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Glaube, Hoffnung und Liebe – Bischofs - Canisianum

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INHALTSVERZEICHNIS<br />

Geleitwort des Regens . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

Karl Kard. Lehmann<br />

Karl Rahner <strong>und</strong> die Ökumene . . . . . . . . . . . 3<br />

Bischof Erwin Kräutler<br />

Das amazonische Gesicht Christi <strong>–</strong> Erfahrungen<br />

eines brasilianischen <strong>Bischofs</strong> . . . . . . . . . . . . 13<br />

Univ.-Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />

Das vereinigte Europa in einer<br />

multikulturellen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Neoingressi im Studienjahr 2002/03 . . . . . . 27<br />

Dr. Beate Kowalski<br />

Geistlicher Impuls zum Herz-Jesu-Fest . . . . . 28<br />

Univ.-Prof. Dr. Edward Walewander<br />

Seliger Kazimierz Gostynski <strong>–</strong> Priester<br />

<strong>und</strong> Pädagoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

Korrespondenzblatt<br />

des Collegium <strong>Canisianum</strong> Innsbruck<br />

Homepage: www.canisianum.at<br />

Eigentümer, Herausgeber <strong>und</strong><br />

für den Inhalt verantwortlich:<br />

Regens des <strong>Canisianum</strong>s<br />

P. Hans Tschiggerl SJ<br />

Tschurtschenthalerstraße 7, 6020 Innsbruck<br />

Tel. (0512) 59 4 63-25 bzw. 26<br />

E-Mail: regens.canisianum@tirol.com<br />

Redaktion:<br />

P. Hans Tschiggerl SJ, Fr. Frank Bayard OT,<br />

Matthias Mondini, Franz Gmainer-Pranzl, Alin Kausch<br />

Die Redaktion dankt all jenen, die an dieser Nummer<br />

des Korrespondenzblattes in irgendeiner Form mitgearbeitet<br />

haben.<br />

Fotos:<br />

P. Hans Tschiggerl SJ, Navin Thengapurackal<br />

Herstellung:<br />

Fred Steiner, 6074 Rinn<br />

Auflage: 1.900 Stück<br />

Heft 2 des Studienjahres 2002/2003, Jahrgang 136<br />

Herzlich Willkommen,<br />

Bischof Dr. Manfred Scheuer . . . . . . . . . . . 33<br />

Chronik: Sommersemester 2003 . . . . . . . . . 34<br />

Impressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

Sponsionen <strong>und</strong> Promotionen . . . . . . . . . . . 41<br />

Beauftragungen, Weihen<br />

<strong>und</strong> Ernennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Bischof Ivo Fürer<br />

Nachruf für Altbischof Otmar Mäder . . . . . . 43<br />

Memento mori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

Briefe <strong>und</strong> Grüße aus aller Welt . . . . . . . . . . 47<br />

Rezensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

Wir danken unseren Spendern<br />

<strong>und</strong> Förderern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

Terminkalender WS 2003/04 . . . . . . . . . . . . 59<br />

Offenlegung:<br />

Das „Korrespondenzblatt des <strong>Canisianum</strong>s“ ist ein Kommunikationsorgan<br />

des Collegium <strong>Canisianum</strong> an seine Fre<strong>und</strong>e,<br />

Förderer <strong>und</strong> ehemaligen Studenten. Es erscheint zweimal<br />

im Jahr.<br />

Bankverbindungen:<br />

1. Deutschland, falls keine Spendenquittung erforderlich:<br />

580 362 0590 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />

Bayerische Hypo- <strong>und</strong> Vereinsbank AG, BLZ 700 202 70<br />

2. Deutschland, falls Spendenquittung erwünscht:<br />

580 138 1733 (Oberdt. Provinz SJ/<strong>Canisianum</strong>)<br />

Bayerische Hypo- <strong>und</strong> Vereinsbank AG, BLZ 700 202 70<br />

3. Österreich<br />

616.326 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />

Raiffeisen-Landesbank Tirol, Innsbruck, BLZ 36000<br />

4. oder (Österreich)<br />

850-156-958/00 (<strong>Canisianum</strong> Innsbruck)<br />

Bank Austria Creditanstalt, Innsbruck, BLZ 12000<br />

5. Pater-Michael-Hofmann-Stiftung<br />

518-840-200/00 Pater-Michael-Hofmann-Stiftung<br />

Bank Austria Creditanstalt, Innsbruck, BLZ 12000<br />

6. Schweiz<br />

UBS AG 9001 St. Gallen PC 80-2-2<br />

zugunsten <strong>Canisianum</strong>, Pfr. Paul Hutter<br />

Konto 254-LO 274 622.0 254


<strong>Liebe</strong> Canisianer, Altcanisianer,<br />

Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer!<br />

Durch das Studienjahr hindurch<br />

ist es immer wieder eine<br />

besondere Freude, wenn wir<br />

Besuch von Altcanisianern<br />

bekommen. Persönliche Gespräche,<br />

Begegnungen, Erinnerungen<br />

<strong>und</strong> Rückmeldungen<br />

sind wertvolle Hilfen für unseren<br />

Weg hier im <strong>Canisianum</strong><br />

<strong>und</strong> geben uns auch eine<br />

Ahnung von den vielfältigen Erfahrungen im pastoralen<br />

Dienst. Immer wieder gibt es auch kleinere <strong>und</strong> größere<br />

Absolvententreffen im <strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> in den verschiedenen<br />

Ländern <strong>und</strong> Kontinenten, in denen die Canisianer<br />

tätig sind. Erfahrungsaustausch, Rückblick auf den Weg,<br />

Pflege der Fre<strong>und</strong>schaften, das alles ist hilfreich für den<br />

Weg in der Nachfolge Jesu.<br />

Im Juli 2003 konnten wir diese weltweite Gemeinschaft<br />

der Canisianer auf ganz besondere Weise erfahren. 21<br />

Bischöfe <strong>und</strong> 20 Äbte, die im <strong>Canisianum</strong> studiert haben,<br />

waren zwischen 1. <strong>und</strong> 13. Juli eingeladen zu einem<br />

Treffen. So konnten wir in dieser Zeit hohen Besuch im<br />

<strong>Canisianum</strong> begrüßen: Bischof Dr. Johannes Chang<br />

(Chunchon), Bischof Dr. Hubertus Brandenburg, Bischof<br />

Dr. Max-Georg Frhr. von Twickel, Bischof Dr. Ivo Fürer<br />

(St. Gallen), Bischof Dr. Antons Justs (Jelgava), Präl.<br />

Propst Manfred Paas (St. Augustinus), Abt Dr. Gottfried<br />

Hemmelmayr OCist. (Wilhering), Abt Dr. Odilo Lechner<br />

OSB (Abtei St. Bonifaz), Propst Mag. Gerhard<br />

Rechberger CRSA (Vorau), Bischof Dr. Viktor Josef<br />

Dammertz (Augsburg), Bischof Dr. Anthony Banzi<br />

(Tanga), Bischof Dr. Franjo Komarica (Banja Luka),<br />

Bischof Dr. Josef Homeyer (Hildesheim), Msgr. Dr. Iwan<br />

Dacko (Weyarn), Abt P. Dr. Bruno Platter OT, Abt<br />

Dr. Gregor Zasche (Schäftlarn) <strong>und</strong> Bischof Dr. Reinhold<br />

Stecher.<br />

Zum Studientag mit Kardinal DDr. Karl Lehmann<br />

(Mainz), Bischof Josef Homeyer <strong>und</strong> Dr. Heinrich<br />

Neisser haben sich viele Altcanisianer <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e der<br />

Gruppe angeschlossen. Manche, die persönlich nicht<br />

anwesend sein konnten, haben Grüße gesandt: Erzbischof<br />

em. Dr. Elmar Kredel, Bischof Myong-Ok Ahn (Masan),<br />

Altabt Präl. Bertrand Baumann OCist. (Zwettl), Bischof<br />

Dr. Donald W. Trautman (Erie), Erzbischof em. Dr. Henry<br />

Karlen CMM (Bulawayo), Administrator Dr. Janusz<br />

Kaleta (Atyrau), der frühere Diözesanbischof von<br />

Innsbruck <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> des <strong>Canisianum</strong>s Erzbischof Dr.<br />

Alois Kothgasser (Salzburg), Generalvikar Dr. Olaf<br />

Colerus-Geldern (Gurk Klagenfurt), Bischof Mons. Jorge<br />

Alberto Ossa Soto (Florencia Caquetá / Kolumbien),<br />

Bischof Dr. Philip Anyolo (Homa Bay), Bischof em. Dr.<br />

Otmar Mäder (St. Gallen † 25. 4. 2003) <strong>und</strong> Bischof<br />

Dr. Norbert Brunner (Sitten).<br />

Die Begegnungen <strong>und</strong> Gespräche untereinander <strong>und</strong> mit<br />

den Canisianern waren eine wirkliche Stärkung auf dem<br />

Weg <strong>und</strong> ich bin allen sehr dankbar, die an diesem Treffen<br />

teilgenommen haben. Eine verdichtete Erfahrung von<br />

Kirche in unserer Welt war hier bei uns zugegen: Geistlich<br />

geprägte Menschen, die in Dankbarkeit auf die Zeit im<br />

<strong>Canisianum</strong> zurückblicken. Dankbar blicken auch wir<br />

Canisianer nun zurück auf diese intensive Zeit im Haus.<br />

Gerne möchten wir etwas von dieser Erfahrung mit Ihnen<br />

allen teilen.<br />

Diese Ausgabe des Korrespondenzblattes steht im<br />

Zeichen des Konveniats vom Juli 2003 im <strong>Canisianum</strong>.<br />

Am Ende des vergangenen Studienjahres stand das Herz-<br />

Jesu-Fest: Bischof Erwin Kräutler hat uns <strong>und</strong> vielen<br />

Gästen einen engagierten Einblick in das Leben der<br />

Menschen <strong>und</strong> der Kirche in Brasilien gegeben. Dr. Beate<br />

Kowalski hat die geistliche Hinführung zum Fest geleitet.<br />

Beide Texte sind in diesem Heft abgedruckt. Im Verlauf<br />

des Symposiums haben besonders die Referate von Karl<br />

Kard. Lehmann, von Dr. Heinrich Neisser <strong>und</strong> von<br />

Bischof Josef Homeyer in den beiden Studientagen<br />

(9./10. Juli 2003) das Treffen geprägt. Die Bilder im Heft<br />

geben Ihnen Einblicke in ein buntes Programm, das wir<br />

hier gestalten konnten. Die Texte <strong>und</strong> Artikel im Heft<br />

mögen den Austausch, den wir im <strong>Canisianum</strong> gepflegt<br />

haben, verlängern über die Grenzen unseres Hauses hinweg<br />

zu Ihnen in Ihre Arbeit <strong>und</strong> Ihren Dienst in der Welt.<br />

Ich wünsche Ihnen Gottes reichen Segen. Herzlichen<br />

Dank für Ihre Verb<strong>und</strong>enheit mit dem <strong>Canisianum</strong>.<br />

Ihr<br />

P. Hans Tschiggerl SJ, Regens<br />

1


2<br />

Antons Justs, Reinhold Stecher, Johannes Chang Yik, Antony Banzi, Max-Georg Frhr. von<br />

Twickel, Hubert Brandenburg, Propst Gerhard Rechberger<br />

Bischöfe: Franjo Komarica, Johannes Chang Yik, Hubert Brandenburg, Antony Banzi,<br />

Max-Georg Frhr. von Twickel (in der 2. Reihe: PP. Josef Thorer SJ, Friedrich Prassl SJ, Michael<br />

Meßner SJ, Bernhard Bürgler SJ)


Karl Kardinal Lehmann<br />

Karl Rahner <strong>und</strong> die Ökumene<br />

Studientag im Collegium <strong>Canisianum</strong> am 10. Juli 2003 in Innsbruck<br />

Karl Kardinal Lehmann<br />

I.<br />

Karl Rahner, dessen 100. Geburtstag wir im<br />

Frühjahr 2004 feiern werden, gehört zweifellos zu<br />

den bedeutendsten Theologen des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

auf katholischer Seite. Am meisten bekannt wurde<br />

er durch sein bohrendes Fragen in theologischen<br />

Gr<strong>und</strong>fragen, das freilich nie ohne eine Antwort<br />

blieb. Er war im klassischen Sinn des Wortes Dogmatiker,<br />

d.h. er vertrat die Darlegung der Lehre des<br />

katholischen <strong>Glaube</strong>ns. Aber von diesem Zentrum<br />

aus hat er fast allen theologischen Disziplinen neue<br />

Impulse gegeben. Dies gilt z. B. für die Ethik <strong>und</strong><br />

ganz besonders für die Praktische Theologie, aber<br />

es hat auch Gültigkeit für das Kirchenrecht <strong>und</strong> die<br />

Sozialethik. Dadurch dass Karl Rahner durch seine<br />

wissenschaftsorganisatorischen Fähigkeiten, vor<br />

allem durch die Herausgabe großer Lexika <strong>und</strong><br />

Handbücher, immer wieder mit allen theologischen<br />

Fächern zu tun hatte, war er auch mit den<br />

wichtigsten Erkenntnissen vertraut. Auch da, wo er<br />

eher nützliche Einsichten anderer aufgenommen<br />

hat, wie z. B. in der Exegese <strong>und</strong> aus der Kirchen-<br />

geschichte, hat er neue Anstöße <strong>und</strong> Anregungen<br />

gegeben.<br />

In ähnlicher Weise gilt dies auch für die Ökumenische<br />

Theologie. Nun ist dies natürlich ein später<br />

<strong>und</strong> spezieller Begriff für eine Sache, die auch<br />

unter anderen Titeln geleistet wird. Es ist die theologische<br />

Reflexion auf die Voraussetzungen,<br />

Prinzipien <strong>und</strong> Ziele der Ökumene. Die Ökumenische<br />

Theologie hat sich aus der Kontrovers-Theologie<br />

heraus entwickelt. Diese ist primär an der<br />

Auseinandersetzung mit Andersgläubigen <strong>und</strong> an<br />

der kirchentrennenden Lehre <strong>und</strong> Lebenspraxis<br />

orientiert.<br />

Im Laufe der ökumenischen Bemühungen des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist der Begriff der Kontrovers-<br />

Theologie zurückgetreten. Man hat die konfessionell<br />

verschiedenen Sprach- <strong>und</strong> Denkformen sowie<br />

die Lehrdifferenzen nicht mehr einfach gegeneinander<br />

gestellt, sondern sie in ihrem Verhältnis<br />

zueinander aufzuarbeiten versucht. Dabei ist die<br />

Frage entstanden, wie weit Verschiedenheiten<br />

zwischen den Kirchen einen legitimen Pluralismus<br />

widerspiegeln oder doch noch kirchentrennende<br />

Unterschiede existieren. Wie weit beim Stand<br />

der Ökumene der Begriff Kontrovers-Theologie<br />

überhaupt noch sinnvoll ist, kann deshalb offen<br />

bleiben.<br />

Wir reden jedenfalls heute sehr viel mehr von Ökumenischer<br />

Theologie. 1 Diese enthält natürlich die<br />

klassischen Themen der Kontrovers-Theologie<br />

(z. B. Schrift <strong>und</strong> Tradition, Rechtfertigung,<br />

Kirche, Amt, Sakramente, Autorität, Unfehlbarkeit<br />

usw.), beschäftigt sich aber zunehmend auch mit<br />

ethischen Gr<strong>und</strong>fragen in individueller <strong>und</strong> sozialer<br />

Hinsicht. Immer wichtiger sind die Zielvorstellungen<br />

der Einheit der Kirche geworden, nämlich<br />

die Frage, welche Modelle für eine Einheit<br />

maßgebend sind. 2<br />

Von der Ökumenischen Theologie wird gewöhnlich<br />

die Konfessionsk<strong>und</strong>e unterschieden, die die<br />

Kenntnis von Geschichte, Leben <strong>und</strong> Lehre der<br />

Konfessionen vermittelt. 3 Sie ist so etwas wie eine<br />

Ökumenische Realienk<strong>und</strong>e, die freilich in der<br />

3


heutigen Ökumenischen Theologie keinen wichtigen<br />

Stellenwert besitzt, was man bedauern muss.<br />

Methodisch bedient sich die Ökumenische<br />

Theologie der neueren Exegese, Dogmen- <strong>und</strong><br />

Theologiegeschichte, aber auch der anderen theologischen<br />

Disziplinen, wie Liturgiewissenschaft.<br />

Durch die Arbeit der Ökumenischen Theologie<br />

haben sich in bisher strittigen Lehr- <strong>und</strong> Lebensfragen<br />

Konvergenzen <strong>und</strong> Konsense eröffnet <strong>und</strong><br />

entwickelt. In allen Kirchen <strong>und</strong> Konfessionen<br />

haben sich dafür zu unterschiedlichen Zeiten<br />

innerhalb <strong>und</strong> außerhalb der Universitäten Lehrstühle<br />

<strong>und</strong> Institute errichten lassen, die diese Aufgabe<br />

Ökumenischer Theologie in Abhebung von<br />

anderen Disziplinen <strong>und</strong> zugleich in Kooperation<br />

mit ihnen betreiben.<br />

Karl Rahner hat sich nie mit einer solchen Ökumenischen<br />

Theologie im Sinne einer spezifischen<br />

Disziplin beschäftigt. Es gab auch kein solches<br />

Institut im Umkreis seiner akademischen Lehrtätigkeit.<br />

Dies ist vielleicht auch der Gr<strong>und</strong>, warum<br />

man bisher die ökumenische Bedeutung der<br />

Rahnerschen Theologie sehr wenig oder kaum<br />

untersucht hat. Es gibt zwar wissenschaftliche<br />

Untersuchungen über Karl Rahner aus dem ökumenischen<br />

Raum, aber eben auch hier geht es<br />

weniger um spezifisch ökumenische Fragestellungen.<br />

Dies ist eigentlich erstaunlich, denn zweifellos<br />

ist die ökumenische Dimension mehr <strong>und</strong><br />

mehr im Ganzen der Theologie Karl Rahners in<br />

den Vordergr<strong>und</strong> getreten <strong>und</strong> gewichtiger geworden.<br />

Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass<br />

der ökumenische Gesichtspunkt nicht nur in einem<br />

eigenen Fach konzentriert wurde, sondern als eine<br />

durchlaufende Perspektive so gut wie allen theologischen<br />

Disziplinen eigen ist. Dabei muss man<br />

natürlich auch Rahners theologiegeschichtlichen<br />

Ort im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert genauer betrachten <strong>und</strong> die<br />

jeweiligen Entwicklungsstadien der Theologie,<br />

gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Ökumene,<br />

im Auge behalten. Lehrstühle <strong>und</strong> Institute für<br />

Ökumenische Theologie gab es relativ spät.<br />

4<br />

II.<br />

Darum mag es zunächst im Sinne einer ersten<br />

Hinführung notwendig sein, so etwas wie verschiedene<br />

Etappen <strong>und</strong> Phasen von Rahners<br />

Beschäftigung mit der Ökumene darzustellen.<br />

Denn zweifellos gibt es hier relativ starke <strong>und</strong><br />

gewichtige Einschnitte. 4<br />

Es gibt mehrere Verzeichnisse von gelesenen<br />

Büchern aus Rahners Studienzeit, nämlich aus den<br />

Jahren 1928 bis 1933/34. Unter fast 400 Titeln findet<br />

sich keine Veröffentlichung aus dem Bereich<br />

der reformatorischen Theologie. Dies ist auch<br />

nicht verw<strong>und</strong>erlich, denn Karl Rahner hatte vor<br />

allem in der Ordenshochschule der Jesuiten in<br />

Valkenburg (Holland) eine klassische theologische<br />

Ausbildung, die sich damals auf den Umfang der<br />

katholischen Themen beschränkte. Es zeigt, wie<br />

der Ausgangspunkt der damaligen Ausbildung <strong>und</strong><br />

Studien weit entfernt war von dem, was man heute<br />

Ökumenische Theologie nennt.<br />

Eine erste Veröffentlichung ökumenischen Inhalts<br />

stellt der Aufsatz „Die deutsche protestantische<br />

Christologie der Gegenwart“ dar, den Karl Rahner<br />

im Jahr 1936 publizierte. 5 Er konzentriert sich auf<br />

die protestantische Handbuch-Literatur. Aufschlussreich<br />

sind hier verwendete Kategorien einer<br />

Christologie „von unten“, „von oben“, 6 auch wenn<br />

sich keine unmittelbare Beziehung zum Spätwerk<br />

ergibt. Der Beitrag bleibt etwas schematisch <strong>und</strong><br />

wirkt wie ein in Auftrag gegebener Literaturbericht,<br />

der etwas zusammenhanglos im<br />

Frühwerk steht. Aufschlussreich in diesem Zusammenhang<br />

ist die an diesen Text anknüpfende Einordnung<br />

des eigenen f<strong>und</strong>amentaltheologischen<br />

Entwurfs unter dem Titel „Hörer des Wortes“<br />

(1941) 7 in dem Beitrag „Religionsphilosophie <strong>und</strong><br />

Theologie“ aus dem Jahr 1937. 8 Dies ist ein<br />

Aufriss der Gedankengänge bei den Vorlesungen<br />

<strong>und</strong> Seminaren der Salzburger Hochschulwochen<br />

vom 10. bis 28. August 1937, liegt also noch relativ<br />

nahe am Bericht über die deutsche protestantische<br />

Christologie der Gegenwart. Er sieht seine<br />

eigene Religionsphilosophie als „eine höhere<br />

Synthese zwischen den beiden Gr<strong>und</strong>typen protestantischer<br />

Religionsphilosophie“, die er einerseits<br />

in den Linien von Schleiermacher <strong>und</strong> Ritschl <strong>und</strong><br />

in der dialektischen Theologie anderseits, vor<br />

allem im Ansatz von Karl Barth, erblickt.<br />

III.<br />

Diese erste Phase wirkt im Blick auf die Ökumene<br />

noch relativ schematisch <strong>und</strong> wenig interessiert an<br />

zentralen ökumenischen Fragestellungen. Dies<br />

ändert sich jedoch gr<strong>und</strong>legend mit dem großen<br />

Aufsatz „Theos im Neuen Testament“ aus dem<br />

Jahr 1942. 9 Dieser Beitrag ist in vieler Hinsicht<br />

einzigartig. Zunächst ist erstaunlich, wie viel Karl<br />

Rahner aus dem Theos-Artikel des „Theologischen


Wörterbuchs zum Neuen Testament“ einfach referiert.<br />

10 Es ist auch bemerkenswert, dass Karl<br />

Rahner sich hier, wie damals relativ selten in der<br />

katholischen Dogmatik, sehr intensiv auf den biblischen<br />

Gehalt einlässt. Es gibt kaum ähnliche<br />

Beispiele in dieser Zeit. Karl Rahner denkt damals<br />

sehr nach über einen neuen Plan einer großen<br />

Dogmatik, so dass er immer auch Überlegungen<br />

über die Folgen solcher Erkenntnisse vor Augen<br />

hat. So schreibt er: „Doch bietet die Arbeit vielleicht<br />

auch so die eine oder andere Anregung für<br />

eine bessere bibeltheologische F<strong>und</strong>ierung unserer<br />

üblichen dogmatischen Traktate ‚De Deo uno‘, die<br />

ja meist bloß Philosophie mit ein wenig Schrift<br />

garniert sind.“ 11 Eine nähere Untersuchung könnte<br />

auch zeigen, wie sehr damals ein solches theologisches<br />

Vorgehen z. B. im berühmten Gröber-<br />

Memorandum abschätzig beurteilt wird. Eine solche<br />

Bezugnahme auf reformatorische Theologie<br />

wird geradezu beklagt. Rahners Antwort auf das<br />

Memorandum „Theologische <strong>und</strong> philosophische<br />

Zeitfragen im katholischen deutschen Raum“ 12 ist<br />

deutlich. Rahner sieht hier keinen Gr<strong>und</strong> zu einer<br />

übertriebenen Sorge gegenüber dem Einfluss der<br />

protestantischen Dogmatik auf die katholische<br />

<strong>Glaube</strong>nslehre. Er stellt auch sehr bewusst die Notwendigkeit<br />

exegetischer Arbeit heraus <strong>und</strong> fordert,<br />

„dass das Interesse an der Exegese <strong>und</strong> Bibeltheologie<br />

unter den deutschen katholischen Theologen<br />

noch größer sein dürfte, als es tatsächlich ist“. 13<br />

Dieser Beitrag Rahners aus dem Jahr 1943 scheint<br />

mir zu belegen, dass Karl Rahner prinzipiell eine<br />

stärkere exegetische Gr<strong>und</strong>lage der Dogmatik fordert<br />

<strong>und</strong> dadurch fast von selbst einer ökumenischen<br />

Gemeinsamkeit näher kommt. Dies wird ja<br />

auch im schon genannten Aufriss der Dogmatik,<br />

der in derselben Zeit weiter bearbeitet wird, deutlich.<br />

Rahner weist ausdrücklich darauf hin, dass<br />

man diese Exegese nicht nur bei den eigenen Theologen<br />

lerne, sondern auch „am Zaun“ bleiben<br />

müsse, um hinüberzuschauen <strong>und</strong> miteinander zu<br />

reden. 14<br />

Die Aufsätze der Folgezeit, die von 1948 bis 1962<br />

reichen, also bis zum Konzilsbeginn, zeigen<br />

zunächst einmal, dass die Zeit des Nationalsozialismus<br />

<strong>und</strong> des Zweiten Weltkrieges auch für<br />

Rahner eine neue ökumenische Erfahrung <strong>und</strong> eine<br />

andere Qualität der ökumenischen Beziehungen<br />

gebracht hat. Dies ist ja ein allgemeines Kennzeichen<br />

der damaligen Zeit. So erklärt sich z. B.<br />

auch der keineswegs selbstverständliche Zusammenschluss<br />

von Christen verschiedener Konfessionen<br />

zu einer christlich motivierten Partei, der<br />

Franz Gmainer-Pranzl moderiert den Studientag mit<br />

Karl Kardinal Lehmann<br />

CDU bzw. CSU. Dies ist zweifellos auch ein<br />

Element, das für die stärkere Ausprägung der Ökumenischen<br />

Theologie in Rechnung gestellt werden<br />

kann. Die gemeinsame Erfahrung von Diktatur<br />

<strong>und</strong> Unrecht ließ die Christen näher zusammenrücken.<br />

In diesem Sinne hat Karl Rahner auch die<br />

bekannte Instruktion des Heiligen Officium vom<br />

20. Dezember 1949 als ein „bedeutsames Dokument“<br />

interpretiert, nämlich als Erlaubnis zum<br />

Weitergehen auf dem ökumenischen Weg, von<br />

dem er sagt: „Rom aber will, dass diese Bewegung<br />

weitergeht.“ 15 Rahner ist fest überzeugt, dass Gott<br />

selbst dieses Werk der Ökumenischen Bewegung<br />

begonnen hat <strong>und</strong> dass er eines Tages von uns<br />

Rechenschaft verlangen wird über das, was wir<br />

damit geschaffen haben. Rom ist also keineswegs<br />

nur misstrauisch <strong>und</strong> abwehrend, wie es nach der<br />

Mahnung vom 5. Juni 1948 16 aussah. Diese deutlich<br />

nach vorne weisenden Äußerungen Rahners<br />

lassen sich auch in anderen Texten dieser Zeit<br />

leicht finden, so z. B. in der Besprechung von Karl<br />

Adams Werk „Una Sancta in katholischer Sicht“<br />

(Düsseldorf 1948). So heißt es dort: „Sind wir<br />

Katholiken den getrennten Brüdern gegenüber<br />

nicht zu sehr theoretisch <strong>und</strong> zu vorsichtig, müssten<br />

wir nicht mit dem Mut der <strong>Liebe</strong>, die sich nicht<br />

vor Enttäuschung fürchtet, in all den disziplinären<br />

Dingen, die die Einigung erschweren, deutlicher<br />

<strong>und</strong> greifbarer entgegenkommen, jetzt schon <strong>und</strong><br />

nicht erst, wenn es sicher ist, dass die Entäußerung<br />

der <strong>Liebe</strong> auf der anderen Seite ihr eindeutiges<br />

Echo findet! ... Können wir auch <strong>–</strong> menschlich<br />

gesehen <strong>–</strong> in nächster Zukunft keine Einheit aller<br />

deutschen Christen in der einen heiligen Kirche<br />

hoffen, so wäre es dennoch für alle eine furchtbare<br />

5


Verantwortung, wenn wir die neuen Ansätze der<br />

letzten Jahre wieder in Gleichgültigkeit verdorren<br />

ließen <strong>und</strong> nicht alles täten, in Gebet, Theologie<br />

<strong>und</strong> Leben, was wir selber tun können, damit Gott<br />

uns Sündern die Gnade der einen Kirche aller<br />

Christen schenke.“ 17 Es ist auch bezeichnend, dass<br />

Rahner hier wiederum die Frage der Beurteilung<br />

Luthers, die offenbar mit dem großen Werk von J.<br />

Lortz „Die Reformation in Deutschland“ (2 Bände,<br />

Freiburg 1939) zusammenhängt, 18 <strong>und</strong> vor allem<br />

das Problem der Ergebnisse der neueren Exegese<br />

bewegt: „Gibt es nur eine Annäherung zwischen<br />

den deutschen Christen über Luther <strong>und</strong> seine<br />

Position oder auch, davon in etwa unabhängig,<br />

über die neuere Bibeltheologie auf beiden<br />

Seiten?“ 19<br />

6<br />

IV.<br />

Diese Ansätze, die aus den kleineren Arbeiten dieser<br />

Jahre noch verstärkt werden könnten, werden<br />

aber schon gegen Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

durch eine wichtige ökumenische Aktivität verstärkt.<br />

Der neue Paderborner Erzbischof Lorenz<br />

Jaeger, der selber aus einer konfessionsverschiedenen<br />

Ehe stammte, hat besonders im Zusammenhang<br />

mit seiner <strong>Bischofs</strong>weihe am 19. Oktober 1941<br />

<strong>und</strong> bald danach durch ein Votum für die Deutsche<br />

<strong>Bischofs</strong>konferenz sich für eine intensivere ökumenische<br />

Tätigkeit eingesetzt. Er hat dafür auch<br />

ein Programm mit der gr<strong>und</strong>sätzlichen Zustimmung<br />

der Deutschen <strong>Bischofs</strong>konferenz entworfen<br />

<strong>und</strong> in ihr eine eigene Zentralstelle mit einem<br />

Referat verlangt. Die Texte für diese Aktivitäten<br />

sind erhalten. 20 Darin heißt es aus dem Jahr 1943:<br />

„Zur Beratung <strong>und</strong> Durchführung aller dieser<br />

Aufgaben berufen die Hochwürdigsten Herren<br />

Erzbischöfe <strong>–</strong> gemeint von Paderborn <strong>und</strong> Wien <strong>–</strong><br />

einen Arbeitskreis (Studien-Kommission). Diesem<br />

Arbeitskreis werden Fachleute angehören, die in<br />

der ökumenischen Arbeit bewandert sind <strong>und</strong> über<br />

den Stand der Frage in ihrem Bereich berichten<br />

können, ferner bereit sind, ihrem Fach entsprechende<br />

Gutachten auszuarbeiten. <strong>–</strong> Die Mitarbeiter<br />

des Arbeitskreises besprechen sich je nach<br />

Notwendigkeit, wenigstens aber einmal im Jahr.<br />

Der Ort der Zusammenkunft wird jeweils bekannt<br />

gegeben.“ 21 Die Fuldaer <strong>Bischofs</strong>konferenz hat<br />

am 18. August 1943 diese Anregungen aufgegriffen<br />

<strong>und</strong> fast wörtlich beschlossen.<br />

Dieser Arbeitskreis traf sich zum ersten Mal im<br />

Januar 1944. Zu ihm gehörten u. a. Paul Simon,<br />

Robert Grosche, Romano Guardini <strong>und</strong> Karl<br />

Rahner. Sie schlossen sich zu einer „Arbeitsgemeinschaft<br />

zum Studium der die Wiedervereinigung<br />

betreffenden Fragen“ zusammen. Wegen<br />

der Kriegsereignisse konnte diese Arbeit zunächst<br />

nicht fortgesetzt werden. Auf katholische Initiative<br />

hin ist dann im Winter 1945/46 zwischen dem<br />

Erzbischof von Paderborn <strong>und</strong> dem evangelischen<br />

Bischof Wilhelm Stählin, früher Pastoraltheologe<br />

in Münster, in Oldenburg vereinbart worden, eine<br />

regelmäßige „Konferenz katholischer <strong>und</strong> evangelischer<br />

Theologen zur Erörterung kontrovers-theologischer<br />

Fragen“ zu gründen. 22 Im April 1946<br />

wurden zwei gleichberechtigte Arbeitskreise gegründet,<br />

die miteinander in Austausch treten sollten.<br />

Über die Anfangsjahre des Arbeitskreises<br />

braucht hier nicht berichtet zu werden. 23 Dieser<br />

Kreis hatte immer die Billigung beider Kirchenleitungen.<br />

Rahner war von Anfang an Mitglied.<br />

Dieser Arbeitskreis hat in den ersten Jahrzehnten<br />

sehr diskret getagt. Die einzelnen Referenten<br />

konnten auf ihre eigene Entscheidung hin ihre<br />

Referate veröffentlichen. Es gab jedoch keine<br />

Dokumentation der Tagungen <strong>und</strong> auch keine<br />

öffentlichen Stellungnahmen. So sind viele Vorträge<br />

gedruckt, ohne dass ihre Herkunft immer im<br />

Blick auf den ursprünglichen Zweck eines Referates<br />

erkennbar wird. Vom Zweiten Vatikanischen<br />

Konzils her war es, wie sich später herausstellte,<br />

ganz besonders nützlich, dass wichtige Theologen<br />

aus dem deutschen Sprachgebiet sich über 15 Jahre<br />

bei ihren Tagungen nicht nur sachlich austauschten,<br />

sondern auch sich in einem geistlich <strong>und</strong> liturgisch<br />

geprägten Rahmen persönlich gut kennen<br />

lernten. Dies waren besonders günstige Voraussetzungen<br />

für ein fruchtbares Zusammenwirken<br />

der katholischen Bischöfe <strong>und</strong> Theologen mit den<br />

Konzilsbeobachtern <strong>und</strong> Gästen während des<br />

Zweiten Vatikanischen Konzils.<br />

Auch Karl Rahner hat in diesen Jahren im Ökumenischen<br />

Arbeitskreis eine engere Zusammenarbeit<br />

mit evangelischen Theologen gef<strong>und</strong>en.<br />

Aus dieser Zeit stammt auch die engere Fre<strong>und</strong>schaft<br />

mit Hermann Volk <strong>und</strong> Heinrich Fries.<br />

Wenn man sich anhand der Listen über die<br />

Tagungen <strong>und</strong> Referate einen Überblick verschafft,<br />

so hat Karl Rahner wohl von der 4. Tagung im<br />

Januar 1948 bis zur 33. Tagung im März 1972 mindestens<br />

acht Referate gehalten, die zum größten<br />

Teil veröffentlicht sind. 24 Die Themen sind aufschlussreich:<br />

Der Apostolat, Zur Geschichte <strong>und</strong><br />

Theologie des Bußsakramentes, Die Gegenwart<br />

Christi im Sakrament des Herrenmahles, Was ist


Kard. Lehmann im Gespräch mit der Sekretärin von<br />

P. Karl Rahner SJ<br />

eine dogmatische Aussage?, Kirche <strong>und</strong> Parusie<br />

Christi, Die Sünde Adams, Das kirchliche Lehramt<br />

in der heutigen Autoritätskrise, Über die<br />

Verborgenheit Gottes.<br />

An diesen Aufsätzen lässt sich ein wichtiges<br />

Element der theologischen Methode erkennen, das<br />

mindestens diese ökumenisch orientierten Arbeiten<br />

Rahners kennzeichnet. Sie gehen nicht davon aus,<br />

direkte kontrovers-theologische Meinungsverschiedenheiten<br />

ins Auge zu fassen. Rahner befasst<br />

sich auch kaum mit ökumenischen Konsensdokumenten.<br />

Insofern nimmt er die üblichen Wege<br />

der ökumenischen Methode nicht in Anspruch. 25<br />

Dies mag überraschen, kennzeichnet aber gerade<br />

seine eigene Methode der Annäherung an ökumenische<br />

Probleme. Er erweist sich in dieser Fragestellung<br />

zunächst als durch <strong>und</strong> durch katholischer<br />

Theologe. Immer geht es eigentlich darum, dass er<br />

die befragten katholischen Positionen tiefer angeht<br />

<strong>und</strong> aus den Gr<strong>und</strong>sätzen her neu bedenkt. So<br />

gewinnt er nicht nur vertiefte katholische Positionen,<br />

sondern er macht diese transparenter <strong>und</strong><br />

plausibler, zugleich aber springen Gemeinsamkeiten<br />

auf, an die man vorher vielleicht gar nicht<br />

dachte. Die Vertiefung <strong>und</strong> Erneuerung der eigenen<br />

Überzeugungen schafft also eine ökumenische<br />

Weite, die zwar ganz von der katholischen Theologie<br />

her entworfen ist, aber eben tatsächlich auch<br />

noch den Partner der anderen Seite erreicht. Man<br />

könnte dies gut aufzeigen an den Beispielen der<br />

Realpräsenz <strong>und</strong> der Transsubstantiation in der<br />

Eucharistie, am Verständnis von Kirche <strong>und</strong><br />

Lehramt, von Bußsakrament <strong>und</strong> Erbsünde.<br />

Deswegen lesen sich diese Aufsätze immer wieder<br />

als „normale“ Beiträge zur katholischen<br />

Theologie, in Wirklichkeit aber haben sie einen<br />

eminenten ökumenischen Gehalt. Darum sind auch<br />

viele andere Beiträge Rahners, die weniger einen<br />

solchen ökumenischen Ursprung haben oder nicht<br />

unmittelbar einer ökumenischen Zielsetzung dienen,<br />

mehr als belangvoll für die Annäherung der<br />

Christen.<br />

Bei manchen Themen spielt es gewiss eine größere<br />

Rolle, dass Rahner sich ihnen im Verlauf seiner<br />

akademischen Lehrtätigkeit stärker gewidmet hat.<br />

Dies gilt für alle Fragen der Gnadenlehre, in der ja<br />

so etwas wie die Mitte seiner Theologie 26 ist. In<br />

diesen Kontext gehört Rahners Plädoyer für das<br />

Rechtfertigungsbuch von Hans Küng. 27 Dieser<br />

Beitrag ist ein besonders einleuchtendes Exempel<br />

dafür, wie Küngs Buch zum Anlass wird, die eigene<br />

Position zu vertiefen, woraus dann auch mehr<br />

ökumenischer Konsens zur Sache folgt. Dass dabei<br />

auch zentrale Fragen an Hans Küng gestellt werden,<br />

darf man nicht vergessen. Ähnliches gilt wiederum<br />

in Richtung der reformatorischen Kirchen,<br />

wenn Karl Rahner sich mit den Büchern von M.<br />

Lackmann zur reformatorischen Rechtfertigungslehre<br />

<strong>und</strong> von H. Asmussen zur Marienverehrung<br />

befasst. 28<br />

V.<br />

Eine neue Qualität gewinnt Karl Rahners<br />

Bemühen um ökumenische Probleme nach dem<br />

Zweiten Vatikanischen Konzil. Immer stärker<br />

wendet er sich nun ganz direkt dem Thema der<br />

Kircheneinigung zu. Dabei neigt Karl Rahner<br />

mehr <strong>und</strong> mehr auch einer ziemlich „pragmatischen“<br />

Fragestellung zu, was ja in der akademischen<br />

ökumenischen Theologie gewöhnlich nicht<br />

der Fall war <strong>und</strong> ist. Man kann diese Orientierung<br />

auch gut erkennen in dem wichtigen Festvortrag<br />

„Löscht den Geist nicht aus“ am 1. Juni 1962, also<br />

dem Vorabend des Zweiten Vatikanischen Konzils,<br />

auf dem Österreichischen Katholikentag: „Wir<br />

dürfen in ökumenischen Fragen beispielsweise<br />

nicht fragen: Was müssen wir den getrennten<br />

Brüdern zugestehen, sondern: Wie schöpfen wir<br />

alle nur sinnvollen, von unserem christlich-katholischen<br />

Gewissen nur irgendwie denkbaren Möglichkeiten<br />

eines Entgegenkommens aus, mutig <strong>und</strong><br />

unbekümmert, weil wir uns heute einfach nicht<br />

mehr leisten können, da weniger zu tun, um der<br />

7


Einheit der Christen wenigstens näher zu kommen.“<br />

29 Rahner akzentuiert <strong>und</strong> schärft diese<br />

Aspekte im Lauf der kommenden Jahre noch<br />

zusätzlich an.<br />

Ein Schlüsseltext für das gesamte Thema sind die<br />

Vorlesungen, die Karl Rahner unter dem Titel „Zur<br />

Theologie des ökumenischen Gesprächs“ in<br />

Skandinavien während des Jahres 1968 gehalten<br />

hat. 30 Sie geben wohl die tiefste <strong>und</strong> am meisten<br />

reflektierte Einsicht in Rahners reife ökumenische<br />

Theologie. So heißt es am Anfang: „Wir müssen in<br />

einer ökumenischen Theologie also darüber nachdenken,<br />

wie sie deshalb möglich ist, weil es sie<br />

faktisch vor einer reflexiven Einsicht in ihrer<br />

Möglichkeit schon als Wirklichkeit gibt.“ 31 Bald<br />

darauf sagt er: „Die letzte Voraussetzung der ökumenischen<br />

Theologie ist die in <strong>Hoffnung</strong> ergriffene<br />

Einheit eines schon auf beiden Seiten bestehenden<br />

selben, aber der Theologie samt dem begrifflich<br />

ausgesagten Bekenntnis noch vorgängigen<br />

<strong>Glaube</strong>ns in der rechtfertigenden Gnade.“ 32 Dieses<br />

Prinzip ist tragend in allen späteren Arbeiten. Es ist<br />

natürlich eine Konsequenz von Rahners Gnadenlehre.<br />

Dieser Ansatz hat im Werk Karl Rahners viele<br />

Komponenten. Ganz gewiss liegt darin, wie soeben<br />

schon erwähnt, eine gnadentheologische Gr<strong>und</strong>überzeugung,<br />

dass nämlich <strong>–</strong> wie beim anonymen<br />

Christen <strong>–</strong> die Gnade Gottes schon in vielen Bereichen<br />

oft verborgen am Werk ist, als wir es in der<br />

„kategorialen“ Realisierung wahrnehmen können.<br />

Dies hat auch etwas damit zu tun, dass im<br />

Spätwerk Rahners, besonders in manchen Phasen,<br />

die man auch an anderen Themen beobachten<br />

kann, das transzendentale Element einen Vorrang<br />

erhält gegenüber dem Kategorialen. Zugleich wird<br />

aber auch Rahners Betrachtung auf manche<br />

Strecken beinahe so etwas wie eine „religionssoziologische<br />

Betrachtung“ der faktischen Situation<br />

der Gläubigen. So kann er z. B. zu Aussagen kommen,<br />

z. B. „dass die amtlichen <strong>und</strong> offiziellen<br />

Gründe der Kirchentrennung religionssoziologisch<br />

bei den verschiedenen Kirchenvölkern nicht oder<br />

fast nicht bekannt sind <strong>und</strong> dass die faktisch religionssoziologisch<br />

kirchentrennenden Gründe theologisch<br />

<strong>und</strong> amtlich größtenteils irrelevant sind“. 33<br />

Rahner will damit nicht die Wahrheitsfrage relativieren,<br />

aber er will genauer den faktischen Bef<strong>und</strong><br />

ausleuchten. 34 Wenn die Theologie die Fragen der<br />

säkularen Welt <strong>und</strong> die Herausforderung des<br />

Christen in der Substanz aufnimmt, also immer<br />

mehr auch ihre künftige Herausforderung ins Auge<br />

8<br />

fasst, dann stimmt ihre Orientierung. 35 Immer<br />

mehr verknüpft sich die Zukunft der Theologie<br />

überhaupt für Karl Rahner mit der künftigen Gestalt<br />

eines gemeinsamen ökumenischen Bemühens<br />

um die Präsenz des Christentums in der modernen<br />

Welt.<br />

VI.<br />

An dieser Stelle kommen viele Gesichtspunkte <strong>und</strong><br />

Perspektiven zusammen. Wie in einem Brennpunkt<br />

bilden sie eine neue Sicht. Es ist nicht ganz<br />

leicht, diese Elemente auf einen Nenner zu<br />

bringen.<br />

Wir sprachen schon davon, dass Karl Rahner nicht<br />

zuletzt aufgr<strong>und</strong> seiner Theologie der Gnade die<br />

Überzeugung vertrat, dass durch die Wirksamkeit<br />

der Gnade Gottes schon vor unseren menschlichen<br />

Bemühungen auf die Einheit der Kirche drängende<br />

<strong>und</strong> sie anfangshaft auch schon realisierende<br />

Elemente am Werk sind. Dies schafft natürlich eine<br />

starke Zuversicht vom bereits wirksamen Eingreifen<br />

Gottes auf dem Weg zur Einheit der Kirche.<br />

„Es gibt viel mehr Dinge, die uns mit diesem<br />

Christen vereinen, als es trennende Aspekte gibt ...<br />

Deshalb können wir jederzeit zu unseren protestantischen<br />

Brüdern sagen, dass wir mit ihnen in der<br />

sichtbaren Einheit der katholischen Kirche vereint<br />

sein wollen, da wir ja wissen bzw. hoffen, eins zu<br />

sein im Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem<br />

Herrn <strong>und</strong> Heiland, <strong>und</strong> in der Taufe <strong>und</strong> der<br />

