
Wildauer O., DDr.<br />
Winkler J., Dr.<br />
Winter A.<br />
Wirz St.<br />
Wittmer H.<br />
Wlassits F., Dr.<br />
Wögerbauer O.<br />
Woschitz K., Dr.<br />
Yunk M.<br />
Zahlauer A., Dr.<br />
Zauner W., Dr.<br />
Zeimen J.<br />
58<br />
Zeitler J.<br />
Zelger J.<br />
Zeller A.<br />
Zielinski W. G.<br />
Zirkel A., Dr.<br />
Pater-Michael-<br />
Hofmann-Stiftung<br />
Ahammer J.<br />
Bartz K. H. <strong>und</strong> E.<br />
Bereuter E.<br />
Bucher M.<br />
Chang Hsüeh-Chu M.,<br />
DDr.<br />
Deny H.<br />
Frassen A., DI<br />
Grob J.<br />
Kath. Pfarramt<br />
Appenzell<br />
Kern R.<br />
Kiesel L.<br />
Knitel A.<br />
Lane F.<br />
Milby L.<br />
Nagele H.<br />
Nimmervoll K.<br />
Piotrowski St.<br />
Ramsauer W.<br />
Röthlin E., Dr.<br />
Schröder G.<br />
Stadler A.<br />
Tomitza G.<br />
Trütsch J.<br />
Uller M.<br />
Vonbank W.<br />
Patenschaften <strong>und</strong><br />
Studienplätze<br />
Andreas-Stiftung<br />
Gossau<br />
American Innsbruck<br />
Alumni Association<br />
Angstwurm B. <strong>und</strong> H.,<br />
Dr.<br />
Bechtiger G.<br />
Bischöfl. Ordinariat<br />
Bozen<br />
Bonetti E.<br />
Cupich B. J., Bischof<br />
Decristoforo B.<br />
Diocèse de Sion<br />
Diözese Augsburg<br />
Diözese Linz<br />
Eckstein M.<br />
Ellinger E.<br />
Finanzkammer ED<br />
Wien<br />
Fink M.<br />
Fritsch Th.<br />
Gfellner A.<br />
Gierl F.<br />
Giglmair T.<br />
Gleinser O.<br />
Guido Feger Stiftung<br />
Hirschberger M., Dr.<br />
Holenstein A.<br />
Homeyer J., Dr.,<br />
Bischof<br />
Kath. Pfarramt Absam<br />
Kath. Pfarramt<br />
Breitenbach<br />
Kath. Pfarramt<br />
Dornbirn<br />
Kath. Pfarramt<br />
Herzogenbuchsee<br />
Kath. Pfarramt<br />
Jochberg<br />
Kath. Pfarramt Kössen<br />
Kath. Pfarramt K<strong>und</strong>l<br />
Kath. Pfarramt<br />
Lingenau<br />
Kath. Pfarramt Mittersill<br />
Kath. Pfarramt Nenzing<br />
Kath. Pfarramt Reith<br />
Kath. Pfarramt Schlins<br />
Kath. Pfarramt St.<br />
Jakob a. A.<br />
Kath. Pfarramt<br />
St. Johann i. T.<br />
Kath. Pfarramt Vaduz<br />
Kath. Pfarramt<br />
Völs/Ibk.<br />
Kath. Pfarramt Wenns<br />
Kath. Pfarre St.<br />
Barbara, Schwaz<br />
Kempter K. <strong>und</strong> D.<br />
KFB Gleisdorf<br />
Kiwanuka Lote D.,<br />
Bischof<br />
Kleinhans A.<br />
Kolb G.<br />
Konfident Stiftung<br />
Lane F.<br />
Lenz H.<br />
Matt E.<br />
Meier M.<br />
Mentgen H. <strong>und</strong> R.<br />
Missio Pro Europa<br />
Missionskreis<br />
Andelsbuch<br />
Missionsprokur d. dt.<br />
Jesuiten, Nürnberg<br />
Mitterer K.<br />
Mohr J.<br />
Müller R.<br />
Murphy R.<br />
Näscher F.<br />
Oratorium München<br />
Orbiphilia<br />
Pan L.<br />
Päpstl. Missionswerke,<br />
Bregenz<br />
Päpstl. Missionswerke,<br />
Wien<br />
Pernter Ch.<br />
Pöder P.<br />
Provinzprokuratur d.<br />
Ges. Jesu, Wien<br />
Renovabis<br />
Scherer O.<br />
Schieffer E., Dr.<br />
Schneider H.<br />
Schüpferling G.<br />
Schwab J.<br />
Schweiggl R.<br />
