Mentoring-Brosch re Korr. - Evangelische Kirche in Deutschland
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Chancen des <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>s<br />
Helga Riebe<br />
Fortbildungsdozent<strong>in</strong><br />
im Burckhardthaus e.V.<br />
Dieser Text besch<strong>re</strong>ibt die Chancen und Attraktivität<br />
von <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>. Nach e<strong>in</strong>em Blick auf Ursprung und Entwicklung<br />
des <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> sowie se<strong>in</strong>en Essentials fokussiert<br />
er, warum <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> als e<strong>in</strong>e Strategie der Personalentwicklung<br />
und zur Förderung von Chancengleichheit<br />
zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang bezieht<br />
sich die Autor<strong>in</strong> auch auf Beiträge , die Frau Dr. Dagmar<br />
Eberhardt <strong>in</strong> ih<strong>re</strong>m Vortrag auf Folien präsentierte. Überlegungen,<br />
was die Abg<strong>re</strong>nzung von <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> zu Verfah<strong>re</strong>n<br />
von Supervision und Coach<strong>in</strong>g ausmacht, stellen<br />
den Abschluss der Ausführungen dar.<br />
Geschichte<br />
Der Begriff <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> hat e<strong>in</strong>e lange Tradition und<br />
geht auf die griechische Mythologie zurück. Mentor, e<strong>in</strong><br />
F<strong>re</strong>und des Odysseus, König von Ithaka, kümmert sich<br />
wäh<strong>re</strong>nd dessen Abwesenheit um den Haushalt und<br />
übernimmt die Verantwortung für die soziale und <strong>in</strong>tellektuelle<br />
Entwicklung des Königsohnes Telemachos. 1<br />
Der Eigenname entwickelt sich dann <strong>in</strong> der Folgezeit –<br />
auf diesen Ursprung zurückgehend – zu e<strong>in</strong>em Funktionsbegriff<br />
für Tätigkeiten des Leh<strong>re</strong>ns, Förderns und Begleitens.<br />
So wurden z.B. <strong>in</strong> den spätmittelalterlichen Stadtschulen<br />
Leh<strong>re</strong>r und Erzieher als Mento<strong>re</strong>n bezeichnet<br />
oder die Meister <strong>in</strong> der Handwerksleh<strong>re</strong> der Zünfte wurden<br />
so genannt, und <strong>in</strong> der modernen Erziehungswissenschaft<br />
wurde darunter der ideale Pädagoge verstanden.<br />
Im kirchlichen Kontext ist der Begriff Mentor bzw. Mentor<strong>in</strong><br />
nicht unbekannt, hierunter werden Personen verstanden,<br />
die im Rahmen der Berufse<strong>in</strong>führung oder auch <strong>in</strong><br />
der berufsbezogenen Fort- und Weiterbildung beratende<br />
Funktionen für neu e<strong>in</strong>gestellte oder sich weiterbildende<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen übernehmen.<br />
Dass <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> gezielt als Personalentwicklungsmaßnahme<br />
und zur Förderung von Chancengleichheit <strong>in</strong><br />
Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Politik<br />
1 | In der Odyssee des und Bildung e<strong>in</strong>gesetzt wird, ist <strong>in</strong> der Bun-<br />
Homer wird die Gött<strong>in</strong> des<strong>re</strong>publik und ande<strong>re</strong>n europäischen Län-<br />
Pallas Athene genannt, dern e<strong>in</strong>e <strong>re</strong>lativ neue Entwicklung, die<br />
die <strong>in</strong> der Gestalt des Mitte der 90er Jah<strong>re</strong> e<strong>in</strong>gesetzt hat.<br />
Mentor den Königssohn<br />
begleitet und erzieht.<br />
Vor<strong>re</strong>iter für dieses neue Verständnis von <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong><br />
s<strong>in</strong>d Praxis und theo<strong>re</strong>tische Studien <strong>in</strong> den USA, <strong>in</strong><br />
denen <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> seit den 70er Jah<strong>re</strong>n e<strong>in</strong>e enorme Verb<strong>re</strong>itung<br />