Gnade des Heiligen Geistes.“ 36 Aber es sind auch<br />

andere, fast gegenläufige Motive. Rahner ist der<br />

Überzeugung, dass mit der üblichen Einstellung<br />

<strong>und</strong> Erwartung eines Lehrkonsenses auf längere<br />

Sicht keine wirkliche Einheit erreichbar ist:<br />

„Zunächst strebt man dogmatisch einen Konsens<br />

an, der konkret nicht zu erzielen ist <strong>und</strong> auch in<br />

weiteren 10, 15 Jahren nicht erzielt werden kann;<br />

zweitens hat Rom kirchenrechtlich, also von der<br />

Kirchenverfassung her, noch nie deutlich erklärt,<br />

dass eine wirkliche Kircheneinigung nicht die radikale<br />

Homogenisierung aller Kirchen unter Rom<br />

bedeutet <strong>und</strong> bedeuten muss.“ 37 Schließlich ist<br />

Rahner der festen Überzeugung, dass ein solcher<br />

Konsens auch gar nicht erreicht werden muss.<br />

„Einheit in der Vielfalt“ versteht er als eine<br />

Pluralität von einzelnen „Teilkirchen“, zu denen<br />

z. B. die römisch-katholische Kirche in ihrer jetzigen<br />

Struktur <strong>und</strong> in ihrem Lebensstil, eine mit<br />

Rom unierte Ostkirche mit ihrer eigenen Tradition<br />

<strong>und</strong> schließlich eben doch die evangelischen


Kirchen, wie immer dies noch genauer verstanden<br />

wird, gehören würden. Aufgr<strong>und</strong> dieser Gesamtschau<br />

ist Rahner der Überzeugung, man könne <strong>und</strong><br />

müsse auf dem Weg zur Einheit der Kirche entschiedener<br />

vorangehen.<br />

Rahner wird auf diesem Weg immer ungeduldiger.<br />

So heißt es in einem Artikel anlässlich des<br />

Reformationsjubiläums, dass „die Kirchen auf<br />

allen Seiten auch heute faktisch noch nicht den<br />

Willen zur Einheit (haben), den sie haben müssten“.<br />

38 Die Trennung sei im faktischen Bewusstsein<br />

das, was stillschweigend doch eher als das<br />

Selbstverständliche empf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vorausgesetzt<br />

wird. Wie an anderer Stelle spricht er davon, der<br />

Mut zum Wagnis sei der einzig mögliche Tutiorismus.<br />

Es sei auf allen Seiten noch <strong>–</strong> oft unbewusst<br />

<strong>und</strong> unterschwellig <strong>–</strong> zu viel Wille vorhanden, die<br />

faktische Spaltung nachträglich doch theologisch<br />

zu rechtfertigen.<br />

Hier gibt es gewiss auch Kirche in anderer<br />

Hinsicht ähnliche Einschätzungen der nachkonziliaren<br />

Situation. Es ist der Zeitpunkt (1973), zu dem<br />

Karl Rahner den Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer<br />

<strong>und</strong> katholischer Theologen verlässt. Neben<br />

der Belastung im wachsenden Alter <strong>–</strong> er geht<br />

auf das 70. Lebensjahr zu <strong>–</strong> spielt gewiss auch eine<br />

gewisse Enttäuschung in der spezifischen ökumenischen<br />

Fachtheologie eine Rolle, die ebenso<br />

wie die verfassten Kirchen von Karl Rahner<br />

gefragt wird, ob sie wirklich einen ausreichenden<br />

Willen zur Einheit hat. Es ist die Phase, in der Karl<br />

Rahners Überzeugung wächst, die nachkonziliare<br />

Erneuerung sei ins Stocken geraten. 39 In diese<br />

Situation hinein gehört auch Rahners Mitwirkung<br />

in der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland (1971<strong>–</strong>1975). Im<br />

Blick auf sie hat er auch das kleine Buch geschrieben<br />

„Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong><br />

Chance“ (Freiburg 1972 u. ö.). In dem Absatz<br />

„Ökumenische Kirche“ finden sich, zum Teil radikalisiert,<br />

die oben schon zitierten Äußerungen. So<br />

heißt es z. B. „Der realistisch erreichbare Einheitszustand<br />

in seinem empirisch greifbaren Bestand ist<br />

dem heute ökumenisch schon erreichten Verhältnis<br />

der Kirchen zueinander nicht so unähnlich, wie<br />

man oft denkt, wenn man nämlich übersieht, dass<br />

die künftige Kirche auf jeden Fall in sich viel<br />

pluralistischer sein wird, als es unsere Kirche<br />

rechtlich <strong>und</strong> religionssoziologisch greifbar seit<br />

der Reformationszeit gewesen ist.“ 40 Er schlägt in<br />

dieser Situation auch einen anderen <strong>und</strong> neuen<br />

Zugang vor, wenn er für die Unionsfrage eine<br />

Die Bischöfe Max-Georg v. Twickel, Anthony Banzi<br />

<strong>und</strong> Viktor Dammertz im Gespräch<br />

regelrechte Umkehr empfiehlt: „Kann man nicht<br />

vielleicht auch umgekehrt vorgehen? Kann man<br />

nicht die volle glaubensmäßige <strong>und</strong> theologische<br />

Einheit als eine Folge einer institutionellen Einigung<br />

betrachten, zumal eine solche ja nicht eine<br />

institutionelle Uniformität im Sinne des bisherigen<br />

CIC von dogmatischen Gründen her bedeuten<br />

müsste? ... Wenn somit die Kirchen sich in einer<br />

möglichen, auch für ein strenges dogmatisches<br />

katholisches Gewissen akzeptablen Weise institutionell<br />

einigen würden, dann würde sich der faktisch<br />

gegebene <strong>Glaube</strong>nsbewusstseinsstand praktisch<br />

kaum ändern, auch nicht in dem Teil dieser<br />

einen Kirche, der aus der römisch-katholischen<br />

Kirche stammt.“ 41<br />

Diese Äußerungen haben verständlicherweise zu<br />

einigen Kontroversen geführt. Das Klima hatte<br />

sich verändert. Die Analysen sind härter. Rahner<br />

geht von der Diaspora-Situation im Weltmaßstab<br />

aus. Es geht ihm darum, von einer defensiven<br />

Haltung der „kleinen Herde“ loszukommen, die<br />

neue Situation klar zu erkennen <strong>und</strong> die gegebene<br />

missionarische Situation zu ergreifen.<br />

VII.<br />

In dieser Einstellung verfasst Karl Rahner 1983 <strong>–</strong><br />

wenige Monate vor seinem Tod <strong>–</strong> zusammen mit<br />

dem Münchner F<strong>und</strong>amentaltheologen Heinrich<br />

Fries die Quaestio disputata „Einigung der Kirchen<br />

<strong>–</strong> reale Möglichkeit“, die mehrere Auflagen erlebte.<br />

Eine intensive Diskussion wurde ausgelöst.<br />

Heinrich Fries hat diese Diskussion nach Rahners<br />

Tod unter dem Titel „Zustimmung <strong>und</strong> Kritik. Eine<br />

9


Bilanz“ zusammengefasst. In dieser Form ist der<br />

Text auch aufgenommen worden in den Ökumene-<br />

Band der Sämtlichen Werke. 42 Das Buch stieß auf<br />

begeisterte Aufnahme <strong>und</strong> zugleich schärfste<br />

Ablehnung. So hat J. Ratzinger nicht weniger heftig<br />

geantwortet, wenn er in einer Besprechung<br />

schreibt: „Ein Parforceritt zur Einheit, wie ihn neulich<br />

Heinrich Fries <strong>und</strong> Karl Rahner mit ihren<br />

Thesen angeboten haben, ist ein Kunstgriff theologischer<br />

Akrobatik, die leider der Realität nicht<br />

standhält. Man kann die Konfessionen nicht wie<br />

auf einem Kasernenhof zueinander dirigieren <strong>und</strong><br />

sagen: Hauptsache, sie marschieren miteinander;<br />

was sie dabei denken, ist im einzelnen nicht so<br />

wichtig... Die Wahrheitsfrage durch ein paar kirchenpolitische<br />

Operationen zu überspringen, wie<br />

dies im Gr<strong>und</strong>e Fries <strong>und</strong> Rahner vorzuschlagen<br />

scheinen, wäre ein ganz <strong>und</strong> gar unverantwortliches<br />

Verhalten.“ 43<br />

In ähnlicher Weise, jedoch genauer <strong>und</strong> ausführlicher,<br />

hat Rahner schwierige ökumenische Probleme,<br />

nämlich die Fragen zum Amtsverständnis <strong>und</strong><br />

zur Interkommunion, behandelt, was hier nicht<br />

weiter dargestellt werden kann. 44<br />

Es ist nicht zu übersehen, dass Rahner in der Tiefe<br />

auch die Sorge bewegt, wie die Ökumene ihren<br />

Weg weitergeht, <strong>und</strong> zwar in <strong>und</strong> mit der verfassten<br />

Kirche. So schreibt er: „Soll aber diese<br />

Bewegung weitergehen, ohne dass es von der<br />

Basis her auch zu unüberlegten Schritten kommt,<br />

die auf die Dauer doch nicht wirklich weiterführen,<br />

sondern bei einer dritten Konfession landen würden,<br />

die auf die Dauer auch nicht lebendiger, dafür<br />

aber christlich substanzloser wäre als die bisherigen<br />

Konfessionskirchen, dann müssen die Amtsträger<br />

in allen Kirchen sich ernsthaft überlegen,<br />

wie sie diese Bewegung selbst weiterführen zu<br />

Ergebnissen, die auch der normale Christ des Alltags<br />

als solche Schritte erkennen kann.“ 45 Wer<br />

Karl Rahners Theologie kennt, weiß darum, wie<br />

wichtig ihm bei aller Kritik der konkreten Situation<br />

das Amt in der Kirche ist, das nicht von der<br />

ökumenischen Bewegung <strong>und</strong> ihrer Basis getrennt<br />

werden darf.<br />

Am Ende ist dies freilich auch für Rahner eine spirituelle<br />

Frage, ohne die alle organisatorischen <strong>und</strong><br />

kirchenpolitischen Forderungen ins Leere stoßen<br />

bzw. nur zu weiteren Verhärtungen führen: „Wo<br />

wird mit feurigen Zungen von Gott <strong>und</strong> seiner<br />

<strong>Liebe</strong> gesprochen? Wo wird von den ‚Geboten<br />

Gottes‘ nicht als von einer mühselig zu respektie-<br />

10<br />

renden Pflicht, sondern von ihnen als der herrlichen<br />

Befreiung des Menschen von versklavender<br />

Lebensangst <strong>und</strong> von frustrierendem Egoismus<br />

geredet? Wo wird in der Kirche nicht nur gebetet,<br />

sondern das Gebet auch als pfingstliche Gabe des<br />

Geistes, als herrliche Gnade erfahren? ... Wo gibt<br />

es denn noch die ‚geistlichen Väter‘, die christlichen<br />

‚Gurus‘, die das Charisma einer Einweisung<br />

in die Meditation, ja in eine Mystik haben, in der<br />

das Letzte des Menschen, seine Vereinigung mit<br />

Gott in einem heiligen Mut angenommen wird?“ 46<br />

Wer sich über Karl Rahners Ungeduld, Härte <strong>und</strong><br />

manchmal vielleicht auch Ungerechtigkeit ärgert,<br />

der sollte immer wieder zu dieser Wurzel zurückkommen,<br />

von der her diese Unruhe gespeist wird.<br />

Dann kann er mit ihm auch wieder versöhnt sein,<br />

auch wenn er ihm nicht in allem zustimmt. Dabei<br />

darf man nicht übersehen, dass Karl Rahner immer<br />

wieder Voreiligkeiten mahnt. Diese seine Sorge hat<br />

er z. B. vor dem ersten evangelisch-katholischen<br />

Kirchentag im Jahr 1970 in Augsburg deutlich zum<br />

Ausdruck gebracht. 47<br />

Noch vieles wäre darzulegen, vor allem Karl<br />

Rahners späte Gespräche <strong>und</strong> Ausführungen zum<br />

Dialog zwischen Christen <strong>und</strong> Juden. Es sind verhaltene<br />

Dialoge zweier Weiser, nämlich Pinchas<br />

Lapide <strong>und</strong> Karl Rahner, aber auch das Zwiegespräch<br />

mit Friedrich Georg Friedmann. 48 Dies bedarf<br />

einer eigenen <strong>und</strong> gesonderten Darstellung.<br />

Leider sind diese Äußerungen bisher zu wenig<br />

beachtet worden. Im Gespräch mit Friedmann geht<br />

es darum, ob <strong>und</strong> wie das Verhältnis zwischen<br />

Juden <strong>und</strong> Christen, nach allem was geschehen ist,<br />

wieder unbefangen werden kann. Ansätze zu einer<br />

Antwort aus dem Zentrum der Theologie gibt der<br />

Dialog mit Pinchas Lapide, wo es ganz besonders<br />

um das Verständnis Jesu Christi geht. Rahner hütet<br />

sich vor einer vorschnellen Versöhnung. Darum<br />

sagt er: „Ja, wir sollen weiter streiten. Trotz aller<br />

gehofften hintergründigen Einheit sind wir in unseren<br />

Überzeugungen nicht einfach identisch. Dann<br />

aber gehört es zur menschlichen Anständigkeit, zur<br />

Wahrheit <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>, dass man den Unterschied in<br />

den Überzeugungen sich gegenseitig bekennt <strong>und</strong><br />

darum gerade den Dialog nicht abbrechen lässt.“ 49<br />

Was bleibt am Ende? Karl Rahner wäre nicht Karl<br />

Rahner, wenn am Ende nicht eine äußerste theologische<br />

Konzentration stehen würde. Das Gebet<br />

nimmt bei ihm einen wichtigen Platz ein. Die<br />

Gebete sind in einem eigenen Band zu seinem 80.<br />

Geburtstag gesammelt. 50 Wenige Wochen vor seinem<br />

Tod hat Karl Rahner ein „Gebet um die


Vereinigung aller Christen“ verfasst. Dies ist ähnlich<br />

wie bei dem ökumenischen Theologen Oscar<br />

Cullmann, der auch am Ende seines Lebens gerade<br />

im Ökumenischen Kontext die Not <strong>und</strong> Hilfe des<br />

Gebetes herausstellte. 51 Das Gebet, das ich am<br />

Schluss anführen möchte, ist ähnlich <strong>und</strong> wie ein<br />

Vermächtnis, dass die Christen das Testament<br />

eines großen Lehrers nicht vergessen dürfen.<br />

„Gott, Urgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kraft aller Einheit, wir rufen<br />

dich an <strong>und</strong> bitten dich, dass du den voneinander<br />

getrennten christlichen Kirchen diejenige Einheit<br />

schenken mögest, die dem Willen unseres Herrn<br />

Jesus Christus entspricht. Wir wissen zwar, dass<br />

wir selber alles uns Mögliche tun müssen, damit<br />

diese Einheit Wirklichkeit wird. Denn von uns,<br />

nicht von dir, kommt die Spaltung unter den christlichen<br />

Kirchen. Aber eben diese unsere Aufgabe ist<br />

dennoch das Geschenk deiner Gnade, die allein das<br />

Wollen <strong>und</strong> das Vollbringen dieser Einheit schenken<br />

kann. Und darum kann all unser Bemühen<br />

doch nur immer wieder mit dem Gebet beginnen,<br />

gib, was du von uns verlangst ...<br />

Die Einheit der Kirchen ist unsere Aufgabe. Und<br />

darum bitten wir: Dein Geist möge alle Kirchen<br />

erfüllen mit einem heilsamen Schrecken darüber,<br />

was alle Kirchen (verschieden aber ohne<br />

Ausnahme) dem Leibe deines Sohnes, der die<br />

Kirche ist, angetan haben; angetan durch Herrschsucht,<br />

Überheblichkeit, Verliebtheit in die eigene<br />

Meinung, Mangel an <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> Toleranz, Enge<br />

unseres Geistes, der nicht dulden will, dass deine<br />

eine Wahrheit mit vielen Zungen verkündet wird<br />

<strong>und</strong> durch alle anderen Weisen, in denen wir Menschen<br />

Sünder sind, <strong>und</strong> uns an die Stelle deiner<br />

Wahrheit setzen...<br />

Jeder in den getrennten Kirchen muss seinen<br />

christlichen Brüdern in den anderen Kirchen den<br />

guten Willen zubilligen, die Forderung Jesu nach<br />

Einheit unter seinen Jüngern zu erfüllen <strong>und</strong> doch:<br />

Wir Sünder in allen Kirchen müssen bekennen,<br />

dass dieser Wille bei uns offenbar doch nicht so<br />

glühend, mutig <strong>und</strong> schöpferisch ist, wie er sein<br />

sollte, denn sonst müsste ja die Einheit, die unsere<br />

Aufgabe ist, schon verwirklicht sein. Gib uns, heiliger<br />

<strong>und</strong> barmherziger Gott, den vollen Willen zur<br />

Einheit, die du von uns forderst, <strong>und</strong> wenn unser<br />

Herz uns anklagt, zu wenig von dem machtvollen<br />

Geist der Einheit zu besitzen, dann dürfen wir dennoch<br />

hoffen, dass diese unsere sündige Schwachheit<br />

umfangen bleibt von deiner Vergebung <strong>und</strong><br />

jener Einheit der Christen, die du uns schon geschenkt<br />

hast. Amen.“<br />

1 Vgl. P. Lengsfeld (Hg.), Ökumenische Theologie, Stuttgart<br />

1980; P. Neuner, Ökumenische Theologie, Darmstadt 1997.<br />

Vgl. auch R. Frieling, Der Weg des ökumenischen Gedankens.<br />

Eine Ökumenek<strong>und</strong>e, Göttingen 1992 u.ö.<br />

2 Vgl. dazu vor allem H. Meyer, Ökumenische Zielvorstellungen<br />

= Ökumenische Studienhefte 78, Göttingen 1996.<br />

3 Vgl. zuletzt als Beispiel R. Frieling, E. Geldbach, R. Thöle,<br />

Konfessionsk<strong>und</strong>e (= Gr<strong>und</strong>kurs Theologie, 5,2), Stuttgart 1999.<br />

4 Karl Rahners Texte zur Ökumene werden zitiert nach der<br />

Ausgabe: Sämtliche Werke. Band 27: Einheit in Vielfalt,<br />

Schriften zur Ökumenischen Theologie. Bearbeitet von<br />

Karl Kardinal Lehmann <strong>und</strong> Albert Raffelt, Freiburg 2002.<br />

Bezugnahmen auf diesen Band werden künftig abgekürzt<br />

mit SW (= Sämtliche Werke) unter Angabe der Band- <strong>und</strong><br />

der Seitenzahl, also gewöhnlich z. B. SW 27, 59. In einzelnen<br />

Fällen müssen andere Bände oder auch Veröffentlichungen<br />

herangezogen werden, die bisher in den Sämtlichen<br />

Werken noch nicht erschienen sind.<br />

5 Der Aufsatz erschien in: Theologie der Zeit 1, 1936, 189-<br />

202, vgl. den Text jetzt in: SW 4, 299<strong>–</strong>312.<br />

6 Vgl. SW 4, 306.<br />

7 Vgl. SW 4, 2<strong>–</strong>278.<br />

8 Vgl. SW 4, 285<strong>–</strong>293.<br />

9 Vgl. den Text heute in SW 4, 346<strong>–</strong>403, ursprünglich ein<br />

Referat in einem kleineren theologischen Arbeitskreis in<br />

Wien. Zu den verschiedenen Fassungen dieses Textes vgl.<br />

ebd., XXXV.<br />

10 Bd. III, Stuttgart 1938, 65<strong>–</strong>120 (Verfasser: Kleinknecht,<br />

Quell, Stauffer <strong>und</strong> Kuhn).<br />

11 SW 4, 346, vgl. den Aufriss einer Dogmatik, ebd., 404<strong>–</strong>448,<br />

dazu die editorische Einführung dazu von A. Raffelt: XXII.<br />

Eine Erstfassung des Beitrags geht auf das Jahr 1939<br />

zurück.<br />

12 Vgl. Rahners Text in: SW 4, 497-576. Dazu vgl. den sorgfältigen<br />

Einführungstext mit Literaturangaben: SW 4,<br />

XXXVI f. Außerdem Th. Maas-Ewerdt, Die Krise der<br />

Liturgischen Bewegung in Deutschland <strong>und</strong> Österreich,<br />

Regensburg 1981; H. Wolf (Hg.), K. Rahner: Theologische<br />

<strong>und</strong> philosophische Zeitungen im katholischen deutschen<br />

Raum, Ostfildern 1994.<br />

13 SW 4, 513.<br />

14 So im Jahr 1950 in dem Offenen Brief an Hans Asmussen,<br />

vgl. in SW 27, 16.<br />

15 SW 27, 10.<br />

16 Ebd., 7, 487.<br />

17 SW 27, 6.<br />

18 Vgl. SW 27, 5, 487.<br />

19 SW 27, 6.<br />

20 Vgl. Lorenz Kardinal Jaeger, Einheit <strong>und</strong> Gemeinschaft.<br />

Stellungnahmen zu Fragen der christlichen Einheit,<br />

Paderborn 1972, 1 ff., 8 ff., 18 ff.<br />

21 Jaeger, Einheit <strong>und</strong> Gemeinschaft, 19.<br />

22 Dazu aus den Lebenserinnerungen von W. Stählin, Via<br />

Vitae, Kassel 1968, 554.<br />

11


23 Vgl. dazu B. Schwahn, Der Ökumenische Arbeitskreis<br />

evangelischer <strong>und</strong> katholischer Theologen von 1946<strong>–</strong>1975<br />

(= Forschungen zur systematischen <strong>und</strong> ökumenischen<br />

Theologie 74), Göttingen 1996, 13 ff., 17 ff.<br />

24 Vgl. die genauere Aufstellung mit Nachweisen: SW 27, XI f.<br />

25 Eine Ausnahme bildet die Rezension des Tübinger Ämtermemorandums,<br />

vgl. SW 27, 146<strong>–</strong>149, 501.<br />

26 Vgl. dazu K. Lehmann <strong>–</strong> A. Raffelt (Hg.), Rechenschaft des<br />

<strong>Glaube</strong>ns, Zürich-Freiburg 1979, 13*<strong>–</strong>53*, bes. 36* ff.<br />

27 Vgl. Fragen der Kontrovers-Theologie über die Rechtfertigung<br />

(1958), in: Schriften zur Theologie IV, Einsiedeln<br />

1960, 237<strong>–</strong>271, zu H. Küng, Rechtfertigung. Die Lehre Karl<br />

Barths <strong>und</strong> eine katholische Besinnung, Einsiedeln 1957.<br />

28 Vgl. genauere Angaben: SW 27, XII.<br />

29 Schriften zur Theologie VII, Einsiedeln 1966, 77<strong>–</strong>90, hier 85.<br />

30 Vgl. SW 27, 59<strong>–</strong>92.<br />

31 SW 27, 62.<br />

32 Ebd., 66.<br />

33 Ebd., 77, 497.<br />

34 Vgl. Genaueres SW 27, 77 ff.<br />

35 Dies wird mehr <strong>und</strong> mehr in den Aufsätzen der 70er Jahre dargelegt,<br />

z. B. SW 27, 105 ff., 119 ff., 135 ff., 189 ff., 201 ff.,<br />

211 ff.<br />

36 SW 27, 463.<br />

37 SW 27, 473.<br />

38 SW 27, 54.<br />

39 Vgl. das von K. Rahner <strong>und</strong> K. Lehmann herausgegebene<br />

Diskussionsbuch: Marsch ins Getto?, München 1973,<br />

12<br />

ursprünglich zurückgehend auf ein Editorial K. Rahners in<br />

den „Stimmen der Zeit“, Januar 1972.<br />

40 Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong> Chance, 110.<br />

41 Ebd., 112.<br />

42 Vgl. SW 27, 286<strong>–</strong>396.<br />

43 Einigung der Kirchen <strong>–</strong> Reale Möglichkeit. Erweiterte<br />

Sonderausgabe, Freiburg i. Br. 1985, 160.<br />

44 Vgl. ebd., 215 ff., 223<strong>–</strong>285, 274 ff.; Die Ausführungen zur<br />

Ämterfrage bedürften einer sehr sorgfältigen Gesamtdarstellung,<br />

die es bisher auch in Ansätzen nicht gibt.<br />

45 Strukturwandel der Kirche als Aufgabe <strong>und</strong> Chance, 114.<br />

46 Ebd., 90 f.<br />

Vgl. dazu SW 27, 468-472, 524; vgl. auch zur „Interkommunion“:<br />

SW 27, 283<strong>–</strong>285.<br />

47 Vgl. SW 27, 31<strong>–</strong>35, 43<strong>–</strong>50, 397<strong>–</strong>453.<br />

48 Vgl. auch F. G. Friedmann, Heimkehr ins Exil. Jüdische<br />

Existenz in der Begegnung mit dem Christentum, hrsg., von<br />

Ch. Wiese, München 2001 (hier nochmals der gemeinsame<br />

Text mit Rahner: 114<strong>–</strong>122).<br />

49 SW 27, 445.<br />

50 Vgl. Karl Rahner, Gebete des Lebens, hrsg. von A. Raffelt,<br />

3. erweiterte Auflage, Freiburg 1984. Das folgende Gebet<br />

steht auf den Seiten 200<strong>–</strong>202, der Text findet sich am<br />

Schluss von SW 27, 483 f.<br />

51 Das Gebet im Neuen Testament, 2. verbesserte <strong>und</strong> ergänzte<br />

Auflage, Tübingen 1997 (1. Auflage 1994).


Bischof Erwin Kräutler<br />

Das amazonische Gesicht Christi <strong>–</strong><br />

Erfahrungen eines brasilianischen <strong>Bischofs</strong><br />

Bischof Erwin Kräutler<br />

Im Jahr 1954 hatte das Katholische Bildungswerk<br />

Vorarlberg zu einem Vortrag von meinem Onkel,<br />

Pater Erich Kräutler, eingeladen. Ich besuchte<br />

damals die 4. Klasse Gymnasium <strong>und</strong> ein Plakat<br />

am Anschlagbrett im Treppenhaus der Schule<br />

beeindruckte die Schüler. „Zwanzig Jahre in der<br />

Grünen Hölle am Amazonas“ hieß der Titel, in<br />

dicken Balkenlettern gedruckt. Mitte des vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts gehörte ein Fernsehapparat<br />

noch nicht zu den unverzichtbaren Einrichtungsgegenständen<br />

eines Haushaltes. Ein Lichtbildervortrag<br />

über ferne Länder <strong>und</strong> fremde Völker<br />

konnte deshalb noch mit einer großen Besucherzahl<br />

rechnen. Mein Onkel freute sich über den zum<br />

Bersten vollen Arbeiterkammersaal in Feldkirch<br />

<strong>und</strong> war hellauf begeistert, endlich seinen Landsleuten<br />

über seine schon zwanzigjährige Tätigkeit<br />

am Xingu, einem der größen rechtsseitigen<br />

Nebenflüsse des Amazonas, berichten zu können.<br />

Pater Erich zeigte zunächst Lichtbilder der para-<br />

Vortrag zum Herz-Jesu-Fest 2003<br />

diesischen Schönheit einer Welt von Wald <strong>und</strong><br />

Wasser. Die unendlichen Wälder waren noch die<br />

„ewige“, unberührte, jungfräuliche Heimat einer<br />

ungeahnten Vielzahl von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, aber<br />

auch der Indianervölker. Die herrlichen Sonnenauf-<br />

<strong>und</strong> -untergänge in der Flusslandschaft, die<br />

mein Onkel in Farbdias festhielt, erregten immer<br />

wieder ein entzücktes geräuschvolles Staunen im<br />

Saal.<br />

„Warum aber heißt diese exotische, traumhafte,<br />

idyllische Landschaft, dieser letzte Rest Paradies<br />

‚grüne Hölle‘?“, fragte ich mich damals.<br />

Ich wiederhole diese Frage <strong>und</strong> beantworte sie aus<br />

heutiger Sicht. Ja, „grün“ ist diese Welt vorläufig<br />

noch. In einem Kleinflugzeug, in etwa tausend<br />

Metern Höhe, hat man den Eindruck, über ein endloses,<br />

eintöniges Brokkolifeld zu fliegen, das sich,<br />

wie das Meer, am Horizont verliert. „Grün“ ist<br />

diese Welt noch, so lange der Urwald nicht total<br />

der Brandrodung <strong>und</strong> rücksichtslosen Abholzung<br />

zum Opfer gefallen ist <strong>und</strong> an die Stelle des in drei<br />

Baumstockwerke gegliederten Dickichts mit bis zu<br />

70 Meter hohen Baumriesen eine Art von afrikanischem<br />

Steppengras tritt, das genügsame Zeburinder<br />

abweiden, ehe sie als Materia Prima für<br />

Hotdogs nach Nordamerika, Europa <strong>und</strong> Japan<br />

verschifft werden. Ist diese Welt aber eine<br />

„Hölle“? Warum werden die von Fremdenverkehrsagenturen<br />

angebotenen Ausflüge in den<br />

Dschungel zu Exkursionen in die „grüne Hölle“?<br />

Selbst Nachtclubs <strong>und</strong> Diskotheken in den<br />

Breitengraden von Amazonien borgen sich diesen<br />

Namen, um erlebnishungrige Touristen zu ködern.<br />

Warum „Hölle“? Ist es der Myriaden von Insekten<br />

wegen, von denen in bestimmten Regionen einige<br />

Arten den Menschen das Leben tatsächlich zur<br />

Hölle machen können? Denken wir nur an die<br />

Anopheles, die die Malaria überträgt, oder die<br />

Stegomya fasciata, der wir das Gelbfieber verdanken.<br />

In diesem Zusammenhang kann man tatsächlich<br />

Goethe zitieren: „Es wandelt niemand ungestraft<br />

unter Palmen.“ 1 Er meinte dabei zwar nicht<br />

13


Amazonien, sondern Afrika, aber die Realität ist<br />

dieselbe. Sind es die Schlangen, die plötzlich im<br />

gedämpften Licht des Dschungels als Zweige<br />

getarnt oder am immer feuchten Boden uns<br />

erschrecken <strong>und</strong> an die berühmte Laokoongruppe<br />

der alten Griechen denken lassen oder Höllengemälde<br />

barocker Künstler in Erinnerung rufen?<br />

Sind es die Krokodile in den sumpfigen Wassern,<br />

deren große Augen im Licht der Scheinwerfer drohend<br />

blitzen? Sind es die Piranhas, die imstande<br />

sind, in Sek<strong>und</strong>enschnelle ihre Opfer bis auf das<br />

Skelett zu verzehren? Sind die Affen für den<br />

Namen „Hölle“ verantwortlich, weil manche von<br />

ihnen höllisch brüllen können <strong>und</strong> sich gar nicht<br />

einverstanden zeigen, wenn andere Zweibeiner,<br />

auch nur auf einen Kurzbesuch, in ihren<br />

Lebensraum eindringen? Sind es die fauchenden<br />

Leoparden <strong>und</strong> Wildkatzen, die selbst Einheimischen<br />

eine „Höllen“angst einjagen? Oder sind<br />

es vielleicht immer noch die „wilden“ Indianer,<br />

von denen es jahrh<strong>und</strong>ertelang hieß, sie hätten<br />

keine Seele <strong>und</strong> seien wie Tiere zu behandeln, bis<br />

dann schließlich ein Papst eine Bulle erließ, in der<br />

der Pontifex maximus das Gegenteil behauptete,<br />

aber dennoch keine menschenwürdige Behandlung<br />

für die Indios erreichte?<br />

Warum soll Amazonien, der tropische Regenwald<br />

nun wirklich die „grüne Hölle“ sein? Ist das nicht<br />

alles maßlose Übertreibung? Sollte man die brütend<br />

heiße Sahara nicht auch als Hölle bezeichnen,<br />

wenn auch nicht gerade als grüne, sondern als eine<br />

gelbbraune? Sind das klirrend kalte Sibirien <strong>und</strong><br />

die vom ewigen Eis bedeckten Polarregionen nicht<br />

auch eine Hölle für die Menschen, diesmal auch<br />

keine „grüne“, wohl aber eine „weiße“? Nein,<br />

„Hölle“, die schauererregendste Realität der<br />

„eschata“, der letzten Dinge, sollte nur Amazonien<br />

kennzeichnen, <strong>und</strong> dies längst vor dem Jüngsten<br />

Tag.<br />

Woher dieser Begriff stammt <strong>und</strong> wer ihn wirklich<br />

prägte, habe ich bislang nicht eruieren können.<br />

Vielleicht war es einer jener Deutschen wie Von<br />

Humboldt, Von Martius oder Von den Steinen, die<br />

im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert von Belém aus ins Landesinnere<br />

vordrangen <strong>und</strong> dann, zurück im alten<br />

Kontinent, ihre abenteuerlichen Expeditionen eindrücklich<br />

beschrieben. Oder handelt es sich um<br />

eine düstere Zukunftsvision eines dieser Herren?<br />

Ich denke dabei weniger an das Adjektiv „grün“,<br />

sondern an die „Hölle“. Hölle wird spätestens seit<br />

Matthäus 25,41 „Hinweg von mir, ihr Verfluchten,<br />

in das ewige Feuer“ oder Markus 9,44, wo vom<br />

14<br />

„unauslöschlichen Feuer“ die Rede ist, eben mit<br />

„Feuer“ assoziiert. Und es ist schrecklich, dieses<br />

von Gott paradiesisch geschaffene Amazonien<br />

plötzlich als Hölle erleben zu müssen, von rücksichtslosen<br />

Menschen dazu verdammt. Ich erinnere<br />

mich, wie mir im südlichen Teil meines Bistums<br />

Tag <strong>und</strong> Nacht die Augen vom Rauch brannten.<br />

Während der heiligen Messe <strong>und</strong> Firmung bekomme<br />

ich bei der Predigt Atemnot. Die Sonne ist den<br />

ganzen Tag über nur als rote Scheibe zu sehen. Sie<br />

steht zwar mittags am Zenit, aber es ist Dämmerung.<br />

Ich war im Jeep zu den Gemeinden unterwegs.<br />

So weit das Auge reicht, alles Asche <strong>und</strong><br />

verkohltes Astwerk. Einige Bäume stehen noch.<br />

Aber sie glühen <strong>und</strong> brennen <strong>und</strong> werden in der<br />

