Band 2 - Kompetenzzentrum für Integration - Landesregierung ...
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in welchem Maße es aufgrund der Kurse zu einem verbesserten Umgang zwischen<br />
Männern und Frauen (z.B. in der Familie) kommt, ist nicht abzuschätzen. Als Nachteil<br />
geschlechtshomogener Kurse wird dementsprechend angeführt, dass zwar eine<br />
Reflexion über Geschlechterrollen initiiert werde, es aber nicht zu einer sichtbaren<br />
Umsetzung der neuen Erkenntnisse kommt. In geschlechtsheterogenen Kursen werde<br />
der zweigeschlechtliche Dialog automatisch geübt und Gleichberechtigung (z.B. durch<br />
gesteuerte Redebeiträge) praktisch umgesetzt. Geschlechtsheterogene Kurse hätten<br />
den Vorteil, klischeehafte Vorstellungen über das jeweils andere Geschlecht aufzubrechen<br />
und den Dialog zwischen Männern und Frauen zu fördern.<br />
Festzuhalten ist, dass die Erfahrung mit geschlechtsheterogenen Kursen relativ gering<br />
ist und hier kaum Aussagen zu treffen sind. Auch in geschlechtsheterogenen Gruppen<br />
überwog der Frauenanteil.<br />
Die Gruppenstruktur stellte sich im Hinblick auf Alter, Aufenthaltsdauer, momentane<br />
Lebenssituation und Bildungsstand der Teilnehmenden sehr heterogen dar. Trotz zahlreicher<br />
Unterschiede (individuelles Lernverhalten, familienspezifische Rolle oder Grad<br />
migrationsbedingter Belastungen) lassen sich aber zentrale Gemeinsamkeiten in Bezug<br />
auf Erwartungen, Interessen und Bedürfnisse der Kursteilnehmerinnen erkennen.<br />
Viele zeigten einen hohen Informations- und Gesprächsbedarf. Ihnen fehlten neben<br />
einer generellen Übersicht über die Modulthemen (allgemeines Informationsdefizit)<br />
vor allem Anregungen und Lösungsansätze <strong>für</strong> persönliche Schwierigkeiten (z.B.<br />
Familien- und Erziehungsprobleme, psychosozialer Beratungsbedarf). Besonders familienspezifische<br />
(z.B. Gewalt in der Familie) und psychosoziale Probleme (z.B. Stress,<br />
Überlastung) führten dazu, dass den Teilnehmerinnen die Konzentration im Unterricht<br />
teilweise sehr schwer fiel. Deshalb war es aus Sicht der Lehrkräfte besonders wichtig,<br />
darauf zu achten, dass die Unterrichtseinheiten nicht zu anstrengend (theorielastig)<br />
gestaltet wurden.<br />
Hinzu kam, dass sich viele Teilnehmerinnen in ihrem Alltag nur selten in Bildungszusammenhängen<br />
bewegten und Lerninhalte dementsprechend „einfach“ aufbereitet<br />
werden mussten. Zudem wurde methodisch (z.B. durch offene Gespräche, Diskussionsrunden)<br />
auf das hohe Gesprächsbedürfnis eingegangen.<br />
Ganz extrem zeigte sich diese Problematik in einem Projekt. Die Dozentin berichtet,<br />
dass es aufgrund der hohen psychosozialen Belastung vieler Frauen teilweise nicht<br />
möglich war, die Themen sachlich abzuhandeln. Die Teilnehmerinnen kompensierten<br />
ihren Leidensdruck, indem sie den Unterricht dazu nutzten, ihre persönlichen Schwierigkeiten<br />
zu thematisieren. Im Zusammenhang mit den Frauenkursen, die überwiegend<br />
in Anbindung an Frauengesprächskreise stattfanden, nannte die Dozentin enorme<br />
Motivationsschwierigkeiten der Teilnehmerinnen (Unpünktlichkeit, kein Informations-<br />
sondern Beratungsbedarf etc.). Auch während des Unterrichtsbesuchs machten die<br />
Teilnehmerinnen laut Beobachtungsprotokoll keinen sehr motivierten Eindruck: Viele<br />
Teilnehmerinnen waren unpünktlich und schienen dem Unterricht nicht zu folgen.<br />
In diesem Kurs ging es den Frauen insbesondere darum, negative familiäre und migrationsbedingte<br />
Erlebnisse und Erfahrungen zu bearbeiten. Zentrale Themen der<br />
beobachteten Unterrichtsstunde waren „Gewalt in der Familie“, familiäre Probleme<br />
(Schwiegermütter) und psychische Probleme (Stress, Depression). Laut Beobachtungsprotokoll<br />
spiegelte das Interesse der Teilnehmerinnen an diesen Themen ihre<br />
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