gefunden hat. So war e<strong>in</strong>e gezielte Karrie<strong>re</strong>planung<br />
ohne Hilfe e<strong>in</strong>es Mentors nicht vorstellbar bzw.<br />
ungleich schwieriger zu <strong>re</strong>alisie<strong>re</strong>n. „Everyone who<br />
makes it has a mentor“ lautete der Titel e<strong>in</strong>es Aufsatzes<br />
<strong>in</strong> der Harvard Bus<strong>in</strong>ess Review (1979) und dokumentierte<br />
damit die große Bedeutung von Mento<strong>re</strong>n für<br />
erfolg<strong>re</strong>iche Männer.<br />
Auch <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung um Karrie<strong>re</strong> und<br />
Geschlecht <strong>in</strong> den 80er Jah<strong>re</strong>n wurde die Rolle des <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong><br />
betont und führte zu der Bildung von Netzwerken<br />
und <strong>in</strong>formeller <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>-Gruppierungen von Frauen.<br />
In der Folge stand Anfang der 90er Jah<strong>re</strong> die Bedeutung<br />
von <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> für ethnische Gruppen oder M<strong>in</strong>derheiten<br />
verstärkt im Mittelpunkt der Diskussion. Die vielfältigen<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>-Programme, die <strong>in</strong> der Zwischenzeit konzipiert<br />
und praktiziert wurden, unterscheiden sich zwangsläufig<br />
<strong>in</strong> ih<strong>re</strong>n Zielsetzungen und Praxis, da sie nicht losgelöst<br />
von Auftrag, Ausrichtung und Kultur der jeweiligen<br />
Organisation durchgeführt werden können. Dass<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> <strong>in</strong> der Bundes<strong>re</strong>publik so e<strong>in</strong>e Verb<strong>re</strong>itung f<strong>in</strong>den<br />
konnte, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die EU<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>-Programme <strong>in</strong> großem Umfang unterstützt<br />
hat und <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> als e<strong>in</strong> wichtiger Bauste<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gesetzt<br />
wird, wenn es darum geht, berufliche Gleichstellung <strong>in</strong><br />
Organisationen zu verbessern.<br />
Was ist <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>?<br />
Kern des <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> ist die one-to-one-Beziehung<br />
zwischen e<strong>in</strong>er erfah<strong>re</strong>nen, kompetenten und erfolg<strong>re</strong>ichen<br />
Persönlichkeit (Mentor<strong>in</strong>/Mentor) und e<strong>in</strong>er jünge<strong>re</strong>n<br />
Fachkraft (Mentee), die ih<strong>re</strong> Potenziale ausbauen<br />
sowie berufliche und persönliche Ziele <strong>re</strong>alisie<strong>re</strong>n will.<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> stellt somit zentral die Beziehung zwischen<br />
zwei Personen <strong>in</strong> den Mittelpunkt und trägt dem Faktum<br />
Rechnung, dass Entwicklung und Lernen immer im<br />
Kontext von sozialen Beziehungen geschieht. Charakteristisch<br />
für das <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> ist, dass hier zwei statusungleiche,<br />
aber im Verständnis des <strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> gleichbe<strong>re</strong>chtigte<br />
Personen zusammenkommen, die außerhalb des<br />
Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses e<strong>in</strong>e zeitlich<br />
befristete Zusammenarbeit ve<strong>re</strong><strong>in</strong>ba<strong>re</strong>n. Gegenstand des<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> ist die berufliche Förderung und Weite<strong>re</strong>ntwicklung<br />
der Mentee. Der Mentor/die Mentor<strong>in</strong> leitet die<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong>-Beziehung, er/sie berät, motiviert und unterstützt.<br />
<strong>Mentor<strong>in</strong>g</strong> passiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschützten Rahmen<br />
und bedeutet Lernen im Dialog und Prozess.