Nacht zur rot leuchtenden, schaurigen Anklage der<br />

Gotteslästerung an die Menschen, die die Natur<br />

vergewaltigen, Gottes Schöpfung missbrauchen<br />

<strong>und</strong> zerstören. Der jahrtausendealte <strong>und</strong>urchdringliche<br />

Urwald wird in Brand gesteckt. Menschen<br />

machen Amazonien zur Hölle des Feuers.<br />

„Lacrimosa dies illa,<br />

Qua resurget ex favilla<br />

Judicandus homo reus.“<br />

Die letzten Takte, die Mozart für das „Dies irae“<br />

seines Requiems auf dem Totenbett komponierte.<br />

Ein suggestives Crescendo lässt den Satz „Voll der<br />

Tränen jener Tag, an dem aus Asche zum Gericht<br />

sich erheben wird“ von Silbe zu Silbe immer eindringlicher<br />

werden. Dann der verurteilende<br />

Forteausbruch bei den Worten „Homo reus“ <strong>–</strong> „der<br />

schuldbeladene Mensch“!<br />

In den vergangenen Jahrzehnten sind tausende<br />

Quadratkilometer tropischer Regenwald niedergebrannt<br />

worden. Jedes Jahr kommen weitere dazu.<br />

Wer kennt nicht die Fernsehspots, die darauf aufmerksam<br />

machen, dass in Amazonien alle zwei<br />

Minuten eine Fläche in der Größe eines<br />

Fußballfeldes abgebrannt oder abgeholzt wird. Ja,<br />

die Tropenwälder werden schneller zerstört als<br />

jeder andere Lebensraum. Vor 150 Jahren bedeckten<br />

sie noch 12 % der Erdoberfläche. Mehr als die<br />

Hälfte hat der Mensch bereits zerstört. R<strong>und</strong><br />

200.000 km 2 Wald werden jährlich niedergebrannt.<br />

Dazu kommt noch die rücksichtslose Schlägerung<br />

der tropischen Edelhölzer. Dabei gibt es nun<br />

Holzfirmen, die meinen, den Regenwald zu schützen,<br />

wenn sie nur ganz gezielt Mahagonibäume<br />

fällen, deren Holz für den Export bestimmt ist.<br />

Aber sie vergessen dabei, dass ein umstürzender


Baum eine Schneise in den Urwald schlägt. Ein<br />

Holzfäller erklärte mir einmal, dass jeder<br />

Urwaldriese, der gefällt wird, sechs weitere Bäume<br />

mit sich niederreißt, ganz abgesehen von den H<strong>und</strong>erten<br />

von abgeschlagenen Bäumen, Bäumchen<br />

<strong>und</strong> Sträuchern, die das Dickicht eben ausmachen.<br />

Dazu kommen noch die schweren Bulldozer, die<br />

den Zugang zu den Edelhölzern schaffen <strong>und</strong> den<br />

Urwald durch ein kapillares Straßennetz<br />

„erschließen“, vom Flugzeug aus selbstverständlich<br />

unsichtbar. Straßen, wenn sie auch noch so<br />

prekär <strong>und</strong> nur für den Holztransport bestimmt<br />

sind, öffnen immer <strong>und</strong> überall den Urwald. Bald<br />

werden Siedler kommen <strong>und</strong> den restlichen Wald<br />

roden <strong>und</strong> abbrennen. Die staatlichen Agrar- <strong>und</strong><br />

Umweltbehörden erfahren davon oder wollen es<br />

erst erfahren, wenn bereits ein ganzes Dorf entstanden<br />

<strong>und</strong> es praktisch unmöglich geworden ist,<br />

an eine geordnete Besiedlung <strong>und</strong> die Nutzung des<br />

Waldes im Einklang mit der Natur zu denken. Der<br />

tropische Regenwald birgt so viele Reichtümer, die<br />

genutzt werden könnten, ohne dass auch nur ein<br />

Baum gefällt werden muss. Ich denke an die Paranussbäume,<br />

an den Havea-Baum für die Gummiherstellung,<br />

ich denke an die Vielzahl der ölhaltigen<br />

Fruchtkerne, die Harze <strong>und</strong> Essenzen <strong>und</strong> die<br />

alle Arten von Arzneimitteln liefernden Bäume<br />

<strong>und</strong> tropischen Pflanzen.<br />

Das amazonische Gesicht Christi.<br />

Sie werden vielleicht schon ungehalten sein <strong>und</strong><br />

fragen, was hat denn das alles mit dem Thema zu<br />

tun. An die Stelle einer Betrachtung des Antlitzes<br />

Jesu Christi ist eine Höllenpredigt getreten. Aber<br />

es geht ja jetzt nicht um das Antlitz Jesu, wie es<br />

beispielsweise Velazquez gemalt hat, oder das<br />

formschöne himmlische Antlitz Jesu, wie wir es<br />

beim Abendmahl von Leonardo da Vinci bew<strong>und</strong>ern.<br />

Es geht um das „amazonische“ Gesicht<br />

Christi, das Antlitz von Menschen also, mit denen<br />

sich Jesus zutiefst identifiziert, wenn er sagt: „Ich<br />

war hungrig, durstig, ein Fremdling, ohne<br />

Gewand, krank, im Gefängnis ...“ (cf. Mt 25,31<strong>–</strong><br />

46). Jesus sagt nicht „Ihr wart hungrig, durstig,<br />

krank ...“. Er sagt bewusst: „ICH war.“ Jeder<br />

Mensch lebt jedoch in einer „Umgebung“, unter<br />

bestimmten Umständen, in einer „Umwelt“. Es<br />

handelt sich dabei nicht um eine anonyme Welt,<br />

einen sterilen Raum, sondern um die Welt, in die er<br />

hineingeboren wurde oder die ihn aufgenommen<br />

hat. Es ist „seine“ Welt, seine „MIT“-Welt, die ihn<br />

prägt <strong>und</strong> charakterisiert. Sein Wohl <strong>und</strong> Wehe<br />

Bischof Erwin Kräutler im Gespräch mit<br />

Jozef Niewiadomski<br />

hängt von seiner Mit-Welt ab <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

beeinflusst er sie. Er kann seine Mit-Welt umgestalten<br />

<strong>und</strong> verändern, ja sogar zerstören. Die<br />

schrecklichen Folgen der Verantwortungslosigkeit<br />

hat der Schweizer Nebelspalter einmal so auf den<br />

Punkt gebracht: „Da der Mensch von heute sich so<br />

benimmt, als ob es die Natur nicht gäbe, ist zu<br />

befürchten, dass die Natur von morgen sich so<br />

benimmt, als ob es den Menschen nicht gäbe!“<br />

Diese Mit-Welt ist nicht uneingeschränktes Eigentum.<br />

Sie gehört uns nicht im Sinne des Verbums<br />

„haben“, „besitzen“. Wir tragen Verantwortung für<br />

sie, auch gegenüber den kommenden Generationen.<br />

Wer die Mit-Welt zerstört, wird schuldig an<br />

den Mit-Menschen. Sehen wir auch das „amazonische“<br />

Gesicht Christi, das uns in den Menschen<br />

anblickt <strong>und</strong> herausfordert, deren Mit-Welt zerstört<br />

wurde <strong>und</strong> deren Kinder im Überleben gefährdet<br />

sind?<br />

Die Bewahrung der Mit-Welt muss uns als Kirche<br />

ein besonderes Anliegen sein. Gott hat uns seine<br />

Schöpfung anvertraut, als Heimat <strong>und</strong> Lebensraum<br />

für Menschen, Pflanzen <strong>und</strong> Tiere. Was können<br />

<strong>und</strong> müssen wir als Christen aus unserem <strong>Glaube</strong>n<br />

heraus tun? Welche ethischen Normen <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>sätze bestimmen unser Handeln, wenn es<br />

um ökologische Fragen <strong>und</strong> Probleme geht?<br />

Amazonien 2 , die Welt von Wald <strong>und</strong> Wasser, die<br />

„grüne Hölle“, ist der größte Regenwald der Welt,<br />

der in neun Ländern Südamerikas eine Fläche von<br />

4 Millionen km 2 bedeckt. Brasilien hat einen<br />

Anteil von zwei Dritteln. Das Flusssystem ist das<br />

größte Süsswasserreservoir der Erde. Neben dem<br />

Amazonas selbst gibt es 1.100 Zuflüsse, von denen<br />

15


17 länger sind als 1600 km. An manchen Stellen ist<br />

das Flussbett des Amazonas über 10 km breit. Im<br />

Durchschnitt liegen die Jahrestemperaturen zwischen<br />

25 <strong>und</strong> 27°C, die Höchsttemperaturen übersteigen<br />

selten 35°C. Die Niederschläge haben<br />

Werte von mehr als 3600 mm/a im Nordwesten,<br />

sinken am Unterlauf bei Óbidos auf unter 1800<br />

mm/a ab <strong>und</strong> steigen dann wieder bei Belém im<br />

Mündungsgebiet auf 2500 mm/a an. Die Luftfeuchtigkeit<br />

ist ganzjährig sehr hoch.<br />

Spanier <strong>und</strong> Portugiesen nahmen seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Amazonien in Besitz, begannen mit seiner<br />

Erschließung <strong>und</strong> errichteten militärische Stützpunkte.<br />

Die katholischen Missionare kamen schon<br />

mit den ersten Schiffen aus Spanien <strong>und</strong> Portugal<br />

nach Amazonien.<br />

Wirtschaftlich bedeutungsvoll wurde Amazonien,<br />

als der milchig-weiße Saft des Havea-Baumes zur<br />

Gummiherstellung entdeckt wurde. Wurden 1840<br />

nur 388 t Kautschuk produziert, waren es im Jahr<br />

1900 ganze 27650 t. Bis 1910 kamen über eine<br />

halbe Million Arbeiter aus dem Nordosten (Nordestinos)<br />

ins südwestliche Amazonasgebiet, wo sie<br />

teilweise noch bis in die Fünfzigerjahre des vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts mit ihren Familien in permanenter<br />

sklavenähnlicher Abhängigkeit von reichen<br />

Gummibaronen lebten <strong>und</strong> ein klägliches Dasein<br />

fristeten. Von diesen armen Gummisammlern<br />

erzählte Pater Erich ausführlich beim Lichtbildervortrag<br />

1954 in Feldkirch. Vielleicht wählte er<br />

auch den Ausdruck „grüne Hölle“ gerade ihretwegen,<br />

denn sie lebten tatsächlich schon hier auf<br />

Erden in einer Hölle. Sie kamen nie aus dem<br />

Teufelskreis der Verschuldung heraus, noch bekamen<br />

sie die Farbe eines Geldscheines zu Gesicht.<br />

An eine Flucht war nicht zu denken. Diese Barone,<br />

gewissermaßen die Vorfahren der heutigen<br />

Großgr<strong>und</strong>besitzer, waren selbstverständlich<br />

katholisch <strong>und</strong> pflegten auch den Priester in ihrem<br />

groß angelegten Anwesen zu empfangen <strong>und</strong> einen<br />

geräumigen Saal für Taufen <strong>und</strong> Hochzeiten zur<br />

Verfügung zu stellen. Sie setzten viel auf den<br />

Besuch des Priesters, der alle paar Jahre bei seiner<br />

„desobriga“ vorbeikam. Der Priester sollte den<br />

armen Arbeitern „mores“ lehren, „gute Sitten“ beibringen.<br />

Das erlebte ich selbst, als ich Ende der<br />

Sechzigerjahre noch auf „desobriga“ war. Der<br />

„patrão“ empfing mich als jungen Pater mit allen<br />

Ehren <strong>und</strong> rief mich auch bald zu einem persönlichen<br />

Gespräch zur Seite. Er wies mich darauf hin,<br />

dass alle ihm untergebenen Familien bereits am<br />

frühen Morgen da sein werden. Es sei sein aus-<br />

16<br />

drücklicher Wunsch, dass ich allen die Beichte<br />

abnehme, um sie bei dieser Gelegenheit auf die<br />

Pflichten ihrem „patrão“ gegenüber hinzuweisen.<br />

Sie hätten mehr zu produzieren, mehr zu liefern,<br />

um ihre Schulden wenigstens teilweise zu tilgen,<br />

schärfte er mir ein. Auf keinen Fall dürften sie<br />

Gummiballen an vorbeireisende Händler verkaufen.<br />

Das sei Diebstahl. Er allein sei unumschränkter<br />

Herr dieser Region <strong>und</strong> habe das absolute Recht<br />

auf alle <strong>und</strong> jede Produktion, denn er finanziere ja<br />

schließlich den Lebensunterhalt seines Personals.<br />

Die Leute kamen anderntags tatsächlich sehr zahlreich<br />

zur Beichte. Welcher Sünden sie sich anklagten<br />

<strong>und</strong> welchen Zuspruch ich ihnen damals gab,<br />

ist durch das Beichtgeheimnis in alle Ewigkeit<br />

geschützt. Es fiel mir auf, dass der „patrão“ zwar<br />

auch seine Frau <strong>und</strong> seine Töchter zur Beichte<br />

schickte, er selbst aber das Sakrament nicht in<br />

Anspruch nahm. Als selbst ernannter „Herr über<br />

Leben <strong>und</strong> Tod“ aller Menschen in dem von ihm<br />

beanspruchten Gebiet, das locker der Fläche eines<br />

österreichischen B<strong>und</strong>eslandes entsprach, wähnte<br />

er sich auch „jenseits von Gut <strong>und</strong> Böse“ <strong>und</strong><br />

bedurfte nicht der Lossprechung irgendwelcher<br />

Sünden.<br />

Als im Jahr 1915 die Kautschukwirtschaft in Amazonien<br />

zusammenbrach, entstanden viele Siedlungen<br />

vor allem an den schiffbaren Wasserläufen.<br />

Die Gummisammler wurden von ihren Baronen im<br />

Stich gelassen <strong>und</strong> fretteten sich durch wie sie<br />

konnten, lebten vom Fischfang <strong>und</strong> den Früchten,<br />

die der Urwald bot, pflanzten Reis, Mais <strong>und</strong> Bohnen<br />

<strong>und</strong> vor allem Maniok. Das Amazonastiefland<br />

blieb dennoch so gut wie unerschlossen. Es gab<br />

keine Straßen, bestenfalls Waldwege. Die Flüsse<br />

waren die Verkehrsadern.<br />

So blieb es in Amazonien bis Anfang der Siebzigerjahre,<br />

als die Militärregierung, mehr aus geopolitischen<br />

Erwägungen als aus <strong>Liebe</strong> zu den<br />

armen, von der Welt abgeschlossenen Familien<br />

von Amazonien oder den von den Dürreperioden<br />

ausgemergelten landlosen Bauern des Nordostens,<br />

beschloss, die 5.600 km lange Transamazônica zu<br />

bauen. Damit begann eine Völkerwanderung, wie<br />

sie Brasilien noch nie erlebte, <strong>und</strong> die Regierung<br />

winkte auch mit allen möglichen Vergünstigungen.<br />

Tausende Familien kamen aus dem Nordosten,<br />

dann aus Zentralbrasilien <strong>und</strong> aus dem Süden.<br />

Amazonien änderte schlagartig seine Identität.<br />

Bisher lebte hier ein Mischvolk aus Nachfahren<br />

von Indianern, afrikanischen Negersklaven <strong>und</strong><br />

Portugiesen. Alle hatten sie eine mehr oder weni-


ger dunkle Hautfarbe. Die Gesichtszüge <strong>und</strong> tiefschwarzen<br />

langen Haare bewiesen bei vielen die<br />

indigene Abstammung. Jetzt plötzlich sind in einer<br />

Schulklasse alle Rassen <strong>und</strong> Hautschattierungen zu<br />

finden. Neben einem kaffeebraunen Mädchen mit<br />

großen schwarzen Augen sitzt eine Blondine mit<br />

Sommersprossen im Gesicht <strong>und</strong> in der nächsten<br />

Bank wieder ein kohlschwarzer Bub, der seine<br />

weißen Zähne blitzen lässt. Städte <strong>und</strong> Dörfer verdoppeln<br />

<strong>und</strong> verdreifachen ihre Einwohnerzahl in<br />

wenigen Jahren.<br />

Mit dem „Programm der Nationalen Integration“<br />

versuchte die staatliche Behörde für Kolonisation<br />

<strong>und</strong> Agrarreform (INCRA) Familien aus dem dürregeplagten<br />

Nordosten an dem 64.000 km 2 großen<br />

Streifen der Transamazônica anzusiedeln. Die 10<br />

Kilometer beiderseits der Straße waren für landwirtschaftliche<br />

Familienbetriebe von etwa 100 ha<br />

bestimmt. Die Hälfte des Besitzes hatte als Waldreserve<br />

intakt zu bleiben. Hinter diesem Kleingr<strong>und</strong>besitz<br />

waren Mittelbetriebe von bis zu 3000<br />

ha, bis in eine Entfernung von 100 km zur Straße,<br />

vorgesehen. Auch hier galt die 50-%-Klausel. Erst<br />

dann, in einem Abstand von mehr als 100 km zur<br />

Straße, konnten sich private Großprojekte der Rinderzucht<br />

<strong>und</strong> Forstwirtschaft von bis zu 50.000 ha<br />

niederlassen. Auch hier waren die 50 % Waldreserve<br />

verpflichtend. Die 50 %-Klausel wurde nur<br />

in den ersten Jahren mehr oder weniger ernst<br />

genommen. Heute sind die 64.000 km 2 alle längst<br />

abgeholzt oder abgebrannt. Und es ist nicht dabei<br />

geblieben. Tausende von km 2 kamen dazu. Immer<br />

mehr Urwald wurde in Weideflächen verwandelt.<br />

Das Traurige an dieser Geschichte ist, dass dieses<br />

Programm der Nationalen Integration sich schön<br />

langsam als ein Fehlschlag erwies. Die Neuankömmlinge<br />

hatten nur mangelhafte landwirtschaftliche<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> erhielten auch kaum eine<br />

fachgerechte Beratung durch Agronomen. Die<br />

Bodenbeschaffenheit <strong>und</strong> Fruchtbarkeit wurde<br />

falsch eingeschätzt. Das vom Staat gelieferte<br />

Saatgut erwies sich als für Amazonien ungeeignet.<br />

Missernten waren die Folge. Die miserablen<br />

Verhältnisse der Nebenstraßen verhinderten die<br />

Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte.<br />

Dazu kamen Tropenkrankheiten wie Malaria <strong>und</strong><br />

Amöbenruhr.<br />

Ende der Siebziger <strong>und</strong> Anfang der Achtzigerjahre<br />

beginnt die „Erschließung“ weiter Teile des<br />

Südens meines Bistums. Völlig unkontrolliert<br />

dringen Landsuchende aus allen Teilen Brasiliens<br />

auch in diese Region. Neue Gemeinden entstehen,<br />

wo bislang noch keines Menschen Fuß getreten<br />

war. In Kürze steigt die Bevölkerungszahl einer<br />

jeden dieser Gemeinden auf über 30.000. Der<br />

Großgr<strong>und</strong>besitz breitet sich rasant aus. H<strong>und</strong>erte<br />

von Kilometern weit gibt es keinen Wald mehr.<br />

Seit einem Jahrzehnt haben auch in dieser Gegend<br />

kahle Hügel <strong>und</strong> trostloses Grasland den Regenwald<br />

ersetzt.<br />

Neben den zahlreichen Rinderfarmen, oft auch von<br />

ausländischen Kapitalanlegern gegründet, breiten<br />

sich auch große Bergbauunternehmen aus, die die<br />

Rohstoffe von Amazonien systematisch abbauen.<br />

Es kommt zu Landkonflikten zwischen neuen<br />

Großgr<strong>und</strong>besitzern <strong>und</strong> alten Siedlern, wobei<br />

natürlich der Schwächere unterliegt. Oft werden<br />

die kleinen Siedler von Großgr<strong>und</strong>besitzern mit<br />

Waffengewalt vertrieben. „Nichts Neues unter der<br />

Sonne!“ (Koh 1,9). Schon der Prophet Micha wetterte<br />

gegen die Habsucht der Reichen: „Sie wollen<br />

Felder haben <strong>und</strong> reißen sie an sich (...). Sie wenden<br />

Gewalt an gegen den Mann <strong>und</strong> sein Haus,<br />

gegen den Besitzer <strong>und</strong> sein Eigentum“ (Mi 2,2).<br />

„Sie fressen mein Volk auf, sie ziehen den Leuten<br />

die Haut ab <strong>und</strong> zerbrechen ihnen die Knochen“<br />

(Mi 3,3). Auch staatliche Stellen sind mitschuldig<br />

an den Landkonflikten. Gr<strong>und</strong>bücherliche Eintragungen<br />

werden gefälscht. Würden alle Vermerke<br />

im Gr<strong>und</strong>buch legale Eigentümer ausweisen,<br />

müsste beispielsweise der B<strong>und</strong>esstaat Acre<br />

zweistöckig sein. Neben der direkten Vertreibung<br />

gibt es auch indirekte Verdrängungsprozesse.<br />

Missernten, Krankheiten oder eben mangelnde<br />

Kenntnisse der Bodenbeschaffenheit stürzen viele<br />

in Schulden. Weil sie mit zu vielen Problemen zu<br />

kämpfen haben, sehen sich gar manche gezwungen,<br />

Teile oder das gesamte Land um einen<br />

Bananenpreis zu verkaufen. Die Abwanderung aus<br />

den ländlichen Gebieten lässt die Randbezirke der<br />

Städte wie Geschwülste anschwellen. Die Großgr<strong>und</strong>besitzer<br />

profitieren von den Schulden der<br />

verzweifelten Siedler. Längst blickten sie mit<br />

Argusaugen auf die bereits urbar gemachten<br />

Landflächen <strong>und</strong> heimsen sie nun billigst ein. Die<br />

enorme Landkonzentration in ihren Händen macht<br />

sie zu Mega- oder Super-Großgr<strong>und</strong>besitzern.<br />

So entstand in Brasilien seit ein paar Jahrzehnten<br />

eine eigene Kategorie verarmter Familien, die so<br />

genannten Bauern ohne Land. Es sind dies inzwischen<br />

Millionen von Menschen, die nach Gr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Boden suchen <strong>und</strong> manchmal auch die eine<br />

oder andere Fazenda besetzen. Immer wieder<br />

kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwi-<br />

17


schen Landlosen <strong>und</strong> der Polizei oder den Privatmilizen<br />

der Großgr<strong>und</strong>besitzer. Brachte früher<br />

Indianermord keine Haft, scheint sich heute dieselbe<br />

Praxis bei der Ermordung von Landlosen, von<br />

Vertretern der Landarbeitergewerkschaft oder<br />

anderer Organisationen zur Verteidigung der<br />

Rechte der Landlosen zu wiederholen. Kaum einmal<br />

kommt es zu einer Gerichtsverhandlung <strong>und</strong><br />

die Verurteilung der Auftraggeber für die Mordkommandos<br />

ist so selten, dass sie eine echte Ausnahme<br />

bilden. Besonders Frauen <strong>und</strong> Kinder sind<br />

die wehrlosesten Opfer der Landkonzentration in<br />

den Händen einiger weniger Privilegierter! Es<br />

bleibt zu hoffen, dass es der neuen brasilianischen<br />

Regierung gelingt, der Bodenspekulation <strong>und</strong> in<br />

dem in konzentrischen Kreisen sich ausbreitenden<br />

Größtgr<strong>und</strong>besitz einen Riegel vorzuschieben <strong>und</strong><br />

endlich die seit Jahrzehnten versprochene <strong>und</strong><br />

immer wieder aufgeschobene Agrarreform durchzuführen.<br />

1954 sprach mein Onkel aber nicht nur von den<br />

armen Gummisammlern <strong>und</strong> Fischern, den Vorfahren<br />

der heutigen so benachteiligten Siedler oder<br />

Bauern ohne Land. Einen großen Teil seiner<br />

Ausführungen widmete Pater Erich den, wie es damals<br />

noch hieß, „wilden“ Indianern. Entsprechende<br />

Dias untermalten seine Ausführungen <strong>und</strong><br />

ließen einen bleibenden Eindruck zurück. Die Missionare<br />

sahen diese Kinder des Urwaldes natürlich<br />

nur aus der Sicht der Gummisammler, die unendliche<br />

Angst vor ihnen hatten, <strong>und</strong> dies nicht ohne<br />

Gr<strong>und</strong>. Jederzeit konnten sie angreifen <strong>und</strong> tödliche<br />

Pfeile durch die Luft schwirren lassen oder<br />

dann im Nahkampf mit einem einzigen Keulenschlag<br />

ein menschliches Leben auslöschen. Der<br />

Xingu war berühmt-berüchtigt ob solch grausamer<br />

Szenen. Die Indios widersetzten sich mit allen<br />

Mitteln, ihr angestammtes Land den Christen abzutreten,<br />

<strong>und</strong> beantworteten das Eindringen der<br />

Weißen mit Totschlag aus dem Hinterhalt <strong>und</strong><br />

Frauenraub. Keinem Menschen kam es damals in<br />

den Sinn, dass die Indianer, wenn auch auf sehr<br />

grausame Art, im Gr<strong>und</strong>e nur ihr angestammtes<br />

Gebiet vor unbefugten Eindringlingen verteidigten.<br />

Noch weniger wurden die Massenmorde an<br />

den Indios der Weltöffentlichkeit bekannt <strong>und</strong> die<br />

dafür verantwortlichen Gummibarone zur Rechenschaft<br />

gezogen, verurteilt <strong>und</strong> eingesperrt. Ganze<br />

Volksgruppen wurden ausgelöscht. „Matar índio<br />

não traz cadeia“ hieß es: Indianermord bringt keine<br />

Haft! Einer, der diese Szene sehr gut kannte, hat<br />

einmal ausgerufen: „Ich w<strong>und</strong>ere mich, dass das<br />

Wasser des Xingu immer noch grün ist. Es müsste<br />

18<br />

längst rot sein vom Blut der ermordeten Indios!“<br />

Dabei war es ein ungleicher Kampf zwischen den<br />

Weißen <strong>und</strong> den Indios. Während die Indios mit<br />

Pfeil <strong>und</strong> Bogen <strong>und</strong> ihren Holzkeulen gegen die<br />

Gummisammler Krieg führten, hatten die<br />

Gummibarone ihre Milizen längst mit Feuerwaffen<br />

ausgestattet. Über kurz oder lang mussten die<br />

Indios den Kürzeren ziehen. Dennoch, sie gaben<br />

nie auf.<br />

Die Missionare waren ausgesandt, die Indianervölker<br />

zum wahren <strong>Glaube</strong>n zu führen. Ohne dass<br />

wir nun Steine auf die heroischen Ordensleute der<br />

Vergangenheit werfen wollen, sahen diese es dennoch<br />

als ihre erste Aufgabe an, die Indianer zu<br />

„zivilisieren“, um sie in der Folge taufen zu können.<br />

Von vornherein wurde den Indios entweder<br />

jede Art von Religion abgesprochen oder die indigenen<br />

religiösen Ausdrucksformen waren als<br />

Teufelskult <strong>und</strong> Aberglaube auszurotten. Bei dem<br />

Unternehmen der Zivilisierung, oder auch Pazifizierung,<br />

konnten die <strong>Glaube</strong>nsboten mit der Unterstützung<br />

aller Barone rechnen, seien es Gummi-,<br />

Edelmetall- oder Zuckerbarone. Sie waren sich<br />

alle in der Überzeugung eins, dass nur die Kirche<br />

einigermaßen Aussichten hatte, diese Völker zu<br />

„zähmen“, das heißt, sie untertänig, willfährig,<br />

ergeben zu machen. Nur so sei es letztendlich<br />

möglich, an die Naturreichtümer heranzukommen,<br />

ohne allzu hohen Blutzoll bezahlen zu müssen.<br />

Darum ging es den politisch <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />

Mächtigen damals <strong>und</strong> geht es im Gr<strong>und</strong>e auch<br />

heute noch.<br />

Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil begann die<br />

Kirche schön langsam, ihre Missionsarbeit zu<br />

überdenken <strong>und</strong> neue Wege zu suchen. Die II.<br />

Lateinamerikanische <strong>Bischofs</strong>konferenz in<br />

Medellín 3 hatte das Ziel, die Beschlüsse <strong>und</strong><br />

Inhalte des Zweiten Vatikanischen Konzils in den<br />

lateinamerikanischen Kontext zu stellen. Auf dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> einer umfassenden Sicht der Realität<br />

Lateinamerikas sollte die theologische Reflexion<br />

im Lichte des Evangeliums <strong>und</strong> des Konzils die<br />

Kirche auf diesem Kontinent zu entsprechenden<br />

pastoralen Schwerpunkten <strong>und</strong> Aktivitäten führen.<br />

Im Schlussdokument 4 hat Medellín den neuen Weg<br />

<strong>und</strong> einen Standortwechsel vorgezeichnet. Die<br />

Kirche Lateinamerikas erklärt ihre Option für die<br />

Armen: „Als Bischöfe möchten wir in Ehrlichkeit<br />

<strong>und</strong> aufrichtiger Brüderlichkeit den Armen immer<br />

mehr näherkommen (...). Das Bewusstsein der<br />

Verpflichtung zur Solidarität mit den Armen muss<br />

unter uns immer stärker werden. Diese Solidarität


Prof. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, Prof. Herwig Büchele<br />

SJ <strong>und</strong> Bischof Erwin Kräutler (v. l. n. r.)<br />

bedeutet, dass wir ihre Probleme <strong>und</strong> ihren Einsatz<br />

zu den unseren machen <strong>und</strong> für sie einzutreten wissen.<br />

Diese Haltung wird sich konkretisieren, wenn<br />

wir im Kampf gegen eine unerträgliche Situation,<br />

in der sich die Armen so oft befinden, Ungerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> Unterdrückung anprangern“ (DM<br />

14, 9<strong>–</strong>10).<br />

Medellín inspiriert die lateinamerikanischen<br />

Kirchen, zu „Kirchen der Armen <strong>und</strong> Unterdrückten“<br />

zu werden. Das vom Konzil entflammte<br />

neue Pfingsten fängt Feuer. Die befreiende<br />

Dimension des Evangeliums kommt zum Tragen.<br />

Eine Kirche entfaltet sich, die auf Dialog zwischen<br />

<strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben, zwischen Evangelium <strong>und</strong><br />

Gerechtigkeit gründet. Anstelle einer unterwerfenden<br />

Missionierung trat die liebende Solidarität, das<br />

entschiedene Eintreten für das Leben dieser<br />

Schwestern <strong>und</strong> Brüder. Durch den bewussten<br />

Einsatz der katholischen Kirche gelang es 1987/88<br />

die Indianerrechte in der Brasilianischen Charta<br />

Magna zu verankern. Das erste Mal in der Geschichte<br />

des Landes hat Brasilien eine Verfassung,<br />

die den Indianern volle Rechtspersönlichkeit zugesteht.<br />

Der brasilianische Staat hat künftig die<br />

Aufgabe, den indigenen Völkern schützenden<br />

Beistand zu gewähren, ohne sie dabei in die so<br />

genannte „nationale Gesellschaft“ eingliedern zu<br />

wollen <strong>und</strong> sie zur Aufgabe ihrer Kultur <strong>und</strong><br />

Identität zu zwingen, wie dies bisher der Fall war.<br />

Das Recht der Indianer auf ihr angestammtes<br />

Land, auf die Anerkennung ihrer kulturellen<br />

Eigenart <strong>und</strong> ihrer traditionellen Organisationsformen<br />

ist nun in der Verfassung verankert. 5<br />

Die Forderungen der Verfassung haben jedoch<br />

nicht sofort ein nationales Umdenken, eine<br />

„Bekehrung“, zur Folge. Die neuen Bestimmungen<br />

im Gr<strong>und</strong>gesetz haben im Ausland zwar mit Recht<br />

zur Verbesserung des brasilianischen Image in der<br />

Indianerfrage beigetragen. Leider aber werden die<br />

entsprechenden Artikel nur sehr zaghaft in die<br />

Wirklichkeit umgesetzt. Das zeigt sich besonders<br />

bei der in der Verfassung vorgesehenen Demarkierung<br />

aller Indianergebiete. Die 1988 festgelegte<br />

Frist betrug fünf Jahre <strong>und</strong> ist längst abgelaufen.<br />

Keine Regierung hat bisher tatsächlich den politischen<br />

Willen aufgebracht, diese Gesetzesbestimmungen<br />

tatsächlich zu erfüllen. Somit ist in vielen<br />

Indianergebieten immer noch Tür <strong>und</strong> Tor geöffnet<br />

für alle möglichen Invasionen. Die indigenen Völker<br />

sind nach wie vor in ihrem Überleben bedroht.<br />

Wir hoffen weiter, dass die Verfassung nicht toter<br />

Buchstabe bleibt, sondern ihre Prinzipien tatsächlich<br />

in eine indianerfre<strong>und</strong>liche Politik <strong>und</strong> Praxis<br />

umgesetzt werden.<br />

Angesichts so vieler Todesmechanismen, die<br />

ganze Völker an den Rand des Abgr<strong>und</strong>es drängen,<br />

sehen wir den Einsatz für das Leben der Indios als<br />

unsere Sendung an. Es ist ein Gr<strong>und</strong>anliegen der<br />

Botschaft Jesu, menschliches Leben zu verteidigen<br />

<strong>und</strong> zu fördern. Wenn wir sehen <strong>und</strong> spüren, dass<br />

Leben bedroht ist, dann ist der Widerstand gegen<br />

alle Form von Zwang <strong>und</strong> Unterdrückung christliches<br />

Zeugnis. Wir müssen uns die Frage stellen,<br />

wie die Frohe Botschaft Jesu für Völker aussieht,<br />

die in ihrem physischen oder kulturellen Überleben<br />

gefährdet sind. Sie muss jedenfalls eine Botschaft<br />

des Lebens sein, wo andere den Tod säen.<br />

„Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben<br />

<strong>und</strong> es in Fülle haben.“ (Joh 10,10).<br />

Der Schrei „Wir wollen leben!“ dringt in Amazonien<br />

immer noch an unser Ohr. Wenn auch immer<br />

wieder anklagende Stimmen laut werden, die hinterfragen,<br />

warum sich die Kirche für die Rechte<br />

der Indianer einsetzt <strong>und</strong> ihre kulturelle Identität<br />

verteidigt, was denn dieser Schrei mit der Kirche<br />

zu tun habe, die sich auf ihre „religiöse Sendung“<br />

besinnen möge, so belehrt uns die Realität der<br />

Indianervölker, dass es unmöglich ist, den christlichen<br />

<strong>Glaube</strong>n weitab von den Nöten <strong>und</strong> Sorgen<br />

der Menschen zu leben. Wenn unser <strong>Glaube</strong> keinen<br />

konkreten Bezug hat zum Heute der Geschichte,<br />

wenn unser <strong>Glaube</strong> die Angriffe auf die Indianervölker<br />

<strong>und</strong> ihre Mit-Welt, auf das Heim <strong>und</strong> die<br />

Heimat, die Gott für uns alle geschaffen hat, ausklammert,<br />

dann wird der <strong>Glaube</strong> zur Illusion <strong>und</strong><br />

19


hat sich von Jesus, dem menschgewordenen Sohn<br />

Gottes abgewandt.<br />

Die Kirche hat in der Vergangenheit leider viel zu<br />

oft geschwiegen. Im Endeffekt bedeutet Schweigen<br />

immer eine Zustimmung zu dem, was die politisch<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlich Mächtigen für gut <strong>und</strong><br />

erstrebenswert halten. <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben, Evangelisierung<br />

<strong>und</strong> Förderung menschlichen Lebens<br />

können nicht auseinander gerissen, getrennt werden,<br />

wie dies der berühmte Jesuitenpater <strong>und</strong><br />

Apostel von Amazonien, Antônio Vieira, bereits<br />

1662 verurteilt hat. <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Leben müssen<br />

eine Einheit bilden!<br />

Die Worte des Jesuitenpaters in der denkwürdigen<br />

Epiphaniepredigt vor dem portugiesischen Hof<br />

haben an Aktualität <strong>und</strong> Gültigkeit bis in unsere<br />

Tage nichts verloren: „Man möchte, dass wir die<br />

Eingeborenen zum <strong>Glaube</strong>n bringen <strong>und</strong> sie dann<br />

der Gier überlassen; man möchte, dass wir die<br />

Könige zu Christus bringen <strong>und</strong> sie dann Herodes<br />

überlassen. Und wenn wir diese Sinnlosigkeit aufdecken,<br />

sind wir die Dummen. Wenn wir gegen die<br />

Ungerechtigkeit auftreten, sind wir in ihren Augen<br />

die Ungerechten. Wenn wir ihnen Grausamkeit<br />

vorwerfen, sagen sie, dass wir übertreiben. (...) Die<br />

Diener des Evangeliums sollen sich lediglich um<br />

die Seelsorge kümmern. Knechtschaft <strong>und</strong> Hörigkeit<br />

sind Sache der königlichen Diener. (...) Aber<br />

diese Wege <strong>und</strong> Sorgen trennen, heißt weder Sorgen<br />

noch Wege wollen! (...) Die Seele vom Leib<br />

trennen, heißt töten <strong>und</strong> diese Sorgen auseinander<br />

zu reißen, heißt vernichten. Deshalb sind in kürzester<br />

Zeit auch so viele Gegenden zerstört <strong>und</strong> entvölkert<br />

worden. Von so zahlreichen Dörfern, von<br />

denen nur noch die Namen geblieben sind, sieht<br />

man heute nichts mehr als Ruinen <strong>und</strong> Friedhöfe.“<br />

6<br />

Das amazonische Gesicht Christi.<br />

Es ist oft das von Dornen gekrönte Haupt voll Blut<br />

<strong>und</strong> W<strong>und</strong>en, das uns fragend <strong>und</strong> herausfordernd<br />

anblickt <strong>und</strong> nicht nur Mitleid, sondern liebende<br />

Solidarität verlangt. „Ich war hungrig, durstig, ein<br />

Fremdling, ohne Gewand, krank, im Gefängnis ...“<br />

(cf. Mt 25,31<strong>–</strong>46) schreit Jesus im Namen so vieler<br />

Menschen, die die Welt verachtet, die die heutige<br />

Gesellschaft für überflüssig hält <strong>und</strong> zum<br />

Abfall werfen will. In den vom Elend entstellten<br />

Gesichtern aller Kinder, Jugendlichen, der Indios<br />

<strong>und</strong> Afrobrasilianer, der Frauen <strong>und</strong> Betagten, der<br />

20<br />

kranken, hungernden, obdachlosen, vertriebenen<br />

Menschen, sehen wir immer wieder das Antlitz des<br />

misshandelten Herrn.<br />

Ich denke allerdings noch an ein anderes amazonisches<br />

Gesicht Christi, nämlich an die Kirche Jesu<br />

Christi mit einem amazonischen Antlitz. In den<br />

vergangenen Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten wurde viel<br />

über eine „Evangelisierung der Kulturen“ geschrieben<br />

<strong>und</strong> gesprochen. Eine Evangelisierung<br />

außerhalb oder jenseits der Kulturen ist unmöglich.<br />

„Die Kirche ist von Christus gesandt, die<br />

<strong>Liebe</strong> Gottes allen Menschen <strong>und</strong> Völkern zu verkünden<br />

<strong>und</strong> mitzuteilen“ (AG 10). Die Menschen<br />

<strong>und</strong> Völker, denen wir die „<strong>Liebe</strong> Gottes verkünden<br />

