Der Birklehof in der Nachkriegszeit 1946-1963 - Schule Birklehof
Der Birklehof in der Nachkriegszeit 1946-1963 - Schule Birklehof
Der Birklehof in der Nachkriegszeit 1946-1963 - Schule Birklehof
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1950<br />
Im Oktober 1950 wurde die <strong>Schule</strong> von e<strong>in</strong>em schweren Verlust betroffen. Dr. Theodor Peters<br />
starb nach langem schwerem Leiden. Er war <strong>der</strong> Stellvertreter von Herrn Picht gewesen, er hatte<br />
im Herbst <strong>1946</strong> die Leitung des Internats <strong>der</strong> großen Jungen übernommen, er war Mentor und<br />
vor allem Mathematiklehrer gewesen. Bevor er hierher kam, hatte er e<strong>in</strong>en Lehrauftrag an den<br />
Universitäten Berl<strong>in</strong> und Halle <strong>in</strong>negehabt. Herr Picht sprach zu se<strong>in</strong>em Gedenken: „Er war e<strong>in</strong><br />
Mensch, <strong>der</strong> schon durch se<strong>in</strong>e bloße Gegenwart zur Klarheit und Gründlichkeit nötigte. — Ich<br />
habe nie erlebt, daß Theodor Peters etwas halb getan hätte. Nachdem <strong>der</strong> Entschluß, auf den<br />
<strong>Birklehof</strong> zu kommen, e<strong>in</strong>mal gefaßt war, stellte er sich mit <strong>der</strong> ganzen gesammelten Kraft se<strong>in</strong>es<br />
Wesens <strong>in</strong> den Dienst dieses neuen Berufes. Se<strong>in</strong> Unterricht wurde im Aufbau des Lehrplanes,<br />
wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Stunden zu e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen und methodischen<br />
Kunstwerk. E<strong>in</strong> solcher Unterricht konnte nur gegeben werden von e<strong>in</strong>em Lehrer, <strong>der</strong> die<br />
Aufgabe des Erziehers ganz ergriffen hatte. In <strong>der</strong> damaligen Lage half uns se<strong>in</strong> unbestechliches<br />
und tiefdr<strong>in</strong>gendes Nachdenken über alle erzieherischen Fragen, für das Leben des Internats die<br />
Grundformen zu f<strong>in</strong>den, die noch heute gültig s<strong>in</strong>d. Mit unerschütterlicher Festigkeit stand er <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>; wir alle wurden, wissend und unwissend, von ihm getragen“. Und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Rundbrief schreibt Herr Picht über Herrn Peters: „Er hat bis zuletzt durch se<strong>in</strong>e Arbeit und noch<br />
mehr durch se<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Dase<strong>in</strong> auf die <strong>Schule</strong> e<strong>in</strong>e tiefe Wirkung gehabt. Se<strong>in</strong> Tod erschütterte<br />
das ganze Gefüge <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>; es brauchte se<strong>in</strong>e Zeit, bis wir anf<strong>in</strong>gen zu lernen, wie wir ohne ihn<br />
das Werk dieser <strong>Schule</strong> fortführen konnten“.<br />
Ich muß zeitlich noch e<strong>in</strong>mal etwas zurückgreifen und vom Pf<strong>in</strong>gsttreffen <strong>der</strong> Altbirklehofer<br />
erzählen. Me<strong>in</strong>er Er<strong>in</strong>nerung nach, und nach dem Bericht <strong>in</strong> den Altbirklehofer Blättern, war es<br />
e<strong>in</strong> im Ganzen sehr erfreuliches und e<strong>in</strong>trägliches Zusammentreffen. An wichtigen Beschlüssen<br />
gab es den Entscheid,<br />
daß die Altbirklehofer Blätter von nun an von <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> herausgegeben werden sollten und<br />
daß <strong>der</strong> Altbirklehofer Bund weiter bestehen sollte.<br />
Außerdem wurde natürlich Hockey gespielt, es gab e<strong>in</strong> herrliches Klavierspiel von Frau Picht mit<br />
Werken von Bartok, Beethoven und Chop<strong>in</strong>, und selbstverständlich auch Aufführungen. Am<br />
ersten Abend wurde „Nathan <strong>der</strong> Weise“ von <strong>der</strong> Obersekunda gespielt, am zweiten Abend „<strong>Der</strong><br />
Neffe als Onkel“ unter <strong>der</strong> Regie me<strong>in</strong>es Mannes, von den Untertertianern, gut, sehr lustig und<br />
unkompliziert.<br />
Im damals noch kle<strong>in</strong>en Birkenhäuschen hatten wir für e<strong>in</strong> Trimester die Gräf<strong>in</strong> Charlotte von<br />
<strong>der</strong> <strong>Schule</strong>nburg als Nachbar<strong>in</strong>, die dann mit vier von ihren sechs K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong> den neuen Teil <strong>der</strong><br />
Wolffsburg übersiedelte, um <strong>Birklehof</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu betreuen, was sie auch schon im<br />
Birkenhäuschen tat. Sie hauste dort — man kann es nicht an<strong>der</strong>s nennen — <strong>in</strong> <strong>der</strong> späteren<br />
w<strong>in</strong>zigen Küche <strong>der</strong> landwirtschaftlichen Betreuer <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>. Und sie tat das mit e<strong>in</strong>er Haltung<br />
und Souveränität, als ob sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Salon des <strong>Schule</strong>nburgschen Herrenhauses wäre. Nie ließ<br />
sie sich anmerken, was sie durchgemacht hatte — die H<strong>in</strong>richtung ihres Mannes, den Verlust<br />
allen Besitzes —, vor sich e<strong>in</strong>e völlig ungesicherte Zukunft mit sechs unerwachsenen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />
Mit <strong>der</strong> gleichen Haltung und mit <strong>der</strong> ihr eigenen Unmittelbarkeit und Herzlichkeit hat sie auch<br />
die ihr anvertrauten K<strong>in</strong><strong>der</strong> betreut. Später, nachdem ihre äußere Lage sich gebessert hatte, zog<br />
sie mit ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n nach München.<br />
Im gleichen Jahr beg<strong>in</strong>nt am <strong>Birklehof</strong> die immer wachsende Bautätigkeit. Das Birkenhäuschen<br />
h<strong>in</strong>ter dem alten Hirschen entsteht und <strong>der</strong> Anbau an <strong>der</strong> Turnhalle, später Wolffsburg genannt,<br />
wird begonnen.<br />
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