Seelsorgeverband<br />
Oberriet, Rüthi,<br />
Kobelwald<br />
Simon F.<br />
Sorgenfrei H.<br />
Speckbacher<br />
Steinkohl G.<br />
Trauner B., Abt<br />
Trausnitz J.<br />
Tumler G.<br />
Ullrich A.<br />
Walkowiak K.<br />
Willer F.<br />
Wilmsen A.<br />
Ziegelhöfer P.<strong>und</strong> H.<br />
Intentionen haben<br />
übersandt:<br />
Buchmann J.<br />
Ewige Anbetung, Ibk.<br />
Gfellner A.<br />
Gleinser O.<br />
Haeller W., Dr.<br />
Kath. Pfarramt<br />
Brixen i. Th.<br />
Kath. Pfarramt<br />
St. Andrä<br />
Kath. Pfarramt<br />
St. Johannes,<br />
Heimbuchenthal<br />
Lambach F.<br />
Näscher F.<br />
O’Brien Ch.<br />
Oberhofer A.<br />
Oberhuber A.<br />
Paas M.<br />
Schuler F., Dr.<br />
Terihay M.<br />
Torre I.
CANISIANUM<br />
Terminkalender Wintersemester 2003/04<br />
SEPTEMBER<br />
Fr./Sa. 26./27. Klausur der Jahrgangssprecherkonferenz in Brixen<br />
Sa. 27. 18.30 Uhr Vesper <strong>–</strong> gemeinsamer Beginn <strong>–</strong> Eröffnungsabend<br />
So. 28. gemeinsame Eröffnungswallfahrt nach Marienberg<br />
11.30 Uhr Eucharistie; anschließend Besichtigung; 13.30 Uhr Mittagessen<br />
Mo./Di. 29./30. Hinführung zur Liturgischen Praxis I (1. Jahrgang)<br />
Mo. 29. 20.15 Uhr Exhorte <strong>–</strong> gemeinsamer Abend<br />
Di. 30. 7.00 Uhr Gemeinschaftsmesse<br />
OKTOBER<br />
Do. 2. 18.10 Uhr Gemeinschaftsmesse<br />
Fr. 3. Herz-Jesu-Freitag <strong>–</strong> 18.40 Uhr Rosenkranz<br />
Sa./So. 4./5. 1. Einkehrtag (P. Stefan Hofer SJ)<br />
Fr. 10. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />
So. 12. 19.00 Uhr Akademischer Antrittsgottesdienst (Dom)<br />
Mo. 13. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />
Di. 14. Gedächtnis der Weihe unserer Kapelle (15. 10. 1911)<br />
Do. 16. 18.10 Uhr Fakultätsmesse im <strong>Canisianum</strong><br />
Fr. 17. 18.40 Uhr Rosenkranz<br />
Fr.<strong>–</strong>So. 17.<strong>–</strong>19. Hinführung zu den evangelischen Räten (2. Jahrgang)<br />
So. 19. Sonntag der Weltkirche<br />
Mo. 20. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />
Fr. 24. 18.30 Uhr Marienandacht<br />
So. 26. Messe in Pfarrgemeinden, Nationalfeiertag<br />
Mo. 27. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />
Fr. 31. 18.30 Uhr 1. Vesper vom Hochfest<br />
NOVEMBER<br />
Sa. 1. Hochfest Allerheiligen<br />
8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden, 18.40 Uhr 2. Vesper<br />
So. 2. Allerseelen<br />
8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden, 18.40 Uhr 2. Vesper<br />
14.00 Uhr Grabsegnung der verstorbenen Canisianer am Westfriedhof<br />
Mo. 3. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />
Di. 4. 7.00 Uhr Eucharistie für die Verstorbenen der Canisianer<br />
Do. 6. 19.30 Uhr Exhorte<br />
Fr. 7. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />
Sa./So. 8./9. 2. Einkehrtag (Prof. Ewald Volgger OT)<br />
Fr. 14. 18.40 Uhr Vesper<br />
So. 16. Messe in Pfarrgemeinden<br />
Mo. 17. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />
Do. 20. 18.10 Uhr Fakultätsmesse <strong>–</strong> Beauftragung zum Lektorendienst<br />
Fr. 21. 18.40 Uhr Vesper<br />
So. 23. Messe in Pfarrgemeinden<br />
Mo. 24. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />
Fr. 28. 18.40 Uhr Liedprobe<br />
Sa./So. 29./30. 3. Einkehrtag (P. Stefan Kessler SJ)<br />
18.30 Uhr Luzernar zum Adventbeginn<br />
59
DEZEMBER<br />
Di. 2. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />
Do. 4. 19.30 Uhr Exhorte<br />
Fr. 5. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />
So. 7. Messe in Pfarrgemeinden<br />
18.30 Uhr 1. Vesper vom Hochfest<br />
Mo. 8. Hochfest Mariä Empfängnis<br />
8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden<br />
Di. 9. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />
Fr. 12. 18.30 Uhr Versöhnungsfeier im Advent<br />
Sa. 13. 19.30 Uhr Weihnachtsliedersingen<br />
Mo. 15. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />
Di. 16. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />
[19. Dezember 2003 <strong>–</strong> 6. Jänner 2004 Ordnung in der Weihnachtszeit im <strong>Canisianum</strong>]<br />
JÄNNER<br />
Di. 6. 18.40 Uhr Vesper <strong>–</strong> gemeinsamer Beginn<br />
Fr. 9. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />
So. 11. Messe in Pfarrgemeinden<br />
Mo. 12. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />
Do. 15. 18.10 Uhr Fakultätsmesse im <strong>Canisianum</strong><br />
Fr. 16. 18.40 Uhr Vesper<br />
Sa./So. 17./18. 4. Einkehrtag (Pfr. Edwin Matt)<br />
Do. 22. 18.10 Uhr Eucharistie <strong>–</strong> Beauftragung zum Akolythendienst <strong>und</strong> Admissio<br />
Fr. 23. 18.30 Uhr Gebet für die Einheit der Christen<br />
So. 25. 19.15 Uhr Semester-Abschluss-Gottesdienst der Uni (Dom)<br />
Mo. 26. 20.15 Uhr Gemeinsamer Abend zum Semesterende<br />
Do. 29. 18.10 Uhr Gemeinschaftsmesse zum Semesterschluss<br />
Fr. 30. 18.40 Uhr Vesper<br />
[1.<strong>–</strong>29. Februar 2004 Ordnung im Februar im <strong>Canisianum</strong>]<br />
FEBRUAR<br />
So. 29. 18.40 Uhr Vesper <strong>–</strong> 20.15 Uhr gemeinsamer Beginn<br />
SCHIKURS 8.<strong>–</strong>14. Februar 2004<br />
EXERZITIENTERMINE<br />
14.<strong>–</strong>21. Feb. 2004 Exerzitien mit Albert Holzknecht (Notburgaheim)<br />
14.<strong>–</strong>21. Feb. 2004 Exerzitien mit Thomas Neulinger SJ (Haus St. Benedikt)<br />
03.<strong>–</strong>10. April 2004 Exerzitien mit Dr. Klaus Egger (Notburgaheim)<br />
22.<strong>–</strong>29. Mai 2004 Sprachschüler <strong>–</strong> Neoingressi<br />
22.<strong>–</strong>28. Aug. 2004 Priesterexerzitien im <strong>Canisianum</strong>: Hans Schaller SJ<br />
60<br />
Vorschau 2004<br />
13./14. März 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (P. Gustav Schörghofer SJ)<br />
24./25. April 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (Anni Findl-Ludescher)<br />
8./9. Mai 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (P. Martin Hasitschka SJ)