<strong>und</strong> mitteilen“ wollen, befinden sich nicht in<br />

einem aseptischen Raum oder sind „tabula rasa“.<br />

Wenn wir von „Evangelisierung der Kulturen“<br />

sprechen, vergessen wir immer wieder, dass unsere<br />

Kirche einem Kulturkreis angehört, der sich seit<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten dominierend über andere erhebt.<br />

Sicher kann es der römischen Kirche nicht als<br />

Schuld angelastet werden, dass ihr kulturelles<br />

Substrat, die abendländische, europäische Kultur,<br />

zur dominierenden der Welt geworden ist. Aber<br />

Amazonien ist nun einmal nicht Europa! Nicht<br />

jede im abendländisch europäischen Kulturkreis<br />

gewachsene Ausdrucksform, Tradition oder rituelle<br />

Handlung wird im Amazonien der indigenen<br />

Völker <strong>und</strong> Afrobrasilianer, in den kleinen kirchlichen<br />

Basisgemeinden entlang der Flüsse <strong>und</strong><br />

Straßen, in den Städten <strong>und</strong> Siedlungen verstanden.<br />

Es geht um die Inkulturation. Das Problem ist<br />

dabei nicht theologischer, sondern praktischer Art.<br />

Es wird in unserem südamerikanischen Kontinent<br />

noch seine Zeit brauchen, bis allen bewusst wird,<br />

dass wir trotz der Option für die Armen immer<br />

noch der seit Jahrh<strong>und</strong>erten dominierenden Kultur<br />

verhaftet sind. Dabei handelt es sich nicht einmal<br />

um ein spezifisches Problem der Indianerpastoral.<br />

Es ist ein Problem der gesamten Kirche. Die Vierte<br />

Lateinamerikanische <strong>Bischofs</strong>konferenz in Santo<br />

Domingo, 1992, <strong>und</strong> die Amerika-Synode im<br />

Vatikan, 1997, haben die historische Chance verpasst,<br />

mutig neue Wege aufzuzeigen, mit dem<br />

Abbau anachronistischer Strukturen zu beginnen<br />

<strong>und</strong> die jahrh<strong>und</strong>ertealten kulturellen Ausformungen<br />

anderer Völker als Substrat der Frohen Botschaft<br />

zu respektieren. Warum soll es in der einen,<br />

heiligen, katholischen <strong>und</strong> apostolischen Kirche<br />

nicht Gemeinden geben, die aztekisch-katholisch,<br />

maya-katholisch, guarani-katholisch, mapuche-


katholisch oder afroamerikanisch-katholisch sind,<br />

um nur einige dieser Völker <strong>und</strong> Kulturen anzuführen.<br />

Erst wenn das möglich wird, hat unsere<br />

Kirche die „Option für die Armen“ tatsächlich zur<br />

„Option für die kulturell Anderen“ erweitert <strong>und</strong><br />

legt Zeugnis ab, dass sie wirklich nur „dies eine<br />

will: unter Führung des Geistes, des Trösters, das<br />

Werk von Christus weiterzuführen“ (GS 3).<br />

Es geht um den geschwisterlichen Dialog <strong>und</strong> um<br />

die Achtung des religiösen Empfindens der<br />

Indianer. Die Kirche hat die indigenen Religionen<br />

als Formen der Gotteserfahrung zu akzeptieren<br />

<strong>und</strong> zu schätzen. Sie soll mit diesen Religionen in<br />

einen authentischen Dialog treten. Die Ursprünge<br />

der Indianerreligionen reichen Jahrtausende zurück.<br />

Sie sind heilsträchtig in ihren kulturellen <strong>und</strong><br />

historischen Ausdrucksweisen <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

Achse <strong>und</strong> Quelle der Identität <strong>und</strong> des Widerstandes<br />

dieser Völker. Das religiöse Leben der<br />

Indianer bezeugt die Authentizität ihrer Gotteserfahrung,<br />

der zutiefst empf<strong>und</strong>enen Harmonie mit<br />

der Mit-Welt, den Mitmenschen <strong>und</strong> dem Heiligen,<br />

der Transzendenz. Religion, tiefster Ausdruck <strong>und</strong><br />

Kern einer Kultur, ist für die indigenen Völker eine<br />

Frage ihrer Identität <strong>und</strong> <strong>Hoffnung</strong> für ihre<br />

Zukunft. Die Religion verbindet, umfasst, vereint<br />

<strong>und</strong> gibt letzten Sinn der familiären Struktur, dem<br />

Gemeinschaftsleben, der Erziehung, der wirtschaftlichen<br />

Organisation <strong>und</strong> dem politischen<br />

System. Die in ihrem ureigenen Wesen religiösen<br />

Indianervölker bringen ihren <strong>Glaube</strong>n in Riten,<br />

Gesängen <strong>und</strong> Tänzen zum Ausdruck. Feste, als<br />

religiöser Ort <strong>und</strong> Moment, sind Höhepunkt ihres<br />

Gemeinschaftslebens. Es ist die Mutter-Erde, mit<br />

der die Indianergemeinschaft verwurzelt lebt. Von<br />

daher kommen auch die meisten ihrer Mythen <strong>und</strong><br />

Riten. Es handelt sich mehr um eine religiöse<br />

Erfahrung, um eine Spiritualität, als um ein systematisch<br />

ausgearbeitetes theologisches Gebäude.<br />

Als Ideal streben wir autochthone Kirchen mit<br />

eigenem Gesicht <strong>und</strong> Herzen an. Es wird ein neues<br />

Pfingsten sein, wenn Gemeinschaften erblühen,<br />

die durch das Band der <strong>Liebe</strong> mit der Kirche „kath’<br />

hólon“, auf der ganzen Welt verb<strong>und</strong>en, Gott in<br />

ihren Sprachen loben <strong>und</strong> preisen <strong>und</strong> den Menschen,<br />

ihren Geschwistern mit indigenen, afroamerikanischen<br />

<strong>und</strong> mestizischen Ausdrucksweisen,<br />

Gebräuchen, Riten <strong>und</strong> Symbolen das Ja Gottes<br />

zum Leben verkünden können: „Der Herr ist wahrhaft<br />

auferstanden ...“ (Lk 24,34).<br />

Eine Kirche, die nicht nur „Kulturen evangelisiert“,<br />

sondern die Frohe Botschaft des Lebens <strong>und</strong><br />

der <strong>Liebe</strong>, der Gerechtigkeit <strong>und</strong> des Friedens, der<br />

Befreiung zur Freiheit der Kinder Gottes „in <strong>und</strong><br />

von den Kulturen aller Völker der Erde ausgehend“<br />

verkündet, in denen Gott seit Anbeginn gegenwärtig<br />

ist, wird der Welt ein neues Licht erstrahlen<br />

lassen, „um allen zu leuchten, die in<br />

Finsternis sitzen <strong>und</strong> im Schatten des Todes, <strong>und</strong><br />

unsere Schritte zu lenken auf den Weg des<br />

Friedens“ (Lk 1,79). Dieses Licht wird neue Kraft<br />

<strong>und</strong> <strong>Hoffnung</strong> bringen <strong>und</strong> wird Zeichen des<br />

„Reiches Gottes“ unter den Menschen aller<br />

Sprachen, Rassen, Völker <strong>und</strong> Nationen sein, des<br />

„Reiches Gottes“, das bei den Gekreuzigten der<br />

Geschichte beginnt <strong>und</strong> die Welt zu neuem Leben<br />

erweckt.<br />

Dies alles ist zwar noch ein Traum! Der Traum von<br />

einer Kirche mit einem spezifisch amazonischen<br />

Gesicht! Dom Hélder Câmara hat einmal gesagt:<br />

„Wenn einer träumt, dann ist es nur ein Traum.<br />

Wenn viele träumen, dann beginnt eine Wende.“<br />

1 Johann W. von Goethe, Die Wahlverwandtschaften, II, 7,<br />

1809.<br />

2 Ein wertvoller Beitrag, den ich für geographische <strong>und</strong> historische<br />

Angaben <strong>und</strong> die Analyse des Programms der Nationalen<br />

Integration teilweise benutzte, ist die Seminararbeit<br />

„Chancen <strong>und</strong> Probleme der Agrarkolonisation im Amazonas“<br />

von Andreas Nagl, Proseminar „Regionale Agrargeographie“,<br />

Universität Erlangen, Geographisches Institut,<br />

SS 1993.<br />

http://www.naan.de/geographie/amazonas.html<br />

3 Medellín (Kolumbien): 24. August bis 6. September 1968.<br />

4 Das Schlussdokument gliedert sich in drei Abschnitte:<br />

Förderung menschlicher Entwicklung. Evangelisierung <strong>und</strong><br />

Wachstum des <strong>Glaube</strong>ns. Die sichtbare Kirche <strong>und</strong> ihre<br />

Strukturen.<br />

5 Vgl. Art 22, XIV <strong>und</strong> Art. 231 sowie Art. 67 des „Ato de<br />

Disposições Constitucionais Transitórias“ in der Brasilianischen<br />

Verfassung von 1988.<br />

6 VIEIRA, Antônio, Sermões, tomo II, Sermão da Epifania,<br />

n. 5, Ed. Anchieta, São Paulo: 1943 (Faksimile-Ausgabe der<br />

Edition von 1679).<br />

21


Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />

Von Jean Monnet, dem Mentor des europäischen<br />

Einigungsprozesses, wird eine bemerkenswerte<br />

Episode berichtet. Als er in den späteren Jahren<br />

seines Lebens gefragt wurde, womit er beginnen<br />

würde, sollte er nochmals mit der europäischen<br />

Einigung anfangen müssen, soll seine Antwort<br />

gelautet haben: mit der Kultur. Diese Anekdote ist<br />

nicht eindeutig bewiesen. Wenn sie aber schon<br />

nicht bewiesen werden kann, ist sie dennoch gut<br />

erf<strong>und</strong>en, bringt sie doch in unmissverständlicher<br />

Weise zum Ausdruck, dass die europäische<br />

Einigung kultureller Gr<strong>und</strong>lagen bedarf. Das<br />

Bewusstsein einer gemeinsamen europäischen<br />

Kultur ist ein unverzichtbares Element einer<br />

europäischen Identität. Die Orientierung an<br />

Wirtschaftszielen reicht nicht aus, um ein europäisches<br />

Bewusstsein zu erzeugen. Der europäische<br />

Bürger soll nicht nur Marktbürger, sondern auch<br />

Kulturträger sein.<br />

22<br />

Univ.-Prof. Dr. Heinrich Neisser<br />

Das vereinigte Europa in einer<br />

multikulturellen Welt<br />

Studientag im Collegium <strong>Canisianum</strong> am 10. Juli 2003<br />

Die Internationalisierung der modernen Welt hat<br />

auch die kulturellen Beziehungen zwischen<br />

Staaten <strong>und</strong> Gesellschaften erheblich dynamisiert.<br />

Die oft beschworene Globalisierung hat nicht nur<br />

ökonomische Auswirkungen, sie vermittelt auch<br />

der Kultur bzw. den einzelnen Kulturen neue<br />

Wirksamkeiten <strong>und</strong> Rollen. Die folgenden<br />

Ausführungen beschränken sich auf europäische<br />

Perspektiven, eine weltweit umfassende kulturelle<br />

Analyse wäre eine in einem Vortrag nicht zu<br />

bewältigende Herausforderung. Demgemäß sind<br />

die Fragen, die formuliert werden müssen,<br />

Kernfragen des kulturellen Zusammenhangs <strong>und</strong><br />

des europäischen kulturellen Zusammenhalts:<br />

• Ist Europa eine Kulturgemeinschaft?<br />

• Was sind seine kulturellen Kräfte <strong>und</strong> Gemeinsamkeiten,<br />

was sind seine Unterschiede?<br />

• Europa ist ein Kontinent, dessen kulturelle Geschichte<br />

stets eine religiöse Dimension hatte.<br />

Welche Rollen spielten <strong>und</strong> spielen heute noch<br />

Religionsgemeinschaften?<br />

Seit dem Vertrag von Maastricht ist die Europäische<br />

Union eine politische Union. Damit sind<br />

zentrale Fragen verb<strong>und</strong>en, die auch die Zukunft<br />

des europäischen Einigungsprozesses prägen<br />

werden:<br />

• Was ist die geistig-kulturelle Klammer dieser<br />

politischen Union?<br />

• Was bedeutet europäische Identität?<br />

• Was ist das Angebot der Union an ihre Bürger?<br />

Jean Monnet hat die Herausforderung wie folgt<br />

formuliert: „Wir verbinden nicht Staaten, sondern<br />

wir vereinigen Menschen.“<br />

Alle diese Fragen markieren auch den Hintergr<strong>und</strong><br />

der Diskussion über eine europäische Verfassung,<br />

die im Rahmen eines Zukunftskonventes soeben<br />

beendet wurde <strong>und</strong> die ein wesentlicher Schritt in<br />

einer Weiterentwicklung der europäischen Integration<br />

ist.


Die Kulturpolitik der Europäischen Union<br />

Durch den Vertrag von Maastricht 1 wurde die<br />

Kulturpolitik eine Gemeinschaftsaufgabe. Sie ist<br />

allerdings nicht ausschließlich Politik der Gemeinschaft;<br />

letztere „unterstützt <strong>und</strong> ergänzt erforderlichenfalls“<br />

die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten.<br />

Artikel 151 des Vertrages über die Europäische<br />

Gemeinschaft 2 gibt der Kulturpolitik der Gemeinschaft<br />

lediglich einen subsidiären Charakter, er<br />

verpflichtet allerdings die Gemeinschaft, einen<br />

Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten<br />

unter zwei Prämissen zu leisten: zum einen<br />

unter Wahrung der nationalen <strong>und</strong> regionalen<br />

Vielfalt <strong>und</strong> zum anderen bei gleichzeitiger<br />

Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen<br />

Erbes.<br />

Diese beiden Orientierungen sind Aspekte für die<br />

Förderung <strong>und</strong> Wahrung der europäischen Kulturen,<br />

die vor allem folgenden Zwecken dienen<br />

sollen:<br />

• der Verbesserung der Kenntnis <strong>und</strong> Verbreitung<br />

der Kultur <strong>und</strong> Geschichte der europäischen<br />

Völker,<br />

• der Erhaltung <strong>und</strong> dem Schutz des kulturellen<br />

Erbes von europäischer Bedeutung,<br />

• dem nicht kommerziellen Kulturaustausch,<br />

• dem künstlerischen <strong>und</strong> literarischen Schaffen,<br />

einschließlich im audiovisuellen Bereich.<br />

Eine große Zahl von Förderungsprogrammen versucht<br />

diese Ziele umzusetzen. In der politischen<br />

Praxis wird dieser so genannte Kulturartikel als<br />

Gr<strong>und</strong>norm einer europäischen Kulturförderung<br />

verstanden. In Wirklichkeit reicht er jedoch darüber<br />

hinaus. Er reflektiert die Komplexität europäischer<br />

Kulturpolitik <strong>und</strong> betont die gemeinsamen<br />

geistigen Wurzeln der europäischen Völker, die<br />

eine Gr<strong>und</strong>lage einer europäischen Identität bilden<br />

sollen. Diese Identität basiert auf einer existenziellen<br />

Spannungslage zwischen Zugehörigkeit <strong>und</strong><br />

Rivalität.<br />

Der Hinweis auf das gemeinsame kulturelle Erbe<br />

betont das symbolische Universum (nach E.<br />

Cassirer), das aus einer Verschmelzung des<br />

Christentums mit der griechischen Philosophie <strong>und</strong><br />

dem römischen Recht entstand. Die mannigfachen<br />

Kulturen der Mitgliedsstaaten begegnen sich in der<br />

Überzeugung von gemeinsamen rechtlichen, politischen<br />

<strong>und</strong> geistigen Werten <strong>und</strong> Prinzipien.<br />

Die europäische Wertegemeinschaft<br />

Die gegenwärtige europäische Diskussion unterstreicht<br />

immer mehr die Tatsache, dass Europa<br />

mehr ist als ein Zustand ökonomischer Prosperität<br />

<strong>und</strong> technologischer Innovation, es ist vielmehr ein<br />

Raum kultureller Produktivität <strong>und</strong> kreativer<br />

Innovation. Das Bild <strong>und</strong> die Inhalte der europäischen<br />

Integration haben sich seit den Anfängen in<br />

den Jahren 1951 <strong>und</strong> 1957 erheblich verändert. 3<br />

Die ursprünglich rein ökonomisch konzipierten<br />

sektoriellen Gemeinschaften <strong>–</strong> die Europäische<br />

Gemeinschaft für Kohle <strong>und</strong> Stahl, die Europäische<br />

Wirtschaftsgemeinschaft <strong>und</strong> die Europäische<br />

Atomgemeinschaft <strong>–</strong> sind Teil der durch den<br />

Vertrag von Maastricht gegründeten politischen<br />

Union geworden. Die Union ist eine politische<br />

Gemeinschaft, die sich den Gr<strong>und</strong>sätzen der<br />

Freiheit, der Gleichheit, der Menschenrechte <strong>und</strong><br />

der Demokratie sowie des Rechtsstaates verpflichtet<br />

fühlt, 4 aber ebenso Subsidiarität <strong>und</strong> Solidarität<br />

als bindende Gr<strong>und</strong>sätze anerkennt.<br />

Diese Prinzipien spiegeln jene Werte wider, die die<br />

Mitgliedsstaaten der Union miteinander verbinden.<br />

Sie sind gleichzeitig das geistig-kulturelle Rahmenwerk<br />

der europäischen Vielfalt. Der europäische<br />

Einigungsprozess ist durch das Paradigma<br />

„Vielfalt in der Einheit“ geprägt. Erhaltung der<br />

Vielfalt <strong>und</strong> Schaffung von Einheit <strong>–</strong> das scheint<br />

das politische Paradoxon zu sein, das auch in<br />

einem allgemein politischen Sinne interpretiert<br />

wird. Es kann als politisches Programm verstanden<br />

werden, das den dynamischen Charakter des<br />

europäischen Einigungsprozesses charakterisiert.<br />

Konrad Adenauer, der erste deutsche B<strong>und</strong>eskanzler<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg, hat den Auftrag,<br />

Vielfalt mit Einheit zu verbinden, in sehr<br />

plakativer Weise beschrieben:<br />

„Manche scheinen sich das so vorzustellen, als hätten<br />

wir einen Schmelztiegel, aus dem eine graue<br />

einförmige Masse hervorgehen müsste, <strong>und</strong> das sei<br />

dann Europa. Dagegen wehrt sich nicht nur der<br />

viel geschmähte Nationalismus, sondern der<br />

ges<strong>und</strong>e Sinn für Eigenes <strong>und</strong> Überliefertes. Aber<br />

Europa soll gar nicht gleichgeschaltet werden.<br />

Sein größter Reiz <strong>und</strong> Reichtum liegt in der<br />

Mannigfaltigkeit. Das Gemeinsame in der Mannigfaltigkeit<br />

herauszuarbeiten, das Verschiedene<br />

zu einer Einheit zu verbinden, das ist die Aufgabe.<br />

Das ist ja gerade das Ges<strong>und</strong>e an einem richtig verstandenen<br />

Föderalismus, dass es weiter Franzosen,<br />

Italiener, Deutsche, Holländer, Belgier <strong>und</strong><br />

23


Prof. Lawrence Milby, Prof. Paul Weß, Wolf Zielinski<br />

<strong>und</strong> Bischof Johannes Chang Yik beim Studientag<br />

Luxemburger geben wird in der größeren europäischen<br />

Heimat. Hier entsteht etwas Neues, ohne<br />

dass das Alte vernichtet wird. Das Nationale bleibt,<br />

nur ist es nicht mehr das Höchste <strong>und</strong> Letzte.“ 5<br />

Nach Adenauers Vorstellungen sollen in der<br />

Europäischen Gemeinschaft föderale Strukturen<br />

mit dem Fortbestand des Nationalelementes als<br />

soziokulturelle <strong>und</strong> politische Einheit verb<strong>und</strong>en<br />

werden. Die Vielfalt der Sprachen, Religionen <strong>und</strong><br />

Kulturen ist ein wesentlicher Teil des Gesamtspektrums<br />

der Diversivität.<br />

Das Paradigma der Vielfalt<br />

Europa besitzt eine Vielfalt von Mentalitäten <strong>und</strong><br />

Traditionen. Sie wurden durch fortwährende Teilungen<br />

geprägt. Teilung bedeutet Gegensätzlichkeit,<br />

sie ist aber auch Wandel <strong>und</strong> Veränderung. Im<br />

Folgenden seien nur einige historische Merkmale<br />

dieses europäischen Teilungsprozesses erwähnt:<br />

• Im Jahr 395 kam es zur Teilung des Ost- <strong>und</strong><br />

Weströmischen Reiches.<br />

• Im Jahr 1054 führte der Bruch zwischen Rom<br />

<strong>und</strong> Konstantinopel zur Teilung zwischen Ost<strong>und</strong><br />

Westkirche.<br />

24<br />

• Im Augsburger Religionsfrieden des Jahres<br />

1555 wurde eine Teilung in katholische <strong>und</strong><br />

protestantische Regionen vorgenommen<br />

(„Cuius regio eius religio“).<br />

• Der Westfälische Friede führte im Jahr 1648 zu<br />

einer Neuordnung Europas durch Teilung.<br />

• Ähnliches ereignete sich am Wiener Kongress<br />

im Jahr 1814.<br />

• Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert führte die Entstehung der<br />

Nationalstaaten zu einem immer stärker werdenden<br />

<strong>und</strong> überbordenden Nationalismus, der<br />

eine wesentliche Ursache der zwei Weltkriege<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts bildete.<br />

• Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden<br />

durch die so genannten Pariser Vororte-Verträge<br />

(Friedensverträge) neue Teilungen festgeschrieben.<br />

• Am Ende des Zweiten Weltkrieges haben die<br />

Konferenzen der Alliierten in Jalta <strong>und</strong> Potsdam<br />

eine Teilung der Einflusssphären der<br />

Großmächte vorgesehen, die wenige Jahre später<br />

auch die Zonen des Kalten Krieges<br />

bestimmten.<br />

Vor diesem geschichtlichen Hintergr<strong>und</strong> erscheint<br />

das Jahr 1989 in der Tat als ein „annus mirabilis“.<br />

Es brachte den früheren kommunistischen Satellitenstaaten<br />

in Zentral- <strong>und</strong> Osteuropa demokratische<br />

Regierungsformen, führte zur Wiedervereinigung<br />

Deutschlands <strong>und</strong> bewirkte schließlich auch<br />

den Zerfall des Sowjetimperiums. Die führenden<br />

Politiker der europäischen Gemeinschaften jener<br />

Zeit, vor allem Francois Mitterand <strong>und</strong> Helmut<br />

Kohl, nützten die Gunst der St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> bereiteten<br />

ein Einigungswerk vor, das den Westen <strong>und</strong> Osten<br />

Europas zusammenführte. Mit dem Neueintritt von<br />

10 Mitgliedern am 1. Mai 2004 wird der europäische<br />

Kontinent weitgehend vereint sein. Die vielfach<br />

beschworene „Vielfalt in der Einheit“ steht<br />

vor neuen Herausforderungen. Sie wird vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> unterschiedlicher historischer Erfahrungen<br />

ein europäisches Gestaltungsprinzip werden,<br />

das gestützt auf den Subsidiaritätsgr<strong>und</strong>satz<br />

ein Gegenprogramm zum Brüssler Zentralismus<br />

<strong>und</strong> Uniformismus sein soll.<br />

Dieser Prozess braucht ein starkes europäisches<br />

Bewusstsein, das sich auf dem Wissen um die<br />

Reichhaltigkeit der europäischen Gesellschaften<br />

<strong>und</strong> die Vielfalt der spirituellen Ressourcen gründet.<br />

Es sollte die Arroganz überwinden, die sich in<br />

Hegemonie <strong>und</strong> Dominanz äußert. Europa muss<br />

seine Traditionen erkennen, die im Regelfall vielschichtig<br />

<strong>und</strong> reich an fruchtbaren Mehrdeutig-


Prof. Neisser <strong>und</strong> Bischof Josef Homeyer gestalten<br />

den Studientag: Europa <strong>und</strong> die Weltkirche<br />

keiten sind. Alle monotheistischen Religionen<br />

Europas <strong>–</strong> das Judentum, das Christentum <strong>und</strong> der<br />

Islam <strong>–</strong> stammen aus dem Orient; sie beinhalten<br />

einen Prozess beträchtlicher Transformationen, die<br />

über lange Zeiträume hinweg stattfanden. Diese<br />

Traditionen stehen auf dem Prüfstand einer zunehmenden<br />

Globalisierung.<br />

Globalisierung <strong>und</strong> Kultur<br />

Phänomene einer Globalisierung existieren in der<br />

Geschichte seit langem. So waren die Missionstätigkeiten<br />

der Konfessionen in den vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten ein wesentliches Element einer kulturell-moralischen<br />

Globalisierung. Die heutigen<br />

Bestrebungen, Demokratie <strong>und</strong> Marktwirtschaft<br />

sowie Menschenrechte zu universellen Werten zu<br />

machen, verstärken die Tendenzen zu offenen<br />

Gesellschaften. Die Rolle der Zivilgesellschaften<br />

wird bedeutend. Damit werden die Kulturen der<br />

Völker <strong>und</strong> Gesellschaften in den Mittelpunkt<br />

gerückt. Samuel Huntington hat in seinem<br />

Bestseller „Kampf der Kulturen“ 6 darauf hingewiesen,<br />

dass im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert die schlimmsten<br />

Bedrohungen der internationalen Sicherheit nicht<br />

wirtschaftlicher oder politischer, sondern kultureller<br />

Natur sein werden. Dieser Kampf der Kulturen<br />

spiegelt die konfrontative Gr<strong>und</strong>einstellung „wir<br />

<strong>und</strong> die anderen“ wider.<br />

Globalisierung bedeutet keineswegs eine zwangsläufige<br />

Homogenisierung kultureller Strukturen.<br />

Sie provoziert in verstärktem Maße auch Tendenzen<br />

einer Lokalisierung: Sie stärkt das Empfinden<br />

<strong>und</strong> das Zugehörigkeitsgefühl im Bezug auf die<br />

lokale Ebene. Neigungen zu ursprünglichen Bindungen<br />

werden wirksam <strong>und</strong> setzen neue Akzente<br />

in der Suche nach Identität. Elmar Johnson, ein<br />

amerikanischer Zukunftsdenker, hat diese Entwicklung<br />

sehr einprägsam formuliert: „Es kann<br />

sein, dass die Globalisierung die Autorität des<br />

Staates untergräbt <strong>und</strong> die Bedeutung von Souveränität<br />

<strong>und</strong> Nationalbewusstsein verändert, aber<br />

sie steigert die Bedeutung der Identität. Je globaler<br />

die Welt wird, umso vitaler ist das Streben nach<br />

Identifikation.“<br />

Die Alternative zum Kampf der Kulturen im Sinne<br />

der Gestaltung einer friedlichen Weltordnung ist<br />

die Konvergenz der Kulturen. Sie bedeutet ihrem<br />

Wesen nach die Entdeckung gemeinsamer<br />

Gr<strong>und</strong>werte, die als Maßstab für politisches <strong>und</strong><br />

gesellschaftliches Handeln akzeptiert werden.<br />

Kulturelle Konvergenz findet durch einen permanenten<br />

Dialog statt. Die dialogischen Beziehungen<br />

verlangen Partner, die bestimmte intellektuelle,<br />

mentale <strong>und</strong> spirituelle Voraussetzungen erfüllen.<br />

Die Basis dieses Dialogs ist die Gleichheit der<br />

Partner, ohne die es keinen gemeinsamen Boden<br />

für ein Gespräch gibt. Die Dialogteilnehmer erfahren<br />

die multikulturelle Begegnung durch die<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Akzeptanz von Unterschiedlichkeiten<br />

<strong>und</strong> Gemeinsamkeiten sowie durch die<br />

Erkenntnis gemeinsamer Perspektiven.<br />

Die europäische Erfahrung<br />

Die Europäer müssen darüber nachdenken, was sie<br />

legitimerweise in diesen Dialogprozess einbringen<br />

können. Europa ist nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

als Westeuropa entstanden, das heißt als westliche<br />

Wertegemeinschaft. Im Jahr 1989 fielen die<br />

Bastionen der kommunistischen Welt, ein Transitionsprozess<br />

setzte ein, der die früheren totalitären<br />

Systeme des Ostens immer mehr in Richtung<br />

Westen führte. Mit der Erweiterungsentscheidung<br />

der Europäischen Union für 10 neue Mitgliedsstaaten<br />

hat diese dem Prozess der Zusammenführung<br />

eine neue Qualität gegeben. Das vereinigte<br />

Europa ist Wirklichkeit geworden. Unterschiedliche<br />

Welten finden zueinander; neue Generationen<br />

erfahren die Europäisierung unseres Kontinents.<br />

Dieser Europäisierungsprozess bringt eine neue<br />

Vielfalt, vor allem auch in der Kultur. Wie die<br />

Europäische Union darauf reagieren wird, erscheint<br />

noch ungewiss. Es ist jedenfalls eine faszi-<br />

25


nierende Aufgabe, dieses vereinte Europa als<br />

Kultur- <strong>und</strong> Wertegemeinschaft zu verwirklichen.<br />

Eine der Kernfragen ist dabei, ob Europa mehr ist<br />

als ein geographischer Begriff. In der Diskussion<br />

über die mögliche Mitgliedschaft der Türkei ist<br />

diese Frage ein zentrales Thema.<br />

Die Europäische Union hat in den vergangenen<br />

Jahren viel getan, um ihre Werteordnung zu vertiefen<br />

<strong>und</strong> zu etablieren. Dazu gehört die Verankerung<br />

von allgemeinen Prinzipien, wie bereits<br />

vorher erwähnt wurde, vor allem aber auch die<br />

Akzeptanz einer Gr<strong>und</strong>rechtscharta, die erstmals<br />

einen Katalog der Freiheitsrechte <strong>und</strong> der sozialen<br />

Gr<strong>und</strong>rechte enthält. Die Suprema Lex dieses<br />

Dokumentes ist die im Artikel 1 verankerte Würde<br />

des Menschen: „Die Würde des Menschen ist<br />

unantastbar. Sie ist zu achten <strong>und</strong> zu schützen.“<br />

Allerdings ist die europäische Werteordnung noch<br />

ein Netz mit vielen Löchern. In entscheidenden<br />

Fragen, wie etwa wann das menschliche Leben<br />

beginnt <strong>und</strong> wann es endet oder welcher Begriff<br />

der Familie <strong>und</strong> der Ehe anzuwenden ist, gibt es<br />

keine allgemeine Akzeptanz unter den Mitgliedsstaaten.<br />

Die Vermittlung des geistig-kulturellen Erbes<br />

Europas ist weltweit ein stärker werdender Prozess<br />

einer kulturellen Verflechtung. Die Frage, was<br />

durch eine europäische Kultur vermittelt werden<br />

kann, wird zum Kernthema. Die westliche Geistesart<br />

wurzelt in der jüdisch-christlichen Überlieferung<br />

des europäischen Kontinents. Sie ist bestimmt<br />

durch Christentum <strong>und</strong> Kapitalismus sowie<br />

durch Naturwissenschaft <strong>und</strong> Technik, durch das<br />

Rechtssystem des römischen Rechts <strong>und</strong> des Code<br />

Napoleons, durch bürgerlich urbane Lebensformen,<br />

durch Demokratie <strong>und</strong> Menschenrechte <strong>und</strong><br />

schließlich durch die Säkularisierung von Staat<br />

<strong>und</strong> Gesellschaft. Alles das ist zu reflektieren,<br />

wenn man von der europäischen Identität als dem<br />

spricht, was Europa unverwechselbar macht.<br />

Identität wurzelt in Historischem; in sich ständig<br />

Verwandelndem. Europa ist in seiner Geschichte<br />

ein Kontinent des Mittelalters ebenso wie des<br />

Humanismus <strong>und</strong> der Aufklärung sowie der<br />

Kolonialisten. Es war nie eine abgeschlossene<br />

Einheit, kein Ganzes, sondern ein Erdteil mit vielen<br />

Unterschieden, Brücken <strong>und</strong> Differenzen. Es<br />

eignet sich, in einer Art „Patchwork“-Identität dar-<br />

26<br />

gestellt zu werden, nämlich als Versuch, aus vielen<br />

auch sehr heterogenen Einzelteilen etwas weder<br />

Vollkommenes noch Abgeschlossenes zu machen,<br />

jedoch etwas, das dennoch eine halbwegs tragfähige<br />

Gr<strong>und</strong>lage für soziales Handeln sein kann.<br />

Chancen für eine Kultur der Menschlichkeit.<br />

Der an der katholisch-theologischen Fakultät der<br />

Universität Salzburg lehrende Clemens Sedmak<br />

hat vor kurzem darauf hingewiesen, dass Europas<br />

Chance im Aufbau einer Kultur der Menschlichkeit<br />

liege, 7 dafür gebe es drei Indikatoren:<br />

1. Die Existenz von Bausteinen von Gr<strong>und</strong>überzeugungen,<br />

die in der jüdisch-christlichen <strong>und</strong><br />

der philosophischen Tradition, der Rechtstradition<br />

sowie der Tradition der Menschenrechte<br />

begründet sind <strong>und</strong> die eine Kultur der<br />

Menschlichkeit als Wert <strong>und</strong> Chance erkennen<br />

lassen.<br />

2. Eine weitere Chance liege in der nachhaltigen<br />

Differenzierung, die zu einem Teppich von<br />

regionalen Minoritäten <strong>und</strong> politischen<br />

Pluralismen führe, wodurch der Schutz der<br />

Vielfalt <strong>und</strong> Minoritäten notwendig werde.<br />

3. Die dritte Chance liege in einem starken<br />

„Mittelstand“, der ein „Frei sein“ <strong>und</strong> „Frei<br />

sein für“ ermögliche: Der Mittelstand sei nämlich<br />

nicht mit der Sicherung seines Reichtums<br />

beschäftigt, wie dies bei den sehr reichen<br />

Menschen der Fall sei, er sei aber auch nicht so<br />

arm, dass er um sein Leben kämpfe müsse.<br />

Dieser Hinweis auf die Rolle des Mittelstandes<br />

erinnert mich an einen Vortrag, den vor vielen<br />

Jahren der damalige Dekan der Gregoriana,<br />

Pater Schasching, in Wien gehalten hat: Er vertrat<br />

damals die Auffassung, dass Italien, das in<br />

den letzten Jahrzehnten durch viele Regierungskrisen<br />

gegangen ist, nur deshalb bestehen<br />

konnte, weil der Mittelstand „funktionierte“.<br />

Dieses eben beschriebene Konzept ist kein operatives<br />

Programm, es bedeutet aber das Aktivieren<br />

von geistig-kulturellen Kräften, die Europa in<br />

einer multikulturellen Weltordnung ein Profil vermitteln<br />

können, das respektiert wird <strong>und</strong> Wirkung<br />

zeigt. Europa ist keine Festung, die sich permanent<br />

gegen Einflüsse von außen zu verteidigen hat, es<br />

ist vielmehr ein weltoffener Kontinent mit starker<br />

Überzeugungskraft.


1 Dieser Vertrag wurde am 7. Februar 1992 unterzeichnet <strong>und</strong><br />

trat nach Durchführung des Ratifikationsverfahrens am<br />

1. November 1993 in Kraft.<br />

2 Durch den Vertrag von Amsterdam wurden die einzelnen<br />

Vertragsbestimmungen neu nummeriert, der frühere Artikel<br />

128 ist nunmehr als Artikel 151 Bestandteil des Vertrages.<br />

3 Die Gründungsverträge waren der am 18. April 1951 unterzeichnete<br />

Vertrag über die Gründung der Europäischen<br />

Gemeinschaft für Kohle <strong>und</strong> Stahl (er ist nach 50 Jahren<br />

ausgelaufen) sowie die am 25. März 1957 in Rom unterzeichneten<br />

Verträge zur Gründung der Europäischen<br />

Wirtschaftsgemeinschaft <strong>und</strong> der Europäischen Atomgemeinschaft.<br />

4 Art. 6 Abs. 1 des Vertrages über die Europäische Union hat<br />

folgenden Wortlaut: „Die Union beruht auf den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der<br />

Menschenrechte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>freiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit;<br />

diese Gr<strong>und</strong>sätze sind allen Mitgliedsstaaten<br />

gemeinsam.“<br />

5 Dieses Zitat stammt aus einem Interview, das der Nordwestdeutsche<br />

R<strong>und</strong>funk am 6. März 1953 mit Konrad<br />

Adenauer führte <strong>und</strong> das in der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung vom 5. Jänner 2001 abgedruckt wurde.<br />

6 Samuel P. Huntington, Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung<br />

der Weltpolitik im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert (1998).<br />

7 Vorrang für „alte“ Werte, in: „Die Furche“ vom 19. Juni<br />

2003, Seite 8.<br />

Neoingressi im Studienjahr 2002/03<br />

1. Reihe (v. l. n. r.):<br />

1. Davydov Oleg, Fr. Daniel OCist.<br />

2. Kaviyil Philip<br />

3. P. Friedrich Prassl SJ, Subregens <strong>und</strong><br />

Studienpräfekt<br />

4. P. Hans Tschiggerl SJ, Regens<br />

5. P. Michael Meßner SJ, Superior<br />

6. P. Bernhard Bürgler SJ, Spiritual<br />

7. James Anthuvan Dass<br />

8. Holovchak Ihor<br />

2. Reihe (v. l. n. r.):<br />

9. Montoya Florez Efrain<br />

10. Loono Lorok Peter<br />

11. Gmainer Pranzl Dr. Franz<br />

12. Ordaz Salazar Francisco Javier<br />

13. Radic´ Stjepan<br />

14. Tuor Andri OSB<br />

15. Roduit David<br />

16. Moling Markus<br />

17. Kalathiparambil Antony<br />

18. Terletskyy Petro<br />

19. Chung Jin-Man Angelus<br />

20. Alvarez Blanco Juan Carlos<br />

27


Dr. Beate Kowalski<br />

Einige Worte von Teilhard de Chardin, die er während<br />

einer wissenschaftlichen Expedition in der<br />

Wüste wahrscheinlich am Fest der Verklärung verfasst<br />

hat, als es ihm unmöglich war, die Messe zu<br />

feiern, mögen auch einem geistlichen Impuls zum<br />

Herz-Jesu-Fest hilfreich sein:<br />

Teilhard de Chardin schreibt zum Herz-Jesu-Fest:<br />

„Seltsame Schritte Deines Geistes, mein Gott! <strong>–</strong> Als<br />

vor zwei Jahrh<strong>und</strong>erten in Deiner Kirche sich die<br />

klar umrissene Anziehungskraft Deines Herzens<br />

bemerkbar zu machen begann, mochte es scheinen,<br />

was die Seelen verführte, sei die Entdeckung eines<br />

bestimmteren, umschriebeneren Elements in Dir als<br />

Dein Menschsein selbst. Jetzt aber wird in plötzlicher<br />

Umkehr sichtbar, dass Du, Jesus, durch die<br />

‚Offenbarung‘ Deines Herzens unserer <strong>Liebe</strong> vor<br />

allem das Mittel geben wolltest, dem zu entkommen,<br />

was allzu eng, allzu scharf umrissen, allzu<br />

begrenzt an dem Bild war, das wir uns von Dir<br />

machten.<br />

28<br />

Dr. Beate Kowalski<br />

Geistlicher Impuls zum Herz-Jesu-Fest<br />

Ausschnitte aus den Punkten zum Herz-Jesu-Fest 2003<br />

Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts anderes<br />

als einen Glutofen; <strong>und</strong> je mehr ich dieses brennende<br />

Feuer ansehe, umso mehr scheint es mir, dass<br />

überall um es herum die Umrisse Deines Leibes zerschmelzen,<br />

dass sie über alles Maß hinaus größer<br />

werden, bis ich in Dir keine anderen Züge mehr<br />

erkenne als die Gestalt einer entflammten Welt.<br />

Glorreicher Christus; verborgen im Schoß der Materie<br />

ausgebreiteter Einfluss <strong>und</strong> blendendes Zentrum,<br />

in dem die zahllosen Fasern der Vielheit verb<strong>und</strong>en<br />

sind; Macht, unbarmherzig wie die Welt <strong>und</strong> warm<br />

wie das Leben; Du, Dessen Stirn wie Schnee,<br />

Dessen Augen wie Feuer, Dessen Füße strahlender<br />

sind als schmelzendes Gold; Du, Dessen Hände die<br />

Sterne gefangen halten; Du, Der Du der Erste <strong>und</strong><br />

der Letzte, der Lebendige, der Tote <strong>und</strong> der<br />

Auferstandene bist; Du, Der Du in Deiner überströmenden<br />

Einheit allen Zauber, alle Lust, alle Kräfte,<br />

alle Zustände sammelst; Dich rief mein Sein mit<br />

einem ebenso großen Verlangen wie das Universum:<br />

Du bist wahrhaft mein Herr <strong>und</strong> mein Gott!“ 1<br />

„Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts<br />

anderes als einen Glutofen“: In mystischer Sprache<br />

spricht Teilhard de Chardin von seiner Begegnung<br />

mit Jesus. Er beschreibt ihn als Glutofen <strong>und</strong> brennendes<br />

Feuer; dazu gebraucht er Bilder der<br />

Berufungsvision des Propheten Johannes aus der<br />

Apokalypse. Das brennende Herz ist Bild für die<br />

übergroße <strong>Liebe</strong>, die aus ihm hervorströmt <strong>und</strong> in<br />

dem die ganze Welt Platz findet. Darum lohnt es,<br />

biblischen Bildern vom Feuer Christi nachzugehen,<br />

sie auf uns einwirken zu lassen <strong>und</strong> uns von Ihm<br />

entflammen zu lassen.<br />

Jesus als Glutofen <strong>und</strong> brennendes Feuer<br />

„Im Zentrum Deiner Brust bemerke ich nichts anderes<br />

als einen Glutofen; <strong>und</strong> je mehr ich dieses brennende<br />

Feuer ansehe, umso mehr scheint es mir, dass<br />

überall um es herum die Umrisse Deines Leibes zerschmelzen,<br />

dass sie über alles Maß hinaus größer<br />

werden, bis ich in Dir keine anderen Züge mehr<br />

erkenne als die Gestalt einer entflammten Welt.“


Das waren die Worte Teilhard de Chardins ... Neben<br />

dem biblischen Motiv des Herzens gebraucht er in<br />

seiner mystischen Sprache das des Feuers, um Seine<br />

Begegnung mit Jesus Christus auszudrücken. Es ist<br />

für ihn Ausdruck Seiner übergroßen <strong>Liebe</strong>, in der<br />

die ganze Welt Platz findet <strong>und</strong> in die ein Mensch<br />

hineintauchen kann. Es ist ein Bild, das im AT mehrfach<br />

zur Beschreibung der Begegnung mit Gott<br />

gebraucht wird. Eine der bekanntesten Stellen ist die<br />

Begegnung zwischen Mose <strong>und</strong> JHWH auf dem<br />

Berg in Ex 24. Es lohnt, in diesen Text einmal tiefer<br />

hineinzuhorchen. Insbesondere die Voraussetzungen<br />

einer Begegnung mit Gott werden hier beschrieben.<br />

Sie können uns eine Hilfe sein, uns auf die<br />

Begegnung mit dem Heiligsten Herzen Jesu vorzubereiten.<br />

Hören wir zunächst auf den Text:<br />

Ex 24,9<strong>–</strong>18: Begegnung zwischen Mose<br />

<strong>und</strong> JHWH auf dem Berg<br />

Wie geschieht Gottesbegegnung nach der Darstellung<br />

dieses Textes aus dem Buch Exodus? Der Text<br />

besteht aus zwei Abschnitten: Im ersten Teil ist von<br />

einer gemeinschaftlichen Erfahrung der Herrlichkeit<br />

Gottes die Rede, im zweiten Teil von einer individuellen,<br />

stellvertretenden Begegnung des Mose.<br />

Der erste Schritt auf dem Weg zur Gottesbegegnung<br />

wird als Aufstieg beschrieben. Mose, Aaron, Nadab,<br />

Abihu <strong>und</strong> siebzig der Ältesten Israels steigen auf<br />

den Berg <strong>und</strong> sehen den Gott Israels. Gottes<br />

Gegenwart wird ehrfurchtsvoll in Bildern beschrieben;<br />

die LXX spricht noch vorsichtiger davon, dass<br />

sie den Ort sahen, an dem Gott stand. Nicht Gottes<br />

Aussehen kommt zur Sprache, sondern Sein Abglanz<br />

auf seine Umgebung: die Fläche unter seinen<br />

Füßen wird mit Saphiren verglichen <strong>und</strong> der<br />

Himmel über ihm glänzt. Es sind die Auswirkungen<br />

des Glanzes <strong>und</strong> Feuers Gottes, das sich ausbreitet<br />

<strong>und</strong> nicht in Ihm Halt macht. Gottes Ausstrahlung<br />

verbreitet sich in alle Richtungen, sowohl nach<br />

unten als auch nach oben. Himmel <strong>und</strong> Erde, der<br />

ganze Kosmos empfängt etwas von diesem göttlichen<br />

Licht.<br />

Ganz menschlich dagegen ist die zweite Aussage,<br />

dass Gott seine Hand nicht gegen die Israeliten ausstreckt,<br />

sondern sie Gott sehen, essen <strong>und</strong> trinken<br />

dürfen. Gott sehen bedeutet nach atl. Vorstellung<br />

den Tod. Niemand kann Gott schauen, ohne zu sterben.<br />

Doch hier erlaubt JHWH der Abordnung<br />

Israels, Seine Gegenwart lebendig zu überstehen.<br />

Essen <strong>und</strong> Trinken sind Ausdruck dafür, dass sie am<br />

Leben bleiben. Die Begegnung mit JHWH geschieht<br />

im vollständigen Schweigen.<br />

Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />

Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, müssen wir<br />

uns auf Ihn zubewegen, aufsteigen aus dem Alltag<br />

<strong>und</strong> uns Ihm zuwenden. Freilich bedeutet das nicht<br />

ein Abheben aus den Realitäten dieser Welt, wir dürfen<br />

<strong>und</strong> sollen Menschen bleiben <strong>und</strong> Bodenhaftung<br />

behalten. Das Bild vom Aufstieg bedeutet vielmehr<br />

eine geistliche Kraftanstrengung, die sich in allen<br />

Mühsalen des Alltags <strong>und</strong> in aller Alltäglichkeit<br />

Jesus Christus zuwendet, den Blick auf Ihn nicht aus<br />

den Augen verliert <strong>und</strong> in Allem versucht, Ihn zu<br />

finden. Wie man bei einer Bergtour das Ziel nicht<br />

aus dem Auge verlieren sollte, von Zeit zu Zeit<br />

innehält, um den Blick nach oben auf den Gipfel zu<br />

richten, so sollten wir es auch in unserem geistlichen<br />

Leben halten. Und ebenso wie eine Bergtour<br />

eine Kraftanstrengung bedeutet, den ganzen<br />

Menschen herausfordert, große Aufmerksamkeit<br />

beim Gehen der einzelnen Schritte auf ungesicherten<br />

Wegen verlangt, so sollte es auch in unserem<br />

Weg auf Jesus Christus zu sein:<br />

<strong>–</strong> unsere ganze Aufmerksamkeit auf Ihn richten,<br />

<strong>–</strong> auf ungesicherten Wegen Ihn im Blick behalten,<br />

<strong>–</strong> uns von Seiner Ausstrahlung anziehen lassen.<br />

Eine Gemeinschaft von Mitwandernden auf dem<br />

Weg zu Christus hin schadet dabei der Gottesbegegnung<br />

nicht. Im Gegenteil: gemeinschaftlich wird<br />

der Abordnung aus dem Haus Israels Gottes<br />

Gegenwart geschenkt. Eine Begegnung mit dem<br />

Feuer Gottes wird niemals einem Menschen exklusiv<br />

geschenkt, dafür ist die Ausstrahlungskraft<br />

Gottes viel zu groß, als dass sie sich auf einen<br />

Einzelnen beschränken ließe.<br />

Eine besondere Form der Gottesbegegnung wird<br />

Mose zuteil, der von JHWH aufgefordert wird<br />

(V.12), zu Ihm zu kommen <strong>und</strong> bei Ihm zu bleiben.<br />

Mose hört <strong>und</strong> gehorcht dieser Aufforderung (V.15)<br />

<strong>und</strong> steigt auf den Berg, der zunächst von einer<br />

Wolke <strong>–</strong> ein Theophaniezeichen <strong>–</strong> bedeckt ist. Sechs<br />

Tage werden ihm geschenkt, um sich auf die eigentliche<br />

Gottesbegegnung vorzubereiten. Langsam,<br />

Schritt um Schritt kann er sich Gottes Gegenwart<br />

nähern. Nachdem er zunächst eintaucht in die<br />

Wolke, die die Gegenwart andeutet. Erst am siebten<br />

Tag, dem Höhepunkt der Woche, wird er von<br />

JHWH herbeigerufen. Erst dann zeigt sich Gottes<br />

Herrlichkeit wie ein verzehrendes Feuer. Und noch<br />

einmal betont der Text, dass Mose anschließend in<br />

die Wolke hineintaucht <strong>und</strong> den Berg weiter auf-<br />

29


steigt. Einerseits ist das eine Spannung oder Wiederholung<br />

zu der vorangegangenen Aussage, andererseits<br />

bereitet sie das Bleiben des Mose vierzig Tage<br />

<strong>und</strong> Nächte auf dem Berg in der Gegenwart Gottes<br />

vor.<br />

Diese besondere Begegnung mit dem Feuer Gottes,<br />

von dem der zweite Abschnitt der Perikope spricht,<br />

geht auf die besondere Initiative Gottes zurück. Hier<br />

ist nicht mehr die menschliche Kraftanstrengung<br />

Voraussetzung der Gottesbegegnung, sondern einzig<br />

die Antwort des Menschen auf den Ruf Gottes<br />

zu kommen <strong>und</strong> zu bleiben. Es ist eine weitere Stufe<br />

auf dem Weg zu Gott; nicht mehr Eigeninitiative<br />

<strong>und</strong> Bemühen, Gottes Gegenwart zu finden, sondern<br />

das Empfangen eines Wortes, das Hören <strong>und</strong><br />

Gehorchen, letztlich das Ihm Ge-hörig sein, wird<br />

hier verlangt. Doch auch diese Form der Begegnung<br />

mit Gott, auch wenn sie hier einem Einzelnen in<br />

besonderer Weise zuteil wird, hat nichts Enges oder<br />

Exklusives. Mose wird gerufen, um die Steintafeln<br />

zu empfangen <strong>und</strong> das Volk Israel zu unterweisen.<br />

Der Ruf in die Gegenwart Seines Feuers führt Mose<br />

nicht in die Exklusivität, sondern sendet ihn mit<br />

einem Auftrag in die Weite.<br />

Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />

Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, müssen wir<br />

nicht nur Kraftanstrengungen unternehmen, sondern<br />

als Empfangende auch auf Seinen Ruf in Seine<br />

Gegenwart hören. Neben der äußeren Aufmerksamkeit<br />

auf den Weg verlangt es eine innere<br />

Wachsamkeit <strong>und</strong> Aufmerksamkeit auf Seinen persönlichen<br />

Ruf, zu Ihm zu kommen <strong>und</strong> bei Ihm zu<br />

bleiben. Neben der actio ist die contemplatio<br />

gefragt, das Ganzsein in der Nähe Gottes, das Sich-<br />

Ihm-überlassen nach allen persönlichen<br />

Anstrengungen <strong>und</strong> Bemühungen, Ihm begegnen zu<br />

wollen. Dabei wird von uns verlangt,<br />

<strong>–</strong> unsere ganze Aufmerksamkeit auf Ihn zu richten,<br />

<strong>–</strong> unsere Sinne, Augen <strong>und</strong> Ohren für Seinen Ruf<br />

zu öffnen<br />

<strong>–</strong> <strong>und</strong> hineinzutauchen in Seine Gegenwart.<br />

Wenn auch die Gemeinschaft von Mitwandernden<br />

auf diesem Weg zu Christus nicht erwähnt ist, sie<br />

kommt nach der Begegnung mit dem Feuer Gottes<br />

zum Tragen. Das Feuer der Gottesbegegnung wird<br />

auch bei der contemplatio niemals einem Menschen<br />

exklusiv geschenkt; vielmehr beinhaltet sie einen<br />

Auftrag für die Menschen <strong>–</strong> doch das nicht sofort,<br />

sondern nach einem längeren Verweilen in Gottes<br />

Gegenwart; der Text spricht von 40 Tagen <strong>und</strong> 40<br />

Nächten. Es braucht eine Zeit der Prüfung.<br />

30<br />

Auch im Neuen Testament ist vom Feuer die Rede,<br />

wenn von Jesus Christus gesprochen wird. Teilhard<br />

de Chardin spielt auf die Berufungsvision des<br />

Propheten Johannes in der Offenbarung des<br />

Johannes 1,9<strong>–</strong>20 an. In diesem Text wird uns ein<br />

weiterer Aspekt der Begegnung mit dem brennenden<br />

Feuer Jesu Christi vermittelt. Hören wir<br />

zunächst auf den Text:<br />

Offb 1,9<strong>–</strong>20: Die Beauftragung des Johannes<br />

Die Perikope ist die Berufungsvision des Propheten<br />

Johannes auf Patmos. Um seine Christusvision zu<br />

verstehen, lohnt ein genauer Blick in den Text, der<br />

auf zwei größeren Teilen besteht: einer Audition <strong>und</strong><br />

einer Vision:<br />

Johannes erfährt als Erstes eine Audition (1,9-11).<br />

Diese wird ihm in einer besonderen Situation zuteil,<br />

nicht im normalen Alltag: Er befindet sich in der<br />

Verbannung auf der Insel Patmos <strong>–</strong> um des Wortes<br />

Gottes willen. Er selbst versteht sich als Bruder <strong>und</strong><br />

Mitgenosse an der Bedrängnis, der Königsherrschaft<br />

<strong>und</strong> der Geduld in Christus. Mit diesen drei<br />

Begriffen beschreibt er sein Leben realistisch: Er<br />

nimmt sowohl seine Verheißungen in den Blick als<br />

auch die Schwierigkeiten. Seine gegenwärtige<br />

Situation, die sich in der Spannung zwischen<br />

Bedrängnis <strong>und</strong> Verheißung bewegt, bewältigt er<br />

durch Geduld <strong>–</strong> eine höchst aktive innere Haltung,<br />

die ein festes Vertrauen in Gottes Handeln voraussetzt.<br />

Seine Begegnung mit Christus wird am Tag<br />

des Herrn, an dem er sich besonders in die<br />

Gegenwart Gottes hineinversetzt, durch das<br />

Ergreifen des Geistes vorbereitet (V.10). Er empfängt<br />

Worte von einer gewaltigen Stimme, die ihm<br />

einen Schreibbefehl erteilt (V.11). Johannes ist in<br />

erster Linie als Geistbegabter <strong>und</strong> Hörender<br />

beschrieben, der sich ganz mit allen Sinnen in der<br />

Realität seiner Lebensumstände Christus öffnet.<br />

Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />

Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, kommt es<br />

wesentlich auf unsere innere Haltung an. Sie darf<br />

sich der Verheißung, die wir als Christen in der Taufe<br />

empfangen haben, aber auch der realen Bedrängnisse,<br />

denen wir täglich ausgesetzt sind, bewusst<br />

sein. Beides gehört zum Leben dazu. Es gilt, zwischen<br />

beiden Polen die Waagschale des Lebens in<br />

der Mitte zu halten durch das Ausharren in Geduld<br />

im festen Vertrauen auf Gottes Mitsein. Johannes<br />

kann uns für die Feier des Herz-Jesu-Festes als<br />

Vorbild dienen, ganz Ohr zu sein für Sein Wort.


Im zweiten Teil erfährt Johannes eine Vision<br />

(V.12<strong>–</strong>20). Dazu muss er sich zweimal umwenden<br />

(V.12). Erst eine doppelte Kehrtwendung ermöglicht<br />

eine andere Perspektive auf die Wirklichkeit.<br />

Die Realität dieser Welt bleibt erhalten <strong>und</strong> auch der<br />

Blick dafür. Aber dem Seher Johannes wird der<br />

Blick für eine weitere, oft scheinbar unsichtbare<br />

Realität geöffnet: der Blick auf Jesus Christus.<br />

Dieser wird in der Visionserzählung mit einem<br />

Menschensohn beschrieben, ein Bild, das eschatologische<br />

<strong>Hoffnung</strong>en weckt. Angefangen vom Kopf<br />

bis hin zu den Füßen wird er in seiner außergewöhnlichen<br />

Wirkung beschrieben. Insbesondere seine<br />

Augen sind hervorzuheben: Sie werden wie eine<br />

Feuerflamme beschrieben, von denen ein ungeheurer<br />

Glanz, eine Wärme <strong>und</strong> Ausstrahlungskraft ausgehen.<br />

Bei Teilhard de Chardin löst dieses Bild<br />

einen Lobpreis aus, der die Universalität seines<br />

Geistes verrät. Wenn Augen Spiegelbild der Seele<br />

eines Menschen sind, um wie viel mehr ist es die<br />

Beschreibung der Augen dieser Christusvision: Sie<br />

sind Abbild der sich von <strong>Liebe</strong> verzehrenden<br />

Feuersglut Gottes, die den Propheten so fesselt, dass<br />

sie ihre Wirkung nicht verfehlt. Er lässt sich in<br />

Dienst nehmen für den Auftrag, den er erhält: den<br />

Gemeinden Kleinasiens die Einsichten in die<br />

Zusammenhänge zwischen ihrer Lebenssituation<br />

Dank für Ihre Unterstützung<br />

<strong>und</strong> dem Wirken Gottes offen zu legen <strong>und</strong> ihnen<br />

damit Kraft <strong>und</strong> Stärke, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> Ausdauer zu<br />

vermitteln.<br />

Für das Herz-Jesu-Fest kann das bedeuten: Um dem<br />

Heiligsten Herzen Jesu zu begegnen, bedarf es einer<br />

doppelten Umkehr, die sich ganz, in aller Radikalität<br />

Ihm zuwendet <strong>und</strong> dabei zugleich die Realität<br />

dieser Welt nicht vergisst. Die Begegnung mit<br />

Seinem Herzen ist die Begegnung mit Ihm selbst,<br />

mit Seinem innersten Wesen, so wie Er ist <strong>und</strong> unser<br />

Denken <strong>und</strong> Vorstellungsvermögen vollständig<br />

übersteigt. Mit der Feier Seines Heiligsten Herzens<br />

feiern wir Ihn, den Lebendigen <strong>und</strong> Auferstandenen,<br />

der auch für unsere Zeit heute in der Kirche eine<br />

Botschaft der <strong>Hoffnung</strong> bereit hält. Johannes kann<br />

uns für die Feier des Herz-Jesu-Festes als Vorbild<br />

dienen, ganz Auge zu sein für Seine Gegenwart.<br />

1 Pierre Teilhard de Chardin, Lobgesang des Alls (darin: Die<br />

Messe über die Welt), Olten/Freiburg 1961, 36<strong>–</strong>38. Diese<br />

Meditation wurde während einer wissenschaftlichen<br />

Expedition in der Ordos-Wüste verfasst, als es ihm nicht<br />

möglich war, die Messe zu feiern. Wahrscheinlich war der<br />

Tag der Verklärung der Abfassungstag.<br />

Herzlichen Dank an alle Canisianer, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Förderer des Hauses. Wir brauchen Ihre Hilfe: Die<br />

Patenschaften, Studienplätze <strong>und</strong> Projektförderungen <strong>und</strong> jede einzelne Spende geben uns den ökonomischen<br />

Boden für unseren Dienst an der Weltkirche. Ihre Investition in die Ausbildung von<br />

Priestern ist eine Langzeithilfe für die Kirche in der Welt von heute. Danke.<br />

„Vergelt’s Gott!“<br />

Hans Tschiggerl SJ<br />

Regens<br />

31


Seliger Kazimierz Gostynski<br />

Der Altcanisianer Kazimierz Gostynski (1884<strong>–</strong><br />

1942) wurde durch Johannes Paul II. während<br />

seiner 8. Polenreise am 13. Juni 1999 in Warschau<br />

selig gesprochen. Kazimierz Gostynski, bekannter<br />

Priester <strong>und</strong> Pädagoge der polnischen Erzdiözese<br />

Lublin, <strong>Glaube</strong>nsmärtyrer des Zweiten Weltkrieges,<br />

der sein Leben für die christlichen <strong>und</strong> menschlichen<br />

Werte bis zur letzten Konsequenz hingegeben<br />

hat.<br />

Gostynski ist in Warschau am 8 April 1884 als<br />

Sohn einer Industriellenfamilie adliger Herkunft<br />

mit patriotischen Traditionen geboren. Sein Vater<br />

nahm in den Jahren 1863/64 am Januaraufstand<br />

gegen die Russen teil <strong>und</strong> war auch Mitgründer der<br />

bekannten Warschauer Polytechnischen Oberschule.<br />

In der Familie bekam der zukünftige Selige<br />

eine solide geistige, intellektuelle <strong>und</strong> patriotische<br />

Erziehung. Das Gymnasium hat er in Warschau in<br />

den Jahren 1896<strong>–</strong>1904 besucht <strong>und</strong> mit dem Abitur<br />

abgeschlossen. Danach studierte er 1904<strong>–</strong>1908<br />

32<br />

Univ.-Prof. Dr. Edward Walewander<br />

Seliger Kazimierz Gostynski <strong>–</strong><br />

Priester <strong>und</strong> Pädagoge<br />

Theologie im Priesterseminar Lublin <strong>und</strong> nicht in<br />

Warschau. Die Priesterweihe erhielt er in Lublin<br />

am 14. Juni 1908.<br />

Direkt nach der Priesterweihe wurde er zum Spezialstudium<br />

auf dem Gebiet der Moraltheologie an<br />

die Innsbrucker Theologische Fakultät geschickt.<br />

Nach dem Studium in Innsbruck war er in der Zeit<br />

vom 12. September 1912 bis 1920 Rektor der Lubliner<br />

St.-Petrus-Kirche. Zugleich wirkte er als<br />

Religions- <strong>und</strong> eine Zeit lang sogar als Deutschlehrer<br />

im Staszic-Gymnasium. Außerdem war er<br />

1913<strong>–</strong>1918 als Lateinlehrer im Lubliner Priesterseminar<br />

tätig.<br />

Die eigentliche Sternst<strong>und</strong>e Gostynskis kommt<br />

allerdings erst im Schuljahr 1915<strong>–</strong>1916, als er in<br />

Lublin das bis heute noch bestehende <strong>und</strong> recht<br />

bekannte Jan-Zamoyski-Gymnasium gegründet<br />

hat <strong>und</strong> bis 1933 als sein Direktor wirkte. Als<br />

Schulleiter entwickelt er seine pädagogischen<br />

Begabungen <strong>und</strong> wird im ganzen Lubliner Land<br />

bekannt. Zuerst hat er dafür gesorgt, dass die<br />

Schule ein entsprechendes modernes Gebäude bekommt.<br />

Die Schüler konnten ihre Eigenschaften in<br />

Verbänden <strong>und</strong> verschiedenen Organisationen entwickeln.<br />

Gostynskis Sorge galt vor allem armen<br />

Schülern, denen er immer Hilfe geleistet hat.<br />

Seine Schule bekam wegen ihres besonders hohen<br />

Niveaus allgemeine Anerkennung. Ein Zeichen<br />

der Anerkennung war unter anderem sogar der<br />

Besuch von Achille Ratti, des späteren Pius XI., im<br />

Jahre 1918. Schon als Papst hat er 1922 den<br />

Lubliner Pädagogen zu seinem Ehrenhausprälaten<br />

ernannt. Drei Jahre danach kam die Ernennung<br />

Gostynskis durch den Bischof Marian Leon<br />

Fulman zum residierenden Kapitular im Lubliner<br />

Domkapitel.<br />

1933<strong>–</strong>1935 war der Selige Kazimierz Leiter des<br />

Lubliner Knabenseminars. Von 1935 bis zu seiner<br />

Verhaftung durch die Deutschen wirkte er als<br />

Rektor der Lubliner Marienkirche. Hier scharte<br />

sich die Intelligenz Lublins um ihn. Allgemein<br />

bekannt wurde er als guter Beichtvater. Die


Marienkirche wurde zugleich zur Schulkirche der<br />

Gymnasialjugend.<br />

Seine Schüler sprechen von ihm als einem zwar<br />

strengen Pädagogen mit starker Disziplin <strong>und</strong> traditioneller<br />

Weltanschauung, aber zugleich sehen<br />

sie in Gostynski einen herzlichen <strong>und</strong> jugendliebenden<br />

Seelsorger. „Mir <strong>und</strong> meiner Familie hat er<br />

immer geholfen, vor allem, als wir in großer Not<br />

waren“, schreibt einer seiner ehemaligen Schüler.<br />

Der Selige hat auch unbekannten Menschen Hilfe<br />

geleistet. Er hat immer gut mit anderen Pädagogen<br />

zum Wohle der Jugend zusammenarbeiten können.<br />

Bekannt waren sein Charme <strong>und</strong> seine hohe Kultur<br />

in Bezug auf alle Menschen. Sein Leben lang<br />

charakterisierte ihn eine schöpferische Kraft in<br />

Selbstarbeit an seiner Weiterbildung <strong>und</strong> in<br />

Hingabe für die anderen Menschen. Kein W<strong>und</strong>er,<br />

dass Gostynski sogar immer wieder an ein Leben<br />

in einer Ordensgemeinschaft dachte, was aber der<br />

Bischof abgelehnt hatte.<br />

Schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges<br />

hat er die Gläubigen durch patriotische Predigten<br />

gestärkt. Diese Wirkung hat er auch nach Beginn<br />

des Krieges fortgesetzt. Am Nationalfeiertag, am<br />

11. November 1939, hat er ebenfalls die Messe für<br />

die Heimat gefeiert <strong>und</strong> eine entsprechende Ansprache<br />

gehalten. In Folge der Ereignisse wurde er<br />

durch die Fre<strong>und</strong>e gemahnt, zu fliehen. Seine Antwort<br />

war ruhig <strong>und</strong> gelassen: „Wenn meine Brüder<br />

leiden, darf ich nicht versteckt leben“. So wurde er<br />

durch die Deutschen am 11. Januar 1940 verhaftet,<br />

nachdem schon mehrere Priester der Diözese <strong>und</strong><br />

Lubliner Laienintelligenz brutal verhaftet worden<br />

waren. Zuerst saß er sechs Monate lang im Gefängnis<br />

des Lubliner Schlosses. Danach wurde er ins<br />

Konzentrationslager Sachsenhausen abtransportiert.<br />

Am 14. Dezember 1940 war er im 56. Lebensjahr<br />

schon im berüchtigten Dachau als Nummer 22 414.<br />

Als Gefangener war er die ganze Zeit starken<br />

Torturen ausgesetzt. Im Lubliner Gefängnis wurden<br />

ihm z. B. stark die Ohren gezogen. Damit<br />

wurde er als Beichtvater ausgespottet <strong>und</strong> gefoltert.<br />

In Dachau musste er große Sand- <strong>und</strong> Zementsäcke<br />

tragen, was seine sowieso schwache Ges<strong>und</strong>heit<br />

schnell stark angegriffen hat. Infolgedessen<br />

wurde er arbeitsunfähig geschrieben <strong>und</strong><br />

wurde in die Gaskammer geschickt, wo er am<br />

6. Mai 1942 gestorben ist.<br />

Nach seinem Tode wurde schon unter den Mitgefangenen<br />

klar, dass Kazimierz Gostynski als<br />

Märtyrer für den <strong>Glaube</strong>n, die Kirche <strong>und</strong> sein<br />

Vaterland gestorben ist. Es wurde zugleich immer<br />

betont, dass er dem ihm von der Vorsehung verordneten<br />

Tod bewusst entgegenging. Kurz vor seiner<br />

Sterbest<strong>und</strong>e hat er noch unterstrichen: „Gerne<br />

würde ich in meinem Land sterben, aber wenn Gott<br />

so will, dann geschehe sein Wille.“<br />

Herzlich Willkommen, Bischof Dr. Manfred Scheuer<br />

Am 21. Oktober erfolgte im Vatikan die offizielle Bekanntgabe der Ernennung von<br />

Dr. Manfred Scheuer zum Bischof von Innsbruck. Dr. Manfred Scheuer kommt aus<br />

der Diözese Linz. Von 1988 bis 1996 war er Spiritual im Priesterseminar. Als<br />

Professor lehrte er an der Katholischen Theologischen Hochschule Linz, in<br />

Freiburg im Breisgau, in Salzburg <strong>und</strong> St. Pölten. Seit dem Wintersemester<br />

2000/01 war Dr. Manfred Scheuer Professor für Dogmatik <strong>und</strong> Dogmengeschichte<br />

an der Theologischen Fakultät Trier.<br />

Am 14. Dezember 2003 wird er im Dom zu Innsbruck zum Bischof geweiht.<br />

Wir wünschen Gottes Segen im Dienst als guter Hirte <strong>und</strong> freuen uns auf eine<br />

lebendige Zusammenarbeit.<br />

33


9.<strong>–</strong>15. Februar 2003<br />

Die Neoingressi fahren mit P. Friedrich Prassl SJ<br />

auf Schikurs. Herzlichen Dank an Frau Tolpeit für<br />

die gastfre<strong>und</strong>liche Aufnahme.<br />

2. März 2003<br />

Wie sollte es anders sein: Wir beginnen das Semester<br />

mit der Vesper. Fast alle Konviktoren sind<br />

aus der „vorlesungsfreien Zeit“ zurückgekehrt <strong>und</strong><br />

das neue Semester liegt erwartungsvoll vor uns.<br />

3. März 2003<br />

Rosenmontag im <strong>Canisianum</strong>:<br />

Weit weg von rheinischem Frohsinn <strong>und</strong> Humor.<br />

Schließlich geht die priesterliche Ausbildung vor.<br />

Also gibt’s auch an diesem Montag, ziemlich fade,<br />

geistlichen Abend, da kennt der Regens keine<br />

Gnade.<br />

Statt Party <strong>und</strong> witzigen Reden<br />

Bettruh um 10 nach intensiven Gebeten.<br />

4. März 2003<br />

Die Gesellschaft Jesu bekommt benediktinische<br />

Anflüge <strong>und</strong> die Patres sind heute nicht nur eifrig<br />

beim „ora“, sondern ausnahmsweise auch mal der<br />

Versuch von ein wenig „labora“. Die Hausleitung<br />

übernimmt heute, kostümiert, den Tischdienst, was<br />

von den Canisianern unter großem Gelächter leidlich<br />

genutzt wird.<br />

34<br />

Alltagsnotizen<br />

Chronik des Sommersemesters 2003, Fr. Frank Bayard OT<br />

Stehend: Friedrich Prassl SJ, Efrain Montoya,<br />

Philip Kaviyil, Phil Jacobs, Angelo Chung;<br />

im Vordergr<strong>und</strong>: Juan Carlos Alvarez Blanco,<br />

Ihor Holovchak, Francisco Javier Salazar<br />

8./9. März 2003<br />

Georg Schärmer, der Direktor der Caritas Innsbruck,<br />

geleitet uns durch diesen Einkehrtag, der<br />

unter dem Motto „Unser täglich Brot gib uns<br />

heute“ steht. Direktor Schärmer gelingt es, mit<br />

sehr persönlichen biographischen Impulsen das<br />

Thema zu beleuchten <strong>und</strong> in unsere Zeit zu transformieren.<br />

Er verweist unter der Fragestellung<br />

„Unser tägliches Brot ... ist nicht ... das der<br />

Armen“ auf die sozialen Brennpunkte in Tirol, vor<br />

unserer Haustür quasi. In einem weiteren Teil geht<br />

er, emotional wiederum sehr packend, darauf ein,<br />

dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebt,<br />

dass es vielmehr auch der <strong>Liebe</strong> <strong>und</strong> der<br />

Zuwendung bedarf. Als zentralen Satz des<br />

Christentums stellt er die Aussage „Fürchte dich<br />

nicht“ heraus.<br />

24. März 2003<br />

Der Dekan der Theologischen Fakultät, Univ.-Prof.<br />

Dr. P. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, ist Gast des 3. Jahrgangs.<br />

Er erzählt von seiner Jugend in der Schweiz,<br />

berichtet von seinen Erfahrungen als Internatspräfekt<br />

in Feldkirch <strong>und</strong> gibt einen persönlichen<br />

Einblick in sein Werden als Theologe. Zum Schluss<br />

zeigt er eindrücklich auf, wo <strong>und</strong> wie die Theologie<br />

in der heutigen Zeit gefragt ist.<br />

28. März 2003<br />

Pater Meßner SJ steht der Versöhnungsfeier unserer<br />

Gemeinschaft vor.<br />

29./30. März 2003<br />

Der 1. Jahrgang begibt sich auf Ausflug: Samstagmorgens<br />

um 8.30 Uhr ging’s mit dem Kleinbus,<br />

von unserem Pater Regens höchstselbst chauffiert,<br />

los. Ziel der Reise war Stift Schlierbach in<br />

Oberösterreich, Heimat unseres Mitbruders Fr.<br />

Daniel Davydov OCist., wo wir vom Hochwürdigsten<br />

Herrn Abt <strong>und</strong> einigen Mitbrüdern auf das<br />

Herzlichste begrüßt wurden. Nachdem wir unsere<br />

teilweise mit museumswürdigen Möbeln <strong>und</strong><br />

Gemälden ausgestatteten Zimmer bezogen hatten,<br />

versammelten wir uns zum gemeinsamen Mittagsgebet.<br />

Nach dem Mittagessen <strong>und</strong> einer notwendigen<br />

Siesta führte uns Abt Altmann persönlich<br />

durch das Stift, das ursprünglich ein Zisterzien-


serinnenkloster war, <strong>und</strong> erst im Zuge der Gegenreformation<br />

von Patres besiedelt wurde. Höhepunkte<br />

der Führung waren die Barockkirche (in<br />

der sensationellen Zeit von 10 Jahren erbaut, was<br />

bei der überreichen Ausschmückung nur schwer zu<br />

glauben ist), die Glasmalerei (die sogar für das<br />

ferne Korea Kirchenfenster herstellt) <strong>und</strong>, was besonders<br />

unseren Schweizer Mitbruder glückselig<br />

machte, die Käserei, wo wir die mehrfach prämierten<br />

Käse probieren konnten (die Käserei wurde<br />

1929 von einem Laienbruder begründet <strong>und</strong> ist<br />

heute ein hochtechnischer Schaubetrieb, dessen<br />

Produkte eine rege Nachfrage genießen). Den<br />

Abend verbrachten wir mit den Patres in geselliger<br />

R<strong>und</strong>e.<br />

Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, wollten<br />

wir doch alle am Morgengebet der Zisterzienser<br />

um 5.55 Uhr teilnehmen. Nach dem Frühstück<br />

hieß es auf nach Kremsmüster. Die riesige<br />

Barockanlage, deren Gründung auf das Jahr 777<br />

zurückgeht, vermittelt schon von weitem einen<br />

Eindruck der Macht <strong>und</strong> des Reichtums der ehemaligen<br />

freien Reichsabtei <strong>und</strong> ihrer Fürstäbte. Ein<br />

deutsch-kroatischer Familiengottesdienst in der<br />

Klosterkirche eröffnete unseren Besuch bei den<br />

benediktinischen Mitbrüdern. Es folgte eine überaus<br />

kenntnisreiche <strong>und</strong> unterhaltsame Führung<br />

durch Fischkalter (eine barocke Anlage mit Fischbecken<br />

zur Zwischenlagerung der Fische bis zum<br />

Verzehr), Kaisersaal <strong>und</strong> Museumsräume. Absolutes<br />

Highlight hierbei war ohne Zweifel der berühmte<br />

„Tassilokelch“ aus dem 8. Jahrh<strong>und</strong>ert, der<br />

auch heute noch bei liturgischen Feiern Verwendung<br />

findet. Die Zeit war allerdings viel zu kurz,<br />

Zu Gast im Stift Schlierbach:<br />

Peter Kim Ill-Du, Abt Altmann Hofinger OCist.<br />

Joseph Bae Hyun-Chul, Fr. Frank Bayard OT,<br />

Thomas Kutty Samuel, Navin Thengapurackal,<br />

Theophilo Jung Ji-Won, David Roduit<br />

um alle Sehenswürdigkeiten sehen zu können. Wir<br />

versprachen wiederzukommen, um insbesondere<br />

auch die Sternwarte zu besichtigen, das erste<br />

„Hochhaus“ mit 7 Stockwerken, das in Europa<br />

gebaut wurde <strong>und</strong> dessen Sammlung von den<br />

Mineralien über die niederen Lebewesen bis zum<br />

Menschen Stockwerk um Stockwerk aufsteigt, von<br />

einer Kapelle bekrönt wird <strong>und</strong> damit auch verdeutlicht,<br />

dass man mittels der Wissenschaft zu<br />

Gott aufsteigen kann.<br />

Am selben Wochenende ist auch der 3. Jahrgang<br />

unterwegs. Fr. Andri Tuor OSB fasst zusammen:<br />

Der 3. Jahrgang machte über das Wochenende vom<br />

29./30. März 2003 eine Frühlingsfahrt nach<br />

Bayern. Ziel war das Kloster Weyarn, wo wir vom<br />

Deutschen Orden herzlich empfangen <strong>und</strong> großartig<br />

bewirtet wurden. Zuvor besuchten wir Andechs<br />

<strong>und</strong> wohnten in der Klosterkirche dem Jahresgedächtnis<br />

für Carl Orff bei. Danach besichtigten wir<br />

die Innenstadt von München <strong>und</strong> erfreuten uns an<br />

den milden Temperaturen. Spätnachmittags suchten<br />

wir vergeblich nach Weißwürsten <strong>und</strong> mussten<br />

uns mit Brezen begnügen, da diese traditionell nur<br />

bis mittags serviert werden. <strong>–</strong> Die Rückreise führte<br />

uns am Sonntag von Weyarn über Bad Tölz <strong>und</strong><br />

Benediktbeuren nach Ettal. Dort beteten wir<br />

zusammen mit den Benediktinern die Vesper.<br />

Bevor wir nach Innsbruck zurückkehrten, erfreuten<br />

wir uns bei einem letzten Halt in Garmisch der<br />

„asiatischen Küche“.<br />

5./6. April 2003<br />

Einkehrtag mit Sr. Christa Baich, Kongregation<br />

der Helferinnen. Sie hat den schwierigen Part des<br />

Vaterunsers, der sich mit der Schuld, eigener <strong>und</strong><br />

fremder, befasst. In zwei tief theologisch-sprachwissenschaftlichen<br />

Vorträgen gelingt es ihr aber,<br />

diese Aufgabe gut zu meistern <strong>und</strong> wertvolle Impulse<br />

für die Gruppengespräche zu liefern. Wie<br />

gewohnt zelebriert unser Pater Spiritual, wohl zum<br />

letzten Mal, da er uns mit Ende des Sommers verlässt,<br />

um sich in Australien seiner weiteren ordensinternen<br />

Ausbildung zu widmen, die Messe.<br />

27. April 2003<br />

Traditionellerweise feiern wir unseren Hauspatron,<br />

den hl. Petrus Canisius, mit <strong>und</strong> in der gleichnamigen<br />

Pfarre in Innsbruck. Anschließen herrschte<br />

noch eine gelöste <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>liche Stimmung bei<br />

der Agape.<br />

35


29.<strong>–</strong>31. Mai 2003<br />

Der Altherrenpräsident der AV Helvetia Oenipontana,<br />

Josef Manser, <strong>und</strong> die Aktivitas in Innsbruck<br />

laden zum 143. Stiftungsfest. Der Festgottesdienst<br />

wird in der Karlskirche in Volders<br />

gefeiert <strong>und</strong> der Festkommers im Rittersaal im<br />

Stiftskeller abgehalten.<br />

Paul Hutter <strong>und</strong> Alfons Sonderegger beim Treffen<br />

der Helvetia Oenipontana<br />

10./11. Mai 2003<br />

Der letzte Einkehrtag im Studienjahr <strong>und</strong> zum<br />

Thema „Vaterunser“ wird begleitet von P. Prof. Dr.<br />

Raim<strong>und</strong> Schwager SJ, Dekan <strong>und</strong> Dogmatiker an<br />

der hiesigen Universität. Getreu der von ihm entfalteten<br />

dramatischen Dogmatik geht er, im Lichte<br />

des Bösen in der Welt, der Frage nach, ob Gott in<br />

Versuchung führen könne. Die Fragen <strong>und</strong> Impulse<br />

von P. Schwager waren anschließend heftige Diskussionsgr<strong>und</strong>lagen<br />

in den Spiritualitätsgruppen.<br />

17./18. Mai 2003<br />

Alex Masangu, Tumaini Ngonyani, Markus Moling<br />

<strong>und</strong> Georg Windegger nehmen als Canisianer teil<br />

am österreichischen Seminaristentreffen in Salz-<br />

Vertreter der Priesterseminare Innsbruck, Vorarlberg,<br />

Brixen <strong>und</strong> des <strong>Canisianum</strong>s beim Treffen in<br />

Salzburg<br />

36<br />

burg. Ein kulturelles Programm <strong>und</strong> ein sportlicher<br />

Nachmittag ermöglichen viele Begegnungen.<br />

6. Juni 2003<br />

Eigentlich ein ganz normaler Kulturgruppenabend.<br />

Allerdings brach am frühen Abend ein Unwetter<br />

über Innsbruck herein <strong>und</strong> innerhalb kurzer Zeit<br />

waren Teile des Speisesaals <strong>und</strong> der Bar sowie die<br />

Vorhalle zur Aula mit reichlich Wasser gefüllt. Mit<br />

vereinten Kräften <strong>und</strong> unter tätiger Mithilfe unseres<br />

P. Regens, der sogleich mutig den Kampf gegen<br />

die „Fluten“ aufgenommen hatte, konnten wir<br />

das Wasser sehr schnell zumindest in die Kellerräume<br />

ableiten. Dort sorgte dann unser Hausmeister<br />

Markus Oberhauser am nächsten Tag wieder für<br />

Trockenheit.<br />

12. Juni 2003<br />

Das Haus wählt. Trotz des Fehlens einer Vielzahl<br />

von Canisianern war die Vollversammlung beschlussfähig<br />

<strong>und</strong> nach einleitenden Worten des<br />

Konviktsprechers Tumaini Ngonyani konnte zur<br />

Wahl des neuen Sprechers <strong>und</strong> seines Stellvertreters<br />

geschritten werden. Zum neuen Konviktsprecher<br />

wurde ein Seminarist der Diözese Bozen-<br />

Brixen, Markus Moling, gewählt. Er arbeitet derzeit<br />

an seiner Promotion in Philosophie <strong>und</strong> am<br />

Abschluss des fachtheologischen Studiums. Zum<br />

Stellvertreter wurde Fr. Andri Tuor OSB, Mönch<br />

der Abtei Engelberg in der Schweiz, gewählt. Beide<br />

Wahlen wurden vom Regens mit Freude bestätigt<br />

<strong>und</strong> der Abend fand seinen Ausklang feuchtfröhlich<br />

in der Bar des <strong>Canisianum</strong>s.<br />

„Die Alten <strong>und</strong> die Neuen“: Fr. Frank Bayard OT,<br />

Tumaini Ngonyani, Markus Moling, Fr. Andri Tuor<br />

OSB


13. Juni 2003<br />

Sommerfest im <strong>Canisianum</strong>. Ein Ort zum Feiern<br />

<strong>und</strong> zum Dank, insbesondere unseren Angestellten,<br />

die uns das ganze Jahr umsorgen <strong>und</strong> das Leben<br />

leichter machen. Das traditionelle Fußballturnier<br />

konnte seit Jahren einmal wieder für das Seminar<br />

des <strong>Canisianum</strong>s entschieden werden. Die Studenten<br />

des Traktes mussten sich durch die Comboni-<br />

Missionare auf den 3. Platz verweisen lassen. Beim<br />

Essen wurde uns der übliche Platzregen zuteil, denn<br />

aber alle recht gut überstanden <strong>und</strong> der der<br />

Stimmung keinen Abbruch tat. Der Abend ging mit<br />

Stimmimitationen unseres neuen Konviktsprechers<br />

<strong>und</strong> erstklassiger Gitarrenmusik von Louis Campos<br />

zu Ende.<br />

27. Juni 2003<br />

Den Abschluss des Studienjahres bildete das Herz-<br />

Jesu-Fest. Es hat für die Bewohner den Charakter<br />

eines Einkehrtages <strong>und</strong> gewährt uns im Semesterendstress<br />

noch einmal Momente zum Verschnaufen.<br />

Die Heranführung erfolgte an zwei Abenden durch<br />

Frau Dr. Kowalski, fast schon so etwas wie eine<br />

Altcanisianerin, die uns in fachlich versierter, liebenswürdiger<br />

<strong>und</strong> sehr spiritueller Art in die Herz-<br />

Jesu-Frömmigkeit einführte. Ausgehend von alt<strong>und</strong><br />

neutestamentlichen Stellen wurde das Sujet<br />

vertieft. Den Höhepunkt des Triduums bildete der<br />

Festvortrag von Bischof Erwin Kräutler zum Thema<br />

„Das amazonische Gesicht Jesu“. Unglaublich authentisch<br />

<strong>und</strong> mit sprühender Energie brachte er den<br />

Zuhörern die W<strong>und</strong>er des Dschungels, aber auch die<br />

Aspekte näher, die den Ausdruck einer „grünen<br />

Hölle“ rechtfertigen. Deutlich wurde, dass die<br />

Pastoral in Südamerika völlig andere Brennpunkte<br />

birgt als die hiesige. Beim anschließenden<br />

Festgottesdienst ging Bischof Kräutler nochmals<br />

auf das Thema „Herz Jesu“ ein, das er vom<br />

Gesichtspunkt der <strong>Liebe</strong> her erläuterte. Das<br />

Triduum klang mit einem üppigen Festmahl in<br />

geselliger R<strong>und</strong>e aus.<br />

1.<strong>–</strong>13. Juli 2003<br />

Bischöfe <strong>und</strong> Äbte, die im <strong>Canisianum</strong> studiert<br />

haben, treffen sich zu einem Symposium: Begegnungen<br />

mit der Theologischen Fakultät in Innsbruck,<br />

mit der Diözese Innsbruck <strong>und</strong> Bozen-Brixen, erholsame<br />

Ausflüge <strong>und</strong> Gespräche prägen die gemeinsamen<br />

Tage. Die Studientage zum Thema „Europa <strong>und</strong><br />

die Weltkirche“ bilden den Abschluss des Symposiums.<br />

Herzlichen Dank allen, die an der Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung teilgenommen haben.<br />

18. August 2003<br />

Der Deutschkurs der Neoingressi beginnt. 18 neue<br />

Studenten sind in das <strong>Canisianum</strong> aufgenommen.<br />

Zehn von ihnen machen zuerst den Deutschkurs im<br />

<strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> an der Universität Innsbruck. Die<br />

internationale Gruppe findet bald zu gemeinsamen<br />

Unternehmungen zusammen.<br />

Unsere Sprachstudenten: Munian Anthony Samy,<br />

Owuor Anthony Onyango, Choi Jonghoon Thomas,<br />

Derick Andrady Sebastian, Langat Richard,<br />

Mbawala Chotti Valentine, Palchynskyy Vasyl,<br />

Park Hyung-Soon Paul, Shepetiak Oleg mit<br />

Sprachschülern der Combonis <strong>und</strong> Herz-Jesu-<br />

Missionare<br />

5.<strong>–</strong>7. September 2003<br />

Eine Gruppe von Canisianern fährt zur Diakonenweihe<br />

von Fr. Andri Tuor OSB nach Engelberg in<br />

der Schweiz. Wir besuchen auf der Hinfahrt Pfr.<br />

Franz Näscher in Liechtenstein. Im Kloster Einsiedelen<br />

bekommen wir eine Führung <strong>und</strong> können mit<br />

den Mönchen zu Mittag essen. In Engelberg nehmen<br />

uns Fr. Andri Tuor OSB <strong>und</strong> Abt Dr. Berchtold<br />

Müller OSB gastfre<strong>und</strong>lich auf. Wir verbrin-<br />

Fortsetzung auf Seite 40<br />

Zu Gast in Engelberg bei der Diakonenweihe:<br />

Tumaini Ngonyani, Fr. Andri Tuor OSB, Karlo<br />

Sµimek, Peter Loono Lorok, Juan Carlos Alvarez<br />

Blanco, Oscar Perez Tirado, Angelo Chung,<br />

Francisco Javier Salazar, Georg Windegger<br />

37


Besuch an der Theologischen Fakultät: Abt Gottfried<br />

Hemmelmayr OCist., Bischof Dr. Johannes Chang Yik<br />

P. Theo Beirle SJ im Gespräch mit Karl Kard. Lehmann<br />

Im Vordergr<strong>und</strong>: Dompropst Prälat Gotthard Egger <strong>und</strong><br />

Propst Gerhard Rechberger CRSA beim Auszug nach der<br />

Festmesse im Dom<br />

38<br />

Impressionen vom Bischöfe- u<br />

Bischöfe Franjo Komarica, Dr. Johannes Chang Yik, Dr.<br />

Hubert Brandenburg, Dr. Anthony Banzi, Dr. Max-Georg<br />

von Twickel<br />

2. Reihe: Rektor P. Josef Thorer SJ, PP. Friedrich Prassl<br />

SJ, Michael Meßner SJ, Bernhard Bürgler SJ<br />

Bischof Dr. Anthony Banzi mit Alex Masangu<br />

Bischöfe Dr. Reinhold Stecher <strong>und</strong> Dr. Johannes Chang Yik<br />

vor der Festmesse im Dom


<strong>und</strong> Äbte-Treffen in Innsbruck<br />

Empfang im Rathhaus: v. l. n. r. Bischöfe Johannes Chang<br />

Yik, Hubert Brandenburg, Franjo Komarica, Bgm. Hilde<br />

Zach, Anthony Banzi, Max-Georg von Twickel, Msgr.<br />

Milenko Anicǐ`c´, PP. Bernhard Bürgler SJ, Michael<br />

Meßner SJ, Rektor Josef Thorer SJ, Friedrich Prassl SJ,<br />

Hans Tschiggerl SJ<br />

Bischof Dr. Ivo Fürer bei der Rekreation<br />

Regens Dr. Ivo Muser führt uns durch das Priesterseminar<br />

Brixen<br />

Wallfahrt auf den Georgenberg: Abt Anselm Zeller OSB,<br />

P. Friedrich Prassl SJ, Bischöfe Dr. Antons Justs, Dr.<br />

Hubert Brandenburg, Dr. Max-Georg von Twickel, Propst<br />

Manfred Paas, Abt Dr. Odilo Lechner OSB, P. Michael<br />

Meßner SJ<br />

Bischof Dr. Antons Justs mit Theologinnen bei der Agape<br />

vor dem Innsbrucker Dom<br />

Diözesanadministrator Dr. Ernst Jäger <strong>und</strong> Propst<br />

Gerhard Rechberger CRSA<br />

39


gen beeindruckende Tage in der Mönchsgemeinschaft<br />

von Engelberg. Pfr. Helmut Sorgenfrei begleitet<br />

uns auf der Heimreise in den Ranft zum<br />

hl. Nikolaus von der Flüe.<br />

P. Gerwin Komma SJ, Abt Dr. Gregor Zasche OSB beim<br />

Studientag<br />

P. Prof. Dr. Otto Muck SJ mit Hochmeister Abt Dr. Bruno<br />

Platter OT<br />

40<br />

26./27. September 2003<br />

Klausur der Gruppensprecher im Priesterseminar<br />

Brixen.<br />

Fr. Frank Bayard OT<br />

Bei der Klausur der Gruppensprecher in Brixen:<br />

P. Friedrich Prassl SJ, Fr. Andri Tuor OSB, Peter<br />

Loono Lorok, Markus Moling, Alex Masangu,<br />

Joseph Bae Hyun-Chul, Thomas Kutty Samuel,<br />

Stjepan Radicˇ, Ihor Holovchak, Petro Terleckyy<br />

Fortsetzung Impressionen<br />

Konzelebration mit Diözesanbischof Dr. Wilhelm Egger<br />

beim Besuch in Brixen<br />

Bischof Dr. Max-Georg von Twickel, OStR Joachim Kettel,<br />

Bischof Dr. Hubert Brandenburg


Zum Magister der Theologie<br />

wurden spondiert:<br />

David Bolaños Villanueva<br />

Thema der Arbeit:<br />

Laizistische Erziehung in Mexiko im Rahmen des<br />

Verhältnisses von Staat <strong>und</strong> Kirche. Zur Frage <strong>und</strong><br />

Möglichkeit von Religionsunterricht in den öffentlichen<br />

Schulen.<br />

David K. Cheruiyot<br />

Thema der Arbeit:<br />

Ist die Kindertaufe eine echte, volle Taufe? Eine<br />

sakramententheologische <strong>und</strong> ökumenische Untersuchung<br />

zur Situation in Kenia.<br />

Jesús Cordero Guzmán<br />

Thema der Arbeit:<br />

„Die Dämonen von Gerasa“: Eine Analyse von<br />

Gut <strong>und</strong> Böse in der Moderne im Lichte der Mimetischen<br />

Theorie R. Girards.<br />

Thomaskutty Kalathil<br />

Thema der Arbeit:<br />

Opfercharakter der Eucharistie.<br />

Sponsionen <strong>und</strong> Promotionen<br />

Ahlonko Kouassi Kouanvih<br />

Thema der Arbeit:<br />

Kirchen- <strong>und</strong> Frauenrechte in den Südtogolesischen<br />

Traditionen <strong>und</strong> Sitten.<br />

Joseph Lee Jae-Hyun<br />

Thema der Arbeit:<br />

Eine Erforschung der Christlichen Laiengemeinden<br />

als basiskirchliches Modell. <strong>–</strong> Ein Zusammenhang<br />

mit der koreanischen kirchlichen Gemeinde.<br />

Joseph Mujuni<br />

Thema der Arbeit:<br />

Christian Evangelization in Uganda. A pastoral<br />

approach to the challenges faced by the church.<br />

Timothy Nam Jae Hyun<br />

Thema der Arbeit:<br />

Die Wassersymbolik im Johannesevangelium.<br />

Ibrahim Nyang’ate<br />

Thema der Arbeit:<br />

Structural Violence and Poverty. A Kenyan<br />

Christian Perspective.<br />

Robert Shako Lokeso<br />

Thema der Arbeit:<br />

L’église d’Abraham chez Louis Bouyer a la<br />

lumière de la theologie dramatique.<br />

Chelestine Thazhuppil<br />

Thema der Arbeit:<br />

Jugend <strong>und</strong> Jugenderziehung. Ansätze eines praktischen<br />

Modells für die Jugendarbeit in der modernen<br />

Welt <strong>und</strong> im indischen B<strong>und</strong>esstaat Kerala.<br />

Pascal Tshombokongo Otshumbe<br />

Thema der Arbeit:<br />

Les monitions dans l’assemblée liturgique et<br />

l’éveil de la participation active.<br />

Zum Doktor der Theologie<br />

wurden promoviert:<br />

Juan Carlos Fuentes Ortiz<br />

Thema der Arbeit:<br />

„Befreiung“ im christologischen Denken von Jon<br />

Sobrino. Aspekte zum Begriff „Erlösung“.<br />

Bernhard von Rohrscheidt<br />

Thema der Arbeit:<br />

Bittet also den Herrn der Ernte. Die Bestimmungen<br />

über die Priesterausbildung in den Dokumenten<br />

des Zweiten Vatikanischen Konzils <strong>und</strong> in der<br />

nachkonziliaren Gesetzgebung.<br />

P. Johannes Zollner SJ<br />

Thema der Arbeit:<br />

Trost <strong>–</strong> Zunahme an <strong>Hoffnung</strong>, <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>.<br />

Zum theologischen Ferment der ignatianischen<br />

„Unterscheidung der Geister“.<br />

41


42<br />

Beauftragungen, Weihen <strong>und</strong> Ernennungen<br />

Lektorat in der Hauskapelle des Collegium<br />

<strong>Canisianum</strong>, Donnerstag, 20. November 2003,<br />

18.10 Uhr, durch Dr. Ivo Muser, Regens in<br />

Brixen:<br />

Alvarez Blanco Juan Carlos, Zamora/Mexiko<br />

Kalathiparambil Antony, Verapoly/Indien<br />

Moling Markus, Bozen-Brixen/Südtirol<br />

Ordaz Salazar Francisco J., Zamora/Mexiko<br />

Weihen außerhalb des Hauses<br />

Diakonenweihe<br />

Tuor Fr. Andri OSB, 06. 09. 2003,<br />

OSB Engelberg/CH<br />

Priesterweihe<br />

Pollithy Joachim, 04. 05. 2003,<br />

Augsburg/Deutschland<br />

Shako Lokeso Robert, 14. 09. 2003,<br />

Tshumbe/RDC<br />

Tshombokongo Otshumbe Pascal, 14. 09. 2003,<br />

Tshumbe/RDC<br />

Nam Jae Hyun Timothy, 27. 06. 2003,<br />

Inchon/ROK<br />

Lee Jae Hyun Joseph, 19. 09. 2003, Suwon/ROK<br />

Wir gratulieren den Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Absolventen<br />

zu Ernennungen:<br />

P. Josef Thorer SJ ist der neue Rektor des Jesuitenkollegs<br />

in Innsbruck. Er war von 1992 bis 1997<br />

Regens des Collegium <strong>Canisianum</strong>. Anschließend<br />

war er als Novizenmeister für die Ausbildung des<br />

Ordensnachwuchses der Jesuiten in Österreich <strong>und</strong><br />

der Schweiz zuständig. Zum neuen Dienst wünschen<br />

wir Gottes Segen.<br />

Für Bischof Paulus Rusch (1903<strong>–</strong>1986) wurde am<br />

1. Oktober 2003 ein Symposium abgehalten. Paulus<br />

Rusch war von 1927<strong>–</strong>1934 im <strong>Canisianum</strong>. Er führte<br />

die katholische Kirche in Tirol ab 1938 durch die<br />

Zeit des Nationalsozialismus. Nach Kriegsende<br />

widmete sich der junge, fortschrittliche Bischof<br />

ganz dem inneren <strong>und</strong> äußeren Wiederaufbau der<br />

Kirche. Mit der Erhebung der „Apostolischen<br />

Administratur Innsbruck-Feldkirch“ zur Diözese<br />

Innsbruck im Jahr 1964 wurde Rusch zum ersten<br />

Innsbrucker Diözesanbischof ernannt.<br />

Bischof Paulus Rusch<br />

Mit Frau Monika Lackner haben wir ihr 25-jähriges<br />

Dienstjubiläum gefeiert. Monika Lackner<br />

wurde am 14. 6. 1978 als Buchhalterin im <strong>Canisianum</strong><br />

angestellt. Herzlichen Dank für Ihren engagierten<br />

Einsatz.<br />

Herzlichen Dank sagen wir Herrn Meinhard<br />

Sarg, der seit 10 Jahren Elektriker <strong>und</strong> Techniker<br />

im <strong>Canisianum</strong> ist.<br />

P. Bernhard Bürgler SJ geht im November 2003<br />

ins Terziat. In seinem Dienst als Spiritual hat er uns<br />

allen Geschmack am geistlichen Leben <strong>und</strong> Freude<br />

an der Beziehung zu Jesus Christus vermittelt.<br />

P. Michael Meßner SJ ist der neue Spiritual im<br />

<strong>Canisianum</strong>. Er ist ein erfahrener geistlicher Begleiter<br />

<strong>und</strong> war schon einige Jahre Spiritual im<br />

<strong>Canisianum</strong> <strong>und</strong> in anderen Priesterseminaren.<br />

P. Raym<strong>und</strong> Schwager SJ, der Dekan der Theologischen<br />

Fakultät, gehört seit Juli 2003 zur Jesuitenkommunität<br />

im <strong>Canisianum</strong>. Wir freuen uns<br />

über seine Präsenz in unserer Gemeinschaft.<br />

Hochwürdigstem Abt Dr. Odilo Lechner OSB<br />

wurde am 6. November 2003 die Ehrendoktorwürde<br />

durch die Katholisch-Theologische Fakultät<br />

der Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

verliehen.


† Bischof Dr. theol. Otmar Mäder<br />

Bischof Ivo Fürer<br />

<strong>Glaube</strong>, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Bischofs</strong>- <strong>und</strong> Lebensmotto<br />

Nachruf auf Bischof Otmar Mäder<br />

Nach der zweiten Herzoperation verzichtete Altbischof<br />

Otmar Mäder auf einen weiteren Eingriff.<br />

Er war bereit, zu sterben. Am Freitagnachmittag,<br />

25. April, hat ihn nun Gott im 82. Altersjahr zu sich<br />

gerufen, durfte er eingehen in den ewigen Frieden,<br />

den er sich so sehr gewünscht hat. Mit seinen Angehörigen<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en trauert das ganze Bistum St.<br />

Gallen. Krankheit <strong>und</strong> Erschöpfung gehörten nicht<br />

erst in den letzten Jahren zum Leben von Otmar<br />

Mäder. Trotz ges<strong>und</strong>heitlicher Störungen entschied<br />

er sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der<br />

Theologischen Fakultät der Jesuiten von ihrem<br />

Exilort Sitten nach Innsbruck zu ziehen, wo ihm die<br />

mangelnde Ernährung zusätzliche Probleme machte.<br />

Dort lernte ich ihn auch kennen <strong>und</strong> staunte<br />

schon damals über seine Fähigkeit, komplizierte<br />

Dinge <strong>–</strong> beispielsweise den damaligen Stand der<br />

Atomforschung <strong>–</strong> einfach darzulegen. Als Vikar in<br />

Flawil <strong>und</strong> St. Otmar-St. Gallen arbeitete er oft,<br />

ohne Rücksicht auf seine Kräfte, Tag <strong>und</strong> Nacht bis<br />

zum Zusammenbruch. Davon erholen konnte er<br />

sich in der ihm sehr lieb gewordenen Pfarrei Alt St.<br />

Johann. Als Pfarrer in Ricken musste er viele<br />

Wochen im Dunkeln verbringen <strong>und</strong> Teile seines<br />

Gedächtnisses intensiv trainieren. Ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Störungen hatten ihn 1994 dazu bewogen, nach 18jähriger<br />

Amtszeit seinen Rücktritt als Bischof einzureichen.<br />

Der verstorbene Bischof erlebte aber<br />

auch ges<strong>und</strong>heitlich gute Jahre. Jahre, in denen er<br />

als begeisterter Bergsteiger herausfordernde Hochtouren<br />

machen <strong>und</strong> sich auf dem Weg zu den<br />

4000er-Gipfeln im Wallis von den Alltagslasten<br />

befreien <strong>und</strong> Kraft für seine Aufgaben schöpfen<br />

konnte.<br />

Der Liturgiker<br />

Otmar Mäder pflegte als Vikar <strong>und</strong> Pfarrer schon<br />

vor dem Konzil die Liturgie in vorbildlicher Weise.<br />

Seine Erfahrungen <strong>und</strong> Einsichten gab er in<br />

Kursen <strong>und</strong> Vorträgen gerne weiter. Noch heute<br />

denken viele Seelsorgerinnen <strong>und</strong> Seelsorger<br />

dankbar an seine Hilfeleistungen zurück. Mit praktischen<br />

Anregungen <strong>und</strong> Kursangeboten setzte er<br />

sich für eine gute, in die Tiefe gehende Reform der<br />

Liturgie im Sinn des Zweiten Vatikanischen Konzils<br />

ein. Die Anfänge der heute sehr wichtigen <strong>und</strong><br />

ausgebauten Ministrantenseelsorge hat Otmar<br />

Mäder als junger Seelsorger stark mitgeprägt.<br />

Der Katechet<br />

Altbischof Otmar Mäder wird vor allem als begabter<br />

Katechet in die Geschichte des Bistums eingehen.<br />

Seine große Gabe war es, <strong>Glaube</strong>nsinhalte<br />

so weiterzugeben, dass die Adressaten, ob Primarschüler,<br />

Eltern oder Senioren, sie verstehen <strong>und</strong><br />

sich dafür begeistern lassen konnten. Legendär ist<br />

seine Moltonwand <strong>–</strong> damals das aktuellste didaktische<br />

Hilfsmittel <strong>–</strong> geworden, auf die er im Unter-<br />

43


icht <strong>und</strong> bei Vorträgen seine Figuren aufsetzte.<br />

Wie sehr Otmar Mäder Menschen in ihrem Innersten<br />

ansprechen konnte, wurde Kindern, Paten <strong>und</strong><br />

Eltern an den von ihm gespendeten Firmungen<br />

bewusst. Als hervorragender Katechet schuf Otmar<br />

Mäder den katechetischen Lehrplan für die<br />

deutschsprachige Schweiz. Er war ein gefragter<br />

Referent an Tagungen der von ihm mitgegründeten<br />

Schweizerischen Katechetenvereinigung, des<br />

Deutschen Katechetenvereins oder am Europäischen<br />

Kongress in München. Mit beeindruckender<br />

Sachkompetenz vertrat er die Schweizerische<br />

<strong>Bischofs</strong>konferenz an der Welt-<strong>Bischofs</strong>-Synode<br />

über Katechese. Er hat damals auch die ökumenische<br />

Zusammenarbeit im Unterricht betont.<br />

Der Prediger<br />

Otmar Mäders Fähigkeit, sich der Zuhörerschaft<br />

anzupassen, zeigte sich auch in seinen Predigten,<br />

in denen er seine präzis <strong>und</strong> überlegt gewählten<br />

Worte oft mit weit ausholenden Gesten verdeutlichte.<br />

Beliebt waren seine Fastenpredigten in der<br />

stets übervollen Kathedrale über Themen wie<br />

Buße, Gebet, Eucharistie, Bibel, aber auch über<br />

<strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> Vertrauen. Sonntägliche Abendr<strong>und</strong>en<br />

mit den Mitarbeitenden im Klosterhof erheiterte<br />

er mit Anekdoten, mit fröhlichen Begebenheiten.<br />

Selber konnte er dabei ebenfalls herzlich<br />

lachen.<br />

Der Jugendseelsorger<br />

Als ein Beitrag des Bistums zum Jahr der Jugend<br />

war 1985 ein diözesanes Jugendfestival mit r<strong>und</strong><br />

2000 Teilnehmenden in Appenzell durchgeführt<br />

worden. Dieses Ereignis förderte die Jugendarbeit<br />

im Bistum. 1991 wurde die Daju, die Diözesane<br />

Arbeitsstelle für Jugendseelsorge, gegründet, die<br />

dann ihrerseits ab 1993 die ökumenischen Jugendbegegnungstage<br />

im Klosterbezirk St. Gallen organisierte.<br />

Kostbar waren Otmar Mäder die Erinnerungen<br />

an seine frühere praktische Arbeit in der<br />

Jugendseelsorge <strong>und</strong> insbesondere an die Ferienlager<br />

mit den Jungwächtlern.<br />

Der Beter <strong>und</strong> Briefschreiber<br />

Den Schluss seiner Sommerferien verbrachte er<br />

immer mit ein paar stillen Tagen im Flüeli-Ranft,<br />

denn der hl. Bruder Klaus bedeutete ihm sehr viel,<br />

44<br />

weil er, wie er einmal sagte, „ein Leben lang ein<br />

ringender, ein suchender <strong>und</strong> oft auch ein sehr leidender<br />

Mensch war, der aber nie seine <strong>Hoffnung</strong><br />

verloren hatte“. Otmar Mäder war ein großer<br />

Beter. Dass wir zu Beginn der Ordinariatssitzungen<br />

zum Hl. Geist beteten, war ihm ein wichtiges<br />

Anliegen. Er verband dieses Gebet mit einer geistlichen<br />

Einführung. In sein Gebet schloss Otmar<br />

Mäder die vielen Anliegen der Gläubigen ein, vor<br />

allem auch jener, die sich persönlich an ihn wandten.<br />

Die vielen Briefe, welche er als Bischof geschrieben<br />

hat, sind Zeugnis für sein Bemühen, die<br />

Nöte der Menschen zu verstehen.<br />

Der Seelsorger<br />

War Josephus Hasler der Bischof des Konzils <strong>und</strong><br />

der Synode 72, war Otmar Mäder Bischof in der<br />

Zeit, da die grossen kirchlichen Weichenstellungen<br />

in den Pfarreien verwirklicht werden mussten. Als<br />

Pfarrer <strong>und</strong> Seelsorger hatte er die Synode 72<br />

(1972-1975) aktiv mitgestaltet. In der Vorbereitung<br />

war er Sekretär der Interdiözesanen Kommission<br />

„<strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Glaube</strong>nsverkündigung“. Unermüdlich<br />

informierte er die Gläubigen <strong>und</strong> motivierte sie<br />

zum Mitdenken <strong>und</strong> Mittragen. Als Bischof machte<br />

er dann den Gläubigen die Synodentexte in jährlich<br />

wechselnden pastoralen Schwerpunktsetzungen<br />

zugänglich. Die Churer Bistumswirren<br />

hatten Otmar Mäder während seiner Zeit als<br />

Präsident der Schweizer <strong>Bischofs</strong>konferenz sehr zu<br />

schaffen gemacht. Vor allem aber belastete den<br />

Seelsorger, der er auch als Bischof blieb, der zunehmende<br />

Priestermangel. Zu Beginn seiner Amtszeit<br />

1976 waren im Bistum 308 Priester tätig, am Ende<br />

waren es noch 230 <strong>und</strong> davon ein großer Teil<br />

bereits im Pensionsalter. Glücklicherweise nahm in<br />

dieser Zeit die Zahl der Laien im kirchlichen Dienst<br />

von 27 (1976) auf 170 (1995) zu. Daraus ergaben<br />

sich allerdings auch neue Probleme. Bischof Otmar<br />

bemühte sich intensiv um eine gute Zusammenarbeit<br />

zwischen Priestern <strong>und</strong> Laien im kirchlichen<br />

Dienst. Im Jahr 1993 führte er die Weihe von<br />

ständigen Diakonen im Bistum ein.<br />

Diener an der Einheit<br />

Für Otmar Mäder war der Dienst des <strong>Bischofs</strong> vor<br />

allem ein Dienst an der Einheit <strong>und</strong> an der Zuversicht.<br />

Das nach längerer Vorbereitungszeit im<br />

September 1987 in St. Gallen durchgeführte<br />

Bistumstreffen zum Thema „ufbreche“ war für ihn


ein Lichtblick, bewies es doch, dass das Bistum<br />

über alle Unterschiede hinweg eine Einheit bildete.<br />

Bereits nach seinem Rücktritt als Bischof hatte<br />

sich Otmar Mäder ins Private zurückziehen wollen,<br />

denn so wie er mit aller Konsequenz für alle<br />

öffentlich Bischof war, so wollte er mit der gleichen<br />

Konsequenz wieder einer unter allen sein.<br />

Auf Wunsch des Personalchefs wirkte er dann aber<br />

doch noch einige Jahre als Primissar an seinem<br />

früheren Wirkungsort in Muolen <strong>–</strong> bis sein Herz<br />

nicht mehr mitmachte.<br />

„In <strong>Glaube</strong>, <strong>Hoffnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Liebe</strong>“ war der Wahlspruch<br />

von Bischof Otmar. Der Verkündigung des<br />

Hall Francis<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1929<strong>–</strong>1933<br />

gest. am 13. Feber 1997<br />

Reitz P. Othmar (Josef)<br />

Maria OSM<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1946<strong>–</strong>1947<br />

gest. am 26. März 2003<br />

<strong>Glaube</strong>ns stellte er sein ganzes Geschick <strong>und</strong> seine<br />

vollen Kräfte zur Verfügung. Er bemühte sich, dem<br />

Jammer über gegenwärtige Entwicklungen zu<br />

widerstehen <strong>und</strong> aus einer tiefen <strong>Hoffnung</strong> auf das<br />

anbrechende Reich Gottes seine Aufgabe zu erfüllen.<br />

In allem sah er sich als Zeuge der <strong>Liebe</strong> Gottes<br />

zu den Menschen. Nach seinem 80. Geburtstag<br />

schrieb er in einem Dankesbrief: „Alles Schöne,<br />

das ich erleben, <strong>und</strong> alle <strong>Liebe</strong>, die ich erfahren<br />

durfte, haben in mir den <strong>Glaube</strong>n an das Gute<br />

gestärkt <strong>und</strong> ließen mich meinen Weg in zuversichtlicher<br />

<strong>Hoffnung</strong> gehen.“ Diese <strong>Hoffnung</strong> hat<br />

ihn auch auf dem Weg vom Leben in den Tod<br />

begleitet.<br />

Memento mori <strong>–</strong> Unsere Verstorbenen<br />

Benediktinerabtei Marienberg<br />

Krypta (1160)<br />

Weiser Hans<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1931<strong>–</strong>1936<br />

gest. am 28. März 2003<br />

Besondere Bekanntheit erlangte Präl. Weiser als<br />

Propst der Innsbrucker Dompfarre St. Jakob<br />

(1979<strong>–</strong>1988) <strong>und</strong> durch seine pionierhaften Leistungen<br />

auf dem Gebiet des katholischen Journalismus.<br />

Er gründete die Jugendzeitschrift „Pfeil“,<br />

die er 50 Jahre lang (1938 bis 1988) redigierte. Mit<br />

einer Auflage von 30.000 Stück war sie eine der<br />

größten Jugendzeitschriften Österreichs. Von 1967<br />

bis zu seiner Ernennung zum Dompropst war<br />

Weiser zudem Chefredakteur der Tiroler Kirchenzeitung.<br />

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt<br />

wurde Weiser auch durch seine Radiopredigten<br />

<strong>und</strong> Kommentare.<br />

Im Seung-Phil Dr. Joseph<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1975<strong>–</strong>1979<br />

gest. am 24. März 2003<br />

Strasser Johann<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1945<strong>–</strong>1947<br />

KBC1, 2002/03 zurück verst.<br />

Girstmair Peter<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1947<strong>–</strong>1951<br />

KBC1, 2002/03 zurück verst.<br />

45


Kostial Dr. Stefan<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1935<strong>–</strong>1938<br />

gest. am 5. April 2003<br />

Mäder Dr. Otmar, Bischof em. v. St. Gallen<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1944<strong>–</strong>1946, 1947<strong>–</strong>1950<br />

gest. am 25. April 2003<br />

Durrer Hugo<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1947<strong>–</strong>1950<br />

gest. am 22. April 2003<br />

Rother Hans<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1931<strong>–</strong>1933<br />

gest. am 18. Mai 2003<br />

Prohaska Josef Heinrich<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1945<strong>–</strong>1948<br />

gest. am 24. Juni 2003<br />

46<br />

Chrepta Stephen, Msgr.<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1939<strong>–</strong>1940<br />

gest. am 16. Mai 2003<br />

Thaler Dr. Anton<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1965<strong>–</strong>1969<br />

Generalvikar v. St. Gallen, verunglückt am<br />

24. Juni 2003 auf einer Wanderung.<br />

Anton Thaler, am 5. Mai 1938 geboren, ist in<br />

Bazenheid zusammen mit fünf Geschwistern aufgewachsen.<br />

Er begann in Innsbruck im <strong>Canisianum</strong><br />

das Theologiestudium <strong>und</strong> schloss es in Rom<br />

ab. In Bazenheid wurde Anton Thaler 1972 zum<br />

Priester geweiht. Während seiner Zeit als Vikar in<br />

Buchs (1972-80) promovierte er zum Dr. theol. am<br />

Pontificium Sant’Anselmo in Rom. Von 1980 bis<br />

1986 wirkte er als Arbeiterseelsorger <strong>und</strong> Diözesanpräses<br />

der KAB St. Gallen <strong>und</strong> teilzeitlich als<br />

Seelsorger in der Pfarrei St. Gallen-Bruggen sowie<br />

zwei Jahren als Religionslehrer an der Kantonsschule<br />

Heerbrugg. Mit der Schrift „Gemeinde <strong>und</strong><br />

Eucharistie <strong>–</strong> Gr<strong>und</strong>legung einer eucharistischen<br />

Ekklesiologie“ habilitierte er 1986 an der<br />

Theologischen Fakultät Luzern, wo er dann einen<br />

Lehrauftrag als Privatdozent für Dogmatik hatte.<br />

Als Pfarrer von Lichtensteig (1986<strong>–</strong>90) war er von<br />

1987 bis 1990 Mitglied des Katholischen Kollegiums.<br />

Am 1. Oktober 1990 wurde er zum<br />

Professor für Liturgiewissenschaft an der Theologischen<br />

Fakultät Fulda ernannt. Er führte die<br />

Studenten in die Wissenschaft der Liturgie <strong>und</strong> die<br />

Diakone <strong>und</strong> Priesteramtskandidaten in die liturgische<br />

Praxis ein <strong>–</strong> eine Aufgabe, die er sehr liebte.<br />

Im November 1997 ernannte ihn Bischof Ivo Fürer<br />

zum Generalvikar des Bistums St. Gallen <strong>und</strong> im<br />

Februar 1998 zum Residentialkanonikus des Domkapitels.<br />

Im April 1998 trat er sein Amt als<br />

Personalleiter an. Er blieb auch Präsident der diözesanen<br />

<strong>und</strong> Mitglied der überdiözesanen Liturgiekommission.<br />

Meier Maria<br />

Wohltäterin des<br />

<strong>Canisianum</strong>s<br />

gest. am 6. Juli 2003<br />

Moser P. Anton<br />

OCist. Jequitibá<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1933<strong>–</strong>1937<br />

gest. am 30. Juli 2003<br />

Gämperle-Vetter Lukas<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1948<strong>–</strong>1949<br />

verstorben lt. Mitteilung per E-Mail vom 31. 08. 2003.


Mészarós Tibor<br />

im <strong>Canisianum</strong> 1937<strong>–</strong>1943<br />

gest. am 6. September 2003<br />

Tibor Mészáros wurde 1919 in Ungarn geboren.<br />

Nach der Priesterweihe im Jahr 1943 trat er in den<br />

<strong>Liebe</strong>r Pater Regens ...<br />

<strong>Liebe</strong> Canisianer ...<br />

Am 19. 8. 2002 habe ich das <strong>Canisianum</strong> verlassen,<br />

um nach Paris zu fahren. Ich wohne jetzt im<br />

Priesterseminar von St. Sulpice. Nach einem intensiven<br />

Sprachkurs studiere ich am Institut Catholique<br />

de Paris. Obwohl ich hier in Paris bin, erinnere<br />

ich mich immer ans <strong>Canisianum</strong>, wo ich<br />

mit Ihnen <strong>und</strong> den Canisianern 10 Monate<br />

(30. 10. 2001<strong>–</strong>19. 8. 2002) zusammengelebt habe.<br />

Ich hoffe, dass ich in der Zukunft die Gelegenheit<br />

habe, nach Innsbruck zu fahren, um das <strong>Canisianum</strong><br />

zu besuchen.<br />

Cor unum et anima una<br />

F. X. Nguyen Van Can, Paris<br />

***<br />

Seit meinem 70. Geburtstag habe ich täglich darum<br />

gebetet, dass die mir noch verbleibenden Jahre<br />

fruchtbar sein mögen. Die Art <strong>und</strong> Weise dieser<br />

Fruchtbarkeit überlasse ich gern der Vorsehung,<br />

die mich mein ganzes Leben lang so liebevoll<br />

begleitet hat. Der amerikanische Priester <strong>und</strong><br />

Soziologe Andrew Greeley schrieb: “Priests who<br />

like being priests are among the happiest men in<br />

the world.”<br />

Das kann ich aus meiner persönlichen Erfahrung<br />

bestätigen.<br />

Dr. John Jay Hughes, Münster/Deutschland<br />

***<br />

Zum neuen Semesterbeginn möchte ich dir <strong>und</strong> der<br />

Hausleitung alles Gute wünschen <strong>und</strong> mich bei<br />

euch noch einmal für die fre<strong>und</strong>liche Aufnahme im<br />

Canis im letzten Jahr bedanken. Wie der Friedrich<br />

Dienst der Kirche in Ungarn. Die Wirren der Zeit,<br />

durch die Nazi <strong>und</strong> die Kommunisten, gingen an<br />

ihm nicht vorüber. Nach langer Gefangenschaft in<br />

Sibirien kam er in die Schweiz. In Basel war er<br />

Pfarrer in Don Bosco, Seelsorger im St.-Clara-<br />

Spital <strong>und</strong> im Hildegard-Hospiz.<br />

Briefe <strong>und</strong> Grüße aus aller Welt<br />

einmal den Neoingressi sagte: Man soll sich im<br />

<strong>Canisianum</strong> zu Hause fühlen ... <strong>und</strong> für ein zweites<br />

Mal in meinem Leben habe ich diese Erfahrung<br />

gehabt. Ein lebendes Zeichen von dem Spruch: in<br />

corde uno et anima una. Danke!<br />

Phil Jacobs, Prag<br />

***<br />

Als ich von Innsbruck nach Tuxtla Gutiérrez, Chiapas,<br />

Mexiko zurückkam, wollte ich mit Gottes<br />

Hilfe eine Hochschule gründen. Im Jahr 1978 hat<br />

mir Gott durch den Stadthalter von Chiapas diese<br />

Gelegenheit geboten <strong>–</strong> <strong>und</strong> so habe ich für die<br />

Jugend von Chiapas die erste Sozial-Arbeit-Schule<br />

gegründet. Am 26. <strong>und</strong> 27. September haben wir<br />

das Silberjubiläum gefeiert <strong>und</strong> die Studenten<br />

haben mit echtem christlichen Sinn das Motto der<br />

Schule erneuert. Es lautet in etwa so: „Bewusstsein<br />

schaffen, Dienen <strong>und</strong> Umbilden“ (Concientizar,<br />

servir y transformar).<br />

Dr. Juan Jesús Aquino, Tuxtla/Mexiko<br />

***<br />

Seit Juni 2000 bin ich hier im Mutter-Vaterhaus<br />

Steyl, Holland, im Spiritualitätsteam tätig, das bis<br />

vor kurzem die Aufgabe hatte, 10 Provinzen mit<br />

Seminaren, Workshops, Exerzitien etc. zu versorgen.<br />

Wir haben inzwischen eine neue Struktur erarbeitet<br />

<strong>und</strong> somit geht das alte Modell zu Ende <strong>und</strong><br />

es wird nun Animatoren innerhalb der Provinzen<br />

geben, die von zwei Koordinatoren geleitet werden,<br />

welche die Verbindung zur Provinzialleitung<br />

herstellen. Dieses Jahr bleibe ich sicher noch in<br />

Steyl, da unsere Gründer P. Arnold Janssen <strong>und</strong> P.<br />

Josef Freinademetz am 5. Oktober heilig gesprochen<br />

werden.<br />

P. Rudi Pöhl SVD, Steyl/Niederlande<br />

47


Gott gibt den Seinen manchmal unerwarteten Trost.<br />

So erhielt ich heute, am zweiten Osterfesttag, auch<br />

einen Trost. Ich habe in der Nummer des letzten<br />

Korrespondenzblattes die E-Mail-Adresse von<br />

Ihnen gef<strong>und</strong>en. In meinem 89. Lebensjahr erinnere<br />

ich mich noch an einen hochtalentierten<br />

Mitbruder aus dem Deutschen Orden, der alle<br />

Sprachen, auch Ungarisch, sprach. Er machte ständig<br />

Witze auf Lateinisch, die damals noch unsere<br />

Studiumssprache war. So sagte er immer:<br />

„Tempores mutuntur et nos mutimur in illibus.“<br />

Der Satz ist freilich fürchterlich, voll von Fehlern,<br />

aber inhaltlich sehr wahr. Wissen Sie, was in meinem<br />

Leben meine allergrößte Gnade war? Den<br />

<strong>Glaube</strong>n nie verloren zu haben <strong>und</strong> in den bittersten<br />

Leiden, Enttäuschungen <strong>und</strong> Widersprüchen, das<br />

Kreuz der Erlösung entdeckt zu haben.<br />

Georg Kis, Bakonyszentlászló/Ungarn<br />

48<br />

***<br />

Mit Ihrer Gratulation zum 65. Priesterjubiläum haben<br />

Sie mich überrascht. Sind doch über 50 Jahre<br />

vergangen, seit ich 1947 in das <strong>Canisianum</strong> kam.<br />

Ich danke herzlich dafür <strong>und</strong> bitte um Ihr Gebet.<br />

Gerne denke ich zurück an die Jahre in Innsbruck.<br />

Damals konnte ich die besten Professoren hören:<br />

Die Brüder Rahner, Josef Jungmann, P. Lakner <strong>und</strong><br />

in lieber Hilfsbereitschaft Prof. Gaechter, bei dem<br />

ich die Dissertation machte. Ich danke dem Herrn,<br />

dass ich in diesen vielen Jahren kaum einmal krank<br />

war <strong>und</strong> so 12 Jahre Philosophie bei den Theologen<br />

<strong>und</strong> Religionsunterricht in den oberen Klassen<br />

ausüben konnte.<br />

Dr. Karl Schmidhofer, Brixen/Südtirol<br />

***<br />

Zur Vollendung meines neunzigsten Lebensjahres<br />

hat mich eine Fülle liebevoller Zeichen des Gedenkens<br />

<strong>und</strong> der Verb<strong>und</strong>enheit erreicht. ... Diese<br />

Erweise der Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> der Erinnerung an<br />

gemeinsam erlebte <strong>und</strong> gestaltete Wegstrecken haben<br />

mich in der Zuversicht gestärkt, die verbleibende<br />

Lebenszeit geduldig <strong>und</strong> hoffnungsvoll zu<br />

erwarten.<br />

Anton Josef Wäckers,<br />

Abtei Mariendonk/Kempen<br />

***<br />

Der Gedenktag des Seligen Wilhelm Apor ist für<br />

mich Gr<strong>und</strong>, mich wieder einmal an das Collegium<br />

<strong>Canisianum</strong> zu erinnern: Gerne denke ich an das<br />

Semester zurück, in dem ich mit Ihnen/Euch<br />

zusammenleben durfte. Diese Zeit war nicht nur<br />

für mein Theologiestudium, speziell meine<br />

Diplomarbeit, eine fruchtbare Zeit. Diese <strong>–</strong> wenn<br />

auch kurze <strong>–</strong> Zeit hat mich auf meinem Weg des<br />

Priesterwerdens nachhaltig geprägt. Dafür bin ich<br />

sehr dankbar. Es freut mich besonders, dass ich<br />

über das Korrespondenzblatt weiter Anteil am<br />

Leben in Ihrem/eurem Haus haben darf. Danke<br />

dafür!<br />

Christian Rütten, Diakon, Bochum/Deutschland<br />

***<br />

Durch die offene Ausbildung im <strong>Canisianum</strong>, die<br />

ich in den Jahren von 1971 bis 1977 erlebte, konnte<br />

ich mich gut auf meinen priesterlichen Dienst<br />

einstellen. Heute bin ich sehr dankbar für die Jahre<br />

unter dem Dach des <strong>Canisianum</strong>s.<br />

Willi Gasser, Pfr., Giswil/Schweiz<br />

***<br />

Un commosso „grazie“ per lo spontaneo cordialissimo<br />

ricordo, con tutto il mio affetto.<br />

Adrian Meile, Sac., Tegna/Svizzera<br />

***<br />

Herzlichen Dank für Konveniatsgrüße ...<br />

... aus Mexiko City:<br />

Zwei Altcanisianer erinnern sich an die schöne<br />

Zeit in Innsbruck. Von hier aus senden wir Ihnen/<br />

euch die besten Wünsche.<br />

Jesús Aquino Juan <strong>und</strong><br />

Roberto Javier Ruiz Velasco<br />

***<br />

... aus dem Kloster Wernberg:<br />

Wernberg ist einfach ein Treffpunkt <strong>–</strong> <strong>und</strong> das ohne<br />

Jubiläum! Wir freuen uns darüber <strong>und</strong> denken gern<br />

an das Canis.<br />

Hubert Puchberger, Sr. Pallotti Findenig CPS,<br />

Max Strasser<br />

***<br />

... aus dem Bregenzer Wald:<br />

Von einem Altcanisianertreffen herzliche Grüße:<br />

Cor unum et anima una.<br />

Wolf Zielinski, Antony Payyapilly,<br />

Elanjimittam Mathew


Girard, René:<br />

Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen<br />

Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums.<br />

Mit einem Nachwort von Peter Sloterdijk. Aus dem<br />

Französischen von Elisabeth Mainberger-Ruh.<br />

Carl-Hanser-Verlag, München-Wien 2002.<br />

ISBN 3-446-20230-7, 254 Seiten.<br />

In dieser deutschen<br />

Ausgabe des 1999<br />

erschienenen Werks Je<br />

vois Satan tomber<br />

comme l’éclair stellt<br />

Girard seinen Ansatz,<br />

der sich mit dem<br />

Phänomen des „mimetischen<br />

Zyklus“ <strong>und</strong><br />

seinen religiös-kulturell-gesellschaftlichen<br />

Konsequenzen auseinandersetzt,<br />

auf kompakte<br />

Weise dar, mehr<br />

noch: Die Einsicht in die Opfer- <strong>und</strong> Gewaltmechanismen<br />

<strong>–</strong> so der Anspruch des Buches <strong>–</strong><br />

führt zu einer besseren Kenntnis des Anspruchs<br />

des Christentums.<br />

Girard ordnet seine Analyse, die er in vierzehn<br />

Kapiteln vorlegt, „in die Anthropologie des<br />

Religiösen <strong>und</strong> nicht in die Theologie“ (13) ein; er<br />

will <strong>–</strong> so weit es geht <strong>–</strong> auf der Ebene einer „neutestamentlichen<br />

Anthropologie“ argumentieren,<br />

„ohne dabei die Realität des christlichen Gottes<br />

vorauszusetzen“ (239). Was sind nun die wichtigsten<br />

Elemente der Theorie von René Girard? Die<br />

Gewalt, die unter Menschen ausgeübt wird, ist das<br />

Ergebnis einer Dynamik der Rivalität, die Girard<br />

das „mimetische Begehren“ (24) nennt. Diese<br />

Mimesis bildet einen Zyklus mit einer dreistufigen<br />

Sequenz: 1. Die Anhäufung von konfliktiven Rivalitäten<br />

<strong>und</strong> Ärgernissen führt zu einer Krise in der<br />

menschlichen Gemeinschaft. 2. Aufgr<strong>und</strong> der Unfähigkeit,<br />

der Ansteckung durch diese Aufschaukelung<br />

der Gewalt zu entgehen, kommt es zu einer<br />

kollektiven Gewalttat, bei der sich das „Allegegen-Alle“<br />

in ein „Alle-gegen-Einen“ (38) verwandelt;<br />

die Ausstoßung <strong>und</strong> Vernichtung des<br />

Opfers hat die <strong>–</strong> auf den ersten Blick paradoxe <strong>–</strong><br />

Rezensionen<br />

Konsequenz, „in einer noch kurz zuvor verstörten<br />

<strong>und</strong> scheinbar durch nichts zu beruhigenden<br />

Gemeinschaft die Ruhe wiederherstellen zu können“<br />

(55). 3. Schließlich kommt es zu einer<br />

religiösen Epiphanie, bei der das Opfer (der<br />

„Sündenbock“) ins Positive, ja Göttliche verwandelt<br />

wird <strong>und</strong> sogar dem „Wiederaufbau der<br />

Lebenswelt“ (96) dient, die er kurz zuvor <strong>–</strong> als<br />

„Übeltäter“ <strong>–</strong> angeblich noch radikal bedroht hatte.<br />

Die These dieses Buches besteht zum einen in der<br />

Überzeugung, dass die biblischen Texte im Allgemeinen<br />

<strong>und</strong> die Berichte über die Passion Jesu im<br />

Besonderen diesen (anthropologisch universalen)<br />

Opfermechanismus beschreiben, der die Menschheitsgeschichte<br />

von Anfang an in der Form eines<br />

mimetischen Zyklus prägt, ja sogar die menschliche<br />

Kultur begründet („Mord <strong>und</strong> Ursprung sind<br />

identisch“ [114]). Zum anderen zeigt sich eine f<strong>und</strong>amentale<br />

Differenz: Während mythische Texte<br />

den mimetischen Gewaltmechanismus verschleiern<br />

<strong>und</strong> die Verfolgung der Opfer rechtfertigen,<br />

decken die biblischen Texte <strong>–</strong> vor allem die<br />

Passionserzählungen <strong>–</strong> diese Struktur kollektiver<br />

Gewalt auf. Mythen sind vom „Illusionsprinzip“<br />

(184) des Opfermechanismus beherrscht; die Bibel<br />

hingegen legt die verborgene Struktur von<br />

Ausstoßung <strong>und</strong> Verklärung des „Sündenbocks“<br />

offen. Auf diesem Hintergr<strong>und</strong> erklärt sich auch<br />

die Bedeutung von „Satan“: Er ist das „Subjekt<br />

der Strukturen der mimetischen Gewalt“ (239; vgl.<br />

auch 62, 93,188), dessen Macht im Neuen<br />

Testament aufgedeckt <strong>und</strong> <strong>–</strong> im Bild eines gewaltigen<br />

Sturzes (Lk 10,18) <strong>–</strong> beendet wird.<br />

Die Einzigartigkeit der jüdisch-christlichen <strong>Glaube</strong>nsüberlieferung<br />

sieht Girard in der revolutionären<br />

Fähigkeit, die mythische Einmütigkeit in der<br />

Verschleierung von Gewalt aufzusprengen: „Die<br />

Umkehrung des Verhältnisses von Unschuld <strong>und</strong><br />

Schuld zwischen Opfern <strong>und</strong> Henkern ist der<br />

Eckstein der biblischen Inspiration“ (152). Auch<br />

wenn das Christentum lange Zeit „von ‚opferkultischen‘<br />

Überresten kontaminiert wurde“ (223), ist<br />

es Träger einer unvergleichlich wertvollen Überzeugung:<br />

„Die Evangelien selbst lenken unsere<br />

Aufmerksamkeit darauf, dass überall dort, wo<br />

Jesus eingreift, die mythische Einmütigkeit verlorengeht“<br />

(192).<br />

49


Der im Untertitel dieses Buches erhobene<br />

Anspruch, eine kritische Apologie des Christentums<br />

zu leisten, ist wohl etwas zu hoch gegriffen,<br />

<strong>und</strong> manche Polemik Girards (z. B. die Bezeichnung<br />

der linguistischen Methoden als „harmlose<br />

strukturalistische Spielereien [101]) erscheint unnötig.<br />

Nichtsdestoweniger stellt diese Selbstvergewisserung<br />

des christlichen <strong>Glaube</strong>ns anhand einer<br />

„Lehre von der conditio mimetica des Menschen“<br />

<strong>–</strong> so Peter Sloterdijk in seinem Nachwort<br />

(241<strong>–</strong>254; 249) <strong>–</strong> einen unersetzlichen Beitrag im<br />

gegenwärtigen theologischen Diskurs dar.<br />

50<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Gruber, Franz:<br />

Das entzauberte Geschöpf.<br />

Konturen des christlichen Menschenbildes.<br />

(Topos plus Taschenbücher, Band 486).<br />

Pustet-Verlag, Regensburg 2003.<br />

ISBN 3-7867-8486-8, 158 Seiten.<br />

Der Linzer Dogmatiker<br />

Franz Gruber legt mit<br />

diesem Taschenbuch<br />

einen übersichtlichen<br />

Entwurf der theologischen<br />

Anthropologie<br />

vor. Ausgangspunkt der<br />

Überlegungen <strong>–</strong> wie<br />

es in der Einführung<br />

(9<strong>–</strong>11) heißt <strong>–</strong> ist der<br />

„entzauberte Mensch“<br />

(10), der seine eigene<br />

Identität im Schnittpunkt<br />

von wissenschaftlicher<br />

Erforschung,<br />

existenzieller Sinnfrage <strong>und</strong> religiöser Deutung<br />

sucht.<br />

Das erste Kapitel (Der Mensch, das Wesen auf der<br />

Suche nach sich selbst [12<strong>–</strong>33]) führt in verschiedene<br />

Menschenbilder ein. In den vielfältigen Gegensätzen<br />

<strong>und</strong> Grenzsituationen des Lebens, in<br />

denen immer wieder eine „existenzielle Ortlosigkeit“<br />

(29) zum Ausdruck kommt, erweist sich die<br />

Gottesfrage als „die tiefste Frage des Menschen<br />

nach sich selbst“ (27). Das zweite Kapitel (Theologische<br />

Anthropologie in der christlich-biblischen<br />

Tradition [34<strong>–</strong>81]) beginnt mit der Unterscheidung<br />

zwischen wissenschaftlicher Beobachtung <strong>und</strong><br />

teilnehmender Einstellung, also der „Erklärung<br />

eines Naturphänomens“ einerseits <strong>und</strong> der Interpretation<br />

der eigenen Existenz „am Maßstab existenziellen<br />

Sinns“ (35) andererseits <strong>–</strong> eine Klärung,<br />

die für das Verständnis schöpfungstheologischer<br />

Aussagen von entscheidender Bedeutung ist. In<br />

der Folge geht Gruber auf das biblische Verständnis<br />

des Menschen sowie auf maßgebliche Paradigmen<br />

der theologischen Anthropologie ein. Im<br />

dritten Kapitel (F<strong>und</strong>amente des Lebens:<br />

Leiblichkeit, Beziehung, Arbeit <strong>und</strong> Sinn [82<strong>–</strong>111])<br />

kommen prägende Konstanten des Menschseins<br />

zur Sprache. Angesichts des Scheiterns von <strong>Liebe</strong><br />

<strong>und</strong> Solidarität, von sozialer Integration <strong>und</strong><br />

persönlichen Lebensentwürfen ist eine „Kultur der<br />

Anerkennung“ erforderlich, „die sich am Maßstab<br />

der unbedingten Würde jedes Menschen ausrichtet“<br />

(95). Die spezifisch religiöse Sinngebung verdankt<br />

sich der Erfahrung, dass Gott den Menschen<br />

begleitet <strong>und</strong> bedingungslos annimmt: „Das Individuum<br />

muss nicht die Last der Selbst-Begründung<br />

tragen, sondern kann sich einem letzten tragfähigen<br />

Gr<strong>und</strong> anvertrauen“ (110). Das vierte<br />

Kapitel (Leben an schmerzvollen Grenzen<br />

[112<strong>–</strong>131]) zeigt die Kontingenz des Menschseins<br />

<strong>–</strong> erfahrbar durch Tod, Leid, Sünde <strong>und</strong> Sinnlosigkeit<br />

<strong>–</strong> auf. Gerade diese f<strong>und</strong>amentalsten Bedrohungen<br />

machen bewusst, worin der <strong>Hoffnung</strong>sgr<strong>und</strong><br />

biblisch-christlicher Anthropologie besteht:<br />

in der „Anerkennung des Menschen um seiner<br />

selbst willen“ (129). Das fünfte Kapitel (Die Zukunft<br />

des Menschen [132<strong>–</strong>139]) plädiert für eine<br />

„neue Ethik des Lebens“ (135), die <strong>–</strong> in Anlehnung<br />

an einen Entwurf von Leonardo Boff <strong>–</strong> von Achtsamkeit,<br />

Solidarität, Verantwortung, Dialog <strong>und</strong><br />

Holismus geprägt ist. Das abschließende sechste<br />

Kapitel (Das bildlose Geheimnis <strong>–</strong> ein philosophisch-theologischer<br />

Epilog [140<strong>–</strong>144]) ermutigt<br />

dazu, das „unbestimmbare Wesen“ (140) des<br />

Menschseins auszuhalten <strong>und</strong> in einer mystischen<br />

<strong>und</strong> liebenden Lebenshaltung je neu zu verwirklichen.<br />

Franz Gruber hat in diesem Büchlein die „Konturen<br />

des christlichen Menschenbildes“ prägnant<br />

<strong>und</strong> theologisch gehaltvoll nachgezeichnet. Die<br />

Gr<strong>und</strong>these, welche die Überlegungen leitet: „Im<br />

Unbedingtheitsanspruch der liebenden Anerkennung<br />

wird der Mensch heil“ (53) kann als „Kurzformel<br />

des <strong>Glaube</strong>ns“ verstanden werden.<br />

Franz Gmainer-Pranzl


Kriegner, Maria:<br />

Ob das <strong>Liebe</strong> ist?<br />

Dem Geheimnis einer Begegnung auf der Spur.<br />

Eigenverlag der Schwestern der Heiligen Klara,<br />

Bregenz-Isny 2003.<br />

(Bestelladressen: klara_schwestern@tiscali.at /<br />

spiritualitaet@dioezese-linz.at)<br />

143 Seiten.<br />

Die aus Oberösterreich<br />

stammende Ordensfrau<br />

Maria Kriegner hat ein<br />

ungewöhnliches Buch<br />

vorgelegt, in dem sie<br />

ihren geistlichen Weg dokumentiert:<br />

Angefangen<br />

von den Auseinandersetzungen<br />

der Jugendzeit<br />

über ihre Tätigkeit als<br />

Sozialarbeiterin <strong>und</strong> Religionslehrerin<br />

bis hin<br />

zum Eintritt in die neu<br />

gegründete Gemeinschaft der „Schwestern der Heiligen<br />

Klara“. In fünf Abschnitten, die in eine Einleitung<br />

(„Aus der Lebensgeschichte“), eine Hinführung<br />

(„Gedanken“) <strong>und</strong> die eigene geistliche<br />

Biographie („Hinwege“) gegliedert sind, lässt Maria<br />

Kriegner die Leser an Erfahrungen teilhaben, die<br />

betroffen <strong>und</strong> aufmerksam machen.<br />

Das Besondere dieser Veröffentlichung besteht in<br />

der Sicht des christlichen Lebens im Allgemeinen<br />

<strong>und</strong> des Ordenslebens im Besonderen. Maria<br />

Kriegner redet nicht einfach von „Spiritualität“<br />

<strong>und</strong> beschreitet dabei nicht geebnete Wege, sondern<br />

spricht von einem schmerzhaften Prozess der<br />

Suche nach sich selbst, nach den Menschen <strong>und</strong><br />

nach Gott. Den Aufbruch im <strong>Glaube</strong>n vergleicht<br />

sie mit einem „Sterbevorgang“ (28), der den Menschen<br />

„durch seine Lebensw<strong>und</strong>e“ (32) hindurch<br />

führt. So heißt es an einer Stelle: „<strong>Liebe</strong>r die Trostlosigkeit<br />

als das Zuschütten mit menschlichem<br />

Trost. Wach bleiben. Schmerzhaft geöffnet bleiben.<br />

Ungestillt bleiben. Nur kein Trost, der in den<br />

Vordergr<strong>und</strong> verlockt. Mit dem äußersten Fünklein<br />

meines Seins <strong>–</strong> das ist wohl auch der äußerste<br />

Punkt meiner Sehnsucht <strong>–</strong> den Weg gehen“ (92).<br />

Das bewusste Leben als Christin, als Ordensfrau<br />

ist keine „professionelle“ Handhabung religiöser<br />

Vollzüge, kein „routiniertes“ Leben in der Kirche,<br />

sondern eine ungesicherte Antwort auf den Ruf<br />

„Komm“ (111), das existenzielle Dasein „für eine<br />

Erwartung“ (118), der Mut zum „Vakuum“, zur<br />

„Leere, vor der man auch erschauern kann“ (140).<br />

Mit diesen Formulierungen enttäuscht Maria<br />

Kriegner wohl traditionell kirchlich Denkende <strong>und</strong><br />

modisch-„spirituelle“ Zeitgenossen gleichermaßen,<br />

weil sie die Sehnsucht, die im Menschen liegt,<br />

durch nichts anderes „beantwortet“ sein lässt als<br />

durch Gott allein. Daraus ergibt sich eine anspruchsvolle,<br />

aber heilsame Ermutigung: „Alles an<br />

sich selber wahrnehmen, an der eigenen Geschichte.<br />

Nur: auf die letzte Interpretation verzichten“<br />

(129).<br />

Es ist ein trockenes Stück Brot, das Sr. Maria<br />

Kriegner ihren Lesern zu kauen gibt <strong>–</strong> das Zeugnis<br />

eines mühsamen Ringens um die Wahrheit der<br />

eigenen Berufung <strong>und</strong> zugleich ein Baustein zu<br />

einer zeitgemäßen Theologie des Ordenslebens.<br />

Allen, die sich einer solchen „Zumutung“ aussetzen<br />

wollen, sei dieses Buch nachdrücklich empfohlen.<br />

Newberg, Andrew, D’Aquili,<br />

Eugene <strong>und</strong> Rause, Vince:<br />

Der gedachte Gott.<br />

Wie <strong>Glaube</strong> im Gehirn entsteht.<br />

Piper Verlag, München 2003.<br />

ISBN 3-492-04427-1, 271 Seiten.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Newberg, Professor für<br />

Radiologie an der<br />

Universität von Pennsylvania<br />

(USA), D’Aquili,<br />

ehemals Professor für<br />

Psychiatrie an derselben<br />

Universität, sowie Rause,<br />

freier Journalist, haben<br />

ein Buch geschrieben,<br />

das „den Zusammenhang<br />

zwischen religiöser<br />

Erfahrung <strong>und</strong><br />

Gehirnfunktion“ (10) erläutern<br />

möchte. Sie greifen auf Gespräche mit<br />

Menschen zurück, die bereit waren, ihre spirituelle<br />

(Meditations-)Praxis einer neurobiologischen<br />

Untersuchung auszusetzen, <strong>und</strong> weisen eine große<br />

Kompetenz in Fragen der Gehirnforschung auf.<br />

51


Ihre Ausführungen wecken Spannung <strong>und</strong> Interesse,<br />

wie z. B. die Darstellung der vier „Assoziationsfelder“,<br />

die dem Bewusstsein mystische<br />

Erfahrungen eröffnen (vgl. 43<strong>–</strong>50), oder der acht<br />

„kognitiven Operatoren“, die dem Menschen<br />

Orientierung in seiner komplexen Umwelt ermöglichen<br />

(vgl. 71<strong>–</strong>78). Die Gr<strong>und</strong>these lautet:<br />

„Mystische Erfahrung ist biologisch real <strong>und</strong><br />

naturwissenschaftlich wahrnehmbar“ (17).<br />

Das Buch liefert allerdings nicht nur einen Beitrag<br />

zur Gehirnforschung oder zur Erklärung der<br />

Genese des menschlichen Bewusstseins (derzufolge<br />

„das Gehirn gar nicht anders kann, als die<br />

Gedanken <strong>und</strong> Gefühle zu erzeugen, welche die<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Geistes bilden“ [51]), sondern <strong>–</strong> wie<br />

ja der Titel zum Ausdruck bringt <strong>–</strong> eine Theorie<br />

der Entstehung von Religion. Auch wenn durchgehend<br />

betont wird, dass religiöse Erfahrungen nicht<br />

einem Irrtum oder Wahn entspringen (wie das die<br />

klassische Religionskritik behauptete), „sondern<br />

das einwandfreie, erwartbare neurologische Resultat<br />

eines klaren, gefestigten Geistes [sind], der<br />

nach einer höheren spirituellen Ebene strebt“<br />

(158), wird Religion in ihrem Anspruch <strong>und</strong> Vollzug<br />

konsequent neurobiologisch interpretiert. So<br />

verdanken sich Mythen, die die uralte (Todes-)<br />

Angst des Menschen durch erklärende Geschichten<br />

bewältigen möchten, einer „neurologischen<br />

Verankerung“ (109); die wesentlichen Elemente<br />

des Rituals werden „von gr<strong>und</strong>legenden biologischen<br />

Funktionen erzeugt“ (135), <strong>und</strong> Mystik hat<br />

„ihre biologischen Wurzeln in der Maschinerie der<br />

Transzendenz ..., über die der Geist verfügt“ (171).<br />

Für den (F<strong>und</strong>amental-)Theologen entsteht bei der<br />

Lektüre dieses Buches ein Dilemma. Zum einen ist<br />

das Anliegen, die neurobiologischen Dimensionen<br />

einer religiöser Lebenseinstellung aufzuzeigen, zu<br />

würdigen; der Einblick in die „Gehirnarchitektur“<br />

(55) des Menschen ist ja wirklich lehrreich <strong>und</strong><br />

spannend. Zum anderen aber erweist sich das<br />

Verständnis von „Religion“, das Newberg, D’Aquili<br />

<strong>und</strong> Rause <strong>–</strong> explizit oder implizit <strong>–</strong> entwickeln, aus<br />

Sicht der christlichen Offenbarungstheologie als<br />

ungenügend. Die Problematik zeigt sich vor allem<br />

an folgender These: „Wenn Gott tatsächlich existiert,<br />

so ist das Gewirr der neuronalen Leitungen<br />

<strong>und</strong> physiologischen Strukturen des Gehirns der<br />

einzige Ort, an dem er seine Existenz offenbaren<br />

kann“ (79). Im Rahmen der jüdisch-christlichen<br />

Überlieferung hat sich Gott vor allem in der<br />

Geschichte <strong>und</strong> Gemeinschaft von Menschen mitgeteilt,<br />

<strong>und</strong> zwar nicht nur „innerlich“ oder<br />

52<br />

„mystisch“, sondern immer auch durch äußere<br />

Zeichen, <strong>und</strong> vor allem im Wort. Kein W<strong>und</strong>er<br />

also, wenn dieses Buch die Geschichte Jesu als<br />

„Mythos“ interpretiert (vgl. 84, 91).<br />

Auch die Meinung, dass religiöse Menschen „gesünder“<br />

seien als Nichtglaubende (vgl. 179 f.),<br />

dass sich eine gelebte Spiritualität „als absolut<br />

nützlich erwiesen“ (179) habe oder „einen entscheidenden<br />

Vorteil im evolutionären Überlebenskampf“<br />

(190) geboten hätte, erweist sich aus der<br />

Perspektive der jüdisch-christlichen <strong>Glaube</strong>nsgeschichte<br />

als verfehlt. Ohne die medizinisch-neurologische<br />

Kompetenz der Autoren in Frage zu stellen,<br />

muss doch angemerkt werden, dass hier eine<br />

theologische Grenzüberschreitung begangen<br />

wurde; aus christlicher Sicht stellt immer noch die<br />

menschliche Freiheitsgeschichte die „Grammatik“<br />

einer möglichen Selbstmitteilung Gottes dar, <strong>und</strong><br />

nicht bloß der „Geist“ des Menschen, der (neurobiologisch)<br />

als „zwangsläufig mystisch“ (58)<br />

angesehen wird.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Niewiadomski, Józef <strong>–</strong> Wandinger, Nikolaus (Hg.):<br />

Dramatische Theologie im Gespräch.<br />

Symposion/Gastmahl zum 65. Geburtstag<br />

von Raym<strong>und</strong> Schwager<br />

(Beiträge zur mimetischen Theorie, Band 14).<br />

LIT-Verlag / Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Thaur,<br />

Münster 2003. ISBN 3-8258-6701-3, 252 Seiten.<br />

Was ist denn eigentlich „Dramatische Theologie“?<br />

Diese Frage stellen sich nicht nur Theologen im<br />

<strong>Canisianum</strong>, die sich vermeintlichen (oder tatsächlichen)<br />

„Girardisten“ gegenüber wähnen, sondern<br />

natürlich auch viele andere. Dieser Sammelband,<br />

der auf ein Symposion zum 65. Geburtstag von<br />

Raym<strong>und</strong> Schwager an der Theologischen Fakultät<br />

der Universität Innsbruck am 10./11.November<br />

2000 zurückgeht, gibt darauf eine vielgestaltige<br />

Antwort.<br />

Józef Niewiadomski weist in seinem Beitrag darauf<br />

hin, dass bereits Schwagers Dissertation Das<br />

dramatische Kirchenverständnis bei Ignatius von<br />

Loyola (Zürich 1970) die spannungsreichen<br />

Begegnungen <strong>und</strong> Konfrontationen von glauben-


den <strong>und</strong> hoffenden Menschen in der Kirche reflektiert<br />

(vgl. 9). Mit Hilfe des Modells des Dramas,<br />

das Schwager in seinen Veröffentlichungen Der<br />

w<strong>und</strong>erbare Tausch. Zur Geschichte <strong>und</strong> Deutung<br />

der Erlösunglehre (München 1986) <strong>und</strong> Jesus im<br />

Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre<br />

(Innsbruck-Wien 1990) entwickelte, lässt<br />

sich <strong>–</strong> wie Dietmar Regensburger hervorhebt <strong>–</strong><br />

„die biblische Offenbarungsgeschichte mit ihren<br />

vielfältigen Handlungsträgern <strong>–</strong> Jahwe, Volk, politische<br />

<strong>und</strong> religiöse Führergestalten, Propheten,<br />

Götzendiener, fremde Völker etc. <strong>–</strong> durch verschiedene<br />

geschichtliche Phasen hindurch verfolgen,<br />

ohne dass einerseits die Vielfalt der Erfahrungen<br />

gewaltsam auf eine einzige Perspektive<br />

reduziert werden muss <strong>und</strong> ohne dass andererseits<br />

die eine Geschichte in eine Vielfalt zusammenhangsloser<br />

Einzelepisoden zerfällt“ (87). So erweisen<br />

sich die fünf Akte des Dramas Jesu Christi<br />

(Verkündigung der Reich-Gottes-Botschaft,<br />

Ablehnung der Botschaft <strong>und</strong> Gerichtsworte,<br />

Kreuzigung, Auferstehung, Geistsendung) als<br />

kohärenter Neuansatz einer biblisch-systematischen<br />

Soteriologie <strong>und</strong> darüber hinaus als Kritik<br />

an Hauptströmungen der neuzeitlichen Anthropologie,<br />

welche die Autonomie des Subjekts über<strong>und</strong><br />

den Anspruch der jüdisch-christlichen Botschaft<br />

unterbewerteten (vgl. 16 f.).<br />

Was nun der Ansatz der „Dramatischen Theologie“<br />

für die einzelnen theologischen Disziplinen besagt,<br />

haben Józef Niewiadomski, Herwig Büchele,<br />

Gerhard Leibold, Roman Siebenrock, Wilhelm<br />

Guggenberger, Dietmar Regensburger, Wolfgang<br />

Palaver, Willibald Sandler, Nikolaus Wandinger,<br />

Andreas Vonach, Martin Hasitschka <strong>und</strong> Matthias<br />

Scharer aufschlussreich <strong>und</strong> kritisch-weiterführend<br />

gezeigt. So zeigt sich etwa <strong>–</strong> um den<br />

Beitrag von Roman Siebenrock herauszugreifen <strong>–</strong>,<br />

dass die Methode der „Korrelation“ im Licht der<br />

Dramatischen Theologie auf entscheidende Weise<br />

weiterentwickelt wird: Die Beziehung zwischen<br />

der Situation des Menschen <strong>und</strong> der Botschaft des<br />

<strong>Glaube</strong>ns versteht sich nicht als harmonische<br />

Verbindung, sondern als dramatischer Prozess:<br />

„Das Evangelium bejaht den Menschen gerade<br />

dadurch, dass es ihm eine gr<strong>und</strong>sätzliche Bekehrung<br />

zumutet <strong>und</strong> abverlangt“ (58).<br />

Das Buch schließt mit einer vollständigen Bibliografie<br />

(219<strong>–</strong>249), die Dietmar Regensburger<br />

erstellt hat. Somit liegt eine wichtige Dokumentation<br />

des theologischen Weges von Raym<strong>und</strong><br />

Schwager vor, das inzwischen für mehr als eine<br />

Generation von Theologiestudierenden in Innsbruck<br />

richtungweisend geworden ist. Dramatische<br />

Theologie <strong>–</strong> <strong>und</strong> Theologie überhaupt! <strong>–</strong> soll ja<br />

„ins Gespräch gebracht werden“, <strong>und</strong> genau dazu<br />

dient der vorliegende Band.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Raatzsch, Richard:<br />

Eigentlich Seltsames.<br />

Wittgensteins Philosophische Untersuchungen.<br />

Band I: Einleitung <strong>und</strong> Kommentar PU 1-64.<br />

Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2003.<br />

ISBN 3-506-76000-9, 490 Seiten.<br />

Vorliegendes Werk kommentiert<br />

einen zentralen<br />

Text der Spätphilosophie<br />

von Ludwig Wittgenstein<br />

(1889<strong>–</strong>1951): die „PhilosophischenUntersuchungen“<br />

(PU). Wittgenstein<br />

hatte daran von 1936 bis<br />

1949 gearbeitet <strong>und</strong> dadurch<br />

eine Veränderung<br />

seiner Auffassung von<br />

„Sprache“ zum Ausdruck<br />

gebracht: Wurden im „Tractatus Logico-Philosophicus“<br />

(1918) <strong>–</strong> vereinfacht ausgedrückt <strong>–</strong> Sätze<br />

als „Abbild“ der Wirklichkeit verstanden, sehen die<br />

PU den Gebrauch der Sprache in einem regelgeleiteten<br />

„Spiel“ als entscheidend an.<br />

In der Einleitung (21<strong>–</strong>185) stellt Richard Raatzsch<br />

die Eigenart der zu interpretierenden Texte heraus:<br />

Die 693 Abschnitte des ersten Teils sowie die<br />

Ausführungen des zweiten Teils der PU weisen<br />

sowohl eine Präzision der Formulierung als auch<br />

eine locker-aphoristische Reihenfolge der Gedanken<br />

auf. „Es ist gewissermaßen die Unklarheit des<br />

Klaren, mit der wir es zu tun haben“ (46), bemerkt<br />

Raatzsch. Wittgensteins Texte sind eine Art „Schattenriss“<br />

(102), in denen sich <strong>–</strong> entgegen dem ersten<br />

Eindruck <strong>–</strong> durchaus eine Ordnung findet, „nur eben<br />

keine einfache lineare, sondern eine verschachtelte,<br />

wo sich zuweilen die Elemente überlappen“ (148).<br />

Das „Große Thema“ der ersten 65 Bemerkungen<br />

der PU, die in diesem Buch exegetisiert werden,<br />

53


esteht in der „Frage nach dem ‚Wesentlichen des<br />

Sprachspiels, <strong>und</strong> also der Sprache‘“ (171);<br />

Raatzsch geht es in seiner Auslegung darum, „dem<br />

Leser das Spiel zu erläutern, das im Text gespielt<br />

wird <strong>und</strong> welches der Leser nicht selbst erkennt“<br />

(101). In diesem Sinn erfolgt im zweiten Teil des<br />

Buches (187<strong>–</strong>465) die Auslegung von Nr. 1<strong>–</strong>65 der<br />

PU, die <strong>–</strong> in akribischer <strong>und</strong> kritischer Auseinandersetzung<br />

mit den Texten <strong>–</strong> vor allem die<br />

Charakteristik des „Sprachspiels“ (erstmals in Nr.<br />

7 der PU) sowie das pragmatische Verständnis von<br />

Sprache als solcher (Nr. 43 der PU: „Die Bedeutung<br />

eines Wortes ist sein Gebrauch in der<br />

Sprache“) zum Thema haben. Immer wieder zeigt<br />

sich, dass verfestigte (<strong>und</strong> hypostasierte) Vorstellungen,<br />

Begriffe <strong>und</strong> Denkhorizonte auf alltägliche<br />

Gebrauchsweisen von „Sprache“ zurückgehen,<br />

dass aber auch vieles in dieser alltäglichen Sprachverwendung<br />

gar nicht so selbstverständlich ist, wie<br />

es auf den ersten Blick erscheint, sondern „eigentlich<br />

Seltsames“ voraussetzt. Was Richard Raatzsch<br />

mit Blick auf Wittgensteins PU schreibt, gilt für<br />

den philosophischen Diskurs insgesamt: „Die Rede<br />

des Philosophen ist seltsam; wenn er so redet,<br />

wie wir gewöhnlich reden, sagt er Falsches <strong>und</strong><br />

Unsinniges, wenn wir sein Reden dagegen nicht so<br />

auffassen wollen, dann meint er nicht das, was er<br />

sagt; es scheint fast so, als versuche er, mit gewöhnlichen<br />

Worten etwas zu sagen, was sich mit<br />

diesen nicht sagen lässt“ (401).<br />

Wer sich näher mit der (Spät-)Philosophie Ludwig<br />

Wittgensteins beschäftigten möchte, findet in diesem<br />

Werk, von dem nun der erste Band vorliegt,<br />

eine hervorragende Interpretationshilfe.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Raberger, Walter <strong>–</strong> Sauer, Hanjo (Hg.):<br />

Vermittlung im Fragment.<br />

Franz Schupp als Lehrer der Theologie.<br />

Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2003.<br />

ISBN 3-7917-1847-9, 319 Seiten.<br />

Franz Schupp war von 1971 bis 1975 Ordinarius<br />

für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen<br />

Fakultät der Universität Innsbruck <strong>und</strong> entwickelte<br />

in den wenigen Jahren seiner Lehrtätigkeit einen<br />

innovativen Neuansatz theologischer Gr<strong>und</strong>lagen-<br />

54<br />

reflexion. Schupps Bemühen<br />

bestand darin,<br />

angesichts der Herausforderungen<br />

durch die<br />

analytische (Sprach-)<br />

Philosophie <strong>und</strong> die kritische<br />

Theorie der<br />

Frankfurter Schule den<br />

Anspruch christlichtheologischen<br />

Denkens<br />

zu bewähren <strong>und</strong> auf<br />

hohem theoretischen<br />

Niveau neu zu durchdenken.<br />

Der Entzug der Lehrerlaubnis 1974 <strong>und</strong><br />

die darauf folgenden Turbulenzen führten zu einer<br />

radikalen Scheidung der Geister: Für die einen war<br />

Schupp ein genialer Denker, welcher der katholischen<br />

Theologie den Anschluss an zeitgemäße Fragen<br />

eröffnete; für die anderen war er ein gefährlicher<br />

Theologe, dessen Dogmatik „ein Schaden<br />

für die Priesterausbildung“ (300) sei.<br />

Mit diesem Buch versuchen Walter Raberger<br />

(1971 bis 1974 Assistent Schupps) <strong>und</strong> Hanjo<br />

Sauer (Promovent bei Schupp 1974) <strong>–</strong> heute<br />

Professoren an der Katholisch-Theologischen<br />

Privatuniversität Linz <strong>–</strong> einen Einblick in das theologische<br />

Schaffen von Franz Schupp zu geben;<br />

dieses könnte <strong>–</strong> so die Einführung der Herausgeber<br />

(7<strong>–</strong>21) <strong>–</strong> als „diskursiv vorgetragener Einspruch<br />

gegen alle Versuchungen eines Versöhnungsdenkens<br />

begriffen werden, welches das<br />

geschichtlich Widerständige <strong>und</strong> das Unabgegoltene<br />

wahren Lebens unter der Perspektive einer<br />

schon vermittelten Ganzheit <strong>und</strong> Identität ignoriert“<br />

(16).<br />

Der Sammelband vereint zwölf Beiträge aus den<br />

Jahren 1968 bis 1976 (22<strong>–</strong>212) sowie <strong>–</strong> als kleine<br />

Kostbarkeit <strong>–</strong> eine gemeinsame Vorlesung von<br />

Franz Schupp <strong>und</strong> Karl Rahner vom WS 1972/73<br />

zum Begriff „Offenbarung“ (213<strong>–</strong>270). In den<br />

Gedankengängen, die von den Methoden der Geschichtsphilosophie,<br />

Sprachkritik <strong>und</strong> Symboltheorie<br />

geprägt sind, kommt Schupps Anliegen<br />

zum Tragen: durch die konsequente Kritik eines<br />

verdinglichten <strong>und</strong> mythischen <strong>Glaube</strong>nsbewusstseins<br />

die fragmentarische Identität glaubender<br />

Existenz <strong>und</strong> theologischer Vermittlung zu erweisen.<br />

Die christologische Studie „Vermittlung<br />

im Fragment“ <strong>–</strong> von der dieses Buch seinen Titel<br />

erhielt <strong>–</strong> bringt diese Überzeugung auf den Punkt:<br />

„Theologie hat die geschichtlich-reale Versöhnung,<br />

die Verwirklichung von Vernunft <strong>und</strong>


Freiheit nicht als Gegenstand, sondern nur als<br />

regulatives Prinzip vor sich. Die jeweils erreichbare<br />

kategoriale Gestalt als jeweils erreichbare Form<br />

ist aber wie das in ihr Reflektierte Fragment“<br />

(141).<br />

Die Betonung der eschatologischen Struktur systematisch-theologischer<br />

Aussagen (vgl. 37, 40<strong>–</strong>41,<br />

92, 162), die metatheoretische <strong>–</strong> <strong>und</strong> nicht naivdeskriptive<br />

<strong>–</strong> Interpretation des Begriffs „Offenbarung“<br />

(vgl. 97, 234, 240<strong>–</strong>243), die theologische<br />

Kritik vorgeblicher „Unmittelbarkeit“ <strong>und</strong> „glücklicher<br />

Klarheit“ durch die Denkform der Nichtidentität<br />

(vgl. 91, 128<strong>–</strong>130, 141, 159, 173) sowie<br />

die Analyse der Funktion mythischer Aussagen<br />

(vgl. 167<strong>–</strong>169, 173<strong>–</strong>174, 199, 202) bringen „jene<br />

qualitative Differenz“ (159) zum Ausdruck, welche<br />

die reale Geschichte nicht mit der erhofften,<br />

aber ausstehenden Wirklichkeit „wahren Lebens“<br />

(120) zusammenfallen lässt.<br />

Im abschließenden, sehr interessanten biographischen<br />

Interview (271<strong>–</strong>314) <strong>–</strong> geführt von Hanjo<br />

Sauer im Juli 2002 im Freiburg <strong>–</strong> findet sich die<br />

nachdenkliche Äußerung von Franz Schupp: „So<br />

irgendwie frage ich mich, ob es mein ‚Schicksal‘<br />

ist, Dinge zu beginnen <strong>und</strong> mit Erfolg zu gestalten,<br />

die aber dann nach mir nicht weitergeführt werden“<br />

(310). Eine Antwort auf diese Frage ist wohl<br />

noch nicht möglich; es bleibt allerdings die <strong>Hoffnung</strong>,<br />

dass nicht der „Schein der Totalität“ (127),<br />

sondern die „Gestalt der Identität als Fragment“<br />

(141) den Weg theologischen Denkens prägen<br />

wird. Zu dieser <strong>Hoffnung</strong> hat Schupp bleibend<br />

Gültiges beigetragen.<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Schwager, Raym<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Niewiadomski, Józef (Hg.):<br />

Religion erzeugt Gewalt <strong>–</strong> Einspruch!<br />

Innsbrucker Forschungsprojekt „Religion <strong>–</strong><br />

Gewalt <strong>–</strong> Kommunikation <strong>–</strong> Weltordnung“.<br />

(Beiträge zur mimetischen Theorie, Band 15)<br />

LIT-Verlag / Druck- <strong>und</strong> Verlagshaus Thaur,<br />

Münster 2003. ISBN 3-8258-6764-1, 379 Seiten.<br />

Die Anschläge vom 11. September 2001 rückten<br />

den Anspruch <strong>und</strong> die Motivationskraft religiöser<br />

Überzeugungen <strong>–</strong> wenngleich<br />

auch in Form terroristischer<br />

Gewalt <strong>und</strong><br />

f<strong>und</strong>amentalistischer Einstellungen<br />

<strong>–</strong> schockartig<br />

ins Bewusstsein der westlichen<br />

Gesellschaft, in<br />

der Religion faktisch privatisiert<br />

<strong>und</strong> banalisiert<br />

war. In der Auseinandersetzung<br />

mit dieser Erfahrung<br />

religiös begründeter<br />

Gewalt vertraten nicht wenige die Auffassung, das<br />

Konzept des Monotheismus als solchen sowie die<br />

Berufung auf „Offenbarung“ seien schuld an der <strong>–</strong><br />

schlummernden oder eskalierenden <strong>–</strong> Gewalterzeugung.<br />

Die Innsbrucker Forschungsgruppe<br />

„Religion <strong>–</strong> Gewalt <strong>–</strong> Kommunikation <strong>–</strong> Weltordnung“<br />

möchte mit diesem Sammelband einen<br />

Beitrag zur Reflexion dieser Problematik leisten<br />

<strong>und</strong> vor allem das „intellektuelle Dogma des<br />

‚unverdaulichen Monotheismus‘ <strong>und</strong> des ‚bekömmlichen<br />

Polytheismus‘“ (Józef Niewiadomski/<br />

Raym<strong>und</strong> Schwager, Einführung [9<strong>–</strong>38; 13]) einer<br />

kritischen Revision unterziehen.<br />

Der erste gemeinsame Text (Dramatische Theologie<br />

als Forschungsprogramm [40<strong>–</strong>77]) formuliert<br />

eine zentrale Überzeugung der Forschungsgruppe:<br />

„Ein tiefer, echter <strong>und</strong> dauerhafter Friede<br />

zwischen Menschen, die nicht auf Opferung<br />

Dritter aufgebaut ist <strong>und</strong> ohne Polarisierung auf<br />

Feinde auskommt, ist sehr schwer erreichbar, ja<br />

übersteigt menschliche Kräfte. Wenn er dennoch<br />

Wirklichkeit wird, ist dies ein klares Zeichen, dass<br />

Gott selber (der Hl. Geist) in den Menschen am<br />

Wirken ist. Diese inkarnatorische Logik ist sowohl<br />

an der biblischen Botschaft als auch an den zahlreichen<br />

ekklesialen ‚Zeichen der Zeit‘ in der<br />

menschlichen Geschichte ablesbar“ (64). Eine<br />

Konkretion dieser These bietet Willibald Sandler<br />

in seinem Beitrag über das Friedensgebet der<br />

Religion in Assisi (78<strong>–</strong>97), der hervorhebt, dass<br />

„die Botschaft vom wahren, (friedlichen!) Gott<br />

sich nur gegen mannigfache Widerstände <strong>und</strong><br />

Missverständnisse der Menschen behaupten konnte“<br />

(83).<br />

Der zweite gemeinsame Text (Pluralismus <strong>–</strong> ethische<br />

Gr<strong>und</strong>intuition <strong>–</strong> Kirche [100<strong>–</strong>142]) arbeitet<br />

die „Perspektivenumkehr“ (120) der biblischen<br />

Texte heraus: Aus der Sicht der Opfer wird das<br />

gewaltsame Geschehen des Sündenbockmechanismus<br />

aufgedeckt. Erst von dieser Offenlegung ver-<br />

55


steckter Gewaltstrukturen her ist verständlich, warum<br />

sich die spezifisch christliche Moral als „Ethik<br />

des Weges <strong>und</strong> gemeinsamen Gehens“ (126) versteht<br />

<strong>und</strong> in der Feier des eucharistischen Gedächtnisses<br />

ein gr<strong>und</strong>legendes „Gegenkonzept zur<br />

Sündenbockstruktur“ (133) zum Ausdruck kommt.<br />

In seinen Ausführungen zum kirchlichen Schuldbekenntnis<br />

am Ersten Fastensonntag 2000 verknüpft<br />

Nikolaus Wandinger (143<strong>–</strong>179) die Fähigkeit<br />

zur Vergebung <strong>–</strong> als Stehen zu vergangener<br />

Schuld <strong>und</strong> Umkehr der gesellschaftlichen Amnesietendenz<br />

<strong>–</strong> mit der Identität der Kirche als<br />

solcher.<br />

Der dritte gemeinsame Text (Der 11. September<br />

2001 <strong>und</strong> die Theologie der Zeichen der Zeit<br />

[182<strong>–</strong>196]) plädiert für ein ehrliches Benennen<br />

konkreter Spannungen <strong>und</strong> Differenzen im Dialog<br />

der Kulturen <strong>und</strong> Religionen, vor allem der „Frage<br />

der Gewalt“ (195). Dietmar Regensburger rät in<br />

seinem Aufsatz über die Zerstörung der „Twin<br />

Towers“ (197<strong>–</strong>216) zur Zurückhaltung, was religiöse<br />

Deutungen <strong>und</strong> eine <strong>–</strong> vor allem von den<br />

USA betriebene <strong>–</strong> „Schwarz-Weiß-Rhetorik“ (207)<br />

betrifft, <strong>und</strong> Wolfgang Palaver lenkt in seiner<br />

Analyse des Terrorismus (217<strong>–</strong>232) den Blick auf<br />

das „Ansteigen von Rivalitäts- <strong>und</strong> Neidpotentialen“<br />

(220) sowie auf die „pseudoreligiöse Seite“<br />

(222) des aktuellen Terrorismus.<br />

Der vierte gemeinsame Text (Israel <strong>und</strong> Palästina.<br />

<strong>Hoffnung</strong> in hoffnungsloser Situation [234<strong>–</strong>252])<br />

betont <strong>–</strong> angesichts dieses schier unlösbaren<br />

Konflikts <strong>–</strong>, dass letztlich wohl nur der „<strong>Glaube</strong> an<br />

den einen Schöpfergott“ (249) die Überzeugung<br />

von der Universalität der Menschenrechte begründen<br />

könne. Andreas Vonach arbeitet auf diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> die symbolische Bedeutung der Stadt<br />

Jerusalem für Judentum, Christentum <strong>und</strong> Islam<br />

heraus (253<strong>–</strong>269).<br />

Zwei Beiträge befassen sich mit dem Universitätslehrgang<br />

„Kommunikative Theologie“: Matthias<br />

Scharer (272<strong>–</strong>286) macht sein Anliegen deutlich:<br />

„Kommunikative Theologie versucht kommunikative<br />

Prozesse in Kirche <strong>und</strong> Gesellschaft theologisch<br />

zu verstehen“ (275), <strong>und</strong> Franz Weber<br />

(287<strong>–</strong>301) beschreibt dieses Konzept in weltkirchlichem<br />

Zusammenhang als einen „Prozess ständiger<br />

‚Ekklesiogenese‘“ (294). Abschließend erörtern<br />

Herwig Büchele <strong>und</strong> Erich Kitzmüller<br />

(304<strong>–</strong>363) die Möglichkeit einer gerechten, nichthegemonialen<br />

Weltordnung. Ihr Bef<strong>und</strong> lautet:<br />

„Unsere Weltgesellschaft verfügt über keine zen-<br />

56<br />

trale Autorität, die das weltweit-öffentliche<br />

gemeinsame Leben aus bewusster Entscheidung<br />

mitgestalten <strong>und</strong> mit-formen könnte“ (328 f.).<br />

Anzustreben sei eine „Wir-Gestalt der europäischen<br />

Integration“ (354), die ohne Opfer <strong>und</strong><br />

„Sündenbockstruktur“ (351) auskomme. Und in<br />

einem sehr gr<strong>und</strong>sätzlichen Sinn interpretiert<br />

Werner E. Ernst in seiner Sicht der biblischen<br />

Sündenfallserzählung (364<strong>–</strong>379) Gewalt als narzisstisch<br />

entfremdete Mimesis, die <strong>–</strong> gegen das<br />

Verbot, vom „Baum der Erkenntnis“ zu essen <strong>–</strong><br />

danach strebt, alles Nichtidentische anzugleichen;<br />

nur im Aushalten dieser Spannung ist Humanität<br />

möglich: „Erst des Guten Dominanz über das Böse<br />

bildet die Lösung, nicht aber Trennung“ (378).<br />

Der vorliegende Sammelband enthält ein reiches<br />

Potenzial an theologischer Inspiration <strong>und</strong> interdisziplinären<br />

Verknüpfungen; er bietet nicht einen<br />

glatten „Einspruch“ gegen die These, Religion erzeuge<br />

Gewalt, aber eine sorgfältige <strong>und</strong> differenzierte<br />

Herausarbeitung des gr<strong>und</strong>sätzlichen Anspruchs<br />

der biblischen Botschaft, Versöhnung <strong>und</strong><br />

Frieden zu ermöglichen <strong>–</strong> <strong>und</strong> das ist von<br />

unschätzbarer Bedeutung.<br />

Veröffentlichungen von Canisianern<br />

Franz Gmainer-Pranzl<br />

Joachim Kettel (Hg.)<br />

Josef Kardinal Frings.<br />

Leben <strong>und</strong> Wirken des Kölner Erzbischofs in<br />

Anekdoten.<br />

J. P. Bachern Verlag, Köln 2003,<br />

ISBN 3-7616-1670-8, 96 Seiten<br />

Bernd Elmar Koziel<br />

Kritische Rekonstruktion der Pluralistischen<br />

Religionstheologie John Hicks vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> seines Gesamtwerks.<br />

Bamberger Theologische Studien, Band 17,<br />

Peter Lang, Frankfurt am Main 2001,<br />

ISBN 3-631-38039-9, 891 Seiten


Karl-Josef Gierlichs SJ<br />

Zeitansage, Katholizität zwischen Anpassung<br />

<strong>und</strong> Moderne, Informationen <strong>–</strong> Meditationen <strong>–</strong><br />

Auseinandersetzungen.<br />

Verlag Norbert M. Borengässer Bonn, 2002,<br />

ISBN 3-923946-60-0, 312 Seiten<br />

John F. Schulz<br />

Confessions of a Priest, An in-depth look at the<br />

roman catholic faith.<br />

SterlingHouse Publisher 2003,<br />

ISBN 1-58501-045-6, 259 Seiten<br />

Wir danken unseren Spendern <strong>und</strong> Förderern:<br />

Ackerman D.<br />

Alge H.<br />

Allmer A.<br />

Ambre J.<br />

Amt der OÖ<br />

Landesregierung<br />

Amt des Hochmeisters<br />

des Deutschen Ordens,<br />

Wien<br />

Andris E.<br />

Angerer S.<br />

Arnold W.<br />

Auer K. H., DDr.<br />

Augustyn J.<br />

Averbeck W.<br />

Bargehr G., Dr.<br />

Barthuber J.<br />

Baumann A., Dr.<br />

Bender Ch.<br />

Bereuter E.<br />

Bigelow B.<br />

Bischof H.<br />

Blattmann W.<br />

Bock H.<br />

Boes C.<br />

Boob E.<br />

Brandenburg H.,<br />

Bischof<br />

Brandl M., DDr.<br />

Brinkmann F.<br />

Brottrager<br />

Brühwiler G.<br />

Bsteh P.<br />

Bucher M.<br />

Buchmann J.<br />

Burri G.<br />

Canisiuswerk Wien<br />

Chang J., Bischof<br />

Cupich B. J., Bischof<br />

Dacko I., Dr.<br />

Dähler F.<br />

Darlap A., Dr.<br />

Decristoforo B.<br />

Denk St., Dr.<br />

Deny H.<br />

Dick F.<br />

Dressel J.<br />

Eberle F.<br />

Eberle R.<br />

Eder G., Dr.<br />

Edler Th., Sr.<br />

Egelseder B.<br />

Eggenschwiler K.<br />

Eitel W.<br />

Enderli M.<br />

Endress J.<br />

Enthofer A.<br />

Erlacher<br />

Erlmoser<br />

Ernst E.<br />

Feyrer F.<br />

Fink B.<br />

Fink St., Sr.<br />

Finley J.<br />

Fischer F.<br />

Fischer H.<br />

Föhr B. J.,<br />

Fonteyne R. L.<br />

Förch G., Dr.<br />

Forster C.<br />

Forster G.<br />

Fox J.<br />

Fraling B., Dr.<br />

Franz Xaver Stiftung,<br />

Zürich<br />

Fröhlich M.<br />

Gallacchi P., Dr.<br />

Galvin J.<br />

Gasser O.<br />

Gasser U., Dr.<br />

Gattermeyer F.<br />

Geiger G., Dr.<br />

Gemperli B.<br />

Gersbach M., Dr.<br />

Gewert M.<br />

Gfellner A.<br />

Göbel E.<br />

Grabner Ch.<br />

Grasböck J.<br />

Grimme G.<br />

Grögli B.<br />

Groiss W.<br />

Gröpl Fam.<br />

Gruber H.<br />

Gr<strong>und</strong>ler J.<br />

Güntschl E.<br />

Gusmer Ch.<br />

Hafner L.<br />

Haider A.<br />

Häne F.<br />

Hänggi J.<br />

Hannak W.<br />

Haunschmidt A., Dr.<br />

Hehman L.<br />

Hemmelmayr G., Abt<br />

Herr K.<br />

Hilber A.<br />

Hochmuth A.<br />

Hochstratter J.<br />

Hofer A.<br />

Holenstein A.<br />

Holzer E., Sr.<br />

Huberty F.<br />

Hübner S., Dr.<br />

Hug R.<br />

Hurtz K.<br />

Jansen A.<br />

Janson M.<br />

Jossen E.<br />

Kader G.<br />

Kaiser A.<br />

Karlinger A., Dr.<br />

Kaspar P.<br />

Kath. Kirchengemeinde<br />

Weisstannen<br />

Kath. Pfarramt Amras<br />

Kath. Pfarramt<br />

Bernhardzell<br />

Kath. Pfarramt<br />

Bütschwil<br />

Kath. Pfarramt Gedern<br />

Kath. Pfarramt<br />

Höbersdorf<br />

Kath. Pfarramt<br />

Jochberg<br />

Kath. Pfarramt St.<br />

Johann<br />

Kath. Pfarramt St.<br />

Norbert, Ibk.<br />

Kath. Pfarramt St.<br />

Otmar, St. Gallen<br />

Kath. Pfarramt Wenns<br />

Kellner J.<br />

Kern R.<br />

Kettel J.<br />

Kiesel L.<br />

Kleinenbroich K.<br />

Kneisl K.<br />

Knitel A.<br />

Kobler A.<br />

Kofler E.<br />

Konzili J.<br />

Körbling E.<br />

Kösters R.<br />

Kovács L.<br />

Kress R.<br />

Kriech J.<br />

Kronbichler Th.<br />

Kühne A.<br />

Kunzenmann W., Dr.<br />

Kupper T., Dr.<br />

Kutter B.<br />

Lamirande E.<br />

Lampl P.<br />

Lane F.<br />

Lane F. P.<br />

Lechner O., Abt<br />

Ledergerber I.<br />

Lee M.<br />

Lehenhofer H., Dr.<br />

Lell R.<br />

Lenz H.<br />

Leprêtre N./La<br />

Valsainte<br />

Leutgeb H.<br />

Linser W.<br />

Lohmann F., Dr.<br />

Mabillard O.<br />

Magg A.<br />

Manser J.<br />

Matzner A., DDr.<br />

Mayr B., Dr.<br />

Mayrl A.<br />

McCarthy E. Th.<br />

Melnick G.<br />

Merkel C., Dr.<br />

Mészáros T.<br />

Meulemann A.<br />

Michler A.<br />

Middeler H. L.<br />

Milby L.<br />

Mitterdorfer A.<br />

Morscher H.<br />

Moser J.<br />

Muller W.<br />

Müller G.<br />

Müller P., Dr.<br />

Musger J., Dr.<br />

Naab L.<br />

Natter K.<br />

Nauerz Th.<br />

Neill J.<br />

Neumüller L.<br />

Neuner H.<br />

Nickles R.<br />

Nimmervoll K.<br />

Nimmervoll M., Abt<br />

Noirjean Roger<br />

Oppitz A.<br />

Ösch J., Dr.<br />

Österr.<br />

<strong>Bischofs</strong>konferenz,<br />

Wien<br />

Öttl P.<br />

Panas J.<br />

Patigler A.<br />

Pech G.<br />

Pfefferkorn F.<br />

Pfeiffer Ch.<br />

Pfeil W.<br />

Pilz W., Dr.<br />

Posch W.<br />

Preis H. J.<br />

Prohaska H.<br />

Prosch A.<br />

Raberger W., DDr.<br />

Ramsauer W.<br />

Ranacher S., Sr.<br />

Rauscher G.<br />

Reber U., Dr.<br />

Redinger G.<br />

Riegler M., Dr.<br />

Riegler P.<br />

Riepe Ch.<br />

Rizzoli O., Dr.<br />

Rohleder E.<br />

Rohringer J.<br />

Roschger P.<br />

Röthlin E., Dr.<br />

Röttig P., Dr.<br />

Rüberg A.<br />

Rumler A.<br />

Ruppert R., Dr.<br />

Rütten Ch.<br />

Salzman J. M.<br />

Schaller F.<br />

Schandera G.<br />

Schardt E.<br />

Scherer P., Dr.<br />

Scherrer G.<br />

Scherrer-Niedermann A.<br />

Schimöller K.<br />

Schmidinger J.<br />

Schmitt H.<br />

Schneider W.<br />

Schnell J.<br />

Schomacker M., Dr.<br />

Schönberger A.<br />

Schopper S., Dr.<br />

Schörghuber R.<br />

Schramm H.<br />

Schroeder E.<br />

Schroeder G.<br />

Schroering F.<br />

Schuler F., Dr.<br />

Schulz J.<br />

Schwarz R.<br />

Schweizer<br />

Sherman A.<br />

Shin Jeong-Hun M.<br />

Sieben G., DDr.<br />

Siemes R.<br />

Sinz R.<br />

Sommaruga A.<br />

Sonderegger A.<br />

Stadler A.<br />

Stan J. <strong>und</strong> H., Dr.<br />

Stanzel M. J.<br />

Steiner F.<br />

57


Stieger Th., Dr.<br />

Stift Schlägl<br />

Stift Schlierbach<br />

Suntinger J.<br />

Terihay M.<br />

Tiefengrabner H.<br />

Thaler A.<br />

Thali F.<br />

Tomitza G.<br />

Tóth J., Dr.<br />

Tschiggerl J.<br />

Tschurtschenthaler H.<br />

Tschurtschenthaler M.<br />

Tüttö G.<br />

Twickel M. G. von<br />

Uller M.<br />

Ullrich A.<br />

Unold A.<br />

Virt G.<br />

Vogler R.<br />

Vollmann F.<br />

Vonbank W.<br />

Wäckers A.<br />

Wagner Eu.<br />

Wagner O.<br />

Wangler D.<br />

Weber O.<br />

Weber St.<br />

Wehrle P.<br />

Weibel W.<br />

Weimann D.<br />

Weinhandl E.<br />

Wenk-Schlegel Ch.<br />

Weß P., DDr.<br />

Wieder M.<br />

Wildauer O., DDr.<br />

Winkler J., Dr.<br />

Winter A.<br />

Wirz St.<br />

Wittmer H.<br />

Wlassits F., Dr.<br />

Wögerbauer O.<br />

Woschitz K., Dr.<br />

Yunk M.<br />

Zahlauer A., Dr.<br />

Zauner W., Dr.<br />

Zeimen J.<br />

58<br />

Zeitler J.<br />

Zelger J.<br />

Zeller A.<br />

Zielinski W. G.<br />

Zirkel A., Dr.<br />

Pater-Michael-<br />

Hofmann-Stiftung<br />

Ahammer J.<br />

Bartz K. H. <strong>und</strong> E.<br />

Bereuter E.<br />

Bucher M.<br />

Chang Hsüeh-Chu M.,<br />

DDr.<br />

Deny H.<br />

Frassen A., DI<br />

Grob J.<br />

Kath. Pfarramt<br />

Appenzell<br />

Kern R.<br />

Kiesel L.<br />

Knitel A.<br />

Lane F.<br />

Milby L.<br />

Nagele H.<br />

Nimmervoll K.<br />

Piotrowski St.<br />

Ramsauer W.<br />

Röthlin E., Dr.<br />

Schröder G.<br />

Stadler A.<br />

Tomitza G.<br />

Trütsch J.<br />

Uller M.<br />

Vonbank W.<br />

Patenschaften <strong>und</strong><br />

Studienplätze<br />

Andreas-Stiftung<br />

Gossau<br />

American Innsbruck<br />

Alumni Association<br />

Angstwurm B. <strong>und</strong> H.,<br />

Dr.<br />

Bechtiger G.<br />

Bischöfl. Ordinariat<br />

Bozen<br />

Bonetti E.<br />

Cupich B. J., Bischof<br />

Decristoforo B.<br />

Diocèse de Sion<br />

Diözese Augsburg<br />

Diözese Linz<br />

Eckstein M.<br />

Ellinger E.<br />

Finanzkammer ED<br />

Wien<br />

Fink M.<br />

Fritsch Th.<br />

Gfellner A.<br />

Gierl F.<br />

Giglmair T.<br />

Gleinser O.<br />

Guido Feger Stiftung<br />

Hirschberger M., Dr.<br />

Holenstein A.<br />

Homeyer J., Dr.,<br />

Bischof<br />

Kath. Pfarramt Absam<br />

Kath. Pfarramt<br />

Breitenbach<br />

Kath. Pfarramt<br />

Dornbirn<br />

Kath. Pfarramt<br />

Herzogenbuchsee<br />

Kath. Pfarramt<br />

Jochberg<br />

Kath. Pfarramt Kössen<br />

Kath. Pfarramt K<strong>und</strong>l<br />

Kath. Pfarramt<br />

Lingenau<br />

Kath. Pfarramt Mittersill<br />

Kath. Pfarramt Nenzing<br />

Kath. Pfarramt Reith<br />

Kath. Pfarramt Schlins<br />

Kath. Pfarramt St.<br />

Jakob a. A.<br />

Kath. Pfarramt<br />

St. Johann i. T.<br />

Kath. Pfarramt Vaduz<br />

Kath. Pfarramt<br />

Völs/Ibk.<br />

Kath. Pfarramt Wenns<br />

Kath. Pfarre St.<br />

Barbara, Schwaz<br />

Kempter K. <strong>und</strong> D.<br />

KFB Gleisdorf<br />

Kiwanuka Lote D.,<br />

Bischof<br />

Kleinhans A.<br />

Kolb G.<br />

Konfident Stiftung<br />

Lane F.<br />

Lenz H.<br />

Matt E.<br />

Meier M.<br />

Mentgen H. <strong>und</strong> R.<br />

Missio Pro Europa<br />

Missionskreis<br />

Andelsbuch<br />

Missionsprokur d. dt.<br />

Jesuiten, Nürnberg<br />

Mitterer K.<br />

Mohr J.<br />

Müller R.<br />

Murphy R.<br />

Näscher F.<br />

Oratorium München<br />

Orbiphilia<br />

Pan L.<br />

Päpstl. Missionswerke,<br />

Bregenz<br />

Päpstl. Missionswerke,<br />

Wien<br />

Pernter Ch.<br />

Pöder P.<br />

Provinzprokuratur d.<br />

Ges. Jesu, Wien<br />

Renovabis<br />

Scherer O.<br />

Schieffer E., Dr.<br />

Schneider H.<br />

Schüpferling G.<br />

Schwab J.<br />

Schweiggl R.<br />

Seelsorgeverband<br />

Oberriet, Rüthi,<br />

Kobelwald<br />

Simon F.<br />

Sorgenfrei H.<br />

Speckbacher<br />

Steinkohl G.<br />

Trauner B., Abt<br />

Trausnitz J.<br />

Tumler G.<br />

Ullrich A.<br />

Walkowiak K.<br />

Willer F.<br />

Wilmsen A.<br />

Ziegelhöfer P.<strong>und</strong> H.<br />

Intentionen haben<br />

übersandt:<br />

Buchmann J.<br />

Ewige Anbetung, Ibk.<br />

Gfellner A.<br />

Gleinser O.<br />

Haeller W., Dr.<br />

Kath. Pfarramt<br />

Brixen i. Th.<br />

Kath. Pfarramt<br />

St. Andrä<br />

Kath. Pfarramt<br />

St. Johannes,<br />

Heimbuchenthal<br />

Lambach F.<br />

Näscher F.<br />

O’Brien Ch.<br />

Oberhofer A.<br />

Oberhuber A.<br />

Paas M.<br />

Schuler F., Dr.<br />

Terihay M.<br />

Torre I.


CANISIANUM<br />

Terminkalender Wintersemester 2003/04<br />

SEPTEMBER<br />

Fr./Sa. 26./27. Klausur der Jahrgangssprecherkonferenz in Brixen<br />

Sa. 27. 18.30 Uhr Vesper <strong>–</strong> gemeinsamer Beginn <strong>–</strong> Eröffnungsabend<br />

So. 28. gemeinsame Eröffnungswallfahrt nach Marienberg<br />

11.30 Uhr Eucharistie; anschließend Besichtigung; 13.30 Uhr Mittagessen<br />

Mo./Di. 29./30. Hinführung zur Liturgischen Praxis I (1. Jahrgang)<br />

Mo. 29. 20.15 Uhr Exhorte <strong>–</strong> gemeinsamer Abend<br />

Di. 30. 7.00 Uhr Gemeinschaftsmesse<br />

OKTOBER<br />

Do. 2. 18.10 Uhr Gemeinschaftsmesse<br />

Fr. 3. Herz-Jesu-Freitag <strong>–</strong> 18.40 Uhr Rosenkranz<br />

Sa./So. 4./5. 1. Einkehrtag (P. Stefan Hofer SJ)<br />

Fr. 10. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />

So. 12. 19.00 Uhr Akademischer Antrittsgottesdienst (Dom)<br />

Mo. 13. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />

Di. 14. Gedächtnis der Weihe unserer Kapelle (15. 10. 1911)<br />

Do. 16. 18.10 Uhr Fakultätsmesse im <strong>Canisianum</strong><br />

Fr. 17. 18.40 Uhr Rosenkranz<br />

Fr.<strong>–</strong>So. 17.<strong>–</strong>19. Hinführung zu den evangelischen Räten (2. Jahrgang)<br />

So. 19. Sonntag der Weltkirche<br />

Mo. 20. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />

Fr. 24. 18.30 Uhr Marienandacht<br />

So. 26. Messe in Pfarrgemeinden, Nationalfeiertag<br />

Mo. 27. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />

Fr. 31. 18.30 Uhr 1. Vesper vom Hochfest<br />

NOVEMBER<br />

Sa. 1. Hochfest Allerheiligen<br />

8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden, 18.40 Uhr 2. Vesper<br />

So. 2. Allerseelen<br />

8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden, 18.40 Uhr 2. Vesper<br />

14.00 Uhr Grabsegnung der verstorbenen Canisianer am Westfriedhof<br />

Mo. 3. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion / Impuls / gemeinsamer Abend<br />

Di. 4. 7.00 Uhr Eucharistie für die Verstorbenen der Canisianer<br />

Do. 6. 19.30 Uhr Exhorte<br />

Fr. 7. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />

Sa./So. 8./9. 2. Einkehrtag (Prof. Ewald Volgger OT)<br />

Fr. 14. 18.40 Uhr Vesper<br />

So. 16. Messe in Pfarrgemeinden<br />

Mo. 17. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />

Do. 20. 18.10 Uhr Fakultätsmesse <strong>–</strong> Beauftragung zum Lektorendienst<br />

Fr. 21. 18.40 Uhr Vesper<br />

So. 23. Messe in Pfarrgemeinden<br />

Mo. 24. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />

Fr. 28. 18.40 Uhr Liedprobe<br />

Sa./So. 29./30. 3. Einkehrtag (P. Stefan Kessler SJ)<br />

18.30 Uhr Luzernar zum Adventbeginn<br />

59


DEZEMBER<br />

Di. 2. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />

Do. 4. 19.30 Uhr Exhorte<br />

Fr. 5. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />

So. 7. Messe in Pfarrgemeinden<br />

18.30 Uhr 1. Vesper vom Hochfest<br />

Mo. 8. Hochfest Mariä Empfängnis<br />

8.00 Uhr Laudes, Messe in Pfarrgemeinden<br />

Di. 9. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />

Fr. 12. 18.30 Uhr Versöhnungsfeier im Advent<br />

Sa. 13. 19.30 Uhr Weihnachtsliedersingen<br />

Mo. 15. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />

Di. 16. 6.30 Uhr Rorate-Messe<br />

[19. Dezember 2003 <strong>–</strong> 6. Jänner 2004 Ordnung in der Weihnachtszeit im <strong>Canisianum</strong>]<br />

JÄNNER<br />

Di. 6. 18.40 Uhr Vesper <strong>–</strong> gemeinsamer Beginn<br />

Fr. 9. 16.00 Uhr Kulturgruppenabend (Messe in Kulturgruppen)<br />

So. 11. Messe in Pfarrgemeinden<br />

Mo. 12. 20.15 Uhr Jahrgangsabend <strong>–</strong> Instruktion, Impuls, gemeinsamer Abend<br />

Do. 15. 18.10 Uhr Fakultätsmesse im <strong>Canisianum</strong><br />

Fr. 16. 18.40 Uhr Vesper<br />

Sa./So. 17./18. 4. Einkehrtag (Pfr. Edwin Matt)<br />

Do. 22. 18.10 Uhr Eucharistie <strong>–</strong> Beauftragung zum Akolythendienst <strong>und</strong> Admissio<br />

Fr. 23. 18.30 Uhr Gebet für die Einheit der Christen<br />

So. 25. 19.15 Uhr Semester-Abschluss-Gottesdienst der Uni (Dom)<br />

Mo. 26. 20.15 Uhr Gemeinsamer Abend zum Semesterende<br />

Do. 29. 18.10 Uhr Gemeinschaftsmesse zum Semesterschluss<br />

Fr. 30. 18.40 Uhr Vesper<br />

[1.<strong>–</strong>29. Februar 2004 Ordnung im Februar im <strong>Canisianum</strong>]<br />

FEBRUAR<br />

So. 29. 18.40 Uhr Vesper <strong>–</strong> 20.15 Uhr gemeinsamer Beginn<br />

SCHIKURS 8.<strong>–</strong>14. Februar 2004<br />

EXERZITIENTERMINE<br />

14.<strong>–</strong>21. Feb. 2004 Exerzitien mit Albert Holzknecht (Notburgaheim)<br />

14.<strong>–</strong>21. Feb. 2004 Exerzitien mit Thomas Neulinger SJ (Haus St. Benedikt)<br />

03.<strong>–</strong>10. April 2004 Exerzitien mit Dr. Klaus Egger (Notburgaheim)<br />

22.<strong>–</strong>29. Mai 2004 Sprachschüler <strong>–</strong> Neoingressi<br />

22.<strong>–</strong>28. Aug. 2004 Priesterexerzitien im <strong>Canisianum</strong>: Hans Schaller SJ<br />

60<br />

Vorschau 2004<br />

13./14. März 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (P. Gustav Schörghofer SJ)<br />

24./25. April 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (Anni Findl-Ludescher)<br />

8./9. Mai 2004 Einkehrtag im <strong>Canisianum</strong> (P. Martin Hasitschka SJ)

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